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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 1.1887-1888

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Heft 12
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Vom Tage
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Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.11723#0168

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sieben Tagen des Rainxfes ,,begraben" worden war. Die
dentschen Rritiker, die ans Nailand berichten, sind init der
llussührnng nicht ganz zufrieden. Besonders die Wiedergabe
der Nusik dnrch das Grchester gefiel ihnen nicht. Es sci dem
Dirigenten nicht möglich gewesen, sich in den Geist der N?ag-
nerschen Musik zn versetzen.

Verdi komponiert eine Gperettel
» Die Münchener Ausstellung wird auch eine historische
Abteilung enthalten, zu der vom 5taat wie von Privatbe-
sitzern manches hergeliehen werden wird. — Auf die Ber-
tretung der sranzösischen Uunst werden die Nünchener
nun doch noch so gut verzichten müssen, wie die wiener.

x Leipzig hat setzt eine Ludwig Burger-Ausstellung,
welche die srühere der Berliner National-Gallerie an Reichtum
und Bielseitigkeit übertrifft. Besonderes Interesse erregen
mächtige Kartons und Farbenentwürse zn wandbildern znmal
bei all denen, die den verstorbenen sast nnr aus seinen
Illustrationcn kennen. Biele der Blätter sind verkäuflich.

» Die Manessesche Liederhandschrist, die wir nach
dem geschickten Tauschgeschäst des Straßburger Bnchhändlers
Trübner sortan wohl in kseidelberg oder Berlin suchen dürsen,
statt wie bisher in jdaris, wird von ksubert Ianitschek in der
,,Nation" aus ihren bidnerischen Schmuck hin besxrochen.
„Die Bilder gehören ihrer Aussührung nach nicht zu den
besten Leistungen der Zeit; aber auch in den besten erscheint
die Natur wie hinter eiuem Schleier: es lugen daraus nur
die ksauptumrisse hervor. Die Entdeckung der Seele ging in
Uunst und Dichtung der Lntdeckung der äußeren Natur vorans.
!Nan denke nur, wie tiese Blicke ein Meister Gottfried, wolf-
ram von Tschenbach, walther von der Vogelweide in das
Innere der Menschen bereits gethan, und wie deren Schil-
derung des physischen lAenschen über die allgemcinsten Beiworte
nicht hinaus gekoinmen ist." „Vielleicht aber war es nicht

das D.noermögen allein, welches alles Individuelle im Ty-
xischen auslöste, sondern auch ein Stück künstlerischen Glaubens,^
dessen Ideal in Dichtung und Malerei die gleichen Züge trägt.
„Lin Abglanz heiterer Iugend liegt über all den Menschen,
welche unsere Bildcr vorsühren." Lebendigkeit des Ausdrucks
wird vorwiegend durch das Spiel der khände erstrebt. Die
Technik ist sehr einsach. Als ksauptreiz der Bilder bleibt
„die srischsprudelnde Erfindungsgabe, die reiche, mit kindlicher
Naivität fabulierende j)hantasie und die dem entsxrechende
Fülle an bildnerischen Motiven." Freilich, so bemerkte Ianit-
schek bereits vorher, müsse inan sie „entweder mit dem an-
spruchslosen Auge eines Uindes oder dem duldsamen des
bsistorikers" besehen.

n Dentzmäler. Lin stolzes Uaiser-Wilhclm-Denk-
mal soll sich vor dem Südxortal des Uölner Doms erheben.
Das erste Denkmal des toten Fürsten wird eine der vier
Regentenstatnen Gtto Lessings sein, die das neue si>rovinzial-
Landtags-Gebäude in Berlin erhält. — Das Grillxarzer-
Denkmal im wiener Volksgarten soll am 2;. Axril enthüllt
werden. — In Düsseldors ist die Annahmc des ks e i n e - Denk-
mals seitens des Stadtrats wegen Stimmengleichheit nnr dnrch
den Tntscheid der Bürgermeisterstimme ersolgt. Da einige
kheine-Gegner bei der Abstimmung sehlten, wendet sich die
Gpposition aus dein Beschwerdeweg an die Regierung!

