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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

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No. 231 - No. 240 (30. September - 11. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44142#0345

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Nummer 237.


Samstag, 7. Oktober 1893.



General

für Heidelberg und Umgegend
(Würger-Zeitung).

Abontteurentöpreis:
mit 8seitigem illuArirtem Sonntagsblatt: monatlich
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holung entsprechender Rabatt-

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belesenstes Blatt iir Stadt a. Äiat Heidelberg rrird Bingegeird. GvLsztev Lvsrlg sü^ Jirsevate.

DM- T-lephon-Slnschlutz Nr. 1Ü2.


fortwährend
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auf den
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Gener al - Anzeiger
für Heidelberg und Umgegend
UM 8seitrg. illustr. Sonntagsblatt
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Preis nur abgeholt,
(Vom Briefträger ins Haus gebracht 40 Pfg. mehr.)
Für Heidelberg und nähere Umgebung
werden von unseren Trägern und Trägerinnen Be-
stellungen zum Preise von
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frei ins Haus, entgegengenommen.


Deutsches Reich.
Berlin, 6. Oktober.
— Ueber die Wirkung des neuen Wein-
steuerprojekts auf die diesjährigen Wein-
traubenpreise schreibt das Organ des rheinischen
Bauernvereins: „Daß es der Winzer ist, der die
Kosten eines Weinsteuergesetzes tragen muß, sehen
wir in diesem gesegneten, mit so großen Hoffnungen
begrüßten Weinjahre! Der Schatten, den die
drohende Weinsteuer vor sich her wirft, verdrängt
die Käufer von Trauben und neuem Wein, wie
die Lese der rothen Frühtrauben bewiesen hat. Es
wurden Preise erlöst, wie sie schon besser in schlechten
Jahrgängen bezahlt wurden: 19—25 Pfennig per
Pfund, während sonst in Jahrgängen wie Heuer
stch die Großhändler um das feine Produkt der
^ebe, das einen so kostbaren Tropfen verspricht,
der von Jahr zu Jahr an Werth zunimmt, that-
lächüch „zu schlagen" pflegten. Im Vorjahre wurden
d-ssere Preise erlöst, wie sie in diesem Jahre, das
einen Kabinetswein verspricht, angeboten werden."
— Zu der Wert Hst euer grenze bei der
Hieichsmeinsteuer bemerkt die „Nationalztg.": „Die
BKrthsteuergrenze von 50 Mk. pro Hektoliter ist
von der Mehrheit der Regierungen in Aussicht ge-

