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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

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No. 191 - No. 200 (15. August - 25. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44142#0173

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General-M Anmger


für Heidelberg und Umgegend



Erpsdition: Kcruptstv«ße Mr. 26.

18S3

Freitag, den 18. August


von
und
dem
und

Druck und Verlag:
kseckmann, Dörr L Wurm.

Verantwortlicher Redakteur:
Herrn. Streich.

Nach Verlauf von kurzer Zeit konnte man dann
mittelst Hacke das ganze Nest herausnehmen.
* Mosbach, 16. Aug. Der evangel. Verein
für äußere Mission in Baden hielt heute in un-
serer neurestaurirten Stadtkirche seine 53. Jahres-
feier ab. Hierzu waren Missionsfreunde — nach
Schätzung etwa 700 an der Zahl — von Nah
und Fern erschienen. Die Feier begann Vormit-
tags halb 10 Uhr und war um 2 Uhr beendigt.
Mit mächtigen Akkorden auf unserer neuen statt-
lichen Orgel begrüßt, sang die Festgemeinde das
Eingangslied, worauf der Ortsgeistliche, Herr Dekan
Nüßle, das Eingangsgebet und unter Zugrunde-
legung von Psalm 100 die Begrüßungsrede hielt.
Der Festredner, Herr Dekan Eberhard aus Adels-
heim, sprach über Ap.-Gesch. 14, 27. Es bestieg
nun Herr Prälat Doll aus Karlsruhe die Kanzel,
und begrüßte die Festgemeinde Namens der obersten
Kirchenbchörde. Nach abermaligem Gemeindegesang
verlas Herr Pfarrer Mühlhäuser aus Wilferdingen
den Rechenschaftsbericht, aus dem wir entnehmen,
daß der Verein im abgelaufenen Rechnungsjahr
eine Einnahme von 66,184 Mk. hatte. In ein-
stündiger Rede sprach der Präsident der Vereins,
Herr Pfarrer Mieschner aus Basel über die Tä-
tigkeit der Mission und die Erfolge der einzelnen
Stationen in fernen Ländern. Recht interessante
Mittheilungen machte Herr Missionar Böhmer,
welcher im Februar dss. I. aus Kamerun kam und
die Zustände dorten aus eigener Anschauung kannte.
Es folgte nun noch Gesang, Schlußgebet und
Segen. Nach dem Gottesdienste tagte die General-
versammlung. An diese schloß sich ein gemein-
schaftliches Mittagessen im Gasthaus zur Krone an.
* Ubstadt, 17. Aug. Dem Bäcker Schöninger
dahier wurden in der Nacht vom 13./14. d. M.
auf hiesigem Felde 120 der schönsten Hopfenstöcke
boshafterweise abgeschnitten, was ihm einen Schaden
von mindestens 200 Mk. verursachte. Auf den bis
jetzt noch unbekannten Thäter wird gefahndet.
* Bruchsal 16. Aug. Dem Vernehmen der
„Kraichg. Ztg." zufolge wird der Großhcrzog
anläßlich seiner Anwesenheit in Bruchsal zum
Zweck militärischer Besichtigungen auch eine Be-
grüßung Seitens der Vereine des Kraichgau-
militärvereinsverbandes entgegennehmen. Voraus-
sichtlich wird der Großherzog am 30. dss. Mts.
in Bruchsal verweilen.
* Pforzheim, 17. Aug. In den Stadtver-
ordnetenvorstand wurden gewählt: die Herren A.
Wittum als Obmann mit 69 Stimmen, H. Becker
als Stellvertreter mit 70 Stimmen, H. Gesell mit
70, Paul Suedes mit 69 und A. Kayser mit 68
Stimmen. Abgestimmt haben 91 von 96 Wahl-
berechtigten.
* Baden-Baden, 16. Aug. Am Mittwoch
den 30. August wird in der Lichtenthalcr Allee
ein großer Blumen-Corso veranstaltet. Das
Städtische Kurkomitee hat hierzu drei Ehrenpreise
gestiftet; außerdem werden neun Banner und
zwölf Anerkennungspreise vertheilt. Dem Corso-
Komitee gehören mit an: Prinz Hermann zu

