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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

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No. 191 - No. 200 (15. August - 25. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44142#0181

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für Heidelberg und Umgegend
(Würger-Zeitung).

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holung entsprechender Rabatt.
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anzeiger für Heidelberg und Umgegend"
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Der „General-Anzeiger für Heidelberg
Und Umgegend" ist in der Postzeitungsliste,
Nachtrag vom 8. Aug-, unter Nr. 2499 a ein-
getragen.

' Frauen im Parlamente.


Der Gedanke, Frauen als Volksvertreterinnen
?uzulassen, beschäftigt bekanntlich schon seit Langem
ssll Gemüther, ohne daß man bis jetzt einen prak-
"schen Versuch in dieser Hinsicht riskirt hätte. Wir
"föchten nun nachstehend die Ansichten wiedergeben,
v<e der berühmte französische Politiker Jules Simon
gegenwärtig in einer Pariser Zeitschrift veröffent-
"cht. Er legt dabei französische Parlamentsverhält-
Nffst zu Grunde und sagt u. A.:
.. Ein wichtiger Umstand, der wohl zu beachten,
stt der, daß durch die Aufnahme der Frauen in die
parlamentarischen Körperschaften allen denjenigen
Leidenschaften das Thor geöffnet würde, welche die
Frauen schon durch ihre bloße Anwesenheit ein-
Mößen Pflegen. Ohnehin ist der Zündstoff zu
leidenschaftlicher Erregung in unserer Nationalver-
stetung im Palais Bourbon so reichlich angehäuft,
"aß es keiner neuen Zuthat bedarf. Und würde
"icht Alles auf den Kopf gestellt werden, wenn
"ian in diese tulmultuarische Gesellschaft noch ein
aber zwei Dutzend mehr oder minder zündender
weiblicher Wesen einführte?"
„Mehr als eine dieser Damen würde sich einen
starken Zwang anthun müssen, um in der Kammer
"icht wie eine Schauspielerin auf der Bühne auf-
Zutreten. Sie würde dort kaum auf etwas Anderes
ausgehen als auf augenblickliche Erfolge oder lo-
bende Zeitungsartikel. Sie würde sich ein Mini-
sterium zuertheilen lassen, wie andere sich eine ele-
gante Wohnung schenken lassen. Sie würde dem
Gewicht ihrer Gründe noch den Reiz ihrer schönen
Äugen hinzufügen. Sie würde es lebhaft ver-
spüren, wenn ihr Einfluß mit den Jahren in dem-
selben Grade abnehme, wie ihre Erfahrung wachsen
würde. Man würde für Interpellationen, für eine

Montag, den 21. August

Druck und Verlag:
Heckmann, Dörr L Wurm.

18S3.