nommen da die süddeutschen damit noch nicht ein-
verstanden sind, wird, wie die offiziöse Mittheilung
bestätigt, der Bundesrath über die Gestaltung der
Vorlage in dieser Beziehung zu entscheiden haben."
— Ueber Inhalt und Gang der Verhand-
lungen bezüglich des russischen Handels-
vertrages, wird, wie bekannt, strenge Geheim-
haltung bewahrt. Indessen hört man doch aus
nahestehenden Kreisen, daß die Ansicht, als ob es
sich bei den Verhandlungen um ein Scheinmanöver
handle und der einzige Zweck desselben darin be-
stände, daß man von allen Seiten seine Schuldig-
keit gethan haben wollte, aber an ein greifbares
Ergebniß nicht gedacht hätte, durchaus hinfällig sei.
Im Gegentheil wird bekannt, man habe sich gegen-
seitig eingestanden, daß die jetzigen Zustände des
Zollkrieges unhaltbar seien! Es steht zu hoffen,
daß man aus dieser Erkenntniß heraus nichts un-
versucht lassen wird, um zu einem beide Theile be-
friedigenden Abkommen zu gelangen. Der agrarischen
Bewegung wird dies ja eine schwere Zumuthung
sein und man ist darausi gefaßt, daß man von
Seiten der Agrarier Alles aufbieten wird, die be-
züglichen Abmachungen der deutschen Regierung
zu durchkreuzen. Darüber gibt man sich indessen
keinen besonderen Besorgnissen hin; haben die Ver-
handlungen mit Rußland tatsächlich zu einem
Abschluß geführt, so werden die Agrarier die Dinge
nicht aufhalten und die Zustimmung des Reichs-
tags wird mit Sicherheit erfolgen.
München, 6. Okt. Das Zentrum hat
gleichfalls einen Nothstandsantrag einge-
bracht. — Wie die Morgenblätter aus Neustadt
a. d. H. melden, beschlossen die Weinprodu-
zenten mit dem Handelsgremium einstimmig
eine Denkschrift gegen die projektirte Weinsteuer
an die bayerische Regierung zu richten.
Ans Sachsen, 6. Okt. Von der „Arbeiter-
zeitung" des sozialdemokratischen Turnerbundes wird
in jeder Nummer behauptet, daß es in der
„Deutschen Turnerschaft" bröckle. Deßhalb macht
der Ausschuß der letzteren diejenigen Vereine nam-
haft, welche bis jetzt aus der Deutschen Turner-
schaft ausgcschieden sind und jenem neuen Turner-
bunde sich angeschlossen haben. Es sind dies sechs
Vereine aus dem Kreise Illb, drei Vereine aus
dem Kreise IX und ebenfalls drei Vereine aus dem
Kreise XIV (Königreich Sachsen), insgesammt also
ein Dutzend abtrünnige Vereine. Dagegen sind
seit dem 1. Januar 1893 allein 312 Vereine der
Deutschen Turnerschaft beigetreten! Das beweist
auf's Neue, daß die Deutsche Turnerschaft, in na-
tionalem Boden wurzelnd, ein festes Bollwerk des
deutschen Volksthums ist und Diejenigen, welche
sich in der großen Gesammtheit nicht wohl fühlen,
werden ihr durch Austritt mehr nützen als schaden.
Straßburg, 6. Okt. Dem hiesigen Amts-
gericht wurde ein französischer Staats-

angehöriger vorgesührt, welcher vor einiger
Zeit aus dem Gebiete Elsaß-Lothringens durch
Beschluß des Bezirkspräsidenten ausgewiesen war,
nach seiner Verbringung an die Grenze indes
wieder zurückkehrte und nunmehr wegen Bann-
bruchs verfolgt wurde. Die Verhandlung vor dem
Amtsgericht nahm nun folgenden für weite Kreise
interessanten Verlauf: Amtsrichter: Sie sind durch
Beschluß des Herrn Bezirkspräsidenten aus dem
Gebiet des Reichslandes verwiesen? Angeklagter:
Ja. Amtsrichter: Sie sind ohne Erlaubniß hier-
her zurückgekehrt? Angeklagter: Ja. Amtsrichter:
Sie sind auch vor einigen Tagen bereits in Metz
wegen Bannbruchs mit drei Tagen Hast bestraft?
Angeklagter: Ja. Amtsrichter: Warum sind Sie
zurückgekehrt? Wollen Sie hier Geschäfte machen?
Angeklagter: Nein. Amtsrichter: Haben Sie viel-
leicht Familienbeziehungen hier? Angeklagter:
Nein. Amtsrichter: Warum sind Sie denn zu-
rückgekehrt? Angeklagter: Um es kurz zu sagen,
um mich verhaften und strafen zu lassen. Amts-
richter : Erklären Sie mir dies näher. Ange-
klagter: Wenn Sie es denn genau wissen wollen,
so will ich Ihnen die Geschichte erzählen. Sie
klingt sehr komisch, ist aber wahr. Ich war
srüher in Frankreich Gymnasiallehrer, hatte dort
immer starke Sympathieen sür Deutschland und
beschloß daher, mich nach Deutschland zu begeben.
Ich nahm in Hagenau Ausenthalt, wurde jedoch
von dort ausgewiesen. In Frankreich wollte der
Kultusminister bei meiner Rückkehr von mir nichts
mehr wissen. Wenn ich aber in Deutschland be-
straft bin, so werde ich drüben wieder ausgenommen
werden und kann dann wieder mein Brod ver-
dienen. Jeff weiß ganz gut, was ich hiermit
thue. Nachdem der Angeklagte darauf wegen
Bannbruchs zu einer Haststrafe von einer Woche
verurtheilt worden war, fragte ihn der Amts-
richter, ob er das Urtheil anerkenne. Darauf
erwiederte der Verurtheilte: Ich muß es wohl
annehmen. Aber ich glaube nicht, daß es ge-
nügen wird. Eine höhere Strafe wäre mir lieber
gewesen. Sprach's und wurde abgeführt. Eines
Kommentars bedarf dieser Vorgang wohl nicht!
Ausland.
Wien, 6. Okt. Beraun bei Prag war gestern
der Schauplatz turbulenter Szenen. Der Glaser-
meister Emil Loewv, jüdischer Schächter, fand in
seinem Magazin ein entlassenes Dienstmädchen
zwischen den Strohvorräthen leblos. Loewy er-
stattete Anzeige hierüber. Ein gerufener Arzt kon-
statirte den Tod, ein zweiter Arzt entdeckte jedoch,
daß das Mädchen noch lebe. Es erholte sich auch
noch. Inzwischen ausgestreute Gerüchte von einem
Ritualmord bewirkten große Kravalle vor dem
Hause Loewy's. Es fanden starke Ansammlungen
statt, die Menge nahm eine drohende Haltung an

