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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
No. 181 - No. 190 (3. August - 14. August)
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General


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mit 8seitigem illußrirtem Sonntagsblatt: monatlich
35 Pfennig frei in's Haus, durch die Post bezogen
vierteljährlich SO Pfennig obne Bestellgeld.
»--"
tzrpoditiorr: Kcruptffrcrße Wr. 26.

für Heidelberg und Umgegend
(Würger-Zeitung).

*--.—-»
Jnscrtionöpreisr
die Ispaltige Petttzetle oder deren Raum 5 Pfg.,
iür auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt-
4.—.— > .»
Giepeditiorr: Kauptstmrße Wr. 25.

18L.

Verantwortlicher Redakteur:
Herrn. Streich.

Heidelberg, Dienstag, den L. August

Druck und Verlag:
Heckmann, Dörr L Wurm.

1893.


Die Wehrsteuer.
Die Jagd nach neuen Steuern ist gegenwärtig
die vornehmste Beschäftigung der deutschen Finanz-
minister, ihrer Räthe und der Offiziösen. Bei dem
Fleiß, mit welchem die genannten dieser Jagd ob-
liegen, nimmt es nicht Wunder, daß auch die
Wehrsteuer in empfehlende Erinnerung gebracht wird.
Sie ist keine neue neue Erfindung und in
Deutschland längst bekannt und längst verworfen.
Es hat gewiß viel für sich, wenn darauf verwiesen
werden kann, wie die zum Heeresdienste Einbe-
rufenen ein schweres Opfer bringen, von welchem
die nicht Eingestellten befreit sind. In der Thal
stört der Heeresdienst dem Arbeiter die Ausbildung
und Entwickelung in der Arbeitsgeschicklichkeit, er
wirft den Beamten, den Anwärter auf einen ge-
lehrten Beruf um mindestens ein Jahr in der Lauf-
bahn zurück, er schädigt den Kaufmann, den Hand-
werker in der Erwerbsfähigkeit und setzt in unserer
Zeit des Ueberangebots an Personen den Reser-
visten der Gefahr aus, durch Einziehung zur
Uebung die Stellung einzubüßen und brodlos zu
werden. Zudem enthält der Heeresdienst die
schwersten Gefahren für Leib und Leben des Sol-
daten im Kriegsfälle. Alledem gegenüber hat aller-
dings der nicht Eingestellte Vortheile und cs er-
'cheint der Gedanke bestechend, wenigstens die Nicht-
Angestellten dafür bezahlen zu lassen, daß die An-
^ven dienen müssen. Der Militärpflichtige bleibt
i^t achtzehn Jahre in der Linie, Reserve und
^anhly^r. Also sollen, so wird von einer Seite Vor-
schlägen, achtzehn Jahre lang die vom Heeresdienst
^freiten eine Wehrsteuer bezahlen, damit sie
wenigsts in Geldopfern das einigermaßen gut
fachen, was sie durch ihr Fernbleiben vom Dienst
Ndlrekt dem Eingezogenen gegenüber verschulden.
^>av inirge n»^ allerdings sehr hüvfvy.
when wir etwas näher zu' Wer kommt den noch
ru vom Militär in heutiger Zeit? Die Krüppel
und djx bedingt Tauglichen. Die Anzahl der zur
letzteren Art gehörenden jungen Leute verringert sich
susehendes. Man verfährt laxer als früher bei der
Entscheidung über die Tauglichkeit. Man geht ins-
oesvndere bis an die äußerste Grenze in der Be-
jahung der Tauglichkeitsfrage bei den Einjährig-
Freiwilligen, also bei jenen Wehrpflichtigen aus den
wohlhabenden Kreisen, die man doch vor Allem in
Rechnung zu ziehen hätte. Bliebe von den be-
dingt Tauglichen also nicht allzu viel übrig an
steuerkräftigen Wehrsteucrpflichtigen, so sieht es doch
völlig trostlos bei den Krüppeln aus. Die vielen
Tausenden von Blinden, Lahmen, Verwachsenen,
Schwerhörigen, Gelähmten, Stumpf- und Blöd-
sinnigen, Fallsüchtlern bilden den Kern der Masse

