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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 1.1887-1888

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Heft 17
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Vom Tage
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https://doi.org/10.11588/diglit.11723#0247

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Ailgen aeschlosfcn, fchlt dcr Mittelpunkt, dcr Alles nnt mag-
nctischer Rraft an sich zag." ?ic ksanxtzcit dcr Ocrsannnlnng
nahnicn siebcn großc Ranzertc in Anspruch. Aus der Generalvcr-
saininlung wurdc die Frage der Rainxanisten-Tantieincn erärtert.

» Das 65. nicderrheinische Mnsiksest in Aachen ist
unter der künstlerischen Leitung von Schwickerath und
G. Richter glücklich und schön verlausen zuin Bewcis, „daß
auch Runsteinrichtungen zu hahen Iahren kainincn kannen,
ahne deshalb zu veralten."

-x- Raxellineister Deppe ist von der Direktion der Ron-
zerts der Röniglichen Rapelle zurückgetreten.

-x Bekanntlich hat der Rronxrinz wilhelin durch Brigade-
besehl angeardnet, daß van den Rapcllen seiner Begiinentcr
vorzugsweise die alten historischen Märsche gesxielt werden
sallen. Das wäre auch vain größeren jdublikuin init Freuden
zu begrüßen, meint nun die A. M.-Z. dazu, wenn dadurch
auch dcin Nnsuge gestenert würde, „dein die Militärmnsikkarxs
teils unter dem dienstlichen Linsluß Vargesetzter, teils unter
dcin Rainpanistcn-Ehrgeiz dcr Nilitärkapellmeister ansgesctzt
sind. Es braucht nur irgcnd wo in der Gperette ein Gassen-
haucr den Beisall einer blasierten Menge zu sinden, uin sosort
zn einem Insanterie- oder Ravallerie-Narsch verarbeitet zn
werden, und Melodien, die in Folge ihrer kserkunst sür den
Leierkasten zu gewöhnlich sein sollten, erklingen lustig in den
ivtraßen nnd tragen dazu bei, dcn ohnehiu schon vcrsumpsten
musikalischen Geschmack des Balkes noch mehr zu verderben."

X Unter dem Titel ,chkal äella ?ietm" (Steinleiden) ver-
ösfentlicht A. Lollauti im „Lorriere di Naxoli" einen Rlage-
aussatz über italienische „M anumentomanie", von
dem wir nach einem Berichte der „Frs.-Z." Renntnis geben.
Nicht nur die großen, heißt es zunächst, sondern auch die
halbgroßen und kleinen Männer bekämen Denkinäler. „Viktor
Lmanuel, Lavour, Garibaldi und Mazzini — gewiß alle Vier
hochverdient um Italien, haben nun allerorten ihre Bildsäulen.
Mit Linschluß der in Rom und Neaxel zu errichtenden Denk-
mäler dieser ^ Lseroen, werden dieselben in Italien nicht
weniger als ^8 Monumente haben, die einen Gesamtwert
von Millionen rexräsentieren. Die Monumentomanie
kam iin varigen Iahre in Novara so hestig zum Ausbruche,
daß man in dieser 5tadt j)iemonts nicht weniger als z Sta-
luen an einem Sonntag enthüllte: die Lanzas, Stellas und
Rattazzis. Lollanti meint, die guteir und schlechten Bildhauer
Italiens werden jetzt bis an's Lnde unseres Iahrhunderts
beschästigt sein, wenn sie die bereits projektierten Monumente
ausführen werden. Freilich sehen diese Dcnkinäler bisweilen
nicht anders als wie Riesenkamiue aus, aus denen Figuren
stehen. D?er zählt nun erst die Unmasse van Gedeuktaseln,
die man Iahr sür Iahr in Italien enthüllt? Bisweilen soll
das Denkmal cine Niederlage rächen. vergleiche das Blutbad
van Dogali. Die in den Landwüsten am Roten Meere ge-
sallenen italienischen Soldaten hat man gerächt, indem man
ihnen aus der sAazza dei Termini in Rom einen geschmack-
losen Dbelisken errichtete. Laien und Geistliche bekommen
Bildsäulen. Nach 5avonarola in Florenz erhebt sich Arnaldo
in Brescia, aus diesen soll Giordano Bruno in Rom solgen.
Modcrne und antike Männer kammen zur Aufstellung. Nirgil
steht schon bei Mantua da, nun wird wohl Licero an die
Reihe kommen. Man wird auch Gvid nicht vergessen, und
da die Brüder Lairali, diese modernen bsaratier, in bronzener
bserrlichkeit am j?incio in Ram stehen, warum sollte man
nicht alsbald auch den antiken Luratiern und Lsoratiern Denk-
mäler setzen? Mailand soll seinen Napoleon III. bekommen,
und Agostino Bertani hat man soeben dort ausgestellt.
Lollanti rust aus: ,Italicn wird bald von Udine bis nach

