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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

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No. 221 - No. 230 (19. September - 29. September)
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General-GAcheiger

für Heidelberg und Umgegend

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Expedition-. Kcruptltraße Mr. 26.

223.

Verantwortlicher Redakteur:
Herrn. Streich.

Donnerstag, den 21. September

Druck und Verlag:
Heckmann, Dorr L Wurm.

1893.

DAk" Telephon-Anschlutz Nr. 102. "MI


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* Der Fluch der bösen That.
Am 13. November 1889 haben die Brasi-
lianer ihre Monarchie gestürzt , ihren Kaiser Dom
Pedro des Thrones entsetzt und unter dem Jubel
der Radikalen die Republik der „Vereinigten
Staaten von Brasilien" proklamirt.
Die Drachensaat, welche die Radikalen Bra-
siliens mit diesem kühnen Beginnen ausstreuten, ist
voll und ganz emporgeschossen. Die Brasilianer
sind von der historischen Nemesis theilt worden.
Ihre Hauptstadt Rio de Janeiro war während der
letzten Woche mehrere Tage hindurch dem verheeren-
den Feuer der meuternden brasilianischen Flotte
ausgesetzt, der Bürgerkrieg wüthet mit Brand und
Schrecken im Herzen und in den Eingeweiden des
südamerikanischen Freiheitsstaates.
Das ist der Fluch der bösen That.
Seit vier Jahren, seit dem Sturze des Kaisers
Dom Pedro, bat Brasilien keine ruhige Minute
gehabt. Kaum war die vermittelnde und verbin-
dende monarchische Gewalt verschwunden, so vielen

die Provinzen auseinander, um sich sofort feind-
selig gegen einander zu kehren. Seit vier Jahren
steht eine der bedeutensten Provinzen, Rio Grande
do Sul, im permanenten Aufstande gegen die je-
weilige Centralregierung und diese selbst geht fast
bei jedem Wechsel aus einer gewaltsamen Umwäl-
zung hervor. Wie die Geier auf eine Leiche, so
stürzte sich nach der Entfernung des Staatsober-
hauptes eine Schaar blutgieriger, gewissenloser Leute
auf das hingemordete Kaiserthum und Jeder suchte
den Hauptantheil, die Präsidentschaft der Republik,
in die Klauen zu bekommen. Aber keiner konnte
des Raubes froh werden. Es lag in der Natur
der Sache, daß dem jeweiligen Machthaber ein
anderer die Macht zu entreißen suchte, die jener
nicht freiwillig fahren lassen wollte. Schon der
erste Präsident, Fonseca, versuchte durch einen
Staatsstreich die Dauer seiner Präsidentschaft wider
die von ihm selbst beschworene Verfassung zu ver-
längern. Er entfesselte damit eine Revolution, an
deren Spitze derselbe Custodio di Mello stand, der
sich nunmehr auch gegen den Präsidenten Peiroto
erhoben und Rio de Janeiro bombardirt hat.
Gegen Fonseca war Custodio di Mello sieg-
reich ; er zwang ihn zur Abdankung. Peiroto, der
gleichfalls wider die Verfassung seine Präsident-
schaft zu verlängern wußte, hat bis jetzt noch Wider-
stand geleistet. Ob er oder ob Custodin di Mello
schließlich die Oberhand behalten, ob die Schiffe
des Letzteren oder die Forts und Landbefestigungen
des Ersteren triumphiren werden, bleibt abzuwarten.
In jedem Falle aber büßen Brasilien und seine
Hauptstadt den verräterischen Abfall von der Mo-
narchie mit Strömen von Blut und Thränen, mit
unendlichen Opfern an Gütern und politischem
Kredit.
Deutsches Reich.
Berlin, 20. September.
— Ueber den Wiederbeginn der regelmäßigen
Arbeiten des Bundesraths, ist eine Ent-
scheidung noch nicht getrosten. Maßgebend dafür
wird immerhin das Vorhandensein ausreichenden
Arbeitsstoffes auch für den Anfang bleiben. Soweit
erinnerlich, waren die Verwaltungsangelegenheiten
nahezu vollständig in der letzten Tagung des
Bundesrathes erledigt worden; dringendes ist nicht
zurückgestellt. Inzwischen dürfte sich seitdem Manches
angesammelt haben, und auch das gesetzgeberische
Material, namentlich wenn es sich bestätigt, daß
einige bereits früher erschienene Entwürfe einer
mehr oder weniger umfangreichen Umarbeitung
unterzogen werden sollen, eine baldige Einberufung
des Bundesraths erheischen. Jedenfalls sind die
Arbeiten für Bundesrath und Reichstag seit der
Rückkehr des Staatssekretärs v. Boetticher lebhafter
in Fluß gekommen.
— Nun ist das langersehnte „Militär-Wochen-
blatt" mit den umfangreichen Personaiver-
änderungen im Heere erschienen: hier haben
sie Freude und Befriedigung, dort Aerger und Ent-
täuschung hervorgerufen, wie dies bei so bedeuten-