Aus Wuh und Jern.
* Wirsloch, 17. Aug. Um enormen Schaden
an Obst und Trauben zu verhüten, wurde auch
hier polizeilich gegen die gefräßigen Wespen einge-
schritten d. h. den Gemeinden die Vertilgung der-
selben anbefohlen. Es wurden in unserem Amts-
bezirke bis jetzt 5148 Nester mit einem Kostenauf-
wand von rund 1559 Mk. vertilgt. Meist Schul-
kinder haben sich diesem lohnenden Geschäft ge-
widmet und kam cs vor, daß sich Schulknaben manche
Tage auf mehrere Mark stellten. Es wurden Pracht-
exemplare von Wespennestern— wenn man so sagen
darf— an rie Gemeindebehörden abgeliefert, Nester
in der Größe zweier Backnäpfe, wenn man sich
solche so aufeinander gestellt denkt, daß die Böden
außen sind. Die Vertilgung geschah derart, daß
man in die Oeffnung der entdeckten Nester — meist
an Böschungen — angezündete Schwefelschnitte
steckte, wodurch die Bewohner derselben erstickten.

Personen, darunter auch Sozialdemokraten, besucht
war, berichtete Wilhelm Werner über den Züricher
Kongreß. Er hielt gegenüber Bebels undjSingers
Erklärung die Darstellung aufrecht, daß er und
seine Genossen, ohne daß sie Skandal gemacht hätten,
auf Singers Kommando geprügelt und hinausge-
worfen worden seien. Seine Versicherung, daß sie
beim Hauen den Gegnern über gewesen seien, ent-
fesselte großen Beifall, der auch seine und anderer
Redner überaus heftige Angriffe gegen die Sozial-
demokratie und ihren Personenkultus begleitete.
Lübeck, 17. August. Die seestädtischen
Handelskammervorstände wollen in Berlin
eine Audienz bei dem Reichskanzler wegen des
russischen Zollkrieges erwirken. In den
Seestädten sind die Kalamitäten groß; ganze Schiffs-
besatzungen werden abgemustert.
Ausland.
Brüssel, 17. Aug. Dem Brüsseler Courier
zufolge sandte der Kön i g von Belgien den Ant-
werpener Ingenieur Hauptmann Wangerman nach
der Westküste Afrikas, um sofort die Kongomündung
zu befestigen.
Genua, 17. Aug. Prinz Heinrich
Preußen ist gestern um 11 Uhr eingetroffen
von dem König, dem Prinz von Neapel,
Marineminister und den Spitzen der Civil-
Militärbehörden empfangen worden. Am Bahnhof
war eine Ehren-Compagnie aufgestellt. Der König
und der Prinz umarmten einander wiederholt. Nach
Abschreiten der Ehren-Kompagnie bestiegen der König
und der Prinz die Jacht „Savoya", welche nach
Mitternacht den Golf verließ. Bei Abfahrt in-
tonirte die Musik die italalienische und die preußische
Hymne.
Amsterdam, 17. Aug. Theilnehmer an einer
Sozialistenvcrsammlung sammelten sich
vor dem Hause eines Abgeordneten. Die Polizei
schritt ein, die Menge warf mit Steinen, die
Polizei zog blank. Ein Wachtmeister und mehrere
Lärmer wurden verwundet.

