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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

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No. 153 - No. 160 (1. Juli - 11. Juli)
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schweren Schritten an. Die gemäßigten Organe heißen
dieselben gut. Einige besorgen, die Regierung werde
nicht mehr mit der nöthigen Energie und Consequenz
bis zum Ende gehen, die radicalen Journale führen, eine
sehr heftige Sprache. Die Maßnahmen seien eine Pro-
vokation zur Revolte. Seit dem Kaiserreich habe Paris keine
ähnliche Vergewaltigung erlebt. Das „Petit Journal" hebt
bcrvor, daß in den Departements heftige Furcht Platz greife.
Nach der allgemeinen Meinung haben die Polizisten
mit einer unbeschreiblichen Roheit gehandelt. Die Erre-
gung ist daher erklärlich. Die Ausdehnung der Unruhen
auf die Departements wird befürchtet.
Die Boulangisten erließen ein Manifest, in dem sie
gegen ihre Ausschließung von der heutigen Sitzung der
Pariser Erwählten scharf protestiren. Der Präsident
des Gemeindcrath« hielt eine Rede, in der er die Re-
gierung wegen der Schließung der Arbeiterbörse heftig
angriff, die aus politischen Rücksichten den Reactionären
zuliebe geschehen sei, stellte aber den Antrag, von der
Regierung die Wiedereröffnung der Arbeitsbörse zu ver-
langen, nicht zur Abstimmung.
Siebenunddreißig gestern Verhaftete wurden heute in
das UntersuchungSgefängniß abgcführt, 6 darunter sind
angeklagt, einen Omnibus verbrannt, 4, auf die Polizei
geschossen zu haben. — Carrsre, Chef des Studenten-
comitüs, wurde gestern Nacht von zwei Individuen an-
gegriffen und hat zahlreiche Verletzungen erhalten. „Jour."
beschuldigt die Polizei, den Angriff verursacht zu baben.
— Fünfzig Manifestanten wurden beute zu mehrthägigen
Gefängnißstrafen verurtheilt.
Deutsches Reich.
Berlin, 7. Juli.
— Der Kaiser begab sich Freitag Vormittag lls/,
Uhr mit dein anläßlich seines Geburtstage- zum Seconde-
Lieutenant ernannten Prinzen Eitel Friedrich vom Neuen
Palais nach dem Lustgarten in Potsdam, wo die feierliche
Einstellung des Prinzen in das 1. Garde-Regiment zu
Fuß stattfand. Eine Parade des Regiments schloß sich
an die Feier an. Die Kaiserin wobntc der Einstellung
von den Fenstern aus bei.
— Der S eni orenkon v e nt des Reichstages
beschloß- daß nach der ersten Lesung der Militärvorlage
die ersten Tage der nächsten Woche aus Rücksicht auf
die bayrischen Landtagswahlen sitzung-frei bleiben sollen.
Die zweite Lesung findet Donnerstag statt.
— Der russische Botschafter Graf Schuwaloff
zeigte gestern an, daß der Großfürstthronfolger am 1l.
Juli auf seiner-. Durchreise nach St. Petersburg dem
Kaiser und der Kaiserin einen Besuch abzustatten wünsche.

Ein krampfhaftes Zucken flog über sein Gesicht, noch
einmal drückten die einst fleißigen, jetzt erkaltenden Hände
die des Arbeiters und Annas. Noch ein Blick traf die
Lebensgefährtin, dann schaute das Auge starr. Ein
dunkler Schatten wehte über die Züge, der bleiche Engel
hatte ihn geküßt. Die treue Gattin beugte sich vor, und
ibrc Hände schlossen die Augcnlicdcr.
„Todt, todt!" schluchzte die Tochter, welche Andrea-
in seine Arme zog. Sie ließ es geschehen, wußte sie et
doch kaum!
„Und er hat meiner, de« Hilfsbedürftigsten, nicht zum
Schluß gedacht", weinte Fritz; aber die Mutter hob den
Gelähmten auf. „Er hat Dich gesegnet. Beten wir."
Die Thür hatte sich schon vor einer Minute geöffnet,
und Julie von Brandt, der Josua Kniffling folgte, war
eingetretcn.
„Da kommen wir zu einer sehr ungelegenen Zeit",
sprach der Letztere. „Gnädige Gräfin kommen Sie zurück.
Hier hat der Tod sein Opfer gefordert."
Julie wie- den Mann zurück, dann trat sic rasch auf
die Trauernden, welche ihr Eintreten nicht bemerkt
hatten, zu.
„Ich komme leider zu spät", sagte sic, um die Leiden
des Dahingeschiedenen mildern zu können; doch werdet Ihr
Armen die Hülfe nicht verschmähen, die Julie v. Brandt
Euch bietet. Nebmet vorläufig die-."
Sic legte Ihre gefüllte Börse in die Hand derWittwe,
dann entfernte sie sich, noch bevor eines der Anwesenden
ihr seinen Dank auSsprcchen konnte.
Die zurückbleibcndcn Mitglieder der Familie del Dahin-
geschiedenen blickten sich verwundert aber auch ergriffen

