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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

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No. 261 - No. 270 (4. November - 15. November)
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^Nummer 268.


Montag, 13. November 1893.

General

er


für Heidelberg und Umgegend

Expedition: Kcruptstraßs Wn

belesenstes Blatt in Stadt n. Anrt Heidelberg nnd Llmgegeird. GvötzteV Lässig sÜV Inserate

Telephsn-Anschlutz Nr. 102.

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* Zur Reichstagseröffnung.
Selten hat sich schon vor Beginn einer neuen
Tagung des Reichstages das demselben obligende
Arbeitspensum mit solcher Vollständigkeit und
Sicherheit übersehen lassen, wie diesmal. Die
Thronrede, mit der der Kaiser am Mittwoch den
Reichstag eröffnen wird, kann in dieser Hinsicht
kaum noch etwas Neues bringen.
Dem Bundesrath sind außer dem neuen
Neichshaushaltungsplane bereits zugegangen: die
Handelsverträge mitSerbicn, Rumänien, Spanien:
Kie vier Steuervorlagen, welche die andcrweite
Drdnung der Reichsfinanzen, die Tabakfabrikat-,
die Weinfteuer und die Umgestaltung des Stem-
belstelfteuergesetzes betreffen; der Seuchengesetzent-
wurf; die Novelle zum Unterstützungswohnsitz-Ge-
sttz ; verschiedene Rechnungsvorlagen; der Entwurf
eines Gesetzes zum Schutz der Waarenbezeich-
Nungen; Vorlage wegen Ergänzung des Straf-
gesetzbuches ; Entwurf eines Bankdepotgesetzes; Ent-
wurf eines Gesetzes bezüglich der Abzahlungs-
geschäfte; Vorlage wegen Abänderung des 8 35
der Gewerbeordnung, sowie verschiedene kleine Ent-
würfe. Hierzu dürften noch einige wichtige Vor-
lagen aus dem Reichsjustizamt, wie diejenigen
wegen Einführung der Berufung in Strafsachen
und wegen Entschädigung unschuldig Verurteilter,
sowie aus dem Reichsamt des Innern eine No-
velle zum Unfallversicherungsgesetze hinzukommen.
Für die zweite Hälfte der Tagung sind dann
erfahrungsgemäß noch weitere Zugänge zu er-
warten. Nimmt man hierzu die voraussichtlich
besonders zahlreichen Initiativanträge, wie sie am
Beginn einer neuen Legislaturperiode regelmäßig
wiederzukehren pflegen, sich diemal aber ganz be-
sonders mannigfaltig einstellen dürften, dann be-
greift man kaum, woher der Reichstag die Zeit
Und die Arbeitskraft hernehmen soll, um diesen
gewaltigen Stoff zu erledigen. Nur wenn es
gelingen sollte, was von den Urhebern der Steuer-
pläne angestrebt wird, den Schwerpunkt der Ver-
handlungen über die vier Finanzvorlagen in die
betreffenden Kommissionen zu verlegen, würde es
dem Plenum möglich sein, in der Zwischenzeit
wenigstens den größten Theil der angeführten Aus-
gaben zu bewältigen. Darunter befinden sich aller-