große Woche, für ein parlamentarisches Longchamp
besondere Toiletten erfinden und würde in der
Kammer nicht nur ernste Moralpredigten, senden
auch ziemlich gesalzene Scherze zu hören bekommen."
„Meine alte Freundin Harriet Parker, die schon
viele gute Werke gethan hatte, aber immer nur die
alte Leier von ibrem demnächstigen Eintritt in's
Palament zum Besten gab, schmeichelte sich mit der
Hoffnung, daß unmittelbar nach Hinzutritt weib-
licher Volksvertreter sich das Haus der Gemeinen
in einen Salon verwandeln und daß die Herren
Mitglieder sich als Gentlemen benehmen würden.
Ich fragte sie, welche der beiden Theile des Par-
laments, die Männer oder die Frauen, die mora-
lische Führung übernehmen? Ich stellte stets in
Abrede, daß die Männer sich von den Frauen
würden in's Schlepptau nehmen lassen; im Gegen-
theil, die Damen würden es alsbald den Herren
in allen Dingen, guten wie schlechten, nachmachen,
sie würden sich sogar nach neuester Methode daran
gewöhnen, Schläge auszutheilen und zu bekommen,
wenn auch zunächst nur in bildlicher Bedeutung.
Unverblümte Liebeserklärungen würden freilich nach
meiner Ansicht nur in den Vorsälen und Korri-
doren vorkommen. Während der Sitzungen würden
sich alle weiblichen Mitglieder ganz verständig be-
nehmen, als hätte das allgemeine Stimmrecht sich
nur solche Frauen auserkoren, die des Tugend-
preises in Gestalt einer Rose würdig befunden wären;
Man sieht, daß das Gemälde, welches der alte
Schalk von Philosoph von den zukünftigen
Sitzungen einer Kammer beiderlei Geschlechts ent-
wirft, keineswegs geeignet ist, den Wunsch nach
baldiger Verwirklichung des Traumes vom politischen
Wahlrecht der Frauen als naturgemäß berechtigt
und unabweisbar erscheinen zu lassen.
Deutsches Reich.
Berlin, 20. August.
— Wiederholt ist in letzter Zeit das Gerücht
von einer bevorstehenden Zusammenkunft des
deutschen Kaisers mit dem Zaren aufge-
taucht. Unbedingten Glauben fand aber diese
Nachricht schon mit Rücksicht auf den Zollkrieg und
die russisch-französische Entente nicht. Nun be-
hauptet plötzlich wieder ein Kopenhagener Blatt,
der „Danebrog", mit aller Bestimmtheit, es sei
ausgemacht, daß der deutsche Kaiser während des
Aufenthalts des russischen Kaisers dem dänischen
Königshofe einen kurzen Besuch machen und so
mit dem Zaren Zusammentreffen werde. Es ist
anzunehmen, daß ein ernsthaftes Blatt wie der
„Danebrog" diese Meldung nicht ohne den Rück-
halt einer guten Quelle bringen würde. Der Be-
such Kaiser Wilhelms in Kopenhagen und seine
Begegnung mit dem Zaren sind somit mindestens
wahrscheinlich geworden. Als politisches Ereigniß
ersten Ranges würde die letztere aber ebensowenig
zu bezeichnen sein, als es die früheren waren. In
dem Verhältniß beider Reiche würde voraussichtlich
eine Entrcvue beider Herrscher wenig oder nichts
ändern.

— Der Rücktritt des Kriegsministers, General
v. Kaltenborn-Stachau, der, wie schon früher be-
richtet, infolge der bei Berathung der Militärvor-
lage gemachten Beobachtungen keinem Zweifel mehr
unterlag, wird jedenfalls noch vor dem Herbste er-
folgen. Man beschäftigt sich in den maßgebenden
Kreisen bereits mit der Suche nach einem geeig-
neten Nachfolger.
— Neue Forderungen für die Marine
stellen die„Berl. Pol. Nachr." in Aussicht, indem sie
ausführen, daß noch eine lange Reihe von Forde-
rungen aus der Denkschrift von 1889 ausstehe und
die Kosten für die einzelnen Schiffe gegenüber den
Anschlägen sicherhöht hätten. Nach "demursprüng-
lichen Plane hätten für 1894/95 nur noch 4,7
Millionen aufgebracht zu werden brauchen, um die
1889 ins Auge gefaßte Vermehrung der Kriegs-
schiffe zum Abschluß zu bringen. Da jedoch in
keinem Jahre die in der Denkschrift in Aussicht
genommenen Summen bewilligt seien nnd die Kosten,
wie gesagt, sicherhöht hätten, so werde mit 1894/95
noch kein Ende erreicht sein.
— Gegen eine Erhöhung der Post-
tarife wird in der „Nordd. Allg. Ztg." zum
zweiten Male postoffiziös Einspruch erhoben, und
zwar gegenüber einem Artikel der „Nationallib.
Korresp.", die im Miquel'schen Sinne einer solchen
Erhöhung unter der Bcsorgniß eines Aufhörens
des Postüberschusses das Wort geredet hatte.
— Das wegen Auflösung des Reichstags nicht
zur Verabschiedung gelangte Reichs-Seuchen-
gesetz wird dem Vernehmen nach einer vollstän-
digen Umarbeitung unterzogen werden und zwar
unter Berücksichtigung der inzwischen aus den ärzt-
lichen Kreisen hervorgegangenen Bedenken.
Hagen, 19. Aug. Herr Fußangel hat
seinen Wohnsitz hier aufgeschlagen und versendet
eine Einladung zu Bestellungen auf seine „West-
deutsche Volkszeitung", die vom 1. Okt. ab hier
erscheinen soll. In: ressant ist, zu erfahren, daß
Herr Fußangel auch ein warmer Freund der In-
dustrie ist. Er kündet dies mit den Worten an,
daß die Lage des Arbeiters nur dann auf die
Dauer eine befriedigende sein könne, wenn die
deutsche Industrie sich einer gedeilichen Entwicklung
erfreue; Arbeitgeber und Arbeitnehmer seien auf
einander angewiesen und würden am besten dabei
fahren, wenn sie auf der sicheren Grundlage gleicher
Rechte gemeinsame Interessen pflegten und für die
naturgemäß hervortretenden Gegensätze einen billigen
Ausgleich suchten.
Ausland.
Pest, 19. Aug. Der dem Minister Weckcrle
nahestehende „Pester Lloyd" versichert, es sei den
ungarischen Get r e i d e-Erp o rt e ur e n in
den meisten Fällen unmöglich, die von Deuschland
geforderte Bestätigung der Ursprungszeugnisse durch
die deutschen Generalkonsulate beizubringen. Um
eine empfindliche Erschwerung des Exports zu ver-
hindern, werde die Regierung bei dem deutschen
Auswärtigen Amte Vorstellung machen.
London, 19. Aug. Gestern Abend sind 2000