den Personalumwälzungen meist der Fall zu sein
pflegt. Die Gesammtbewegung ist aber eine weit
größere geworden, als man ursprünglich annehmen
konnte, indem von den Stellenbesetzungen aus An-
laß der Heeresverstärkung nicht weniger als 2434
einzelne Offiziere aller Grade betroffen worden
sind. Dabei ist betheiligt die Infanterie ein-
schließlich des Generalstabes und des Personals an
den Kriegsschulen mit 1303 Offizieren, die Jäger
mit 39, die Kavallerie mit 78, die Feldartillerie
mit 406, die Fußartillerie mit 265, das In-
genieur- und Pionierkorps mit 255, die Eisenbahn-
truppen und Luftschifferabtheilung mit 74, der
Train mit 14 Offizieren. Außerdem haben noch
100 Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen
stattgefunden, während die Zahl der Verabschie-
dungen nur 48 beträgt, worunter allein das Jn-
genieurkorps mit zwei Generälen, vier Stabsoffi-
zieren und einem Hauptmann betheiligt ist. Den
Löwenantheil an den Personalveränderungen hat
nächst der Infanterie somit die Feldartillerie davon-
getragen. Im ganzen darf man sagen, daß ein
sehr bedeutendes, in diesem Umfange gar nicht
vorher erwartetes Avancement stattgefunden hat.
Offiziere mit zwölf-, elf- und sogar zehnjähriger
Lieutenantsdienstzeit sind jetzt Hauptleute, Lieutenants
mit fünf- und vierjährigem Patent Premiers ge-
worden.
— Der „Reichsanzeiger" schreibt: Den ersten
Gegenstand der heutigen Sitzung des Kolonial-
raths bildete der Entwurf einer Enteignungsver-
ordnung für Deutsch-Ostafrika. Der Entwurf
wurde einer fünfgliedrigen Kommission überwiesen,
welcher angehören: Staatsminifter v. Hofmann,
Staatssekretär Jakobi, Direktor Lukas, Rechtsan-
walt Scharlach und Frhr. v. Tücher. Hieraus
folgte Berathung über die Vorlage betreffend die
Unterbringung, Erziehung nud Versorgung befreiter
Sklaven. An der Debatte betheiligten sich Pro-
fessor Schweinfurth, Staatssekretär Jakobi und
Ehrendomherr Hespers. Letzterer berichtete insbe-
sondere über die Missionsthätigkeit auf diesem
Gebiete.
— Zwecks Berathung und Beschlußfassung
über einen Aufruf zu den preußischen Landtags-
wahlen findet am nächsten Sonntag hier im Ab-
geordnetenhause eine Delegirten-Versammlung der
nationalliberalen Partei statt.
Karlsruhe, 20. Sept. Die „Neiffer Ztg."
hatte kürzlich aus Baden die Nachricht gebracht,
daß gegenwärtig zwischen Karlsruhe und Rom
Verhandlungen gepflogen würden wegen Ernennung
eines Coadjutors für den Erzbischöflichen Stuhl in
Freiburg und daß Dekan Lender in Sasbach die
meisten Aussichten habe, diesen Posten zu erhalten.
Jene Nachricht schien sehr unwahrscheinlich, zumal
Herr Dekan Lender durch seine bekannte frühere
Opportunitätspolitik im badischen Landtag wie auch
neuerdings wieder durch sein Verhalten in der
Militärfrage sich weitaus den größten Theil des
badischen Klerus zum Gegner geschaffen hatte. Der
neueste „Bad. Beobachter" bringt denn auch ein