dings Entwürfe, die, weil bereits vom vorigen
Reichstage nahezu verabschiedet, recht schnell und
glatt erledigt werden dürften. Dazu gehören die
Novellen zum Unterstützungswohnsitz-Gesetz, der
Gesetzentwurf über die Abzahlungsgeschäfte und
zum Schutz der Waarcnbezeichuungcn. Andere
dagegen, wie der Seuchengesetzentwurf und die
Novelle zum Strafgesetzbuch (lox Heinze) werden
voraussichtlich zu sehr langwierigen und leiden-
schaftlichen Erörterungen führen und möglicher-
weise wiederum unerledigt bleiben. Dagegen
würden die schon wiederholt von verschiedenen
Reichstagen selbst beantragten Entwürfe bezüglich
der Berufung gegen die Straskammer-Urtheile und
die Entschädigung unschuldig Verurtheilter recht
schnell verabschiedet werden können. Aber selbst
im günstigen Falle dürfte sich die neue Taguug
wieder tief bis in den kommenden Sommer hin-
ein erstrecken, schon weil die leitenden Stellen fest
entschlossen sind, unter allen Umständen eine
Verständigung über die Reichssteuerfragen herbeizu-
führen. Werden die Regierungsvorlagen ganz
oder theilweise abgelehnt, dann wird man alles
daran setzen, um den Reichstag zu veranlassen,
seinerseits die Lücke auszufüllen. Die Regierung
wird daraus um so eher bestehen, als sie nicht
eigensinnig an ihren Vorschlägen festhalten, sondern
das Gute (lies: „das Geld") nehmen wird, woher
sie es erhalten kann.
Deutsches Reich.
Berlin, 12. November.
— Bei der Debatte über die Militärvorlage
wurde wiederholt darauf hingewiesen, daß unsere
Armee durch die Verstärkung nur an Zahl gewinnen
werde, nicht aber an Güte; man würde, um die
Truppentheile vollzählig zu machen, bei der Re-
kruteneinstellung auf minder taugliche Leute zurück-
greifen müssen, es würde an geeigneten Elementen
fehlen, um die nothwendigen Unteroffizier- und
Offizierstellen zu besetzen rc. Alle diese Bedenken
wurden damals als völlig unbegründet bezeichnet,
und diejenigen, welche sie äußerten, als Schwarz-
seher und Kleinigkeitskrämer verspottet. Inzwischen
mehren sich aber die Beweise, daß die geäußerten
Bedenken dennoch vollauf begründet waren. So
lasen wir in dem „Stuttgarter Tagbl." ein In-
serat, durch welches die Kompagnie eines dortigen
Infanterie-Regiments Kapitulanten zum Eintritt
sucht. Das bedeutet doch gewiß keinen Fortschritt
zum Besseren. Bisher konnte der Kompagniechef
unter den Leuten, die sich nach dreijähriger Dienst-
zeit zur Kapitulation meldeten, sich diejenigen aus-
wählen, die er während dreier Jahre persönlich als
geeignet befunden hatte. Heute dagegen ist er
darauf angewiesen, sich seine Unteroffiziere — durch
die Zeitung zu suchen.

