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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

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No. 201 - No. 210 (26. August - 6. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44142#0213

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35 Pfennig frei in'S Hans, durch die Post bezogen
vierteljährlich SV Pfennig ohne Bestellgeld.
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für Heidelberg und Umgegend
(Mürger-Zeitung).

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kür auswärtige Inserate 10 Pfg«, bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt-
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Expedition: Knuptstraße Mr. 25.

-G' 204.

verantwortlicher Redakteur:
Herrn. Streich.

Mittwoch, den 30. August

Druck und Verlag:
Heckmann, Dörr L Wurm.

1«W.

NurNPsg.
für den Monat Setz-teiirl»sv kostet der
General - Anzeiger
für Heidelberg und Umgegend
frei in s Haus gebracht.
Durch die Post bezogen kostet der „General-
Anzeiger für Heidelberg nnd Umgegend" irrer
frei in's Haus 15 Pfg. mehr.
Wir laden zum Probeabonnement hiermit host. ein.

Der „General-Anzeiger für Heidelberg
Und Umgegend" ist in der Postzeitungsliste,
Nachtrag vom 8. Aug-, unter Nr. 2499 a, ein-
getragen.

* Die Spione von Kiel.
Aufsehen wird die in unserem gestrigen Blatte
gegebene Nachricht erregen, daß im deutschen Ost-
feekriegshafen Kiel zweiFranzvsen verhaftet
worden sind, welche dort auf einer gemietheten Dacht
»Jnsect" unter englischer Flagge eingetroffen waren
und welche in dringendem Verdacht derSpionage
stehen. Die Untersuchung hat ergeben, daß die
beiden Franzosen im Besitze von photographischen
Apparaten sind, mittels deren sie Aufnahmen von
Befestignngswerken, von Helgoland, vom deutschen
Panzerschiffe „Kaiser" und von dem im Bau be
griffenen Nordostseekanal gemacht haben. Sie geben
vvr, zu ihrem Vergnügen zu reisen. Das würde
wan ihnen gewiß sehr gern glauben und würde
ste sehr gern für „Amateurs" der photographischen
Kunst halten, wenn nicht die in ihrem Besitze
Vorgefundenen Photographien und Platten der An-
gabe zu sehr widersprächen. Zum reinen Vergnü-
gen reist man nicht in fremden Ländern umher,
um Festungswerke, Kriegshäfen, Kriegskanäle und
Kriegsschiffe zu photographiren. Harmlose Ver-
guügungsreisende pflegen auch nicht unter falsch er
Flagge zu fahren, sondern sich als das zu geben,
was sic sind. Bei uns im deutschen Reiche ist
von je die größte Nachsicht geübt worden mit
Leuten, welche unsere „schönen Gegenden" in Essig
Uffd Oel abzeichnen oder abphotographiren wollen;
Mr im schönen Neckarthal sehen wir ja die Herr-
>Haften zu Dutzenden mit ihren Reisephotographie.
Apparaten und Staffeleien herumgaloppiren. Aber
wenn jemand die Sache zu schamlos betreibt,
faucht er sich nicht zu wundern, wenn man ihn
beim Schopfe faßt und seines Phvtograpbiealbums
Erledigt. Man befolgt bei uns den Grundsatz,
bas nicht zu verheimlichen oder mit furchtbaren
Gesetzesbestimmungen zu umgeben, was offen vor
^ster Augen da liegt. Aber die großmütbige Ge-
vuld hat ein Ende, wenn offenkundiger Mißbrauch
getrieben u ird. Und das ist offenbar von Seiten der

