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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

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No. 161 - No. 170 (12. Juli - 21. Juli)
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LlIü.liMX

der den Andreas behandelnde Arzt erklärte, daß dieser nach
allen Dichtungen hin vernehmbar sei, und man kann sich
denken, wie freudig Hübner diese Nachricht begrüßte. Er
begab sich sogleich, vorläufig ganz allein, nach der Villa,
wo sich der Rekonvaleszent noch immer befand und gleich
die erste Vernehmung desselben gab ihm die Gewißheit
daß er hier einen Hauptzeugen gefunden und er sich in
seiner Ansicht, daß Kniffling mitbetheiligt an dem Ver-
brechen nicht getäuscht hatte. Mit äußerster Spannung
vernahm er die überraschende Mittheilung, daß die Diebe
zu Wasser ihre Erpedition unternommen hatten, und daß
der Kahn, welcher sie trug, dicht unter den Mauern der
Armeleut-Kaserne abgestoßen sei. Nun rückte er mit dem
alten Notizbuch heraus. Als Andreas dasselbe in der
Hand des Polizisten erblickte erzitterte er heftig. Er
fühlte, daß er damit einen dunklen Flecken auf seinen
Vater werfen, denselben vielleicht noch im Grabe zum
Verbrecher stempeln würde und dieser Gedanke war ihm
unendlich empfindlich, doch Andreas hatte seinen Entschluß
rasch gefaßt. Er sagte sich, daß es an der Zeit sei, das
dunkle Räthsel, welches über der Armeleut-Kaserne
und ihrem Besitzer schwebte, endlich zu lösen und so theilte
er denn dem Kommissär Alles mit, was er über das
Verhältniß seines verstorbenen Vaters zu Kniffling wußte
— erzählte ihm von der tödtlichen Angst und Unruhe, in
welcher der alte Grimmert die letzten Monate seines Lebens
verbracht, wie er sich endlich, ohne jede äußerlich zwin-
gende Ursache, dasselbe genommen habe.
Anna Schlicht hatte während der langen Zeit ein ent-
setzliches Dasein geführt. Zwei Tage nach ihrer Unter-

Arger- K Zeitung

aLurgemnsM

BerkündigimgWlatt imd Anzeiger

Heidelberg, Samstag, 15. Juli

18S3

gr- Z?, K. u.Zube^ A unentdeckt geblieben waren. Vorläufig ließ sich der

chmarkt
klr. 2.

Expedition:
Hauptstraße 2S.

Expeditton:
Hauptstraße 25

ager
caste Nr. 31

hule Bootz^
wärme 19,

bringung in die nur spärlich durch ein Oberlicht erhellte
Hinterstube, der einsamen, halbverfallenen Mühle, hatte
sie ihr schändlicher Räuber allein gelassen, ohne Trank,
ohne Nahrung. Am ersten Tage hatte sie dies weniger
bemerkt, war sie doch nun zu sehr mit ihrem quälenden
Jammer beschäftigt, und ihre Aufregung zu groß, als daß
sie eine Entbehrung verspürt hätte. Aber am anderen
Morgen, als sie ein etwas besserer Schlaf erquickt, stellte
sich auch ein ruhiges Denken, mit ihm aber auch zugleich
ein quälender Hunger ein, der sich mehr und mehr stei-
gerte und gegen Abend unerträglich wurde. Und noch
rührte sich nichts. Alles um sie her lag still und todt
und das sonst so starke Mädchen wollte fast verzweifeln
bei dem Gedanken, so von aller Hilfe abgeschnitten
zu sein.
Endlich am Abend des zweiten Tages, erschien Kniff-
ling wieder. Er schleppte einen großen Korb mit Lebens-
mitteln in das Zimmer und forderte Anna auf, sich zu
stärken. Wie sehr dieselbe aber der Speise bedurfte, so
hätte sie doch in Gegenwart des schurkischen Entfükrers
keinen Bissen heruntergebracht und lehnte deßhalb das
Anerbieten karz ab.
„Wie es Euch gefällt, Jungfer Schlicht", sprach roh
lachend der Hauswirth, „ich denke, Ihr werdet schon noch
zur Einsicht kommen, daß der Mensch ohne das nicht gut
eristiren kann."
Er stieß bei diesen Worten mit dem Fuße an den
Korb, den er auf den Boden gestellt batte und fuhr
dann fort:
„Na, und wie steht's mit meinem Vorschlag? Habt
Ihr ihn Euch überlegt? Ich denke, Zeit genug habt

kdcnsMisk"
Anhänger.