Deutsches Reich.
Berlin, 17. August.
— Der russische Finanzminister Witte hat die
gegen deutsche Waaren ergriffenen Zollmaß-
regeln in einer Denkschrift zu rechtfertigen gesucht,
die von den russischen Blättern veröffentlicht wird.
Auf den Inhalt dieser Denkschrift hier näher ein-
zugehen erscheint nicht nöthig, da die Auffassung
der russischen Regierung hinreichend bekannt ist.
Es muß abgewartet werden, in welcher Zeit diese
russische Auffassung, die sich auf die Voraussetzung
der angeblichen Abhängigkeit Deutschlands von der
russischen Zollpolitik ausbaut, von dem Verlaufe des
Zollkrieges berichtigt wird. In der öffentlichen
Meinung Rußlands scheinen die Ansichten über die
Denkschrift des Herrn v. Witte getheilt zu sein.
Nach einem Berliner Privattelegramm des „Berl.
Börsen-Couriers" soll die Denkschrift des rus-
sischen Finanzministers allerdings in Rußland
einen sebr günstigen Eindruck gemacht und die
Siegeszuversicht bezüglich des gegen Deutschland er-
öffneten Zollkrieges erhöht haben. Dagegen schreibt
der „Kjewlanin": „Es ist schwer, die Verluste
zu berechnen, die der russische Ackerbau infolge des
Zollkrieges erleiden wird, doch sie werden jedenfalls
Millionen betragen. Da die Gutsbesitzer und
Bauern nicht warten können, so steht uns wahr-
scheinlich ein enormer Preisfall auf Getreide bevor,
vielleicht sogar eine Panik. Wir können nicht
umhin zu bemerken, daß die Einführung des er-
höhten Tarifs und die Herausforderung Deutsch-
lands zum Zollkampf in einem solchen Moment
(wo die Landwirthe des Erlöses von ihrem Getreide
bedürfen) unsererseits als ein großer finanzieller
Fehler erscheint."
— Der Bund der Landwirthe veran-
staltet in den Reihen seiner Mitglieder gegenwärtig
Erhebungen darüber, welche Verluste sie in den
letzten fünf Jahren durch die Erkrankung des in
ihrem Besitze befindlichen Viehes an Maul- und
Klauenseuche erlitten haben. Diese Ermittelungen
hängen anscheinend mit dem vom preußischen Mini-
sterium für Landwirthschaft seit einiger Zeit ver-
folgten Plane einer obligatorischen Viehversicherung
zusammen.
— In einer Versammlung der Anar-
chisten und Unabhängigen, die von etwa 2000

Quittung über 20 Mk. den Steuerdruck viel em-
pfindlicher fühlen, als der große Geschäftstreibende,
welcher über Hunderte und Tausende quittirt.
Zu alledem kommt noch die Belästigung, welche
aus der technischen Handhabung des Gesetzes ent-
springt, welches den kleinsten Gewerbetreibenden
zwingt, täglich Stempelmarken zu benutzen, und
welches dergestalt für ihn eine Wiederholung des
Klebegesetzes in zweiter Auflage bildet. Wenn
anders man nicht von vornherein eine Prämie auf
das Mogeln setzen will, wird man die Ausführung
des Gesetzes mit allen möglichen Kontrolmaßregeln
begleiten müssen, welche für jeden Geschäftsmann
sich in der lästigsten Weise fühlbar machen werden.

JnsertionSprelsr
die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum 5 Pfg»,
iür auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt.

* Die Luittungssteuer.
. Zu denjenigen Steuerprojekten, über welche nach
Mittheilungen der Presse auf der Frankfurter
^isterkonferenz eine Einigung erzielt sein soll,
in erster Linie auch die Ouittungssteuer.
,'sies Steuerprojekt ist als solches auch in Deutsch-
nicht neu. Schon in dem Entwurf eines
.h^wpelsteucrgesetzes, wie es im Jahre 1890 und
^rin im Jahre 1881 dem Reichstage vorlag, war
Besteuerung der Rechnungen resp. Quittungen
-^gesehen. Die damalige Vorlage forderte von
Schriftstücke, „in welchem der Empfang einer
Esiung oder die vollständige oder theilweise Be-
'^.Ung des Verpflichteten von einer auf Zahlung
Achteten Verbindlichkeit bescheinigt oder anerkannt
9^, ohne Unterschied, ob die Verpflichtung Baar-
Wung, durch Hingabe von Wechseln, Werthpapieren
andern Gegenständen, durch Gegenrechnung
'n anderer Art erfüllt oder ob sie noch uner-
sisiül geblieben ist", einen Stempel von 10 Pfennig.
Ier Betrag, welchen man durch diese Steuer auf-
bringen hoffte, belief sich auf 20 Millionen Mark.
. An die damalige Vorlage knüpft insofern eine
pressante Erinnerung, als ihre Berathung im
s^undesrath den Anstoß für die Einreichung eines
lxlltlassungsgesuches des Fürsten Bismarck lieferte.
^Zr Bundesrathsausschuß hatte auch die Stempel-
rsiichtigkeit von Postanweisungen beschlossen, welche
später auf Betreiben des Vertreters des Reichspost-
^wts im Plenum des Bundesraths wieder abge-
tönt wurde. Fürst Bismarck engagirte sich damals
sehr für den Beschluß des Bundesrathsausschusses,
er in Folge der Neberstimmung im Plenum zu
Auskunftsmittel griff, ein Entlassungsgesuch
^Zureichen und so den Bundesrath zu bewegen,
er seinen früheren Beschluß wieder umstieß.
Der Gesetzentwurf der Regierung fand, soweit
sich auf die Ouittungssteuer erstreckte, im Jahre
5^80 im Reichstage einmüthige Verurtheilung. Die
Oiegierung selbst machte sich aus einer solchen un-
günstigen Beurtheilung von vornherein kein Hehl,
sine der damalige Vertreter des Reichsschatzamts,
Herr Scholz, in seinen befürwortenden Ausfüh-
rungen bei der ersten Berathung im April 1880
ausdrücklich hervorhob.
Wie komplizirt und für den gewöhnlichen
Würger schwer zu handhaben ein solches Quittungs-
sieuergesetz aussieht, dafür bildet auch der Entwurf
aus dem Jahre 1880 den besten Beweis. In dem-
selben waren nicht weniger als 28 Ausnahmen von
der Regel konstatirt, indem jede Kategorie von Aus-
nahmen wieder eine Reihe von Unterabtheilungen
s" sich begriff. Sodann aber bildet eine Quittungs-
sieuer eine Prämie auf die Unordentlichkeit, indem
sie viele Leute in die Versuchung bringt, von ihrer
Gewohnheit, sich über geleistete Beträge eine Quit-
tung ausstellen zu lassen, aus Ersparnißrücksichten
abzugehcn. Endlich aber belästigt eine solche Steuer
besonders den kleinen Gewerbetreibenden, welcher
hsute ohnehin schon durch die Abneigung des Pub-
tikums gegen sofortige Baarzahlung empfindlich ge-
schädigt wird. Er wird bei Ausstellung einer