Mann Infanterie und 1000 Mann Kaval-
lerie von Aldershot nach Cardiff und Hewport ab-
gegangen, um Unruhen unter Arbeitern in den
Steinkohlengruben zu verhindern. 500 Mann In-
fanterie gingen von Plymouth ebenfalls dahin ab.
Morgen folgen noch 600.
London, 19. Aug. Nach einer Meldung des
Neuterschen Bureaus aus Buenos Aires vom
18. d. marschiren die aufständischen Truppen nach
der Stadt Corientes, nachdem sie den Truppen der
Provinzialregierung eine Niederlage bereitet haben.
In La Plata ist alles ruhig. Der als Vermittler
von der Centralregierung entsandte Dr. Tejedos
nimmt bei allen Behörden Veränderungen vor.
Aus Wcry und Jern.
* Karlsruhe, 19. Aug. Der Großherzog hat
nunmehr auch die Zugslinie für die stsategische
Eisenbahn Karlsruhe-Röschwoog und die dazu ge-
hörigen Bahnanlagen bezüglich der Gemarkungen
Karlsruhe, Beiertheim, Rüppurr und Ettlingen
genehmigt. So, wie die Linie jetzt in der Natur
ausgestellt und profilirt ist, so bleibt sie endgiltig.
Darnach kommt also die Hauptbahn Karlsruhe-
Ettlingen und das Personengeleise Karlsruhe-
Röschwoog auf hiesiger Gemarkung hoch zu liegen;
bis zur Fertigstellung dieser umfassenden Arbeiten
wird eine Nothlinie erstellt. Auch die Landstraße
nach Ettlingen wird auf Nüppurrer Gemarkung
theilweise hochgelegt, um die Gütergeleise zum
Rangierbahnhof ungehindert pafsiren zu lassen.
Nachdem nunmehr alle Vorbedingungen zum Bau
der Bahnlinie erfüllt sind, wird mit demselben in
aller Kürze begonnen werden.
* Karlsruhe, 20. Aug. Am Dienstag, den
5. September l. I. findet eine Sitzung des Eisen-
bahnraths statt. Als Gegenstände der Tages-
ordnung sind in Aussicht genommen: 1) Mit-
theilung der Genraldircktion über den 3. Nach-
trag zum Verzeichniß der Ausnahmetarife vom
1. Januar 1892 2) Mittheilung der General-
direktion über Tarifmaßregeln zur Erleichterung
des Bezugs von Futter- und Streumitteln; 3)
Mittheilung der Generaldirektion über das in
Aussicht genommene neue Frankirungsverfahren
für Expreßgut (Marken); 4) Mittheilung der
Generaldirektion über die bei den preußischen
Staatsbahnen mit der Einführung geheitzter
Güterwagen gemachten Erfahrungen und 5)
Winterfahrplan 1893/94
* Neckarbischofsheim, 18. Aug. Gestern Vor-
mittag ertrank das 12 Wochen alte Knäbchen des
Gutsbesitzers Böckel auf dem Krixenberg, Gemeinde
Neckarbischofsheim, in einem kleinen Teiche in der
Nähe des Wohnhauses. Das Kind schlief in
einem Kinderwägelchen, das unbeaufsichtigt im Hof
stand. Das Wägelchen kam durch irgend eine
Ursache ins Rollen und fiel in den genannten Teich.
* Mosbach, 19. Aug. Verschiedene Städte
unseres Landes, speziell auch aus unserem Kreis,
haben — nach übereinstimmenoen Zeitungsberichten
— die Absicht, in Folge Annahme der Militär-