der Untauglichen. Sie sind meist ganz oder theil-
weise erwerbsunfähig. Ihre Familien haben für
die erwachsenen Personen meist mit zu sorgen.
Sollen nun diese Familien überdies auch noch mit
einer Wehrsteuer belastet werden, damit sie das glück-
liche Loos, das sie getroffen, auch noch etxra be-
zahlen? Es gibt unter Krüppeln, Halbkrüppeln,
Untauglichen und bedingt tauglichen zusammen-
genommen doch nur einen kleinen Theil von Leuten,
die nicht durch ihre körperliche Verfassung ohnedies
geschädigt sind. Es wäre nicht zu billigen, wenn
man die große Masse der Militärfreien noch be-
sonders belasten wollte, sie, die als Steuerzahler
an der Aufbringung der Kosten für das Heer nach
ihren Kräften ohnedies betheiligt sind.
Im Jakre 1881 hat der Reichstag die Wehr-
steuer einstimmig abgelehnt. Geaf Moltke verließ
den Saal vor der Abstimmung, um nicht gegen
die Regierung stimmen zum niüsscn. Ein Redner
schlug damals vor, man möge die Frauen, die ja
nicht zu dienen brauchen, zur Steuer mit heran-
ziehen. Als Hauptredner führte Heinrich von
Treitschke aus, daß die Wehrsteuer mit der all-
gemeinen Wehrpflicht nicht in Einklang zu bringen
sei. Er malte bereits das verwerfliche Stellver-
treterthum, den Loskauf, als ein Gespenst der Zu-
kunft an die Wald, indem er prophezeite, aus dem
Satze: „Wer nicht dient zahlt", werde der Satz
werden: „Wer zahlt, dient nicht." Selbst die
Konservativen sprachen sich damals mit Entschieden-
heit gegen die Wehrsteuer aus. Seitdem hat sich
an dem Gedanken der Wehrsteuer und an der Be-
rechtigung derwider sie erhobenen Einwendungen nichts
geändert. Geändert hat sich nur so viel, daß das
Reich noch größeren Steuerhunger bekommen hat.
Zur Stillung dieses Hungers aber liegen andere
Mittel näher, als die Wehrsteuer.
- Deutsches Aeich.-
Berlin, 7. August.
— Ueber den Inhalt und die Form der Den k-
schrift, welche der Finanzministcr-Konfcrenz
in Frankfurt vorgelegt werden soll, weiß die
„Börsenzeitung" folgendes zu berichten: „In der
Denkschrift sind alle in Betracht kommenden Fragen
erwogen; ein fertiger Plan ist aber in ihr nicht
enthalten. In derselben sind auch Steucrprojekte
erörtert, deren Einführung wenig Wahrscheinlichkeit
für sich hat, wie beispielsweise die Wehrsteuer."
Wahrscheinlich sind das die 12 Projekte, von denen
die „Nationallib. Korresp." vor einigen Tagen wissen
wollte, deren Vorhandensein aber nachträglich in
offiziösen Blättern abgeleugnet wurde.
—- In Sachen der Rei ch s st e u err e f o rm
sind in letzter Zeit verschiedene Meldungen umge-