förmliches Dementi der erwähnten Nachricht de§
norddeutschen Blattes. Auf Grund zuverlässiger
Informationen kann der „Beobachter" mittheilen,
daß die Erneuerung eines Coadjutors für Freiburg
gegenwärtig weder in Frage stehe, noch überhaupt
für eine Kandidatur Lender irgend welche Aussicht
vorhanden sei.
Ausland.
Budapest, 20. Sept. Die ungarischen Be-
richterstatter wandten sich an den in Guens weilen-
den Ministerpräsidenten um Aufhebung der von
der Militärbehörde verhängten Depeschenzensur.
Wekerle berief den Polizeichef Jekelfalussy, der er-
klärte, die Telegraphenämter in Guens und Steinam-
anger seien für die Manöverzeit dem Militär
überlassen, um etwaige unzeremonielle Ausdrücke,
an denen der deutsche Kaiser Anstoß nehmen
könnte, fernzuhalten. So wurde in dem Berichte
des „Neuen Pester Journals" durch den Oberst
Auspitz geändert: Kaiser Wilhelm schüttelte dem
Botschafter huldvollst die Hand, wo es vorher statt
huldvollst herzlich hieß. Wekerle versprach den
Journalisten selber die Telegramme zu revidiren,
was diese jedoch sowohl mit Rücksicht auf die Ver-
zögerung als auch darauf ablehnten, daß es sich
um eine prinzipielle Frage handle. Die Journalisten
schickten ihre Legitimationen zurück und reisten ab.
Auch diese Affaire wird Gegenstand einer parlamen-
tarischen Interpellation werden.
Paris, 20. Sept. Der „Figaro" publizirt
einen Leitartikel „Frankreich und Rußland",
worin er sagt, der Zar beabsichtige mit dem Flotten-
besuch in Toulon eine friedliche Demonstration;
es sei unpolitisch, wenn Frankreich dieser einen an-
deren Charakter gebe. Man übertreibe die Vorbe-
reitung der Manifestationen gegen den Willen des
Zaren. Großfürst Alexis werde deshalb wahr-
scheinlich, obgleich er in Frankreich weilt, den
Festen in Toulon und Paris nicht beiwohnen.
Paris, 20. Sept. Der Sozialistenführer
Basly reiste in das Norddepartement ab, um die
Agitation unter den Bergleuten dort weiterzuführen.
Paris, 19. Sept. Die strikenden Berg-
arbeiter lassen jetzt die Dividenden veröffent-
lichen, die einzelne Grubengesellschaften machen.
Es sind folgende Ziffern: Lens, 1855 gegründet,
3000 Theilscheine mit 300 Frs. Einzahlung, letzte
Dividende 1000 Fr. auf den Theilschein; Cour-
riores, 1853, gegründet, mitTheilscheinen zu 350
Fr., die jetzt an der Börse zu 44 500 Fr. stehen;
Bruav, 1852 gegründet, mit Thcilscheinen zu 400
Fr., die jetzt zu 1400 stehen; Noeux, 1843 ge-
gründet, mit 4000 Theilscheinen zu 1000 Frs.,
jetziger Stand 18 420; Bully-Grenay, 1851 ge-
gründet, mit 3000 Theilscheinen zu 1000 Fr., die
in Sechstel zerlegt wurden, die jetzt 1000 stehen
und im letzten Jahre 125 Fr. Dividende ertrugen;
Maries, 1852 mit 1600 Theilscheinen zu 1500 Fr.,
letzte Dividende 875 Fr.; Lievin, 1862 mit 919
Theilscheinen zu 1000, die jetzt 11 900 stehen und
zuletzt 400 Fr. Dividende einbrachten; Drocourt,
1878 mit 3400 Aktien zu 1000 Fr., jetziger