Gine örmkte TtzcrL.
Roman von P. E. von Ar eg.

'^) (Fortsetzung.)
Verfolgt von manchen mißgünstigen Seiten-
blicken, aber ohne daß man ihnen Hindernisse in
"en Weg legte, gelangten die Beiden nach länge-
rer Umschau an einen kleinen Tisch in eine leere
Ecke ganz hinten. Hier nahmen sie Platz. Auf
Weilers Ruf erschien der Wirth mit zwei Weißen,
"ie sich in der That genießbarer erwiesen, als
W der Assessor.erwartet hatte. Um ihre Nach-
barschaft bekümmerten sie sich nicht und das war
in sofern klug, als sie dadurch erreichten, daß
Wan ihnen auch von jener Seite keine allzngroße
Aufmerksamkeit entgegen brachte. Es fehlte zwar
nicht au Blicken, die in keiner Weise Wohlwollen
oder Freundlichkeit verriethen; sie konnten be-
obachten, daß mau au den benachbarten Tischen
wehr zusammenrückte und die Stimmen dämpfte,
wodurch ihnen ein Anhören der geführten Ge-
spräche so ziemlich unmöglich gemacht worden
wäre, selbst wenn sie gewollt Hütten. Allein sie
Unterhielten sich scheinbar unbekümmert um ihre
Eingebung eifrig mit einander und das bewirkte
8ar bald, daß man sie zwar nicht völlig ignorirte,
über doch durchaus unbehelligt ließ.
„Wir sind etwas zu früh gekommen," sagte
Weiler, indem er einen scharfen und raschen Blick
hber die Anwesenden laufen ließ, „unser Mann
'st noch nicht hier, oder ich müßte mich sehr

täuschen. Aber ich bin meiner Sache so z'emlich
gewiß; er wird noch kommen."
„Es ist eigenthümlich," fügte der Assessor
aus dem Schatze seiner eigenen Erfahrungen
hinzu, „daß sich dieselbe sonderbare Anhänglich-
keit, welche den Deutsch-Philister an seine Stamm-
kneipe fesselt, bis in die Regionen des Gauner-
thuins beobachten läßt. Denn nur mit Berück-
sichtigung dieses Umstandes können Sie mit gro-
ßer Zuversicht behaupten, daß sich das Ihnen
bekannte Individuum heute hier sehen lassen
wird."
„Das ist vollkommen richtig," erwiderte
Weiler. „Es treten jedoch noch weitere Momente
hinzu, die es begreiflich machen, daß in ähnlichen
Füllen der Schuldige die eigene Wohnung, denn
auch unser Mann hat eine solche, nicht mehr für
den sichersten Zufluchtsort hält. Er ist sich ge-
wiß, daß man dort an erster Stelle nach ihm
suchen wird und weiß, daß er verloren ist, wenn
man ihm dort nachstellt. Alle diese Wohnungen,
sind in der Regel so beschaffen, daß aus ihnen
eine Flucht, wenn nicht der gefährliche und in
der Regel aussichtslose Weg über die Nachbar-
dächer gewählt wird, sobald sie hoch liegen, so
gut wie unmöglich ist. Weilt er aber unter
einem größeren Kreise seiner Genossen, so gewährt
ihm das schon eine gewisse Sicherheit, er ver-
schwindet mehr unter ihnen und für den Fall
eines Einschreitens der Polizei ist von hier aus
das Gelingen einer Flucht schon deshalb wahr-
scheinlicher, weil alle diese Lokale mindestens zwei
oft auch mehr Ein- und Ausgänge haben, von