beiden in Kiel verhafteten Franzosen geschehen.
Die Heimlichthuerei der beiden erschwert den Fall.
Kein vorurtheilsfreier Deutscher wird nun den un-
mittelbaren Schluß ziehen wollen, daß die fran-
zösische Regierung als solche bei dem ge-
heimnißvollen Treiben der beiden Verhafteten be-
theiligt sei; man wird mindestens nicht so unhöf-
lich sein, damit der französischen Regierung eine
solche Dummheit zuzutrauen, daß sie sich solch un-
geschickter Kerle bedient, um in den Besitz der Ab-
bildungen einiger deutschen Kriegswerke zu gelangen.
Freilich kann Frankreich den Vorwurf eines aus-
gebildeten Spionenwesens nicht von sich abweisen,
denn von früher ist bekannt, wie das „Nachrichten-
bureau" gearbeitet hat. Die Untersuchung des
Kieler Falles wird hoffentlich Klarheit schaffen.
Immer wieder muß aber darauf verwiesen werden,
daß das deutsche Reich keine besonderen Gesetze
gegen Spionirerei braucht, wie sie Frankreich besitzt;
und während amtlich unterstützte deutsche Spione
in Frankreich trotz aller besonderen Gesetze und
Anstrengungen noch nicht gefunden worden sind
— weil es eben keine gibt —, so ist die amtliche
oder halbamtliche französischeSpionirere> auf deutschem
Boden in früheren Jahren wiederholt nachgewiesen
worden. Es wäre zu Nutz und Frommen des
friedlichen Einverständnisses zu wünschen, daß der
Kieler Fall sich als so harmlos Herausstellen möchte,
wie ihn die beiden verhafteten Franzosen darzustellen
suchen. Leider scheint dazu fürs erste wenig Aus-
sicht vorhanden zu sein.
Kiel, 29. Aug. Die hier wegen Verdachtes
der Spionirerei verhafteten beiden Franzosen heißen
nach ihren Pariser Pässen RaoulDubois und
Maurice Daquet. Ersterer will Grundbesitzer,
letzterer Geschäftsreisender sein. Gefunden wurden
bei den Verhafteten Zeichnungen der Festungswerke
von Wilhelmshaven, von Helgoland und von den
Kieler Forts.
Deutsches Reich.
Berti«, 29. August.
— Es gehört zu den vielen unberechtigten
Eigenthümlichkeiten der Hochsommerpolitik, von Be-
gegnungen des deutschen Kaisers mit dem
Zaren den Zeitungsleser zu unterhalten. 'So
wenig gerade die gegenwärtigen Zeitläufe dazu
verlocken sollten, so hat die angeblich bevorstehende
Entrevue der beiden Herrscher in Fredensborg doch
schon ihren Turnus durch alle Formate der ge-
druckten Weisheit angetretcn. Heute kommt nun
aus Kopenhagen das in solchen Fällen nie aus-
bleibende kategorische Dementi. Die „Berlingske
Tidende", die dem mitteleuropäischen Leser bisher
fast immer nur in Verbindung mit einer Reise-
Kombination Petersburg-Berlin oder umgekehrt ge-
nannt worden ist, behauptet, der deutsche Kaiser
würde von den österreichisch-ungarischen Manöver-
gebieten über Kiel nach Schweden reisen, ohne
Dänemark zu berühren. Die Meldung würde,
wenn sic sich bewahrheitete, allerdings mehr be-

