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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 1.1887-1888

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Heft 5
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Weihnachtsschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11723#0063

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> Blätter sind iminerhin mehr, als „illustrierte witze", und nicht
nur deshalb, weil sie keines erläuternden Textes bedürsen.
Sie finden in den meisten Fällen wirklich das malerisch
Komische der kleinen Lreignisse heraus, die Romik einer Aörper-
haltung, eines Gesichtsausdrucks, eines Kleidungsstücks u. s. w.,
die nur die zeichnende Kunst wiederzugeben vermag. Daraus
beruht ihre künstlerische Berechtignng. Und dann daraus, daß
ksendschel bei seinen Bilderscherzen mit seinem Takt die richtige
Aussührungsart wählte. was unerträglich wäre, wenn es,
als Gelgemälde etwa, mit durchgesührter Wirklichkeitswieder-
gabe oder gar mit dem Anspruch aus illusionäre Treue an-
spruchsvoll vor nns träte, wirkt ersreulich in der Bescheidenheit
einer Umrißzeichnung, die eine Betrachtung über den wider-
spruch zwischen Ukittel und Leistung ausschließt.

Ikakkaels „Disputä", heliographische Rexroduktion nach
dem Stiche von I. v. Reller. Großcs Format (Bild 6^^ : 90,
Larton too : q22 cm.), lVien, Gesellschast sür vervielsältigende
Kunst. Uk. 2^. — Die Griginalxlatte des berühmten Reller-
schen Stichs ging beim Düsseldorser Akademiebrande zu Grunde.
Das vorliegende Blatt ist eine vom Uliener militär-geographi-
schen Institut hergestellte cheliogravüre nach einem Abzug des
Stichs im Besitze des Düsseldorser Kunstvereins. Die Nach-
bildung ist so vortrefflich, daß man schon ein geübtes Auge
braucht, um nur zu sehen, daß die chcliographie kein Stich ist.

Murillos „Mitbeklcckke b. Z^uugkrau," chragment aus
dein Bilde dcr nnbefieckten Lmpsängnis iur Nuseo ctel Ui-Lclo
zu Ukadrid. Radierung von !V. checht, !vien, Gescllschaft f.
verv. Runst. Ukit Lchrist !N. 9. — !Venn sich von sarblosen
Bildern nichts besser zur Dekoration eignet, als cin Ropf
oder ein Brustbild, so gehören von den Rops- oder Bruststücken
die der Nkadonnen Ukurillos unzweiselhaft zu denen, wclchen
eine vornehme dekorative !Virkung im höchsten Ukaße eignct.
Die koloristische cherrlichkeit, die im Lpiel von chell und Dunkel
auch aus der sarbloscn Nachbildung wiederleuchtet, die brünstige
Lebensglut dieser chäupter strahlt aus der Umgebung hervor
und schmückt sie wie ein lichtsprühender edler Stein. Be-
sonders wegen ihrer !Virksamkeit als Schmuck sei auch chechts
Radierung empsohlen.

Modernc Kunsk. Ltudicn zur Runstgeschichte dcr
Gegenwart unter besonderer Berücksichtigung der Nkünchener,
Berliner und Pariser Ausstellungen im Iahre I88Z. Von
Fritz Blez>. Leipzig, 5eemann. Uk. 20. — U.rsprünglich
Berichte sür die ,,Uölnische Zeitung", von weiterem jedoch,
als einem Tages-Iuteresse durch die Bemühung dcs Versassers,
,,nicht nur den Blick des Lesers über das einzelne Uunstwerk
hinaus aus die Ltellung zu lenken, welche dessen Lchöpfer zu der
gesamten Rulturbewegung einnimmt, sondern auch einige
wichtige Fragen und Lrscheinungen" zu behandeln, ,,welche in
den Ausstellungen nicht zu Tage treten, und deren Erörterung
doch zum Verständnis des modernen Rulturlebens unerläßlich
sein dürste." !lns scheint, daß Blez', von der unmittelbaren
Reaktion seines Gesühlslebens versührt, dann und wann über
den unlustvollen Eindruck einer Richtung auf ihn (des mo-
dernen Naturalismus z. B.), deren Bedeutung als eines
Lntwickelungsgliedes verkennt. Auch einigen Linzel-
gestalten, z. B. Böcklin, steht er besangen gegenüber.
Das warm und anregend geschriebene Buch ist dennoch be-
sonders sür Lolche empsehlenswert, die ihre Lrinnerungen an
eine der Ausstellungen des Iahres tMZ beleben wollen.
Lsolzschnitte und gute Runstblätter in Radierung und chelio-
gravüre kommen dem zu chilse.

