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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 1.1887-1888

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Heft 16
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Sprechsaal
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Aus der Bücherei
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Eingesandte Werke
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https://doi.org/10.11588/diglit.11723#0235

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-^sD

die künstlerische Rraft eine zu geringe war. Ungerecht,
wenn das Anathema auf Allcs ausgedehnt wird, was
dieser Nichtung angehört. Zumah wenn dieses Ana-
them auch die Stifter fener Richtung treffen soll, als
welche doch (Lornelius, Goerbeck und Lührich auzu-
sehen sind, größte Rünstler unseres Iahrhunderts nicht
nur, sondern auch folgender. Allerdirigs haben ihre
werke meist etwas von dem gewaltigen Schicksal an
sich, welches den Menschen erhebt, wenn es den
Menschen zermalmt. Zhre werke, wenigstens ihre
bedeutendsten, bieten eine schwere Rost, nicht geeignet

für den bequemen und behaglichen Genuß in geselligen
Ureisen. Das vermindert aber nicht ihren wert und
ihre Bedeutnng. Sie haben die Kunst nach obenhin
entwickelt. Die unten sich weit ausbreitenden Zweige
geben einen viel umfänglicheren Schatten, unter dem
man viel bequemer ruheu kann. Gewiß würde der
§ebensbaum der bluust nicht sein, was er sein soll, wenn seine
Äste und Zweige sich nicht weit ausbreiteten: aber nach
der Lrhebung der Krone mißt man die Größe.

Adolph Lhrhardt.

Nus der Kücberei.

Die Kibel. Im Lharakter der bsandschriftenmalerei des
Mittelalters, geschmückt mit bunten Umrahmnngen, Zierleisten
! und Initialen und einer großen Anzahl religiöser Gemälde
in getreuen farbigen Nachbildungen. Ilnter Mitwirkung her-
vorragender Rünstler und Rnnstgelehrter heransgegeben von
^ Lmil ckrommel, cheinrich Steinhansen und Aarl
Lind emann-Frommel (verlag von Max pasch in Berlin).
— Unsere Prachtbibeln haben znmeist ihren wert in ihren
Bildern. Alle Mittel znsammenznnehmen, um uns eine
Ausgabe der heiligen Schrift zu bieten, die als Buch das
Lchönste ist, was sich schaffen läßt, war der gute und edle
Gedanke, der dieses neue Unternehmen gebar. Lr ist mit
einem folchen Aufwand von Rosten nicht nur, sondern auch
von Arbeit, Sorgfalt und Aenntnissen ins Leben getreten, daß
es uns wirklich sauer ankommt, zu gestehen: unserer Uber-
zeugung nach steht das Erreichte zu dem Gewollten dennoch
in argem Mißverhältnis.

Bekennen wir unser Lsauptbedenken. wir sehen schon
darin einen Fehler, daß man sich überhaupt znr Nachahmung
des Lharakters mittelalterlicher Lsandschriften entschloß. N)ohl
kennen auch wir nichts, was dem Buchfreund höheren Genuß
bereiten könnte, als das Blättern in jenen alten Manufkripten
mit ihren Initialen und Miniaturen, deren jede in jedem
5trich das lebendige Individuum des Ieichners verrät.

Sie zeigen uns den Norzug des persönlichen, der die
„ksandarbeit" immer über die mechanische Nervielfältigung
erheben wird. Aber ein gedrucktes Buch ist eben kein ge-
schriebenes, ist eben keine „ksandarbeit" — und ein stilistischer
Fehler, ein Fehler des künstlerischen Feingefühls verrät sich,
glauben wir, in dem Nersuch, ein gedrucktes N)erk nicht als
gedrucktes, fondern in der Art und weife eines geschrie-
benen auszustatten.