» lldreisrtussLbreiben. Die diesjährige Bewerbung um
den preußischen großen Staatspreis ist sür Gcschichtsmaler
bestimmt. Schristliche Anmeldungen bis zum Axril beim
Senat der Uunstakademie.

Ä- Gestorben: T. Gerhardt Maler aus Ludwig I. Zeit),
gest., 75 Iahre alt, zu München. — T. 2l. Uönig, Roman-
schriststeller, geb. (853, gest. Ansang März zu Uöln. — Lud-
wig Steub, Schriststeller, geb. (8(2, gest. am t6. März
in Alünchen.

Lprecbsaal.

(eintcr sacblicbcr vcrantwcrtung dcr Dcrrcn Linscndcr.)

Über die „ Nouveautes ",
vou deueu wir im siebeuteu bsefte des „Runstwarts"
sprachen, habeu wir Zuschristen aus den verschieden-
sten Volkskreisen erchalten. Mar es bisher nicht mög-
lich, auch nur von einigen wenigen unsern Lesern
Renntnis zu geben, da der „Sprechsaal" ohnehin sehr
stark in Anspruch genommen war, so lassen wir doch
das vierteljahr nicht zu Lnde gehen, ohne ein paar
„Stimmen aus dem ch>ublikum" Gehör zu verschaffen.

Den Frauen der vortritt! Line Leserin aus Niga
sendet zu unsern Aussührungen einige vermerke, be-
treffend die weibliche chandarbeit. „Ist es
nicht ein Zammer", so schreibt sie, „daß alle zwei
oder drei Zahre auch auf diesem Gebiete,Nouveautes'
auftreten, die es den Frauen unmöglich machen, eine
Runstfertigkeit in einer oder der andern Arbeit zu er-
werben? Attt wie großer Freude haben wir Alle
das kViederaufleben der Leinenstickerei begrüßt, die !
eine gewisse Freiheit in der Ausführung einer Zeden
überließ, wie schöne Aluster tauchten auf, wie hübsch
wurden sie von manchen geschickten bjänden ausge- !
führt, wie belebt durch verschiedene Farben oder später
durch den Glanzzwirn! Ietzt ist das Alles nicht ^
inehr gnoderiü; man näht nicht mehr aus Linnen.
All die erworbene Fertigkeit bleibt liegen, und man
näht aus Lrieß. So nötig noch vor einem Iahre sür
die elegante Dame eine Leinenstickerei war, so unum- ^

gänglich ist in diesem eine Slliekerei aus den seinen
Filz, oder eine chäkelarbeit aus golddurchwirkten Fäden.
Die Lrauen sind ja in der Mode noch abhängiger,
als ihre ,Ljerren und Gebieter' — was wunder,
wenn sie sich nun alle Mühe geben, das Lrlernte
zu vergessen?" wir schätzen den Linfluß der Frauen
gerade aufs Runstgewerbe hoch, sehr hoch. Und
wir meinen, eben daran ist die wahrhast gebildete,
die durch Bildung srei gemachte Frau, gleich dein
innerlich freien Manne voin k^albbildungspöbel sofort
zu unterscheiden, daß sie sich wider besseres Lmpfinden
einer geschmacklosen Ntode nicht unterwirst.

Aus das Gebiet des Gartenbaus erweitert ein
süddeutscher angesehener Runstgärtner unsere Betracht-
ungen. Lr teilt uns Allerlei mit, was er während
seines Besuchs der großen Gartenbau-Ausstellung in
Dresden beobachtet, bei der übrigens „Zedermann !
außerordentlich befriedigt" und eine wirkliche Rritik
gar nicht vorhanden gewesen sei. Die größten Ge-
schmacklosigkeiten hätten sich bei der verwendung
der abgeschnittenen Blumen gezeigt. Nicht als ein
lebendes Aiaterial, das es doch sei, sondern durch-
aus als ein totes habe man ohne jede Spur wahren
^tilgesühls hier die Blumen behandelt, sie dicht zu
Massen zusammengeballt, oder zu Figuren und Buch-
staben mosaikartig aneinandergepflastert, als seien sie
Steine, nicht Grganismen, und als gälte es, nicht

cs

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