— Von dem muthmaßlichen Reinertrag der
geplanten Reichsweinstcuer, deren Gesammtertrag
auf 17 Millionen Mark geschätzt wird, entfallen
12 Millionen auf die Naturweine, der Rest auf
die Schaumweine.
— Ein Mitarbeiter eines Pariser Blattes, De-
troyat, berichtet über eine Unterredung, die er
während seines Aufenthalts in Berlin mit dem
Finanzminister Miquel gehabt haben will. Der
Minister empfing den französischen Tagesschrift-
steller sehr höflich. Er fragte ihn, welchen Ein-
druck es in Frankreich gemacht habe, daß der
Kaiser einen Kranz am Sarge Mac Mahon's
niederlcgen ließ, und belobte das Pariser Volk, daß
es die zum Leichenbegräbnisse Mac Mahon's er-
schienenen deutschen Offiziere gut empfangen habe.
Detroyat wollte aber mehr wissen. „Italien — sagte
er, beunruhigt mich. Es ist kriegerisch, deßhalb ge-
fährlich, dabei habgierig bei Vertheilung der Beute."
— „Fürchten Sie nichts," erwiderte der Minister,
„Italien ist verständiger als Sie denken. Es ist
nicht allein im Dreibunde, und unser Kaiser ist
durchaus friedlich. Die Zeit wird viele Schwierig-
keiten lösen." — „Ich hoffe es ebenfalls," sagte
Detroyat, „Frankreich hat übrigens alles ertragen,
um den Frieden zu erhalten, als es noch allein
dastand. Jetzt, wo dies nicht mehr der Fall ist,
wird es dies um so mehr thun (Kopfschütteln
Miquel's.) Es hat es wohl bewiesen gelegentlich
des Besuches des Prinzen von Neapel." — „Oh,"
entgegnete der Minister, „Sie haben in Frankreich
darin eine Herausforderung gesehen, woran der
Kaiser nie gedacht hat." — »Aber, wenn unter
Napoleon III. der Prinz Napoleon 1859 in ver
Lombardei Feldübungen beigewoynt hätte und
Oberst eines österreichischen Regiments geworden
wäre, würden Viktor Emanuel und sein Volk dies
als ein Ereigniß ohne Bedeutung angesehen
haben?," bemerkte Detroyat. — „Vielleicht," ant-
wortete Miquel, indem er aufstand. Detroyat
fragte nochmals: „Glauben Ew. Exzellenz trotz
oder wegen der letzten Ereignisse an den Frieden? "
— „Der Kaiser und wir Deutschen wünschen ihn
alle. Wenn daher Frankreich den Frieden ebenso
aufrichtig und ausdrücklich wünscht, glaube ich
daran," schloß der Minister die Unterredung. De-
troyat klagt, der Minister habe sich offenbar nicht
aufknöpfen wollen. Nun, Herr Miquel hat dem
Manne, der ihm das blöde Pariser Boulevardge-
trätsch vorhalten wollte, ganz nach Gebühr gedient.
Karlsruhe, 12. Nov. Der „Straßb. Post"
wird von hier geschrieben: Gegen die Wein-
steuer erheben sich immer energischere Kund-
gebungen, und man erwartet von den badischen
Reichstagsabgeordneten, daß keiner der also ge-
planten Steuer zustimme, die grade unserem Lande
besonders große Lasten auserlegt. Zwar versteht

sich von selbst, daß keiner Weingattung eine
doppelte Steuer auferlegt wird; wo die Reichs-
steuer eintritt, bleibt für die Landessteuer kein
Raum mehr. Aber auch in dieser Form werden
wahrscheinlich dem Lande noch Verluste erwachsen
und die Preise für den Winzer herabgedrückt.
Ueber diese Verhältnisse dürfte auch die badische
Regierung in Berlin die nöthigen Aufklärungen
nicht unterlassen haben oder in den eben statt-
findenden Berathungen der mcistbetheiligten Staaten
zu geben in der Lage sein.
Ausland.
Pest, 10. Nov. Im klerikalen Lager herrscht
wegen der Ermächtigung des Königs zur Vorlage
eines Entwurfs betreffend die Civilehe große Be-
stürzung. Von einer Seite wird verlangt, das
Magnatenhaus falle die Genehmigung des Budgets
verweigern, was den Rücktritt der Regierung zur
Folge hätte. Dagegen meint Graf Ferdinand Zicky,
die Aufgabe des Magnetenhauses sei, die Regie-
rungsvorlage im Sinne der Wünsche des Fürstprimas
zu amendiren, weil dann die lieberale Partei, um
einen Konflikt zwischen den beiden Häusern des
Parlaments zu vermeiden, die Aenderung annehmen
würde.
Paris, 11. Nov. Der italienische Botschafter
in London, Graf Torielli, wurde gestern
vom „Temps" heftig angegriffen, weil er in seiner
Rede auf dem Lordmayors-Bankett angeblich über
die Aufnahme der russischen Seeleute in
Frankreich sich lustig gemacht habe. Heute nun
hat Gras Torielli einem Londoner Berichterstatter
des „Temps" erklärt, er habe seine Rede nicht
vorbereitet gehabt, er habe aus die Anspielung
aus den Besuch der englischen Flotte in Italien
antworten müssen, er habe ohne Rückhalt sagen
wollen, die Freundschaft zwischen Italien und
England sei so fest, daß sie lärmender Kund-
gebungen nicht bedürfe. Er erkenne an, daß er
gesagt habe, Italien habe nicht nöthig, sein ganzes
Haus umzukchren, um seine Freunde zu empsaugen,
aber das sei der vertraulichen Art, in der er ge-
sprochen, zuzuschreiben. Der Botschafter fügte
hinzu, wenn man früher von ihm gesagt habe,
er sei durch und durch Franzose, so bleibe davon
doch auch heute noch so viel wahr, daß er seine
Rede auf dem Bankett in französischer Sprache
gehalten habe.
Paris, 11. Nov. Die Gesandten Behanzins,
des Königs von Dabomey, sind hier eingetroffen.
Sie führen großartige Geschenke für den Präsidenten
Carnot mit sich. Es ist noch ungewiß, ob die
Regierung mit ihnen unterhandeln wird.
London, 11. Nov. In den brasilianischen
Blättern erscheinen jetzt allentyalben feindselige
Artikel gegen die Fremden, die beschuldigt werden,
die Insurgenten gegen die Regierung zu unterstützen.