gangen, die namentlich eine Korrespondenz der
„Berl. Pol. Nachr.", die als offiziös galt, zum
Ausgangspunkte hatten. Diese Korrespondenz muß
nun selbst erklären, daß die von ihr gebrachte
Meldung, es sei bei der Steuerreform ein Uebcr-
weisungsbetrag an die Einzelstaaten von 60 Millionen
Mark in Aussicht genommen, auf einem Jrrthum
beruhe und es sei ein Neberweisungsbetrag in er-
heblich geringerer Höhe in Aussicht genommen.
Offiziös werden ferner die in derselben Korrespon-
denz ausgestellten Behauptungen, daß eine Steuer-
erhöhung im Betrage von 150 bis 170 Millionen
geplant sei und daß der Finanzministcr Miquel
12 Steuerprojekte zu dem Zwecke ausgearbeitet habe,
für ebenso unwahr erklärt, als die einzelnen An-
gaben verschiedener Blätter über bestimmte darunter
befindliche Steuerobjekte. (Auch betreffend der
Tabakfabrikatsteuer?) Es meldet ferner die „Nordd.
Allg. Ztg.": Ueber die Ministerkonferenz sei nur
bekannt, daß Maltzahn den Vorsitz führen, Preußen,
Bayern und Württemberg durch ihre Finanzminister,
Baden durch den Finanzpräsidenten Buchenberger,
Weimar durch den Bevollmächtigten Heerwarth,
Elsaß-Lothringen durch Schraut vertreten sein werde.
Eine im preußischen Finanzministerium ausge-
arbeitete Denkschrift über die Reichssteuerreform
werde (wie schon gemeldet) der Konferenz vorgelegt
und dann veröffentlicht werden.
— Ein unzweifelhaft von der Postverwaltung
ausgehender Leitartikel setzt auseinander, daß
der bestehende Postpackettarif sich wirthschaft-
lich bewährt habe und eine durchaus volksthümliche
Einrichtuug geworden sei. Der ganze Artikel ist
ein wirksames Plaidoyer gegen das jüngst anscheinend
offiziös lancirte Projekt einer Erhöhung des Packet-
portos.
— Diet. Einfuhr von Verschn ittweinen
»uU? unrer/ .»vrntrote brckug iui
Jahre 18^2 nach einer Zusammenstellung der
„Nordd. Allg. Ztg." 11 443 200 Kilogramm, wo-
von 10321 600 Kilogramm auf Italien kommen.
Für 1893 ist es neben Italien noch Spanien,
das als Bezugsland von Verschnittwein für Deutsch-
land in Frage kommt. In den ersten vier Monaten
dieses Jahres betrug die Einfuhr von Verschnitt-
wein in das Zollgebiet 3 915 000 Kilogramm;
Italien nahm hieran mit 2 953 600, Frankreich
mit 129 900, Oesterreich-Ungarn mit 98 400 und
Spanien mit 662 000 Kilogramm theil. Es steht
hiernach zu erwarten, daß diese Einfuhr 1893
mindestens die Höhe des Vorjahres erreichen wird.
Gegen 1891 hat die Gesammteinfuhrmengc von
Wein bedeutend zugenommen. Es betrug nämlich
1891 die Einfuhr an Wein und Most in Fässern,
sowie rothem Weine zum Verschneiden im deutschen

Zollgebiete 69 711 500 Kilogramm, 1892 aber
81680 300 Kilogramm.
— Die sozialdemokratische Arbeiterbildungs-
schule, die bei ihrer Begründung in Berlin sechs
Stätten hatte, zählt deren schon seit geraumer Zeit
nur noch drei. Gestern beschäftigte sich eine General-
versammlung in der Berliner Ressource mit der
Frage, ob der Unterricht nicht auf eine einzige Stelle
zu beschränken sei. Nach langer Besprechung wurde
die Entscheidung einer späteren Versammlung Vor-
behalten und bis dahin auch die Neuwahlen zum
Vorstand der Schule verschoben.
— Ueber die Parteigruppirung unter denAnt i-
semiten wird folgendes berichtet: „Ahlwardt ist
der „Deutschen Reformpartei", zu welcher sich die
Gruppe Böckel und die Gruppe Zimmermann im
Reichstag vereinigt haben, ferngeblieben. Dr. Förster
der Ersatzmann für Neu-Stettin, hat „sein Ehren-
wort gegeben", dieser „Deutschen Reformpartei" bei-
zutreten. Werner gehört der Partei an, sein Er-
satzmann Dr. König aus Witten dürfte vorziehen,
mit Liebermann von Sonnenberg bei dem Fraktions-
losen auszuharren. Es kann ihnen dies um so
weniger schwer fallen, als ihnen, wie dem in Esch-
wege gewählten Antisemiten Leuß von dem rechten
Flügel der Dcutschkonservativen ein sehr freundnach-
barliches Verhältniß zugestanden sein soll.
Ausland.
Zürich, 6. Aug. Der internationale Sozia-
list e n k o n g r e ß wurde heute Vormittag im Saale
der Tonhalle durch Bürkli vom Grütliverein mit
einer Rede eröffnet, die die Schattenseiten der kapi-
talistischen Wirthschaftsordnung mit starken Ueber-
treibungen schilderte und die Origanisation der
Kampfmittel als Aufgabe des Kongresses bezeichnete.
Sodann berieth die Versammlung unter dem Vorsitz
Greulich's Geschäfts-OiPnungsfragen. An Zwei-
tnusrrw Prrsmrrn- stirb Hnwesend, darunter Bebel
und Liebknecht, Frau Avelinz (London), Adler
(Wien) Labrivla, Trampolini, Torati (Italien),
Frankel (Paris), Volders (Druffel). Nachmittags
zogen 7000 Kongressisten in festlichem Zuge durch
die Stadt zum Kantonalschulplatz, wo eine öffent-
liche Begrüßung erfolgte. Der Zug war großartig,
besonderen Eindruck machte eine Kindergruppe unter
Vortritt eines erwachsenen Mädchens mit phrygischer
Mütze und rother Fahne. Obwohl nirgends Polizei
zu bemerken war, herrschte musterhafte Ordnung.
Es sprachen Greulich, Hopsen (England), Volderes,
Torati, Bebel. Letzterer dankte den Schweizern für
die Gastfreundschaft, die sie den Deutschen während
des Ausnahmezustandes gewährt hätten und ver-
sicherte, der Sozialismus werde nicht aufhören zu
kämpfen, ehe menschenwürdige Zustände erreicht seien.
Damit war die Feier beendet.

