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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 1.1887-1888

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Heft 18
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Vom Tage
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Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.11723#0265

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_S)

dachcs, kami der Künstler scine Liitwürfc ,ansl'iüteiü. Und
wie sind die INictspreise l Man kaiin wahl sagen, das; L>erlin
trotz der großen Anzakl sciner Maler und Bildhauer die
schlechtesten 2lteliers in Deutschland besitzt. Selbst i,n kvesten,
wo die meisten Aünstler wobnen, und die stattlichsten ksauser-
bauten entstanden sind, wird das Atelier in stiesmütterlichster
weise behandelt. Über Marmortreppen, die mit kostbaren
Läusern belegt sind, gebt es zu schwindelnder lhöhe hinaus,
um schließlich in Atclierränme zn gelangen, welche zur jdracht
des ksausslurs und der Treppen im schreiendsten Gegensatze
stehen. Irgend welche vorkehrungen sür einen beliebigen
lvechsel des Beleuchtungsgrades, sür Ulalen >>on ploin air-,
sür Ventilation, welche gerade in dem mit Terpentingeruch !
durchschwängerten Zltelier unbedingt erforderlich ist, und sür
andere Bequemlichkeiten sind nicht zu sinden. Selbst die
kvasserleitnng sehlt in den meisten Fällen." „Ilnsere Bau-
spekulanten würden kein schlechtes Geschäst machen, wenn sie
den Ivünschen der Aünstlcrschast Rechnung trügen und Ateliers
bauten, dis, nach den nenesten Trsahrnngen angelegt, nicht
als Aushilssmittel zur verwertung irgend eines verlorenen
Ivinkels, sondern gleichsam als Selbstzweck betrachtct würden."

-:i- Der Berliner Berein für deutsches Annstgc-

werbe hat sehr zeitgemäß den Beschluß gcsaßt, daß seine
Wcttbcwerbungen in crster Reihe Lntwürfe zu Gegenständen
betresfen sollen, welche sür den täglichcn Gebrauch und zur
Ausstattung bürgerlicher wohnungen geeignet erscheinen.

Ä- Für Wiedereinsührung des Zinns in unser ksaus-
gerät tritt Th. Gamxe in der „Gartenl." ein. ,,Das Zinn,
das mildglänzcnde, weichgrissige Zamilien-, Aüchen- und Lsaus-
metall, ist abgesetzt und verdrängt worden — durch was?
Durch srostigcs, klirrendes jdorzellan und Steingut. Die zier-
lich gravierten Iinnteller aber, die stolzen ksumpen, die schönen
Bratenxlatten wars der Zinngießer betrübten lherzens in den
Schmelztiegel und machte Biergläserdeckel daraus, denn das
war in den letzten 25 Iahren sast der eknzige Artikel, nach
welchem bei ihm noch Nachsrage gehalten wurde." Der Ber-
sasser ist nicht der Erste, der das „Altmodischwerden" des
Iinns beklagt und er wird nicht der Letzte sein. In unserer
Ieit, da nicht mehr die alten praktischen Gründe dem Iinn
zu seiner Bedeutiing im lhausrat verhelsen, braucht es zweierlei
zu seiner wiedereinbürgerung, was seltene IVaare ist: Sinn
sür Gediegenheit, statt jdrunk, und Bildung des Auges, daß
es sich am milden Schimmer und seincn Iarbton des Ziuns
zu erfreuen vermöge.

(Mnter sacklicber IHerantvvoi

Abernmls i>i Sachcn: „Ncligiöse Kuust".^

Aus meiueu Aussatz über „Religiose Aunst" hat
bserr. jstrofessor Lstrhardt au dieser Stelle eiue Lut-
aeguuua verösfeutlicht, die schou deshalb besouderes
Iuteresse erl^eischeu dars, weil sie vou eiuem sowobl
a!s Küustler, wie als Auuftschriststeller uud akademischeu
Lebrer hervorrageudeu Niauue ausgelst. „Lutgeg-
uuug"— der bserr Berfasser mag mir verzeiheu, weuu
ich statt dieses U)ortes lieber sagte: erweiterude Lr-
gäuzuua. Deuu weuu er auch vieleu eiuzelueu Nuust-
iverkeu gegeuüber gauz auders urteilt, als ich, so
liegt doch hier uicht das Meseutlichs seiuer Nleiuuugs-
aussprache, souderu ebeuso wie iu meiuem Beitrage
iu deu Gruudsätzeu, zu deueu er sich bekeuut —
uud diese Gruudsätze siud uach seiueu Aussühruugeu
durchaus uicht vou deu meiuigeu so sehr verschiedeu.