Ausfall eines Jahres wird die Schlagfertigkeit unseres
Heeres nicht ernstlich beeinträchtigt werden.
— Eine unerquickliche Zeitungspolemik
hat sich an die Ermordung des Premierlieutenants von
Volckamer bei der Station Balinga in Südkamerun an-
geschlossen. Der Bruder des getödteten Offiziers, Herr
Guido v. Volckamer in Kirchensittenbach, hat nämlich im
Nürnberger „Generalanz." eine schwere Anklage gegen den
Chef der deutschen Schutztruppe erhoben. Der Haupt-
vorwurf geht dahin, daß v. Volckamer, den man schon
früher zurückgesetzt habe, auf der Station Balinga
förmlich im Stich gelassen worden sei. — Die „N.
A. Z." berichtigt auf Grund zuverlässiger Infor-
mation den Bericht des Bruders des in Kamerun
gefallenen Premierlieutenants Volckamer. Daß
die Station Balinga ungenügend ausgerüstet gewesen,
sei eine zutreffende Behauptung, wie Ramsay's und von
SLetten's Berichte im Kolonialblatt darthun. Tatsächlich
sei auch die Station selbst nach dem Fall der Weißen
und des Balingahäuptliugs gehalten worden. Das Ge-
such Volckamer'S um Ablösung war lediglich damit be-
gründet, daß er in die Armee zurückzutreten wünschte.
Daß der ihn abloscnden Expedition nur ein Weißer bei-
gegeben war, kenne nach früheren Beispielen nicht be-
fremden. Die Aufrechterhaltung einer Verbindung
zwischen Balinga und Daunde sei dem Gouverneur von
Kamerun wiederholt zur Pflicht gemacht worden. Ram-
say's Bericht ergebe, daß der Weg von Aaundc zur Küste
sicher und auch eine Verbindung zwischen Aaunde und
Balinga hergestellt gewesen sei. Volckamer strebte an-
scheinend eine Verbindung, mit dieser Station nicht an,
also sei kaum anzunehmen, daß er in so bedrängter Lage
gewesen sei, daß der von ihm unternommene Kriegszug
unvermeidlich war. Das Unglück sei wahrscheinlich auf
unvorsichtige Einmischung in die Zwistigkeiten zurückzu-
führen. Die Niedermachung Volckamer'S und des Zahl-
meisters Scadoch durch Barrongo sei nicht zweifellos.
Ausland.
Die von dem neuen Polizeipräfecten Lspine ge-
plante Umgestaltung der Pariser Polizei hat folgende
Grundzüge: Dem Polizeipräfecten soll ein hoher Beamter,
eine Art Chef des Generalstabes, beigegeben werden, der
den Oberbefehl über die Polizei führt und zwischen dem
Präfecten einerseits und den Abtheilungschefs und den
niederen Beamten, welche gegenwärtig die Polizeimann-
schaften befehligen, anderseits als Vertrauter dient. Außer-
dem sollen, was bisher nicht der Fall war, die Schutz-
leute eine Art von Schule durchmachen, wo sie nach dem
Vorbilde der militärischen Ausbildung eine genaue Weisung
erhalten werden. Die sogenannten Centralbrigaden sollen

