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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 1.1887-1888

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Heft 12
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Rundschau
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Vom Tage
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https://doi.org/10.11588/diglit.11723#0167

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als eine durch die Rupferplatte vervielfältigte Zeich-
uuug, — nehmeu sich doch die Meister uicht eiumal
die INühe, ihre platteu selbst zu ätzeu. was auf
diese weise zu Staude kommtz ist, um es auschaulich
auszudrücken, uugefähr, wie, wenu ein Rünstler bei
eiuem Bild die Zeichuuug machte und das Roloriereu
einem beliebigeu Gehilfeu überließe." Zwei jüugere
Rünstler der Berliuer Schule nimmt der verfasser frei-
lich aus: Rlinger uud Stauffer von Beru, wenugleich
der erstere die Rupferplatte uoch uicht völlig beherrsche
uud eiueu beträchtlicheu Abstaud zwischen wolleu uud
Rönuen noch bemerkeu lasse. Bei Stauffer verdieuteu
die Rupferstiche vielleicht noch höheres Lob, als die

vortrefflich radierten Bilduisse Gottfried Rellers, Gustav
Freitags uud der Schwester des Rünstlers. Sie „werdeu
möglicherweise dem professionsmäßigen Rupferstecher
weuig zusageu, da sie sich vou der hergebrachteu
Schablone der Ltecherei durchaus feru halten; umso-
mehr aber dem Runstfreuud, der hier eudlich eiumal
das Bestreben erkeuut, au die Ltelle des überlieferten
Lsaudwerkerbrauchs die freie Ausdrucksweise frischer
Ruustempfiuduug auch in der Rupferstecherei einzieheu
zu lasseu. So haben auch die alteu weister sich je
ihre eigeue weise gebildet, uud erst die spätere Lcho-
lastik der Rupferstecherei hat zur Lrstarruug dieser
Ruust geführt."

Vom Dage.

Der Tod Raiser wilhelms hat auch die deutsche
Ruust in die Baude der Trauer geschlagen. Liu
Lebeu, reich wie das eiues Überirdischeu, ist über die
welt gezogeu uud doch das Lebeu eiues so irdischen
Mauues, daß er eiuem Zeden als Weusch dem
Meuscheu uahe staud. Deuken wir an Alles, was
wir seheu, wenu wir zur Raiserfamilie blickeu, so fühleu
wir uus als Zeugeu eiues der gräßten Trauerspiele,
die je eiu weuscheuhaus erschüttert haben. Die Ruust
der Zukuuft wird keiue Gestalt so häufig uachzubilden
suchen, wie die des ersteu Raisers im ueueu Neich —
aber uur dem Größteu wird es geliugen, den Liu-
druck 'der schlichteu Lrzähluug vou wilhelms des
Lrsteu Lebeu uud Tod zn erhöheu.

Lrust ist die Zukuuft, die vor uus liegt. Lrust
möge auch ihre Ruust sein! Nicht mehr zur Flucht
vou der Lrde zu deu täudelndeu Lchaumgebildeu
eines immer souuigeu Neichs der Uumöglichkeit möge
sie den Weuschen ladeu, souderu zum festeu Blick iu
seine eigeue offengelegte Leele mit dem wahlspruch:
Lrkeune Dich selbst! Lrust möge sie seiu, erust im
Gegensatz zum leichteu Linn, wie er die Modekuust
der Gegeuwart bewegt, nicht erust im Gegensatz zum
heitereu Liun! Tiefiuueu erust uud doch zugleich
tiefinueu heiter, wie der teure Mauu, der vou uus