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Expedition: Kauptftraße Mr. 25.

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Abonnementspreis r
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! §_vierteljährlich 90 Pfennig ohne Bestellgeld.

Kine öunkl'e Ghat.
Roman von P. E. von Ar eg.
(Fortsetzung.)
Mit diesem letzten Bescheide mußte Grünow sich
widerwillig Zwar und grollend trennen. Aber
wie war Grünow ersreut, daß er auf einer sol-
chen Trennung bestanden hatte, als ihm wenige
Tage später, nachdem er in seinem neuen Domi-
zil eingetroffen, der Steckbrief vor die Augen
kam, mit dem das Landgericht den muthmaß-
^chen Mörder Wienbrands versolgte. Er wußte
ja gut genug, der Mann war brauchbar und
hatte ihm schon Dienste geleistet, die er von einem
Anderen zu verlangen wohl ernstes Bedenken ge-
tragen hätte, aber unter seiner klugen und vor-
sichtigen Leitung war es niemals so weit ge-
kommen, daß aus der Durchführung seiner Pläne
ein Konflikt mit den Behörden entstanden wäre.
Hatte also jetzt, wie es schien, Klotze auf eigene
Hand operirt, so mochte er auch die Folgen
davon tragen. Er war ihn vorläufig los, denn
es war doch nicht zu erwarten, daß jener so
Unvorsichtig sein würde, seinen Aufenthalt in der
Hasenstadt selbst zu wählen und sich damit in
den Rachen des Löwen direkt zu begeben. Diese
Annahme schien sich in der That zu bestätigen;
in den ersten zehn Tagen war von August Klotze
nicht das Geringste zu bemerken. Als aber Gru-
Now in der Nacht des elften Tages nach seiner
Wohnung in der Altstadt zurückkehrte, wurde er
in der Nähe derselben beim spärlichen Schein der

