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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 1.1887-1888

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Heft 20
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Vom Tage
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https://doi.org/10.11588/diglit.11723#0297

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Salon so bewundert hat nnd dcn der Staat auch noch gekauft
hat, indem er dir gleichzeitig Reisestixendien gewährte, damit
du auch noch andere Räse nach der Natur studieren kannst.
Man hat ihr erstes Buch gelesen, von diesem sogar viel ge-
sprochen, und zwar nicht nur in den litterarischen llkonats-
schristen, sondern auch iin Kreise der Aunstverständigen. Man
hat an ihnen viel Talent entdeckt, uud dann hat sich Nie-
inand inehr uin sie geküminert." Sie sind und bleiben be-
scheidene Beainte irgend einer Berwaltung init einein Gehalt
von t20 Franken inonatlich. Und nach zwölfstündiger, geistes-
tötender Arbeit sollen sie dann noch eine gleichwertige Lvistung
zu Stande bringen, wie der Maler, der zwei Iahre srisch und
srei die lVelt durchpilgert. „Und während du dirs, o Maler,
vor einer norinaunischen Auh, dein Gegenstande deiner Be-
geisterung, bequem inachst, wirst sich der junge Litterat, der
dir das U)asser reicht, auf den auszehrenden Ionrnalisnms,
iu dein inan täglich Talent haben inuß, wenn der koinmende
Tag den Ruhm des vorigen nicht verwischen soll." Ganz
dasselbe gilt auch sür den Drainendichter, der bisher fast nur
bei dein IlMtre lüdre Förderung gefunden hat. Für ein ein-
aktiges 5tück in der Lomeclie, das dort die Lückenbüßerrolle
des sogenannten lever cle riäeau zu sxielen pflegt, macht man
ihn zwar viclleicht zum otücier cl'^caclemie, aber dieser Titel
gewährt ihm nicht annähernd denselben Vorteil wie dcm
Maler irgend eine Auszeichnung, denn letzterer steht mit dem
Publikum in unmittelbarcr Verbindung, der Theaterdichter
nur in mittelbarer. Und Direktoren und Dramaturgen lassen
sich bekanntlich selten durch Titel und Threnzeichen blenden;
es sind praktische Leute!" Man solle sich uicht immer daraus
berusen, meint Albert IVolff, daß Sardou ein kleiner Lehrer,
Iola Buchhändlergehilse nnd Uiassenet Paukenschläger war.
Das seien Ausnahmen und man vergesse das Llend und die
Verzweislung derer, die gestorben oder vergessen worden seien,
ohne daß ihnen in jahrelangen Aämpsen auch nur eine Tr-
mutigung und Unterstützuug zu Teil geworden sei. U?olff
sordert deshalb, daß man die beiden litterarischen Gesellschasten,
die Lociete cle8 (leus cle lettres und die der ^cuteurs ermächtige,
alljährlich eine gewisse Zahl junger Schrissteller und Mnsiker
als der Unterstützung würdig dem Staate in Vorschlag zu
bringen." — bsätten wir doch ein wenig Grund, aus verhält-
nisse, wie die geschilderten, hinabzuse hen, ffatt daßdie Lebens-
stellung ihrer sranzösischen Genossen selbst unsern Dichtern und
Romponisten noch als eine höchst beneidenswerte im vergleich
zu ihrer eigenen erscheinen mußl

Daudets vielerwartetes Buch „U'immortel" ist erschienen.
Die eine der beiden lose verknüxften khandlungen in dem-
selben (die sich um den Akademiker Leonard Astier-Rehu
ordnet) ist jene 5atire aus die Akademie der „Unsterblichen".
Die andere, in deren Nittelpunkt der 5ohn des ^rosessors
steht, wirkt als vorzügliches jdariser Sittenbild. Sehr sein
und schön ist es von diesem „pasquillanten" ersonnen, daß
er deii alten Aftier-Rehu schließlich doch als Lhrenmann hin-
stellt, trotz seiner Narrheiten und seines Zopses — und zwar
so ziemlich als den einzigen unter allen Gestalten des Buches.

-x- Die akademische Aunstausstellung in Berlin ist am
t5. Iuli eröffnet worden. Trotz der vielen „Aonkurrenzen"
wurde sie mit IVerken, also mit 129 Arbeiten mehr be-
schickt, als die vorjährige. Gelgemälde und Skulpturen sind
sreilich spärlicher vertreten, Aquarellen, Zeichnungen und
Radierungen aber reichlicher.