Ghrhardt spricht vou deueu, die aus „Freie-
Lusl-A'lalerei", aus Gharaktsristik durch das Däßliche,
auf „die Boraussetzuug, daß Darstelluug idsaleu uud
uameutlich religiöseu Iuhalts uur dauu vom khcmche
des Lebeus durchdruugeu seieu, weuu die Darstelluug
sich der Formeu dcs uus umgebeudeu Lebeus bedieue"
gleichsam als aus die eiuzigeu bseilsmittel schwöreu,
i ch halte vou all dieser Alleiuseligmacherei so weuig,
wie er, uud uichts wird er iu meiuem Aussatze siudeu,
was diesem meiuem Bekeuutuisse widersprickst. Bou
der „Frei-Luft-Nkalerei" — der sa übrigeus Lhrhardt
selbst ihre Berechtiguug zugiebt, währeud er uur gleich
jedem Deukeudeu die Ikberschätzuug dieses „Ausdrucks-
uüttels" der- Auust, als wär es schou ihre Grsülluug, be.
kämvst -- habe ich iuiueiuemAussatzeüberhaupt uichtge-
sprocheu. N)as die jDslege des Ihäßlicheu aubetrisst,
so waudte ich mich ausdrüek'lich au der gleicheu Stelle
gegeu sie, gelegeutlich meiuer Besprechuug Uhdes, deu
,,sür uutadelig zu erkläreu" ich ablehute. Uhde ist,
so schrieb ich, „iu der Geguerschast gegeu die Schöu-

* Bergl. „Runsiwart" lsefi (2 und Lsesi (6.

iung der Dcrrcn Linscnder.)

särberei der alteu Schule zu weit iu deu stlultus des
Liäßlicheisi hiueiugerateu, das er ost auch da giebt,
wo es durchaus uicht zur Gharakteristik ersordert ist."
Daß aber das lhäßliche da, wo es die Lharakteristik,
d. h. die iuuere, uicht uur die äußere Wahrheit, uot-
weudig macht, auch uicht vermiedeu werdeu soll —
das ist eiu E-atz, deu j)rosessor Ghrhardt sicherlich auch
uuterschreibt wie ich. Nuu der dritte j?uukt, der die
Darstelluug iu deu Formeu des heutigeu Lebeus be-
trifft. Mas köuute deu Schluß begrüudeu, daß ich
sie sür die eiuzig berechtigte hielte? Mär' es der
Lall, wie vermöchte ich, was ich doch gethau, reli-
giöseu Bilderu gleich deueu Albert Lbellers, bsarrachs,
Böcklius so sreudige Auerkeuuuug zu speudeu?

Ich wiederhole: uusere Gruudsätze siud die gleicheu,
uud eutweder ist jstrosessor Ghrhardt im Irrtum, der
das Gegeuteil auuimmt, oder ich biu es, der ich eiue
solche Auuahme aus seiuem Aussatz herauslese. Aber
im Uuweseutlicheru, iu der Auweuduug uuserer
Gruudsätze — ja sreilich, d a geheu wir auseiuauder,
uicht mit verschiedeueu Ukaßstäbeu, souderu mit deu
gleicheu, aber mit deu gleicheu aus verschiedeue weise
messeud. Gs siud besouders zwei Diuge, dereu Mert
uus dadurch verschiedeu erscheiut: das heutige „Na-
zareuertum" uud die Bedeutuug ebeu der Formeu des
heutigeu Letzeus auch für die religiöse Lkuust, dereu
Auweuduug ich, wie gesagt, gleich Lhrhardt durchaus
uicht sür „alleiuseligmacheud" halte, wolst aber für
berechtigt, sür hoch berechtigt, iu vieleu Fälleu. bsiu-
sichtlich des Nazareuertums betrifft uusere Meiuuugs-
verschiedeuheit Dergaugeues, weshalb hier eiu kurzer
Giuweis geuügt: ich kauu Overbeck uicht die Bedeu-
tuug beimesseu, die Ghrhardt ihm beimißt, würde aber
Führich kaum, Goruelius sicherlich uicht zu deu Ba-
zareueru zähleu. Dom Nazareuertum, wie es jetzt
thatsächlich ist, d. h. äußerlich uachahmeud, scheiut
auch jprofessor Ghrhardt eiue hohe Nieiuuug uicht zu
besitzeu. Nstichtiger ist der zweite j?uukt.

-25S —
 
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