denen nur einer regelmäßig in Gebrauch ge-
uommeu wird."
„Gehen Sie von der Ueberzeung aus, daß
sich auch heute Abend alle Ihre Annahmen
als stichhaltig beweisen werden?" fragte der
Assessor.
„Damit würde ich entschieden zu weit gehen,"
versetzte der Andere. „Es giebt eine Menge un-
berechenbare Umstände, die verhindern können,
daß unser- Mann hier erscheint, und wenn er
selbst jetzt schon auf dem Wege wäre, hierher zu
kommen. Er kann gewarnt werden, vielleicht so-
gar beobachten, daß die Polizei die Eingänge zu
besetzen Anstalten trifft, oder selbst einen ihm noch
sicherer erscheinenden Zufluchtsort ermittelt haben,
oder sonst auf eines der tausenderlei Hilfsmittel
gefallen sein, von denen er sich Sicherheit ver-
spricht. Kommt er aber nicht, so werde ich ihnen
dadurch Wort zu halten versuchen, daß ich Ihnen
seinen Namen nenne, bewor wir von hier Weg-
gehen. Es müßte sonderbar zugehen, wenn er
nicht heute oder morgen, aller aufgeweudeten
Räuke ungeachtet, doch ergriffen würde; sobald
seine Haftnahme erfolgt und bekannt geworden
ist, wäre der Beweis, den ich Ihnen versprochen
habe, auch geliefert."
„Ich will mich lieber mit diesem letzteren be-
gnügen," entgegnete der Assessor, „als hier länger
auf Dinge warten, deren Eintritt möglicherweise
durch unberechenbare Umstünde verhindert, verzögert
oder unmöglich gemacht werden kann. Ich muß
Sie versichern, daß mir der Aufenthalt hier im
höchsten Grade zuwider ist; diese Lust, diese Hitze,
dieser Gestank beschweren mir die Brust, so daß

ich kaum im Stande bin, Athem zu schöpfen, und
Alles, was um mich her vorgeht, trägt in keiner
Weise dazu bei, mir dieses seelische und körperliche
Mißbefinden auszugleichen."
Weiler antwortete nicht sogleich und es kam
dem Assessor vor, als ob der Blick desselben mit
ziemlicher Achtlosigkeit durch das Zimmer schweifte.
Er war deshalb nicht wenig erstaunt, als sich
jener nach geraumer Zeit aus seiner aufgerichte-
ten Stellung niederbeugte und so leise, daß er-
es kaum verstehen konnte, flüsterte:
„Er ist da!"
Der Assessor versuchte durch einen raschen
Umblick die Person des Neuangekommenen heraus-
zufinden, allein dieser Versuch schlug fehl, er war
nicht im Stande, an einem der Tische irgend
welche Veränderung zu entdecken.
„Ich werde Ihnen den Ort bezeichnen " fuhr
Weiler ini Flüstertöne fort, „an dem sich der
Gesuchte befindet ; aber ich bitte Sie, sehen Sie
nicht alsbald dahin, sondern nur ganz gelegent-
lich; wir sind ihm als hier Fremde längst aus-
gefallen und er behält uns so fest in den Augen
daß ich vorziehe, ihm nicht noch mehr Gelegen-
heit zu bieten, seine Aufmerksamkeit auf uns zu
richten. Er sitzt in der zweiten Reihe vor uns
am dritten Tische rechts. Er theilt den Platz
daran mit zwei Anderen und hat sich links von
dem einzigen leerstehenden Stuhle niedergelassen.
Jetzt aber bitte ich Sie, bezwingen Sie Ihren
Abscheu vor dem Orte, wo Sie sich befinden und
weilen Sie mit mir noch eine Viertelstunde, in-
nerhalb dieser Zeit wird sich die ganze Szene
hier abgespielt haben."
 
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