Die Jagd nach einer Erbin.
Roman von Hermine Frankenstein.
4) (Fortsetzung.)
3. Kapitel.
Ein Gesicht am Fenster.
Beatrix Rohan war vollständig hoffnungslos,
als siebet der Hecke auf der Straße liegend, ihren
Kopf ein wenig vom Boden emporhob und ihre
Verfolger immer näher kommen hörte. Aufzu-
stehen und die Flucht fortzusetzen war unmöglich.
Ihre Kraft war dahin. Hier liegen zu bleiben
Und sich fangen zu lassen, brachte ein schlimmeres
Geschick als den Tod mit sich. Es sauste ihr im
Kopse. Ihr Herz schlug so laut, daß es sie fast
betäubte. Sie konnte nicht denken, noch über-
legen.
Es war daher der reine Instinkt der Selbst-
erhaltung, welcher sie veranlaßte sich ans Händen
und Knien zur angrenzenden Hecke hinznschleppen.
Sie zwängte sich durch das Gestrüppe hindurch
Und blieb auf der anderen Seire erschöpft und
Uon den Dornen verwundet liegen, während die
Zweige sich wieder zusammenbogen und sie voll-
ständig verbargen.
„Sie hielt den Athem ein und lag todtenstille,
Äs ihre Feinde in dem Wagen vorbeikamen.
„Sie kann nicht viel weiter gekommen sein",
hörte Beatrix die ihr so verhaßte Stimme des
Obersten sagen. „Wir werden sie einholen, noch
«he sie den Kreuzweg erreicht. Sie soll diesen
Fluchtversuch theuer bezahlen."
Der Wagen rollte weiter und die Stimme

ihres Vormundes verhallte im Lärm des Wagens
und im Brausen des Sturmes. Sie waren jetzt
vorbei. Beatrix lag im Schutze der dichten Hecke
und eine lange Pause dumpfer Bewußtlosigkeit
folgte. Endlich aber regte sich die schlanke Ge-
stalt in der Dunkelheit wieder und die großen
leuchtenden Augen öffneten sich. Verwirrt, zitternd
und angstvoll richtete sich das Mädchen auf und
lauschte.
Der Sturm hatte bedeutend nachgelassen, sie
stand auf. Etwas von ihrer früheren Kraft war
ihr zurückgckehrt. Muth und Hoffnung erwachten
zum neuen Leben in ihr. Vielleicht konnte sie doch
noch entkommen.
„Ich muß fast zwei Meilen vom Schlosse ent-
fernt", sagte sie sich. „Ehe der Morgen an-
bricht, muß ich weit von hier sein. Vielleicht
kehren Sie eben jetzt zurück. Ich muß auf der
Straße bleiben und beim ersten Zeichen ihrer
Rückkehr jenseits der Hecke flüchten. Im schlimm-
sten Falle kann ich mich in einem Graben ver-
bergen."
Sie kroch durch die Hecke hervor und befand
sich wieder auf der gepflasterten Straße. Müde
schlich sie weiter, in ihren Regenmantel eingehüllt.
Nach einer Viertelstunde war sie bei dem Kreuz-
wege angelangt, von welchem Oberst Brand ge-
sprochen hatte.
Hier hielt sie inne.
Es war klar, daß ihre Verfolger eine dieser
drei Richtungen eingeschlagen haben mußten, die
vor ihr lagen. Welche Straße hatten sie ein-
geschlagen? Das Mädchen bückte sich hinab, be-