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Um 35 M lchl st dm Mut Auch «.»LLLLM«


Eine örmkte UhcrL.
18) Roman von E. P. von Areg.

(Fortsetzung)
„Sie scheinen eine sonderbare Ansicht von der
Dehnbarkeit des Geldes zu haben, wenn Sie ver-
meinen, ein solcher Lumpenbetrag könne 4 Jahre
lang für die Bedürfnisse eines Mannes genügen,
wie ich Lin. Aber es ist gut, daß Sie selbst auf
jene Angelegenheit zuerst zurückkommen. Haben
Sie nichts in den letzten Tagen von dem gehört
oder gelesen, was in Borkum passirt ist?"
„In Borkum, der Heimath des Herrn von
Flottwell?" lautete die Gegenfrage. „Nicht das
Mindeste. Ist etwa der Alte gestorben?"
„Damit ist's nichts", entgegnete August.
„Der alte Mann schleppt ruhig sein zähes Da-
sein weiter zum Schaden für seinen jüngsten Sohn.
Aber einen anderen haben sie kalt gemacht in dem
Neste, einen, für den Sie sich wahrscheinlich
interessiren werden."
„Es giebt niemanden in Borkum, der außer-
dem Genannten meine Interesse in Anspruch
nähme."
„Nun, er gehört ja eigentlich auch gar nicht
nach Borkum und der Teufel mag wissen, was
ihn dorthin geführt hat. Ich will Sie nicht
länger nach dem Namen suchen lassen: vorgestern
früh ist der Wienbrand auf seinem Wege nach
Borkum ermordet worden."
Diese Nachricht wirkte so stark aus Herrn v.

Grünow, daß die angenehme Röthe seines, Ge-
sichtes auffällig erblich.
„Verdammt", erwiederte er nach einer kurzen
Pause, in der er die augenblicklich verlorene
Fassung mühsam wieder zufammensuchte. „Das
ist ein Ereigniß von weitgreifender Bedeutung für
mich. Und Du bist gewiß, daß Du mir die
Wahrheit gesagt hast?"
„Natürlich bin ich das", entgegnete August,
„es steht heute gauz ausführlich in der Zeitung.
Da können Sie ja selbst lesen."
Er zog das Zeitungsblatt aus seiner Brust-
tasche und deutete, als Grünow dasselbe ent-
faltete, mit dem Finger auf die betreffende Stelle.
Der Andere las die Nachricht nut zusammen-
gezogenen Brauen und gerunzelter Stirn.
„Weist Du Näheres, August?" fragte er daun
und der spitze Blick, der dabei aus den vor ihm
Stehenden fiel, schien diesem bis in die tiefste
Falte seines Herzens dringen zu wollen.
„Unsinn!" erwiederte August in etwas ge-
reiztem Tone. „Was kümmert mich Wienbrand!
Ich habe nichts mit ihm zu thun gehabt. Aber
vielleicht Sie. Ich ahnte etwas davon und deß-
halb kam ich, Sie zu benachrichtigen."
„Du thatest nicht Unrecht", entgegnete Grü-
now. „Dieser Todesfall trifft mich schwerer, als
Du glaubst. Bleibe vorläufig in Stavenhagen,
damit ich Dich haben kann, wenn ich Dich brauche;
die Möglichkeit, ein schönes Stück Geld zu ver-
dienen, mag Dich hier festhalten."
10. Kapitel.
Noch bevor Oberst von Allmer in die Lage