und aufreizende Rufe wurden ausgestoßen, bis die
Gendarmerie die Ruhe herstellte. Das Mädchen
erzählte später, daß es sich im Magazin verborgen
und einen epileptischen Anfall gehabt habe.
Nom, 6. Okt. Italien trifft große Vorberei-
tungen für den Empfang der englischen Flotte,
welche laut einer Nachricht der hochoffiziösen „Ga-
zetta Piemontese" vom König H u m b ert und dem
Kronprinzen inspiziert werden wird. Die Ankunft
des Königs in Spezia erfolgt gleichzeitig mit der
Ankunft der englischen Flotte. Morgens begibt
sich der König zur Revue an Bord der Jacht
„Sawoja", Nachmittags werden die englischen Offi-
ziere vom König in Audienz empfangen. Der
Aufenthalt des Königs dauert drei Tage, während
welcher Erperimente mit einem neuen Unterseeboot
vorgenommen werden. Das italienische Seeoffizier-
korps, sowie der Stadtrath bereiten Bankette und
Festlichkeiten zu Ehren der Engländer vor. Auch
in Neapel ist ein Festkomitee zusammengetreten.
Madrid, 6. Okt. Die Begnadigung des B o m-
benattentäters Pallas wurde abgelchnt.
Derselbe wurde heute früh erschossen.
Madrid, 6. Okt. Das russische Geschwader
liegt gegenwärtig im Hafen von Kadix, wo es
seine auf der Reise von Amerika erlittenen Havarieen
ausbesscrt und sich überhaupt auf den Besuch in
Toulon vorbereitet und sich vor allem mit Wein
versieht. So wurden für 30 000 Fr. Teres-Wein
an Bord geschafft. Die Russen besuchten in Kadir
das Stadthaus und selbstredend das französische
Konsulat und die französische Kolonie, die einen
Punsch zum besten gab, bei dem man auf den
Zaren, seine Familie, auf Carnot und auf die
Regentin Spaniens trank. Am nächsten Sonntag
findet zu Ehren der Russen ein Stiergesecht und
ein von dem Gemeinderath veranstaltetes Bankett
mit Ball statt. Das Geschwader dampft am 9.
Oktober nach Toulon ab, ohne unterwegs einen
Hafen anzulaufen._
Aus Wcry und Jern.
* Karlsruhe, 6. Okt. Dem Vernehmen nach
wird die Entscheidung darüber, ob Karlsruhe
Hafenstadt wird oder nicht, schon in allernächster
Zeit getroffen werden. In hiesigen einflußreichen
Kreisen lebt man bezüglich des Gelingens des Unter-
nehmens in der zuversichtlichsten Stimmung.
* Mannheim, 6. Okt. Gefahndet wird nach
einem Unbekannten, der auf gefälschte Cheks von
Pariser Banken bei hiesigen Bankhäusern größere
Geldbeträge erhob.
* Mannheim, 6. Okt. Der hies. katholische
Männerverein „Zentrum" hat beschlossen, bei der
Landtagswahl für die Wahlmänner der demokratischen
Partei einzutreten. Durch diese Taktik ist es sehr
warscheinlich, daß auch der dritte Landtagssitz unserer
Stadt in die Hände der Sozialdemokratie übergeht.