Traxaui eine einzige Ztatuengallerie, cin zwciselhastes Mnseo
Lhiaramanti, ein Mnscum der Uubenanuten sein? nnd fügt
hinzu: ,Seicn wir jcdach gcrecht. Dicse Statuen-Infektian
bildct nur dcn Narwand sür das Reden- und Toaste-ksalten.
IDcnn Italien nicht die Miege der Rhetarik ist, so ist es dach
wenigstcns die Dillcggiatur derselben. Die gewöhnlichen An-
lässe zum Redenhalten genügcn uns nicht, sa erfinden wir
denn immcr nenc Denkmäler, um übcr die verewigten dekla-
mieren zu könncn. Frcilich beschästigt sich der jeweilige Fest-
redner mehr mit sich selber als mit dem Taten, dessen Statuc
sein eigenes jdiedestal bilden soll?"

-x Für die ,,I?cnus van Milo" hat dcr Amerikaner
Stillmann cine ncue Bypathese ausgestellt nicht nnr ous ästhe-
tische Gründe, sondcrn auch aus gute thatsächliche Unter-
lagen. Nach ihr hätten wir's in dieser „1?enus" einfach mit
der RLs Lpteros zu thun, der ungeslügelten Siegesgöttin, die
mit dem Griffel in der Rechten Lseldennamen auf den Schild
schreibt, dcn sie aus das linke Rnie stützt. Stillmann sieht in
der herrlichen Statue eine Nike des Skopas, die in einein
kleinen Sondertempel var den Tharen dcr athenischcn Akro-
xolis stand und vor den Linsällen der Barbaren ans die ent-
legene Insel geslüchtet worden sei.

-x Zwischen Basel, Bern, Luzern und Zürich cntwickelt
sich jetzt ein lebhafter wettstreit um das neu zu gründende
Schweizer Nationalmuseum — diese Gestaltung eines
Gedankens, welcher den Zürichcr Nationalrat jdrosessor l?ö-
gelin zum Nater und Lrzieher hat. Zürich dürste denn auch,
wie die Dinge jetzt liegen, die größte Aussicht auf den Lm-
xfang der neuen Anstalt haben, wenn es seinen alten opscr-
sreudigen Geincinsinn auch in dieser Sache bewährt.

-x „Mit den Monnmentalbauten der Gegenwart er-
lebt man in Berlin, will man das neuentstehende Reichstags-
gebäude ausnehmen, zumeist Lnttäuschungen." So schrcibt
die „Frs. Z." und sährt sort: „Der nüchterne Nützlichkeits-
standpunkt untergräbt das Bedürsnis nach schönheitsgesegneter
Lntwicklung; und wenn man der lvahrheit die Lhre geben
will, so muß man gestehen, daß in Berlin, in demselben Ber-
lin, das eine so außerordentliche Ansnahmesähigkeit aus dem
Gebiete dcr Musik, der darstellenden Aünste bekundet, die
Ncrnachlässigung aus dem Gebiete der bildendcn Runst im
großcn Ltile, zunächst der monumentalen Architektur nur wenig
drückend emxsunden wird. Im Mittelxunkte der Stadt, aus
dem Aleranderplatz entsteht ein öffentliches Bauwerk von
massigem Umsange, das neue j?olizeipräsidialgebäude, mau er-
kennt jetzt schon, wie schwunglas nnd nüchtern sich der Bau
darstellen wird; aber man wird sich darum in Berlin, auch
bci den Bildnngsphilistern nicht sonderlich erhitzen. An der
graßen Lentralmarkthalle galt das Nützlichkeitsbedürsnis
2llles, dic künstlerische Schönheit mußte als Aschenbrödel bei
Leite stehen. Am Rürsürstendamin gegen Lharlottenburg zn
sallte, wie man haffte, ein den Runstgeschmack besriedigendes
Villenviertel entstehen, aber die schönc lhaffnung wurde durch
die Sxekulatian durchkreuzt; große Mietshäuser, gnaderne
jdrachtbauten' nennt sie der übliche Berliner Rexorterstil,
drängen überall var und haben heute schon den Lharakter
der vornehm-seinen Dillcnstadt gründlich durchbrochen; ja die
Mietshäuser haben sich bereits in das eigentlichste Thiergarteu-
viertel gewagt, wenn auch vorerst nur vereinzelt. Daß diese
hohen ,j?rachtbauten< mit ihren xrotzenhast xrahlerischen
Fassaden nichts weniger, als einen Gewinn sür die Runst-
entwicklung in Berlin bedeuten, wird in den weiten Rreisen
Berlins kaum erkannt und beklagt, und nur sclten dringt
ein Notrus aus der Mitte der Aunstwelt selbst und den ihr
nahestehenden Rreisen an die Gffentlichkeit."
 
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