kam, aus deii'Mitthcilungeu Grünows nach der
strikten Anweisung der Dienstvorschriften die für
die Betheiligten im höchsten Grade unangenehmen
Konsequenzen zu ziehen, ging von dem Landgericht
in der Hafenstadt eine Requisition an das Au-
ditoriat des Regiments ein, welche die in der
Borkumer Mordaffüre gegen den Oberleutnant
Hans von Flottwell aufgetauchteu Verdachts-
momente des Näheren beleuchtete und auf eine
ungesäumte Einleitung der Untersuchung gegen
den Genannten wegen dringenden Verdachts des
Mordes Antrag stellte.
Es ist bekannt, daß bei uns die Angehörigen
der Armee nicht nach den gewöhnlichen Bestim-
mungen der für die Mitglieder des Civilstandes
bestehenden Strafgesetze, sondern nach denjenigen
Normen behandelt werden, welche für die einzelnen
Bundesstaaten besonders herausgegcben sind und
daß von diesen allgemeinen Bestimmungen
nur das Königreich Bayern eine besondere Aus-
nahme bildet. Hans v. Flottwell unterstand dem-
nach als aktiver Offizier lediglich der Militär-
gerichtsbarkeit und der Regiments-Auditeur sah
sich in Folge dieser Requisition lediglich in die
Nothwendigkeit versetzt, den Vorgesetzten des Offiziers
von dem gegen denselben erhobenen Verdachte
Mittheilung zu machen und danach die Unter-
suchung den gesetzlichen Vorschriften entsprechend
einzuleiten.
Merkwürdiger Weise aber, und ganz den Er-
wartungen entgegen, welche diejenigen hegen mochten
denen die Details jener Verdachtsmomente be-
kannt waren, wurden dieselben schon durch das
erste Verhör Hans von Flottwells bedeutend ab-

geschwächt und durch den weiteren Verlauf der
Untersuchung vollkommen illusorisch gemacht.
Zunächst vermochte der Offizier durch eine
mehr als genügende Menge von Zeugen nachzu-
weisen, daß er in der Mordnacht weder in der
Hafenstadt noch in Borkum gewesen war, sondern
daß er sich während derselben und auch mehrere
Tage früher und später durchaus nicht von
Stavenhagen entfernt gehabt habe. Er war tag-
über während dieser Zeit mit der regelmäßigen
Ausübung seiner Dienstverrichtungen beschäftigt
gewesen und hatte die Abende und den größten
Theil der Nächte im Kreise seiner Kameraden
verbracht. Den kleineren Theil der Nacht, das
bewies das Zeugniß seines Burschen und seines
Ouatierwirthes, hatte er zweifelsohne geschlafen,
wenigstens war er jeden Morgen in seinem Bette
vorgefunden worden und auch sein Heimkommcn
war wiederholt von dem einen oder dem anderen
gehört worden. Da nun feststaud, daß er das
Offizierskasino, denn nur in diesem hatte er
während jener Nacht verkehrt, nicht ein einziges
Mal vor drei Uhr Morgens verlassen hatte, so
war damit auch für die Nächte, für welche ein
Zeugniß über seine Heimkehr mangelte, der Be-
weis erbracht, daher während derselben unmöglich
in Borkum oder in der Hafenstadt gewesen sein
konnte, beide Orte waren mehr als siebzig Kilo-
meter von Stavenhagen entfernt und mit letzterem
Orte auch nicht durch Schienenwege verbunden;
ein Mensch war also vollständig außer stände,
in der Zeit von vier Stunden selbst mittels des
besten Pferdes vom letzteren Orte nach Borkum
zu gelangen, dort einen Mord zu verüben, wieder
 
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