Armela, eine Geschichte aus alter Zeit von kseinrich
5teinhausen. j)rachtausgabe mit Illustrationen von !V.
Steinhausen. Leipzig, Böhme. !U. 20. -- Ls ist hier
nicht der Grt, die Dichtung Irmela ausführlich zu besprechen,
diese höchst „unmoderne" Lrzählung — trotzdem sie ,,altdeusch"
ist und deshalb eigentlich ,,modern" sein sollte gleich den
Ukinnemären unserer Spielleute in Frack und Rravatte. „Un-
modern", weil es ihr Dichter nicht gleich jenen zur chauxtauf-

gabe sich gestellt, Bescheid darüber zu geben, wie man einstmals
wohnte nnd sich kleidete, aß und trank, räuspcrte und spuckte.
Steinhauscns Irmela ist ein in sanften Farben gemaltes
Stimmungsbild, ein lyrisch-episches Gedicht in Prosa. Stein-
hausen, der Ukaler, ist nun seinem Bruder, dem Dichter, so
geistesverwandt, daß man glanbt, dieselbe chand habe die
Lrzählung geschrieben und illustriert. Auch beim Ukaler kein
Lingehen auss ,,kulturhistorische Detail", keine genaue !Vieder-
gabe von Rostümen, Uköbeln, Gebäuden u. s. w., anch beim
Ulaler keine schars charakterisierenden und dabei plastisch deut-
lichen Ukienen und Gebärden — ja, mitunter recht wunder-
liche „Freiheiten". Ukenschen und Natur scheincn in diesen
skizzenartigen Bildern weniger gesehen als empfunden.
Lmpsunden aber mit einer ost sast kindlichen Reuschheit
und kseiterkeit des Gemüts. Ls wäre sehr vom üebel für
unsere künstlerische !veiterentwickelung, wäre die Richtung der
beiden Steinhausen die alleinherrschende — denn eine ein-
seitigc ist sie immerhin. Ls wäre aber auch vom Uebel,
wenn ihrc Richtung unterginge und nicht immer und imnrer
wieder durch sie erwiesen würde, daß ,,in unseres Vaters
chause vicle !Vohnungcn" sind. Schon dadurch hat ja überdies
dieses Buch seinen !Vert, daß es endlich wieder einmal ein
illustriertes Buch von Linheit ist.

Mumcn am Wlcgc. Zwöls Aquarellen von Iulius
chöppner. !Nit eincr Auswahl lyrischer Gedichte, gesammclt
von Viktor Blüthgen. 2. Aust. Franksurt a. G. Geb.
!N. 25. — Landschaftliche Bilder, im Vordergrund eines jeden
in vergrößertem Ukaßstab ein Blumcnstück — eine etwas
unorganische Verbindung, die sich indessen der Nkodebeliebtheit
ersreut. Aus den Zwischenblättern in breitsr, gezeichneter
Randeinsassung Gedichte. Die Auswahl der letzteren ist eins
ungewöhnlich gute: es ist hier nicht aus den alten bekannten
wieder ein neues Bekanntes zusammengesetzt, wis das die
meisten Lammler von Anthologien thun, den Rindern gleich,
die aus zehn Lchablonen hundert „Bilder" machen. Als
Ganzes ist das Buch ein Buch sür Ukädchen.

Ticdcr dcs Lcbcns. Ausgcwählte Gcdichte und Sprüche
deutscher Dichter. cherausgegeben von Frida 5chanz. U!it
Illustrationen von !Vilhem Llaudius, sowie zahlreichen
cholzschnitten. Leixzig, Lavael. NI. q5. — Für ein jdublikum,
das keine litterarischen und nicht gar zu hohe ästhetische For-
derungen stellt: gleich den „Blumen am!Vege" also in erster
Reihe sür ein s)ublikum von Akädchen. Die Auswahl, in
der sreilich auch die Rücksicht aus den Tagesgeschmack eine
vielleicht unsreiwillig geduldete kleine Rolle spielt, ist weit
besser, als die der meisten Lammlungcn, die sich an den
gleichen Leserkreis wenden, z. B. als das Sammelsurium der
Elise polko. Die hübschen Bilder (deren der Band sehr viele
enthält) sind zum Teil Abzüge von Lliches nach guten ameri-
kanischen Griginalen und passen mitunter zum Text, mitunter
auch nicht. Letzteres ist sür derlei Bücher an und sür sich
kein Vorwurs, wie wir gelegentlich näher auszuführen ge-
denken. Bei einem Neudruck wäre nochmaliges sorgsältiges
Vergleichen der Gedichttexte init den Guellen dringend anzu-
empsehlen.

Mortc dcr Mciscn aus allen völkern und Zeiten.
Lseransgegeben von ch. chertz. Stuttgart, Gebr. Aröner.
Geb. U!. 5. — Line Anthologie von Lprüchen und spruch-
artigen Versen,aus der !Veltlitteratur. Ls ist an derartigen
Büchern durchaus kein Ulangel, wohl aber an solchen ihrer
Art, die nicht nur sür Lüßlinge genießbar sind. Das vor-
liegende ist ein ksausschatz sür Gereiste, mit Fleiß vorbe-
reitet, mit Sinn gewählt, mit Geschick zu einem Ganzen
geordnet. 5ehr wichtig ist die genaue Guellenangabe bei
jedem einzelnen Spruch — das Lrgebnis von Nkühen, die
wenige Leser zu schätzen wissen, und von hohem !Vert, da
einen anregenden Gedanken ost erst der Zusammenhang, in
welchem er sich stndet, völlig klarstellt.
 
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