Die Jagd nach einer Erbin.
Roman von Hermine Frankenstein.
51) (Fortsetzung.)
Kaspar Voe schlich durch die Dunkelheit fort
und sein ganzes Gesicht glühte vor wildem Triumphe.
Inzwischen schlich das Mädchen zu allen Thüren
und in den Wintergarten und überzeugte sich,
daß während ihrer Unterredung mit Kaspar Voe
kein Lauscher nahe gewesen sei. Dann setzte sie
sich ganz erschöpft, aber von hundert kühnen
Plänen erfüllt, nieder.
„Er beabsichtigt mir erst mein Geld und meinen
Schmuck zu nehmen, und dann mich zu verrathen,"
dachte sie. „Er wird sich einfinden, wie verab-
redet. Dann wird er mich ein oder zwei Tage
in Ruhe, und dann verhaften lassen. Eine Flucht
ist unmöglich. Er oder ich müssen sterben. Ich
werde ihn im Park finden — oh, ich will da
sein. Aber er wird doch den Park nicht lebend
verlassen! Aber wie soll ich seinen Tod herbei-
führen? Wie kann ich ihn mir aus dem Wege
schaffen?"
31. Kapitel.
Verlobt.
Wir wollen jetzt unsere Erzählung bei den
Erlebnissen Beatrix's aufnehmen, welche mir be-
quem untergebracht in der Villa von Fräulein
M'Travish außerhalb des Städtchens Durham
zurückließen.
Die flüchtige Erbin fand in dem alten schot-

tischen Fräulein eine liebenswürdige Gastwirthin
und teilnahmsvolle Freundin. Das Leben in
Bruce Cottage war still und einförmig, aber es
war ein wohlgepflegter Blumengarten da, schöne,
freundliche Spazierwege, sie konnte Ruderfahrten
aus dem Flusse machen, fuhr in dem Kutschier-
phaeton spazieren, hatte Bücher zum Lesen und
ein Klavier zur Benutzung, und Beatrix war
mehr, als zufrieden. Ihre freundliche Wirthin
versicherte sie mehr als einmal, daß sie wie ein
Sonnenstrahl im Hause war.
Im Verlaufe einer Woche kamen ihre Koffer
von London an, wohin Lady Folliot sie geschickt
hatte, und Beatrix begann sich nun in ihrer neuen
Heimath heimisch zu fühlen.
Die Tage glitten vorbei ohne irgend ein Er-
eigniß. Es kamen fleißig Briese von Lady Folliot,
welche trotz ihrer Abneigung gegen eine Heirath
zwischen Sir Lionel Charlton und Beatrix die
junge Erbin doch zärtlich liebte. Von dem Baronet
kamen keine Briefe, Beatrix erwartete keine. Sie
glaubte, daß Sir Lionel das falsche Fräulein Ber-
myngham heirathen würde und bemühte sich so-
gar, jeden Gedanken an ihn zu vermeiden.
Während ihre Tage ruhig dahinflossen. ließ
Oberst Brand keinen Stein unberührt, sie zu
finden.
Sein Frau und sein Sohn unterstützten ihn
getreulich bei seinen Bemühungen. Sie durch-
suchten London ihrethalben, vergeblich. Sie gaben
Inserate in die Zeitung, sie boten eine glänzende
Belohnung für jede Mittheilung, die zu ihrer
Entdeckung führen würde. Sie dangen Helfers-
helfer zu ihren Forschungen, aber sie erfuhren nur,