müht, die Spuren der Wagenräder auszufinden,
aber es gelang ihr nicht.
„Ich sollte die Richtung einschlagen, welche
sie nicht genommen haben," dachte sie. „Aber
wie soll ich das wissen?"
Sie flüsterte leise ein Gebet um des Himmels
Führung, dann wandte sie sich zu der nach rechts
liegenden Straße und eilte weiter, so schnell sie
konnte.
Stundenlang wanderte sie mühselig weiter.
Die Füße wurden ihr schwer, daß sie sie kaum
heben konnte. Sich irgendwo zur Ruhe legen
zu können, und wäre es selbst zum Sterben, er-
schien ihr als eine himmlische Wonne. Dennoch
wankte sie weiter.
„Ich muß ausruhen," sagte sie endlich zu
sich selbst. „Ich kann nicht weiter gehen. Ah!
was ist das? Ein Licht! Kommen sie vielleicht
zurück?"
Sie bleib stehen und schaute starr vor sich hin.
Unweit von ihr drang ein weißer Lichtschein,
wie es schien, aus dem Fenster eines Wohnhauses
kommend, hervor. Beatrix faßte Muth und näherte
sich demselben.
Als sie schon ziemlich nahe war, sah sie, daß
das Licht aus einem Bauernhause hervor kam.
Das strohbedeckte Dach und die niedrigen, kleinen
Fenster wurden deutlich sichtbar. Das Hosthor
war weit offen und das Mädchen blieb vor dem-
selben stehen und schaute hinein.
Sie sah einm großen Bauernhof mit Hen-
und Strohböden und Kornscheuern zu beiden
Seiten, nach links das Wohnhaus und endlich
mitten im Hose einm großen Bauernwagen, vor

welchen ein kräftiges Pferd gespannt war. Der
Wagen war mit Lebensmitteln gefüllt und schien
zur Fahrt zum Markte vorbereitet zu sein.
Es wär jetzt 4 Uhr Morgens. Der Bauer
mußte bald auf den Markt fahren. Beatrix ging
leise in den Hof hinein und schlich sich zu dem
Wagen hin.
Nur eine Minute zögerte das Mädchen, dann
kletterte sie in den Wagen hinein. Die Körbe
mit den Lebensmitteln waren alle ganz voll.
Rückwärts im Wagen lagen mehrere Bunde Stroh,
die aber nicht zusammengebunden waren. Beatrix
schlich sich unter dasselbe und deckte sich voll-
ständig damit zu. Dann wartete sie zitternd vor
Furcht, entdeckt zu werden; aber in zehn Minuten
hatte die körperliche Erschöpfung ihre Angst
überwogen, und sie war eingeschlafen. Sie hatte
dann ein unbestimmtes Gefühl, daß der Wagen
sich bewege, aber auch dieses verschwand und sie
schlief lange fest und traumlos.
Endlich erwachte sie durch das Stehenbleiben
des Wagens. Sofort hatte sie ihre ganze
Geistesgegenwart beisammen und war aus ihrer
Hut.
Es war gut, daß sie sich nicht rührte, denn
nun ertönte die Stimme des Bauern in rauhem
Dialekte, den Beatrix, obgleich sie der französischen
Sprache mächtig war, nicht verstand.
Als der Bauer geendet, erwiderte ihm eine
andere Stimme, welche Beatrix zu ihrem Ent-
setzen als die Stimme Randal Brands erkannte.
Das Mädchen konnte nicht verstehen, was ihr
Feind sagte, denn auch er redete mit dem Bauern
den alämischen Dialekt.
 
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