Der Kaiserliche Hofzug wird dem Großfürsten auf de*
Grenzstation Goch zur Verfügung gestellt. Abends findet
Tafel im neuen Palais statt, worauf der Großfürst seine
Reise fortsetzt.
— Nach den vorliegenden cndgiltigen Nachrichten
über die Wahlmännerwahlen zum bayrischen Land-
tag entsendet die Pfalz wieder ausschließlich 20 liberale
Abgeordnete nach München.
Ausland.
Langgehegte Wünscht Ungarns sind ihrer Erfüllung
nahe, da der König seine Geneigtheit kundgegeben Kat,
zukünftig längere Zeit in Budapest zu residiren, wo-
rauf auch die riesigen neuen Schloßbauten Hinweisen;
bei dem Aufenthalt des Königs in Ungarn werden die
ungarischen Hofwürdenträger faktisch in Funktion treten.
Die beim Hochzeits-Festzug in London in Ohn-
macht gefallenen Leute sind alle wieder genesen, bis auf
eine Frau, welche todt ist. Vielfache andere Unglücks-
fälle kamen vor' ein Mann fiel aus dem Fenster, ein
anderer wurde durch einen herabfallcnden Gcstmsstein,
ein dritter durch das Platzen eines beim Freudenschießen
verwandten Böllers getödet. Neber einen Zwischenfall bei
dem Einzug des Brautpaares in London wird berichtet:
In Hammersmith stießen die Fürstlichkeiten plötzlich auf
einen großen Leichenzug. Ein Arbeiter wurde hier von
Hunderten seiner Kameraden mit Musik und Bannern zu
Grabe geleitet, und die ganze Prozession nahm soviel
Platz ein, daß der Wagen der Prinzessin einen Augen-
blick zu halten genöthigt war, während die vorüberziehenden
Leidtragenden dieselbe durch Hutabnekmen begrüßten.
In Kairo mehren sich die Cholera fälle sehr
stark. Am SnezkaUal wurde von den egnptischen Truppen
ein Sanitätskordon gezogen-
Deutscher Reichstag.
Berlin, 7. Juli.
Zur Beratbung steht die Militärvorlage.
Reichskanzler Graf Caprivi: Die Regierungen
gingen mit ihren Forderungen bis auf den Antrag
Huenc zurück, mit Rücksicht auf die wirthschaftliche und
die allgemeine Lage gegenüber dem AuSlande, um die
Debatte abzuschließen, welche im Auslande die Annahme
hervcrrufen mußte, als ob in Deutschland nicht mehr der
Sinn vorhanden sei, der alles an die Sicherheit, die
Ebre und die Zukunft Deutschland« zu setzen bereit ist.
(Unruhe links.) Die Frage der zweijährigen
Dienstzeit hat nur theoretischen Werth; wenn die-
selbe sich bewährt, kann keine Regierung sie zurücknehmen,
anderseits kann keine Partei so vaterlandsfeindlich
handeln, dir zweijährige Dienstzeit aufrechterhalten zu
an. Die Tkat der Gräfin war so schnell geschehen, ihre
Entfernung fo plötzlich erfolgt, daß Niemand ihr batte
crwiedern — ihr danken können.
Frau Schlicht hielt die reiche Börse sprachlos in ihrer
Hand und nur Fritz war der Erste, der Worte fand.
„Wer war die schöne Dame und wa« gab sie Dir?"
fragte er. -
„Ein Almosen!" antwortete Andrea« Grimmert bitter.
Diese Worte und der harte Ton, in dem sie gesprochen
wurden, berührten Anna ebenso unzart, wie schmerzlich.
Sic trat von Andrea«, neben dem sie stand, zurück und
erwiederte:
„Höre nicht auf ihn, Fritz! E« war ein guter Engel,
der sich uns nahte, und un« geziemt, ihm dankbar zu sein.
Laß Dich davon nicht durch den Gedanken an da« harte
Wort, „Almosen" zurückhalten. Da« verriethe nur ein
wilde«, trotziges Herz."
Andreas warf ihr einen Seitenblick zu und antwortete
auf diesen indirecten Vorwurf unwirsch:
„Ja, Almosen — wa« weiter? Aber wir brauchen sie
nicht. Ich kann arbeiten!"
„Nun, da« ist kein Almosen, was Du un- reichst?"
fragte Anna trotzig.
Der Geselle fuhr zusammen und sah sie mit einem
schmerzlich-bitteren Blick an. Dann zeigte er auf den
Tobten und sprach:
„Er hat Dich — Euch alle mir überwiesen. Ich habe
Rechte an Euch — Ihr habt sie an mich. Wa« un«
Fremde geben ist nur ein Almosen, da« oft lheucr genug
bezahlt werden muß. Leider weiß ich da« von früher!"