deuten als eine Ankündigung eines kurzen Besuches
Kaiser Wilhelms in Fredensborg, denn die Unter-
lassung einer formalen Höflichkeit wiegt immerhin
mehr als die Befolgung einer politisch unwesent-
lichen Uebung Hoffscher Etiquette.
— Die „Nat.-Ztg." bespricht in einem längeren
Leiter die T h r o n f o lg e in Sachse n-K oburg-
Gotha und fordert, von der Möglichkeit aus-
gehend, daß der jetzige Herzog unter Umständen
auch zur Besteigung des englischen Thrones ge-
langen könne und dadurch dann eine Personalunion
eines deutschen Bundesstaates mit einem nicht-
deutschen Staate herbeigeführt werde, eine Aenderung
der geltenden Normen. Das Blatt geht nicht so
weit, den Ausschluß von Angehörigen fremder
Fürstenhäuser bei der Thronfolge in einem deutschen
Bundesstaate zu fordern, verlangt aber, daß für
die Thronfolgen in Deutschland den besonderen
Verhältnissen des deutschen Reiches entsprechende
Bestimmungen getroffen werden, welche sich z. B.
auf die Erziehung und Ausbildung voraussicht-
licher künftiger ausländischen Dynastien angehörender
Erben deutscher Throne erstrecken und jedenfalls
die Möglichkeit einer Personalunion deutschen Reichs-
gebiets mit einer fremden Krone gänzlich aus-
schließen.
— Das Testament des HerzogsErnst
ist bereits während der Anwesenheit des Kaisers
in Reinhardsbrunn eröffnet worden. — Aus der
Lebensgeschichte des Herzogs Ernst von Sachsen-
Koburg-Gotha veröffentlicht die „Berliner Presse"
eine Denkschrift des verstorbenen Herzogs aus dem
Sommer 1859, in der eine Einigung sämmtlicher
freisinnigen Fraktionen empfohlen wird, um durch
die Zentralisation des Volkswillens einen Druck
auf sämmtliche Regierungen im Interesse der
deutschen Einheit auszuüben. Die betr. Denkschrift
fällt in die Zeit der Vorbereitungen für die Grün-
dung des Nationalvereins. Die genannte Denk-
schrift ist übrigens erwähnt und auszugsweise ver-
öffentlicht in dem zweiten Band der Denkwürdig-
keiten des Herzogs „Aus meinem Leben".
— DieZolleinnahmendes deutschen
Reiches weisen im Monat Juli einen starken
Rückgang auf im Verhältniß zum Vorjahr. Bei
den zur Anschreibung gelangten Einnahmen beträgt
dieser Rückgang für den Monat Juli nicht weniger
als 13 Millionen Mark, so daß die Zolleinnahmen
für die vier ersten Monate des neuen Etatsjahrs
sich zuzüglich des Rückgangs in den Vormonaten
um 28 Millionen Mark niedriger stellen (112
Millionen Mark statt 140 Millionen Mark). Bei
den Jsteinnahmen beträgt der Rückgang im Monat
Juli gegen das Vorjahr nabezu 16 Millionen
Mark, so daß für die ersten vier Monate des
Etatsjahres sich jetzt insgesammt ein Rückgang von
nahezu 32 Millionen Mark ergibt (101 statt 133
Millionen). — Bei der Branntwcinverbrauchsab-
gabe, bei der Brausteuer und bei den Stempel-
steuern haben sich im Monat Juli geringe Mehr-
einnahmen gegen den Juli 1892 ergeben.
Koburg, 28. Aug/ Es ist allgemein ausge-

fallen, daß Rußland bei den Beisetzungs-Feier-
lichkeiten nicht vertreten war. Einen Grund
hierfür weiß Niemand anzugeben. Prinz Fer-
dinand von Bulgarien war die einzige
Fürstlichkeit, die im Frack erschienen war; er wurde
hier lediglich als Koburgischer Prinz betrachtet.
Man hat nicht beobachten können, daß der Kaiser
mit ihm gesprochen, (s. Neuestes.)
Koburg, 28. Aug. Herzog Alfred erließ
eine Proklamation, in dec es heißt: Er habe der
gesetzlichen Abfolgeordnung gemäß, nachdem er eid-
lich gelobt, die Verfassung beider Herzogthümer ge-
wissenhaft zu beobachten und kräftig zu schützen,
die Regierung im Vertrauen auf Gottes Hilfe und
Beistand übernommen und in der Hoffnung, daß
sämmtliche Staatsdiener, sowie alle Angehörigen
der Herzogthümer ihm als rechtmäßigem Landes-
herrn Treue und Gehorsam leisten werden. Er
ertheile dagegen die Versicherung, daß er die Hand-
habung von Recht und Gerechtigkeit und die För-
derung der Wohlfahrt des Landes sich als oberste
Aufgabe seines Lebens gesetzt habe, sowie er auch
dem Deutschen Kaiser und Reiche die
von seinem Vorgänger erwiesene Treue immer-
dar bewahren werde.
Würzburg, 29. Aug. In der gestrigen Ver-
sammlung des Katholikentags hielten Graf
Galen, Erzbischof Schorck und Bischof Stein Reden,
worin sie die Religion als Heilmittel sozialer
Schäden und als bestes Kampfmittel gegen die So-
zialdemokratie priesen. Professor Schell und Dekan
Hammer beschäftigten sich mit Unterrichtsfragen.
Beide fordern konfessionelle Schulen. Landtagsabg.
Schädler verlangte die Rückkebr der Jesuiten. Die
Reden wurden mit begeistertem Beifall ausgenommen.
Die Versammlung war sehr zahlreich besucht.
Würzburg, 29. Aug. Vorgestern fand hier
ein sozialistischer Parteitag für Unter-
franken statt. Es wurde beschlossen, die Wahl-
kreise Lohr und Aschaffenburg auch fernerhin von
Frankfurt aus bearbeiten zu lassen. Unterfranken
besser zu organischen und alljährlich einen unter-
fränkischen Parteitag abzuhalten. Ferner wurde
Boykottirung der ihre Lokale den Sozialdemokraten
verweigernden Wirthe empfohlen.
Kissingen, 29. Aug. Fürst Bismarck hat
seine Abreise nach Varzin infolge des leichten An-
falls von Ischia noch um einige Tage verschoben.
Ausland.
Paris, 29. Aug. Der Adjutant Carnots,
Oberst Chamois, wird in der nächsten Woche
nach Beauvais reisen, um die Vorbereitungen
zu dem Frühstück zu treffeu, das der Präsident
der Republik nach der Truppenschau am 24.
September den Generälen und fremdländischen
Offizieren geben wird. Carnat wird deßhalb am
rügenden Abend dorthin zurückkehren. Man
olgert aus diesem Plane, daß der Gesundheits-
zustand Carnots sich nicht verschlimmert, wie heute
noch einige Blätter behaupten. Eines sagt sogar
sein Rücktritt von der Präsidentschaft stände bevor.