daß Beatrix nach ihrer Entfernung aus Folliot
Court mit einer Begleiterin Fahrkarten nach
London genommen hatte und irgendwo aus dem
Wege verschwunden sei, aber auf welchem Punkte
das geschehen war, blieb ein Gcheimniß.
Oberst Brand wurde wüthend. Es wäre
Beatrix gar schlimm ergangen, wenn er sie nach
all' diesen langen, vergeblichen Suchen gefunden
hätte.
Als seine Geduld jedoch ganz erschöpft und
sein ohnehin sehr reizbares Temperament fast in
völlige Wildheit übergegangen war, kam eines
Tages ein Brief für ihn an, dessen Handschrift
er sofort für die der geheimen Verbündeten „Ann
Jonne" erkannte.
Oberst Brand riß den Brief auf und las
folgende Worte:
„Fräulein Beatrix Rohan, bei Fräulein
Marcell, 44, Cravenhill - Street, Nottinghill,
London, W."
Außer dieser Adresse stand nichts auf dem
Papiere.
Sie scheint aus irgend einem Briese abge-
schrieben zu sein," sagte der Oberst zu seinen An-
gehörigen. „Komm, Selina, wir wollen zu Fräu-
lein Marcell gehen. Du mußt die tiefbetrübte
Mutter spielen. Das Mädchen ist wahrscheinlich
krank. Wir werden sie mit uns fortnehmen.
Sie eilten in einem Wagen nach Cravenhill-
Street, Nottinghill und fanden Fräulein Marcell
zu Hause.
Sie war eine ältliche, verarmte Edeldame, eine
von Vielen, welche von Lady Folliot's Wohlthaten

lebte. Gegen alle ihre Anfragen blieb sie ent-
schieden taub.
Es war offenbar, daß nichts aus ihr heraus-
zubringen war, und Oberst Brand und seine
Frau entfernten sich daher bald darauf, und
Fräulein Marcell begleitete sie selbst bis vor das
Haus.
Als sie in ihrem Wagen nach Hause fuhren,
bemerkte Frau Brand zu ihrem Gatten:
„Hast Du bemerkt, Oberst, daß Fräulein
Marcell nicht ihre Dienerin rief, um uns hinaus-
begleiten zu lassen? Verlaß Dich daraus, das
Mädchen, welches uns einließ, weiß, wo Beatrix
ist. Wir müssen uns mit dem Mädchen in's
Einvernehmen setzen, es bestechen und Alles aus
ihm herauspressen, was es weiß."
„Sehr wohl, obgleich das leichter gesagt als
gethan ist. Jedoch, ich will es versuchen."
Er versuchte es wirklich. Zu einer späteren
Stunde am selben Tage kehrte er nach Nottinghill
zurück und blieb in Cravenhill-Street auf der
Lauer. Er sah das Dienstmädchen von Nr. 44
einige Male zum Thore kommen, aber er wagte
es nicht, sich ihm zu nähern.
Am nächsten Tage war er glücklicher. Als
er in der Nähe aus dem Wagen stieg, sah er
das Dienstmädchen, welches eben das von Fräu-
lein Marcell bewohnte Haus verließ. Sie näherte
sich ihm und er wartete auf sie. Als sie an ihm
vvrbeikam, redete er sie artig an, bat sie, ihn an-
zuhören, erzählte ihr seine Geschichte und bot ihr
fünf Goldstücke an und sagte ihr einige Schmei-
cheleien über ihr hübsches Gesicht.
„Und was wollen Sie für dieses Geld
 
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