wenigen noch brennenden Gaslampcn von einem
Manne eingeholt, in dem er zu seinem großen
Erstaunen den steckbrieflich Verfolgten er-
kannte.
Es war ganz unmöglich, ein Zusammentreffen
zu vermeiden, das erkannte Grünow aus den
ersten Blick; das Einzige, was gethan werden
konnte, war, dieses unangenehme, ja möglicher-
weise gefahrdrohende Begegniß auf offener Straße
so rasch vorübergehen zu lassen, daß niemands
Aufmerksamkeit dadurch erregt würde.
Grnuow blieb deshalb stehen und erwartete
den Nahenden.
„Was willst Du, August?" fragte er in kei-
neswegs freundlichem Tone.
„Ich muß Sie sprechen, Herr!" antwortete
der Mann finster.
„Dazu ist hier weder Ort noch Zeit!" lautete
die Entgegnung. „Komm morgen früh in meine
Wohnung, die Du bereits ausgekundschaftet zu
haben scheinst."
„Sie wissen so gut, wie ich, daß das unmög-
lich ist," erwiderte der Mann. „Sie sind mir
auf den Fersen und ich habe nicht Lust mich er-
wischen zu lassen. Lassen Sie mich also gleich-
zeitig mit Ihnen eintreten oder . ."
Seine Stimme hatte bei dem Schlußworte
einen drohenden Klang. Grnnow zog die Stirne
finster zusammen und fragte:
„Oder?"
August antwortete nicht und das schien seinem
Partner zu gefallen. Er sah, daß er die Ober-
hand hatte, er hatte ihm imponirt. Durchdrungen
von dieser Ueberzeugung faßte er seinen Entschluß.

„Komm!" sagte er kurz.
Sie legten rasch die wenigen Schritte bis zur
Hausthür zurück. Die Straße war öde und leer.
Niemand ging vorüber, der die Beiden miteinan-
der hätte sehen können.
Grünow schloß die Hausthür hinter sich zu.
Erst als sie im Wohnzimmer angekommen waren,
machte er Licht und betrachtete nun beim Lampen-
schein seinen Begleiter, der sich auf einem Stuhl
in der Nähe der Thür niedergesetzt hatte. Der
Mann sah verkommen und abgehärmt aus. Sein
Auge lag tief und war mit Rändern umgeben,
was die Häßlichkeit noch Wester hervortreten ließ.
Er hatte offenbar in den letzten Wochen gedarbt
und die Angst und Sorge vor einer Verhaftung
durch die Polizei hatte ihm übel mitgespielt. Aber
noch immer lag ein trotziger und tückischer Zug
um seinen Mund.
Der Besitzer des Gemaches sah das Alles,
ohne ein Wort darüber zu verlieren. Sein Auge
verweilte geraume Zeit auf dem vor ihm Sitzen-
den. Und als er diese Betrachtung beendet hatte,
legte er ruhig Hut und Ueberrock ab, trat jenem
einen Schritt näher und sagte kurz:
„Rede jetzt! Was soll sein?"
„Ich will fort, Herr", erwiderte der Andere.
„Das Pflaster ist mir zu heiß geworden. Sie
mußten natürlich von meiner Absicht wissen; denn
von Ihnen muß ich das Geld haben, dessen ich
bedarf."
„Und wenn ich mich weigern sollte, es zu
geben, was dann?"
„Ich habe Dinge auszuplaudern, die Man-
chem unangenehm sein würden, und ich werde

nicht schweigen, wenn mir der Kopf in der
Schlinge steckt."
„Mit Drohungen schreckst Du mich nicht.
Ich habe mich vorgesehen für alle Fülle. Wenn
Du schwatzest, wirst Du Dich selbst um den Kopf
bringen, nicht mich."
Der Andere stand auf.
„Dann will ich mich morgen der Polizei
stellen."
Eine ziemlich lange Pause folgte diesen
Worten. Vielleicht wollte Grünow durch sein
Schweigen seinen Unglauben an das zu erkennen
geben, was der Andere gesagt hatte. Sie blickten
sich beide voll ins Gesicht, als ob jeder versuchen
möchte, die Gedanken des Anderen aus seinen
Mienen herauszulesen.
Endlich sagte Grünow:
„Es giebt ein Mittel, Dich noch einmal in
den Besitz von tausend Thalern zu setzen. In
Wienbrands Schreibtische liegt ein Packet, das
Du mir holen mußt. Dann sind tausend Thaler
Dein."
„Ich gehe."
„Nein, heute nicht! Warte bis der rechte
Augenblick gekommen ist. Ich werde ihn Dir
bezeichnen. Und hier sind hundert Mark
Vorschuß, um Dir das Warten zu ver-
süßen."
Er gab ihm die Summe und geleitete
seinen Besuch, indem er ihn auf der dunklen
Treppe wieder am Arm faßte, bis zur
Hausthür, die er hinter dem Hinaustretenden
abschloß.
 
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