seinen
wurde

Arne dünkte GHnL.
Roman von P. E. von Areg.

(Fortsetzung.)
Der Untersuchungsrichter verließ mit
^ngleitern das Gewölbe und hinter ihm
Thür verschlossen. Sie kehrten insgesammt
'ach dem Gastzimmer zurück und von dort aus
^Urdx der Diener abgeschickt, um den Physikus
sfl sein alsbaldiges Erscheinen zu bitten und zu-
'Mch zu veranlassen, daß der Sträfling Rosen-
flUm aus der Strafhaft nach dem Thatortc über-
^Mhrt werde. '
L Der Untersuchungsrichter diktirkte das Pro-
"ofl j^r die Einzelheiten der Haussuchung bis
Auffinden der Leiche dem Schreiber in die
Oeder und schritt sodann zur Vernehmurg von
^chenbaums Frau.
. Sie beantwortete die Generalsragen kurz und
'Mg.
v , "In dem Gewölbe, das wir zuletzt durchsucht
,^n, fand sich die Leiche eines Mannes ein-
scharrt", fuhr der Untersuchungsrichter in seiner
?rnehmung fort, „vermögen Sie mir anzugeben,
K die Leiche dorthin gekommen ist?"
e... Die Frau rang wieder verzweiflungsvoll -sie
fUide. „Ich bin unschuldig", sagte sie zitternd,
"Pw er auch, mein Manu. Glauben Sie mir,
Hände sind rein."
„Beantworten Sie mir die Fragen, die Ihnen
o^llclcgt werden. Es wird Ihnen Zeit genug
'^wssen werden, den Beweis Ihrer Unschuld zu

erbringen. Also noch einmal: Wie ist die Leiche
dorthin gekommen?"
„Sie haben sie miteinander dort eingescharrt."
„Wer sind diese sie?"
„Der Eduard und der Andere."
„Den Namen, wenn Sie ihn wissen!"
„August Klotze."
„ Und wer war derMann, dessenLeiche drübenliegt?"
„Sie haben mir niemals seinen Namen ge-
gesagt, ich wußte gleich, als ich vor vier Jahren
von dem Verschwinden Hugo v. Flottwells in den
Zeitungen las, daß es niemand anders gewesen
sein konnte, als dieser."
„Wurde derMann als Leichein's Haus gebracht?"
„Nein, er kam lebendig und freiwillig herein."
„Wie starb er?"
„August Klotze erschlug ihu oben iu unserer
Wohnstube mit einer Art. Dorthin hatten sie
ihn gesührt, als er kain, und er war kaum her-
ein, so geschah die That."
„Wann wurde der Erschlagene verscharrt?"
„Sie ließen ihn oben liegen und verschlossen
die Thür. Als um Mitternacht die Gäste alle
fort waren, gruben sie mit einander das Loch
und schleppten ihn gemeinsam hinein. Ich war
nicht dabei. Ich mußte nur die Blutflecken auf-
waschen, die oben aus der Zimmcrdiele waren."
„Au welchem Tage geschah die That?"
„Am 24. September 1877."
Das war das Hauptsächlichste, was die Frau
anzugebcn wußte. Sie begleitete ihre Aussagen
mit mancherlei Zusätzen, die vorstehend weg-
geblieben sind, mit Versicherungen über ihre und
ihres Mannes Unschuld, an dem Morde selbst