-LlNg

x- Die Ausfchmückung der Trauerstraße für den
Iug zur Beifetzung der kaiferlichen Leiche stellte der dekora-
tiven Runst eine der größten und würdigsten Aufgaben. Der
Berliner Architektenverein hatte die Leitung der düster-schönen
Aufgabe übernommen und wo er durch die That nicht handeln
konnte, wenigstens durch feinen Rat gewirkt. Eine Be-
fchreibung dürfen wir deshalb unterlassen, weil jedes deutfche
Tagesblatt deren genaue 5childerung gebracht hat. Die For-
menbildungen, die jede große Festdekoration einer 5tadt ver-
wendet: Statuen, kjäuserbehang durch Stoffe und Pflanzen,
Pseiler, Läulen und Masten, überspannende Bögen, Gezelte,
Tribünen, Fahnen u. f. w. erstanden auch dieses Mal, aber
statt im Freudenschmuck der Farben in der Trauer des stuinpfen
Schwarz. Nur an wenigen Stellen trat Gold hinzu, fonst
kveiß, Silber, Bronze, das Grün der jdalmen und das düstere
Graugrün der Föhrenzweige: jede Buntheit, wenn sie, wie et-
wa bei lVaxpen, unvermeidlich war, brachte der Flor mit ihrer
Umgebung in Linklang. von besonders stimmungsvoller
wirkung war das am Tage so ungewohnte Licht der Later-
nen und Randelaber. Zieht man noch die Rürze der Zeit

in Betracht, die zu den vorbcreitungen ausreichen inußte, fo
wird man den Anordnern wie den Ausführern hohe Aner-
kennung nicht verfagen können.

» Gelegentlich der großen Ausstellung des nächsten Iahres
foll nach jdaris ein internationaler Schriftstcllertag
berufen werden.

* Am 20. März feiert khenrik Zbsen feinen 60. Gc-
burtstag. UAr gedenken des Dichters iin nächsten lheft.

Bom niederländischen Theater erzählt M. bsarden
in den „Dram. Bl.". Lr spricht von der auffallenden Un-
produktivität der ksolländer auf dem Gebiete der dramatischen
Dichtung und von ihren höchst ausgedehnten Anleihen bei
Deutfchen und Franzofen — Zlnleihen ohne Zins- oder fonstige
Rosten, da kjolland auf diesem Gebiete gewaxxnet fei „mit
dem umgekehrten Grundsatz des Sozialismus: Diebstahl ist
Eigentum". Ein Makel, den das Land tragen muß, bis es
in die Litterarkonvention eintritt l — Man kennt in den N ie-
derlanden keine ständigen Theater: alle Bühnenuntcrnehm-
ungen veranstalten reisende Gesellfchaften, oft im größten
5til, die in fchön und zweckmäßig eingerichteten Theater-
gebäuden gleichfain gastieren. Die Tchauspieler zeigen bewußtes
Etreben nach Natürlichkeit, das leider oft zum Trivialen führt.
Bürgerliche Typen stellen sie befser dar, als im Durchschnitt
die Deutschen, den Aufgaben der Tragödie gegenüber erlahmen
hingegen ihre Rräfte leichter. Linige Schauspieler auch dieses
Gebietes leisten trotzdem fo Bedeutendes, daß sie auch die
Beachtung des Auslandes verdienten. Gastspiele deutscher
Bühnenkünstler sind in tjolland häufig nnd werden gerecht
gewürdigt.

-X- LrstruiMbrungen: ponchiellis „Gioconda", Dper,
im Frankfurter Dpernhaus März). — Loxe de Negas
„Rönig und Bauer" in der Försterschen Bcarbeitung der
Überfetzung Lsalms, in Dresden (z. März). — Emil Wollfs
„kjerzog Lrnst", Trauerspiel, im Berliner „Deutschen Theater"
(5. März).

-x- In Berlin hat ein neuer „Sängerbund", der des
Berliner Lehrervereins, bei feinem ersten Auftreten in der
Vffentlichkeit so große Anerkennung gefunden, daß man feine
Leistungen geradezu an die Epitze der Leistungen aller Ber-
liner Männergefang-Vereine stellt. Die „Frf. Z." meint,
er werde für Berlin die Bedeutung erringen, die der „5chu-
bertbund" für wien errungen hat.

-x- Der allgemeine deutfche Musikverein schrieb die
diesjährige Tonkünstler-Nerfammlung auf den ;o. bis ^z.
Mai nach Dessau aus.

x- Lohengrin feierte am 9. ds. M. feine Auferstehung
auf der Mailänder „Scala," wo er vor fünfzehn Iahren nach


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