Sehen wir hiervon ab, verfetzen wir uns in die Täuschung,
es wirklich mit einem geschriebenen und mit der Lsand ver-
zierten Buche zu thun zu haben, geben wir den Neranstaltern

die Berechtigung ihrer Grundforderung zul Ach, auch jetzt
könnten wir nicht viel loben, als den guten NAllen und
eine Reihe von Linzelheiten Zunächst hat man fehlgegriffen,
als man fast rein-weißes j?apier nahm, statt eines getönten,
das die Farben der Miniaturen und Initialen harmonisch zu-
sammenhiclte. Dann sind diese Farben selber denn doch zu fchwäch-
lich, zu zag geraten. Nirgend ein feuriges Zinnober, ein
kraftvollcs Blau — und wie matt in diesem kostspieligen
Merke das Gold, das jenes leuchtende, dick aufgetragene der
echten ksandschriften ersetzen soll. Man hat geglaubt, durch
Nämpfung (nicht Tönnng) der Farben bsarmonie erreichen zu
können. Aber gerade das Gegenteil erreichte nian: manche
Seiten sind auch in ihrer koloristischen Gesamtwirkung nur
unharmonisch bunt. Linen Teil der Schuld daran trägt frei-
lich auch die Uberladnng mit Grnamentik, die an manchen
Stellen fast zn einer Zusammenpfropfung wird. Nann werden
wir bedenklich an die „Gebnrtstagswünsche" erinnert, die wir
wohl als Ainder beim nächsten Buchbinder kauften, durch eine
Ahnlichkeit, welche leider die grelle Ausführung der einge-
fügten Bilder eher erhöht, als verringert.

Das klingt scharf und einem aus so lauteren Absichten ent-
sprungenen Unternehmen gegenüber hart und rücksichtslos.
Und ist doch gerade in Rücksicht auf die Trefflichkeit der Ab-
sicht eben s o gesagt. Denn es wäre auf's Innigste zu be-
dauern, würden die reichen geistigen und materiellen Aräfte,
die hier vereinigt sind, in dieser weise ferner verzettelt.
Nimmt man hingegen anderes jdapier, greift zu leuchtenderen
Farben, verteilt man die vorhandenen Grnamente sparsamer,
so kann ein außerordentlich reizvolles N)erk recht wohl zu
Stande kommen, trotz jenes stilistischen Fehlers, von deni wir
fprachen. Die Gunst des knnstverständigen publikums würde
die Zurücknahme des wenigen, das bis heut erschienen ist,
durch reichere Tejlnahme doppelt vergelten, während sie das
werk in seiner jetzigen Gestalt ganz gewiß nur spärlich unter-
stützen, wenn nicht geradezn ablehnen würde. A.

Lingesandte Mlerke.

Nvenarius» Mcbard: Aritik der reinen Lrfahrung. j
Lrster Teil. Leipzig, Fues Nerlag (R. Reisland). Mk. 6. !
Kibliorbek der Gesamtlitteratur des An- und Aus-
landcs. ksalle a. d. s., Gtto Lsendel. Lseft t92 : Rleist,
Aohlhaas; lyz—l95: ksaek, Ungarifche Lyrik; ;96:Shake-
fpeare, Romeo und Iulia; l92: Longfellow, Lvangeline;
l98--2vo: Irving, Alhambra.

Iedes Lseft Mk. o,25, geb. Mk. 0,50.

Bredius. Die /Ildeisterwerke des Illijksmuseums zu
Amsterdam. photogravüre-j)rachtwerk mit erläuterndem
Texte von A. Bredius. München, Franz Lsanfstängl.
Lief. 8 und 9. Ie Mk. t2.

Mit der zehnten Lieferung werden zwei Dritteile dieses ,

geradezu köstlichen werkes erschienen sein. wir machen
daranf aufmerksam, daß sich der jdreis des Ganzen
nach Ansgabe der Lchlußlieferung erhöhen wird.

Tresccnzia, Amalie: Milian. Lrzählung. wien, Larl
Ronegen. Mk. H.

Duboc, Aulius: kserzensgeschichten. Lin Novellen-
strauß. 2. Auffage. Dresden, A. v. Grumbkow.

Lggenscbwpler, 1k.:DieFörderung der nationalen
Aunst durch die Lidgenossenschaft. Lingabe an
die Bundesversammlung. Im Auftrage der Schweizerischen
Aunstliga verfaßt. Bern, Ient öc Reinert.

Gasparp, Ndolt: Die italienische Litteratur der
Renaisfancezeit. Berlin, Robert Vppenheim.

— 22s
 
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