» In Dresden ist am 15. Iuli das „Schilling-
Museum" fürs sdublikum geöffnet worden.

x Für die Freilegung des Nünchner Doms von den
einengenden kfäusern seiner Umgebung treten die Münchner

„Neuesten Nachrichten" ein. „Liner der chauptvorteile in dcr
ästhetischen Anordnung der Baulinien wichtigerer Ltraßen und
Stadtquartiere besteht ja darin, daß das Auge der Bevölkerung
aus einen Abschlnß gelenkt werde, den ein stattliches oder ein
elegantes oder ein ernstes, großes werk der Architektur bildet,
wie man in s)aris wohl weitaus am meisten sich dessen be-
sleißigt hat. Ls bedars jedoch hierbei nicht fftolzer Avenüen:
auch die winzige Rulisse eines tieferen Isauses beiderseits
vermag einem andersartigen hohen oder massigen Bau als
vorteilhastester Zugang zu dienen." München habe überhaupt
in seiner inneren Stadt uoch viel zu viele Stellen der Lnge,
der Linschränkung, des Luftabschlusses — in andern Städten,
z. B. in Dresden und sdrag, sei unter ganz verwandten Be-
dingungen sür Lust und Licht weit kräftiger gesorgt worden.

-x- Vom Straßburger Raiserpalast sind die Gerüste
entsernt, und das Unglück liegt nnn sür Aller Augen klar.
,,Lin plumper, viereckiger Rasten, in deffen Linien auch nickt
eine Spur von architektonischer Schönheit zu entdecken ist,"
schreibt ein reichsländischer Berichterstatter, ,,so steht das Stein-
ungeheuer da. Die schnurgeraden Linien sind nur unterbrochen
durch die ausgesetzte hohe Rupxel. Diese hat aber keinen
Rreis, kein Muadrat, soudern ein längliches Rechteck zur
Gruudfläche. Das ganze Gebäude steckt zu tief im Boden
und sieht gedrückt aus. Um ihm nachträglich ein imposantes
Ansehcn zu geben, um es wenigstens etwas zu heben, ist jetzt
an der Isauxtseite ein großes Loch von 80 cm Tiese ausge-
hoben worden, welches mit ganz netten Gartenanlagen ver-
sehen wird. wenigstens muß jetzt der aus dieser Seite be-
findliche Beschauer zum j)alaste hinaufsehen. Dem Mangel
an architektonischer Schönheit in den fformen des jdalastes
selbst hat man durch eine vollkommene Ueberladung mit
Bildhaucrarbeit abzuhelfen versucht. Das ganze Gebäude ist
von oben bis unten und aus allen vier Seiten mit einer Un-
zahl von Allegoricn ausgestattet, deren Bedeutung sreilich den
gewöhnlichen Sterblichen gänzlich unklar ist."

» In einem Aussatz über B erlin e r S aal bau ten spricht
Schliepmann in der ,,Tägl. Rundschau" davon, daß Berlin
trotz seiner weltstadtstellung über nur höchst wenige, ja, eigent-
lich über kaum eine einzige jener großartigen Saalanlagen
mit den entsprechenden Nebenräumen versügt, wie sie sür
ffeste größten Naßstabs, Mnsik-Aussührungen, große Ivander-
versammlungen u. dgl. mehr ersorderlich sind, und wie sie
z. B. das so viel kleinere Röln im Gürzenich, Mainz in seiner
Stadthalle besitzt. ,,Aber der Berliner ist trotz seiner IVelt-
verrusenheit im Grunde sehr genügsamer Natur; enge Ver-
hältnisse, wie wir sie in den sechziger Iahren nnd srüher
durchlebt haben, sind sür ihn zu einer cherechtigten Ligen-
tümlichkeit' geworden, an der er nicht gern mäkeln läßt, und
wie er sich selbst in besseren Vergnügungsräumen, z. B. im
Ronzerthaus — von den ,Spezialitätentheatern' ganz zu
schweigen! — eine geradezu empörende Linpserchung geduldig
gesallen läßt, weil es einmal ffmmer so gewesenh so seiert er
seine Isochzeiten und die zweinndsünszig Stistungsseste, ohne
welche der brave Bürger nicht mehr bestehen kann, in den
altbewährten Sälen der vorkaiserlichen Zeit, schlimmstensalls
in verglasten Regelbahnen, wenn es hoch kommt, in den
Räumen eines der größeren Gasthöfe."

-x- Statt des gewöhnlichen „Salons" wird s)aris im
nächsten Iahre eine „zehnjährige Ausstellung" wie die von
1878 zeigen. Ls können zu ihr bis zu zehn IVerken eines
Rünstlers zugelassen werden.

Line kunsthistorische Ausstellung hat nun auch Salz-
burg eröffnet. „Damit der sühlbare Mangel an Ausstellungen
in diesem Iahr sich nicht noch vergrößere", möchte man zu-

-Zls

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