Verkündigmrgsblatt und Anzeiger

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Heidelberg, Sonntag, S. Juli

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ckungsgebühr iiy

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Hauptstraße SS.

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* Die Revolten in Paris.
Die Pariser müssen immer eine kleine Unterhaltung
haben. Entweder einen Ministersturz oder einen Panama-
krach oder sonst etwas Aufregende«. Gegenwärtig machen
lle zur Abwechslung wieder einmal ein Bischen Revolution.
Den Beginn und bisherigen Verlauf derselben haben wir
Kreits geschildert. Nachstehend bringen wir noch Einiges
über die Vorgänge der letzten Tage.
Die Pariser Deputaten und Senatoren der ertremen
Dichtung- sowie die Gemeinderäthe richteten ein Manifest
an das Pariser Volk, in dem sic gegen die Gewaltthatcn
btt Regierung protestiren. Das Volk möge sich ruhig
^(halten und nicht in die ausgestellte Falle gehen, sondern
winen Lrwäblten die Vrnlmdignng seiner Rechte übcr-
'assey, Das demnächstigc Verbiet der Republikaner Frank-
reichs werde Paris rächen. Ein Meeting in der Nüstern
fin knnplv, von wenigen Hundert Arbeitern besucht, be-
schloß, von heute ab einen allgemeinen Streik zu pro
klainiren, den 14. Juli nicht zu feiern, aber in Masse
auf den Boulevards zu manifeststen. Der Präsident
zrigte an, die Nuison äu knuple werde vorläufig die
Arbeitsbörse ersetzen. Neuerdings vvrgekommcne kleinere
Unruhen auf der Place du Chateau d'Eau und den an-
grenzenden Vorstadtstraßen waren bald nach Mitternacht
iu Ende. Mehrfach wurden Omnibusse angezündet und
^sr Bau von Barrikaden versucht, aber keine Manifesta-
ki°u in großer Masse. Abends chargirende Polizisten
wurde» aus den Fenstern eines Hotel« in der Rue Ober-
kamps mit Revolver- und Flintenschüssen empfangen. Die
Bewohner des Hotels wurden verhaftet.
Die Morgcnblätter sehen die Schließung der Arbeits-
börse einstimmig als einen sehr ernsthaften, vielleicht folgen-

Der Abonnementspreis
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beträgt für Heidelberg und nächste Umgebung
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Hefter Qualität Bestellungen der „Bürger-Zeitung" werden für
kttsin. Auswärts durch die Post, innerhalb der Stadt und nächster
. y"'!stbung durch unsere Träger entgegengenommen.
198 a. Markt Verlag der „Bürger-Zeitung".

Kes Vaters letzter Wille.
Von Fritz Brenta«».
(Fortsetzung.)
„Verbittere Dir nicht den letzten Tag" , bemerkte in
Tbränen zerfließend Frau Schlicht. „Anna und ich wir
haben arbeiten gelernt, und der Himmel hat uns Arbeit
bescherst. Auch sind wir nich verlassen; unsere Miethe
fit bezahlt."
„Gott sei gedankt", murmelte der Sterbende.
„Und schließlich", nahm Andrea« Grimmert, der bis-
her an dem Fenster gestanden hatte und jetzt näher trat,
da«-Wort, „steht hier ein Mann, der im Stande ist,
nicht nur seine Frau, sondern auch die Ihrigen durch«
Leben zu bringen. Vater Schlicht, laßt Euch das nicht
bekümmern."
Dei- Schwerkranke bot ihm mühsam die Hand, welche
btt: krästigr Arbeiter ergriff und drückte „Anna, Deine
Hand lege ich in die derjenigen, mit dem Du verbunden
durch da« Leben geben wirst."
"Dir Tochter fuhr bei diesen Worten zusammen.
),Väter!" rief sic schmerzlich: „In diesem Augenblicke
ach, jetzt, da der Arzt —
.. »Ich bin dem Herrn Doctor verbunden, daß er mir
bw Wahrheit gesagt hat", versetzte der Alte: „Ja, der
4vd kommt, aber die Zeit bleibt mir noch, Planche- zu
^dnrn. — In Eurer früheste». Jugend — wurdet Ihr
Bride — da« Brautpaar genannt; — jetzt, da ich in
*knigen Minuten vor —- dem Thron des Ewigen stehe
— verlobe ich Euch. Sei ihm-"

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