Die Jagd nach einer Erbin.
Roman von Hermine Frankenstein.
(Fortsetzung.)
„Liebste Tante Folliot", rief sie, ihr in
ichnieichelnder Art den Mund zum Kusse hinhal-
tend, mir ist, als wenn Du schon eine Ewig-
leit fortgewesen wärest. Ich konnte meine Un-
geduld bis zu Deinem Eintritte kaum bezwingen.
Und was Du für eine schöne stattliche Dame
Kist! Ich bin sehr stolz auf Dich!"
Dieser Ausbruch kindlichen Entzückens, den
kie geübte Schauspielerin sorgfältig vorbereitet
hatte, erschien Lady Folliot sehr reizend.
Sie streichelte das Mädchen vergnügt und
mgte lächelnd:
„Du bist zwar dreiundzwanzig Jahre alt,
Aerea, aber noch immer ein Kind. Ich hoffe,
Du wirst diese reizende Kindlichkeit noch lange
behalten."
In diesem Augenblicke trat ein Aufwärter
Un und stellte die Suppenterrine auf den Tisch.
Die beiden Damen nahmen vor demselben
Platz und wurden bedient.
Das Diner war sehr reichhaltig, denn die
bttmeintliche Erbin hatte es so bestellt. Das
Mädchen plauderte während der Mahlzeit un-
aufhörlich in munterer, fröhlicher Art, schlürfte
shreu Wein und aß Konfekt, offenbar sehr froh
darüber, daß sie bei gutem Appetit war.
Nach dem Diner, als der Aufwärter aufge-
räumt hatte, nahm Lady Folliot in einem Lehn-
fluhle Platz, und das Mädchen zog einen Sche-

mel herbei, setzte sich zu den Füßen der Lady nieder
und lehnte ihre Wange an den Schooß der
Dame.
„Weißt Du, liebste Tante", sagte sie sanft,
„ich will Dir eine Tochter sein und Du wirst
mir eine Mutter sein, und mich lieben und hät-
scheln. Papa hat mich immer gehätschelt. Ich
bin nur ein thörichtes Ding, liebste Tante, und
ich würde alles für einen Menschen Hnn, der
mich liebt".
„Mein liebes Mädchen!" sprach die Baronin
mit Thränen in den Augen, „Du bist geschaffen,
um geliebt zu werden und ich liebe Dich schon!
Wie hast Du feit dem Tode Deines Vaters ge-
lebt, ohne schützende Sorgfalt und Zärtlichkeit?
Ich will Dich sorgsam beschützen, mein Liebling.
Ich kann nicht begreifen, wie Du Dein jetziges
Alter erreichen konntest, ohne geliebt zn werden."
„O, ich bin geliebt worden!" sagte die Be-
trügerin. „Ich habe viele Freier gehabt. Es
war sogar ein alter General da, der mich hei-
rathen wollte zur zweiten Frau, aber es gefiel
mir keiner. Ich wollte durchaus Indien nicht
verlassen, weil ich mir einbildete, Papa's Krank-
heit geerbt zu haben und auf der Ueberfahrt
nach England sterben zu müssen, aber ich hätte
doch den Gedanken nicht ertragen können, meine
Tage da draußen verleben zu müssen." „Wenn
ich heirathen sollte", und sie schlug verschämt die
Augen nieder, „ich möchte permanent in Eng-
land bleiben. Es giebt kein schöneres Land als
England."
„Ich freue mich, das von Dir zu hören,
meine Liebe."