ganz umgestaltet werden. Sie sollen in Zukunft eine
Polizei-Elitetruppe bilden, und bei der Auswahl ihrer
Mannschaften soll nicht mehr wie bisher allein die körper-
liche Kraft, sondern die geistige Fähigkeit maßgebend sein.
Die Anarchisten in Vesantzon schlugen eine Kund-
gebung an, in der sie drohten, das Stadthaus, die Prä-
fektur, die Kasinos, die Badehotels und die Seiden- und
Papierfabriken am 14. ds. in d i eL u f t z u s p ren g en.
Die Anarchisten sollen eine große Masse von Dynamit
besitzen, wonach die Polizei Haussuchungen veranstaltete;
sie nahm eine Anzahl von Verhaftungen vor, die jedoch
kein Ergebniß hatten.
Aufregende Szenen sind im englische» Parlament
eine große Seltenheit. Mittwoch jedoch kam es bei der
H o m erul e-Debatte zu einer solchen. Bei Berathung
eines Amendements, das die Zahl der irischen Vertreter
im Reichsparlament auf 48 festsetzen will, wandte der
Abgeordnete Brodrick die Bezeichnungen dürftig und
schwatzhaft aus die irische Rasse an. Der Abgeordnete
Serton charakterisirte Brodrick's Bemerkung als Imper-
tinenz und weigerte sich, wie der Vorsitzende von ihm
verlangte, diese Aeußerung zurückzuziehen, wenn nicht
Brodrick's zuerst seine Worte zurücknehme. Das Haus
war eine Stunde lang in großer Aufregung. Der Vor-
sitzende forderte Sexton, da er seine Aeußerung zurückzu-
ziehen sich weigerte, auf, das Haus für die Sitzung zu
verlassen. Serton kam der Aufforderung erst nach, als
Gladstone an ihn appelirte, der Aufforderung des Vor-
sitzenden nachzukommen. Das fragliche Amendement
wurde dann mit 251 gegen 218 Stimmen abgelehnt.
Es ist jetzt ftstgestellt, daß am Vermählungstage
des Herzogs von Pork nicht weniger als 1500 mehr
oder minder ernste Unfälle auf den Straßen in den
Sanitätswachen eines allerdings großen Bezirks zur Be-
handlung kamen. — Zu dem Gerücht, daß Mr. Bal-
samello, ein Italiener, der einen Taucherapparat er-
funden hat, der Admiralität sich angeboten habe, die
„Victoria" zu heben, bemerkt die „A. C.": „Es
ist zwar richtig, daß die Admiralität sich mit der Sache
befaßt hat, sie ist ihr aber nicht näher getreten, weil sie
es für unmöglich hält, das Schiff zu erreichen."
Ueber den Aufstand in der argentinischen Pro-
vinz Rio grande do Sul ist nach einer Meldung des
„Herald" aus Galveston daselbst die Nachricht aus Rio
Grande do Sul eingelaufen, daß das Kriegsschiff „Cam-
scie" sich dem Jnsurgentenadmiral Vander Kolk anze-
fchlosscn, welcher die Stadt mit einem Bombardement
bedrohe. Das Blatt meldet weiter, die Feindseligkeiten
zwischen den Land- und Seestreitkräften hätten bei Sa-
ravia begonnen.

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umm ^t, „Der Erzähler", mit dem
' Repräsentanten „Der deutsche
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ersten Fabriken-; —
ASI' Deutsches Reich.
ErsaHtheilen und Berlin, 13. Juli.
^Eeln. z O'Der russische Thronfolqer ist also, wie
rkstatte rasch und i s kurz gemeldet, auf der Rückreise von den Londoner
' :^^^stierlichkeiten in Berlin eingetroffen und hat dort
, n «Non' „ stanbsvisite gemacht. Er wurde vom Kaiser zere-
! stets an Lager- iell empfangen, zu einem Diner eingeladen und ebenso
wieder fortbekomplimentirt. Politische Ver-
25. ""M dürften wohl kaum gepflogen worden sein.