und sprach es auch wiederholt aus, sie sei von
von jeher der Ueberzeugung gewesen, daß die
blutige Affäre noch einmal an das Tageslicht
kommen und ihnen Allen Schande und Strafe
einbringen würde.
Inzwischen war der Physikus erschienen nnd
hatte die Obduktion des Leichnams vorgenommen.
Er konstatirte, daß die Leiche mit großer
Wahrscheinlichkeit länger als vier Jahre in der
Erde läge und daß als Todesursache ein Schlag
mit einem stumpfen, breiten Instrumente auf den
Hinterkopf anzunehmen sei. Die dadurch her-
vorgebrachte Verletzung des großen Gehirns habe
sofortige Bewußtlosigkeit und einen schnellen Tod
zur Folge gehabt. Die bei der Leiche vorge-
fundene Axt sei mit Gewißheit als das Instru-
ment anzunehmen, mit welchem der Mord voll-
führt worden sei, denn die Hintere breite Seite
derselbe Passe vollständig in die eingeschlagene
Stelle der Schädeldecke.
Eine Viertelstunde später erschien ein geschlos-
sener Wagen vor der Rosenbaumschen Schenke, in
dem sich unter Begleitung zweier Gefangenwärter
der Sträfling Eduard Rosenbaum befand.
Man hatte ihn selbstverständlich darüber durch-
aus im Unklaren gelassen, wohin er gebracht
werden sollte, und er schien zuerst etwas erstaunt,
als er sich beim Aussteigen aus dem Wagen seiner
Schenke wieder gegenüber sand.
Sobald man ihn aber, ohne ihn in die Gast-
stube eintreten zu lassen, nach dem Gewölbe führte,
das der Untersuchungsrichter inzwischen wieder
hatte öffnen Und erleuchten lassen und wo man,
auf einer abgehobenen Tafelplatte die tlcbcrresti/

der Leiche niedergelegt hatte, knickten ihm die
Kniee ein und zwei Gerichtsdicner mußten ihn
unter den Armen fassen und mit Gewalt vor-
wärts ziehen. Vor der Leiche sank er zusammen
ohne daß er im Stande war, einen Blick auf
dieselbe zu werfen, und als ihn jetzt der Unter-
suchungsrichter, der ihm gegenüberstand, in ernstem
Tone fragte:
„Rosenbaum, kennen Sie diesen Todten?" da
gestand er Alles.
Seine Aussage war in gedrängter Kürze fol-
gende: Nachdem er seine Zuchthausstrafe wegen
jenes Einbruchs im National-Mufeum abgebüßt
hatte, war er wieder uach Berlin zurückgekehrt,
vhue daß er zunächst wußte, wie er jetzt für sich
und seine Frau Broterwerb finden könne, ohne zu
seinem alten Gewerbe zurückzugreifen, das ihm
durch die überstandene Strafe einigermaßen
wenigstens verleitet -war. Da hatte es der Zu-
fall gewollt, daß seiner Frau von einer entfernten
Verwandten, die keiner von Beiden für vermögend
gehalten, ein unverhofftes Legat von zweitausend
Mark zufiel. Wenn ihu etwas in seinem Vor-
sätze des Lebens eines Verbrechers aufzugeben, be-
stärken konnte, so war es dieses Vermächtniß ge-
wesen. Es gab ihm die Mittel in die Hand,
sein Brod auf rechtlichem Wege zu verdienen,
aber er begriff auch zugleich, daß das mit Aus-
sicht auf Dauer am besten da geschehen könne, wo
er von den Genossen seiner liederlichen Jahre
am weitesten entfernt sein würde. Er fand in
einer Berliner Zeitung eine Annonce, welche das
kleine Restaurant, das seine Frau noch setzt bc-
wirthschaftetc, zur Pacht ausbot.
 
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