„Und ich bin froh, daß Du mir ein freies
Herz mit nach Hause gebracht hast. Ich bin
keine passionierte Ehestifterin, Nerea; aber ich
möchte Dich gerne an einen Gatten verheirathet
sehen, der Deinen Werth zu würdigen versteht.
Mit Deiner Schönheit und Deinen! Reichthume
kannst Du eine großartige Parthie machen. Ich
sagte, ich wäre keine Ehestifterin, aber ich bin's
doch," und die Baronin lächelte. „Ich habe ei-
nen Plan für Deine Zukunft, den ich verwirk-
licht zu sehen hoffe."
„Was ist das für ein Plan, Tante Folliot?
Betrifft er — Baron Lionel Charlton?" flüsterte
die Betrügerin.
Lady Folliot blickte zärtlich auf das hübsche
Gesicht auf ihren Knieen mit den verschämt ge-
senkten Augenliedern — sie hatte noch nicht be-
merkt, daß das falsche Fräulein Bermyngham
gewöhnlich die Augen gesenkt hatte — und auf
das lockige goldblonde Haar. „Ja meine Liebe,"
sagte sie, „ja, liebste Nerea. Mein Plan betrifft
Baron Lionel Charlton."
„Erzähle mir von ihm. Ist er schön?"
„Er ist sehr schön und eben so gut und edel
als schön. Er ist ungefähr im gleichen Alter
mit Dir. Er hat wohl auch seine Fehler — nun
die haben wir alle, auch Du nicht wirst eine Aus-
nahme von der Regel machen, was Du auch zu
sein scheinst," sagte die Baronin zärtlich, „aber
seine Fehler entspringen eben aus seinen Tugenden.
Er erbte von seinem Vater die Baronie und
eine große Besitzung, die aber stark verschuldet
war. Die ersten zwei Jahre, nachdem er sein
Erbgut abgetreten hatte, lebte Baron Lionel

etwas flott in den Tag hinein, aber das weiß
ich, Nerea, daß er sich nie einer unehrenhaften
Handlung schuldig machte. Sein großer Fehler,
bestand darin, daß er zu freigebig war im
Geldausgeben, daß er sein Vermögen großmüthig
nach allen Seiten an Unwürdige verschwendete,
die ihn ausbeuteten; aber er hat diesen Fehler
abgelegt."
„Wieso, Tante Folliot? Ich hoffe doch, daß
er nicht etwa ein Geizhals geworden ist?"
„Gott bewahre, er konnte gar nicht geizen.
Das liegt nicht in feiner Natur. Er hat seine
Schwäche besiegt, aber ist noch immer großmü-
thig. Er hat sich ganz der Verwaltung seiner
Güter gewidmet und verwendet den größten
Theil seiner Jahreseinkünfte dazu, sie schuldenfrei
zu machen. Aber das wird zehn Jahre brauchen
— zehn Jahre der Arbeit und Einschränkung.
Er hat ein ungemein reges Ehrgefühl. Er hat
nie geliebt und geht mit dem Vorsatze um, nur
aus Liebe zu heirathen. Nun, ich muß es Dir
gestehen, daß ich Dich, Nerea, über alles gerne
als Sir Lionel's Gattin sehen möchte."
„Aber er ist nicht reich!" seufzte die Be-
trügerin.
„Nein, jetzt ist er nicht reich, aber wenn seine
Besitzung schuldenfrei sein wird, hat er ein Jah-
reseinkommen von siebentausend Pfund. Und
wahrlich, Nerea, Du bist in der Lage, aus Liebe
heirathen zu können."
„Ja, das weiß ich," sagte das falsche Fräu-
lein Bermyngham, „und wenn Sir Lionel
Charlton mir gefällt, und wenn ich ihm ge-
falle, so -"
 
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