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Küche u. Zubeh-
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Z-, Küche u-Zubeo
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Z., K. u.'Zubehi
Z. m- allem Zubck
>rt-, .-> Z. nebst Z>§
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den 13. Juli,
l/u Uhr in der
estauratilm.
ichtabonnenten

Der Berliner Vertreter der „Times" stellt in
t a i's ^"geren Artikel über den Ausfall derReichs-
q 'J>vahl in Elsaß-Lothringen folgendes fest:
sp "ß Merkliche Anwachsen der Loyalität, 2. eine ent-
VZäm Abnahme der antideutschen Gesinnung der
siAst"- Das sei ein Beweis dafür, daß die Bevölkerung
stim " Unvermeidliche schicke. Die „Times" selbst
sim E einem Leitartikel dieser Schlußfolgerung im
doL^^ des europäischen Friedens bei und fügt hinzu,
sßb- dem Ausfall der Wahl zufolge, die annektirten
^""zen nicht allzu tyrannisch regiert worden sein können,
iy A In Folge der Futtcrnoth giebt sich überall
h , ""blichen Kreisen lebhafte Opposition gegen die Ab-
hA"g der Herbstmanöver kund. Wenn auch derFuttcr-
siyA möglicherweise von anderen Gegenden beschafft
kann, so sind die Beschädigungen der Futterfelder
luv!? manöverirenden Truppen, namentlich Kavallerie
A Artillerie, nicht zu umgehen und dies ist der schwer-
Z^lendste Punkt gegen die Abhaltung. Von den ver-
> ^deu^n Seiten, den landwirthschaftlichen Kreiskomi-
Greinen, Fachblättern rc., sind sehr eingehende Be-
ausgegeben worden, damit die abgeernteten Ge-
Astldcr sofort mit Futterpflanzen angesäet werden
. d sinh die Komitees bemüht, Saalfrucht selbst zu
^oergewöhnlich hohen Preisen zu beschaffen. Was hilft
cv diese Aussaat von Mais, Wicken, Johannisroggen,
L ^rnatklee, wenn sowohl diese als auch das Futter des
Achfeldes, wie Futterrüben, Angersen, Stoppelklec
z? den Uebungen niedcrgetreten, zusammengeritten und
^fahren werden. Ein Schutz der angebauten Accker
"ach den seitherigen Erfahrungen bei militärischen
k/°""gen nicht zu erwarten. Wenn auch für die ent-
Abenen Beschädigungen eine Geldentschädigung ge-
i Mt wird, so ist dies kein Ersatz für das zu Grunde
-r-' Futter, weil solches in dieser Form nicht von
Arwärts gekauft werden kann. Es wird deshalb Auf-
se, der Gemeindebehörden derjenigen Orte sein, welche
jeAllkönn« E M°"öo-r in Aussicht genommen sind, bei der
f. Aerung ernstlich vorstellig zu werden, daß die in Aus-
e und Wasserleitung A genommenen Manöver abbestellt werden. Unter dem
'reis 240 Mark.
der Exped. d. Bl-^i

Des Vaters letzter Wille.
Von Fritz Brentano.
(Fortsetzung.)
. Der Name Kniffling kam mehrmals in dem Buch
und je mehr Hübner sich hineinstudirte, desto
Ar schwebte ihm die Erinnerung an verschiedene große
-'ebstähle und Einbrüche vor, dk vor Jahren passirt,

^"lmissär die Armeleut-Kaserne zwar vollständig im Gc-
^!"wn, aber auf das Schärfste überwachen. Auf eine
Agende Empfehlung des Grafen Selneck hatte er ge-
A zu diesem Zweck auch den Agenten Walter in Dienst
Avknmen und dieser halte wiederum seine Frau, ein
Äerordentlich geriebenes und schlaues Weib, mit der
Achlage bekannt gemacht und mit der Spionage in dem
^biffling'schen Hause betraut.
Walter hätte am sichersten Auskunft über die Tbäter
An können, denn bei ihm stand es fest, daß jene Männer,
solche er im goldenen Löwen belauscht hatte, zu denselben
Arten, aber er verfolgte ein eigenes und ganz bestimmtes
Al.— die direkte Ermittelung des Aufenthalts der Anna
Alicht, auf welche die Gräfin Brandt und Graf Mar
A Selneck eine Belohnung von 3000 Mark gesetzt hatten.
A Summe wollte er verdienen — allein und ungetheilt
Me sie ihm zufallen und deßhalb verschwieg er Alles,
A wußte und ging seinen besonderen Weg. Was er
"bei erreichte, werden wir später sehen.
Endlich kam für den ungeduldigen Kommissär
"b die mit ihm harrenden Personen der Tag heran, wo
 
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