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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

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No. 241 - No. 250 (12. Oktober - 23. Oktober)
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Ich

ich bin durchaus noch

188S

Soll ich Dir einen
an meinen Bankier

weder Verwandte, noch ein Heim und deshalb
liebe Tante Folliot habe ich sie zu Dir hergebracht."
„Eine Abenteuerin. Nichts weiter als eine
kluge, durchriebene Abenteuerin!" rief Lady Folliot
aus. „Dieses Geschöpf hat dich betrogen, Lion.
Ich kann sie nicht in meinem Hause empfangen.
Du mußt sie augenblicklich sortschicken. Sie ist
irgend ein kühnes, verwegenes Frauenzimmer, das
sich in Dein hübsches Gesicht verliebt hat, Dich
für reich hält und gerne Lady Charlton werden
mochte."
„Tante Folliot, Du irrst Dich. Sie ist ein
edles, reines, holdseliges Mädchen und schön wie
eine himmlische Erscheinung. Sie ist von edler
Geburt und besitzt ein großes Vermögen. Sie ist
eine Waise. Ich war überzeugt, daß Du ihr
Deine Arme öffnen würdest."
„Lionel, Deine Einfalt ist geradezu unglaub-
lich. Diese Person ist eine jener Abenteuerinnen,
von denen wir täglich in den Zeitungen lesen.
Ich weigere mich, sie zu sehen. Du mußt sie
augenblicklich fortschicken."
„Ganz gut, Tante Folliot," sagte Sir Lionel
aufstehend, während sein hübsches Gesicht sich ver-
finsterte. „Sie soll augenblicklich gehen, aber ich
werde mit ihr gehen. Unglücklicherweise habe ich,
voraussetzend, daß Du meine Freundin in Deinem
Hause willkommen heißen würdest, den Wagen,
in dem wir hierher gekommen sind, fortgeschickt.
Wenn Du also einen Wagen anspaunen lassen
willst, der uns sofort nach Spalding bringt, will
ich Dich nicht länger anfhalten."
Er verneigte sich höflich und schritt auf die
Thür zu.

Schlaf-
ner für

bringen. Etwas Unterhaltung wird Nerea sehr
angenehm sein."
Die Baronin war eben im Begriff zu läuten,
um den Befehl zu geben, gewisse Zimmer für
Sir Lionels Freund in Stand zu setzen, als der
junge Mann sie am Arme zurückhielt.
„Laß mich Dir erst die ganze Geschichte er-
zählen, Tante Folliot," rief er. „Ich habe Dir
etwas zu erzähle«, erstens ist der Freund, den
ich nach Folliot Court zu bringen mir erlaubt
habe, und für den ich mir Deine Gastfreundschaft
und Güte erbat — eine junge Dame."
Die Baronin fuhr erschrocken zurück.
„Eine junge Dame!" wiederholte sie.
„Ja, Tante Folliot, das schönste junge Ge-
schöpf, das Du je gesehen hast," rief Sir Lionet
mit Begeisterung. „Sie ist kaum zwanzig Jahre
alt, eine vollendete Dame, ebenso rein, lieblich
und sanft wie ein Engel. Du darfst sie nur
sehen, um sie zu lieben —"
„Ist dieses wunderbare Wesen eine alte
Freundin von Dir, Lionel?" fragte Lady Folliot
etwas kalt. „Als Du vor einem Monat hier
warst, sagtest Du nichts von ihr. Sie muß
eine neue Bekanntschaft sein."
„Ich habe sie vorgestern zum ersten Male
in meinem Leben gesehen," sagte der Baronet.
„Es war in Oxfordstreet am Abend."
„Sie floh die Straße entlang, verfolgt von
einem Manne, welchen ich niederschlug. Ich be-
gleitete sie in ihre Wohnung, besuchte sie anderen
Morgens daselbst und fand sie im Begriffe, neuer-
dings vor ihrem Feinde zu flüchten, der ihren
Aufenthalt ausfindig gemacht hatte. Sie hat

W
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ement.
mda.
ten-

sich dicht neben Lionel setzend und seine Hand
ergreifend. „Brauchst Du Geld? Und hast Du
Dich endlich dazu entschlossen, einmal eine Peku-
niäre Gefälligkeit von mir anzunehmen? Mein
lieber Junge, ich habe es Dir schon hundertmal
gesagt — meine Börse steht Dir offen. Ich habe
wiederholt in Dich gedrungen, über meine Geld-
mittel zu verfügen, als ob es die Deinigen
wären, aber Du warst ungemein hartnäckig und
halsstarrig in Deiner Unabhängigkeit, das kannst
Du nicht leugnen, Lion,
unbeschränkten Kreditbrief
geben?"
„Nein, Tante Folliot,
nicht bereit, meine halsstarrige Unabhängigkeit,
wie Du es nennst, aufzugeben," erklärte der junge
Gentlemann. „Bei meinen einfachen Gewohn-
heiten finde ich mein Einkommen von vierhundert
Pfund jährlich für meine Bedürfnisse vollkommen
genügend.
Ich brauche keine pekuniäre Hilfe; aber ich
bitte Dich um Deine gütige Aufnahme und Gast-
freundschaft für ein mir befreundetes Wesen, das
ich nach Folliot Court zu bringen mir erlaubt
habe."
„Jeder Deiner Freunde ist hier willkommen,
Lion," sagte Lady Folliot. „Ist Dein Freund
im Salon unten?"
Der Baron erwiderte bejahend.
„Ich werde läuten und den Befehl geben,
daß neben Dir Zimmer in Bereitschaft gesetzt
werden," — sagte die Baronin. „Ich freue
mich sehr, mein Junge, daß Du Dich hier hei-
misch genug fühlst, um einen Freund mitzu-

. Pers.
Zubeh.
Z- los.
öalkon-
1-Jan
u- Z-
st- sof-

Die Jagd nach einer Erbin.
Roman von Hermine Frankenstein.
28) (Fortsetzung.)
„Setze Dich, Lion," sagte sie. „Wann hast
Du Herefordshire verlassen?"
„Am Montag," erwiderte Sir Lionel,
vin seither in London gewesen."
„Ich kam gestern aus der Stadt zurück,"
tagte Lady Folliot. „Ich wollte, ich hätte ge-
mußt, daß Du dort warst. Du hättest mit uns
kommen müssen, Lion."
„Hast Du Gäste?" fragte der Baronet rasch.
„Fräulein Bermyugham — Nerea — ist ge-
kommen," sagte Lady Folliot und ihr Gesicht ver-
klärte sich freudig.
„Sie telegraphierte mir von London, daß sie
'M Hotel Langham abgestiegen sei. Natürlich
reiste ich sogleich zu ihr und brachte sie gestern
Mit nach Hause. Du wirst sie beim Speisen
sehen. Sie ist sehr hübsch, Lion, sehr hübsch
Und sehr lieblich und hat ein reizendes, kindlich
Unschuldiges Benehmen. Sie ist sanft und schmieg-
sam — ein Geschöpf, geschaffen, um gehätschelt
Und geliebt zu werden."
Der Baron lächelte über Lady Folliot's Be-
geisterung.
„Ich werde mich freuen, Fräulein Bermyng-
ham zu sehen," sagte er, „aber ich habe Dir
etwas zu sagen, Tante Folliot, was ich Dir
gerne sogleich sagen möchte. Es ist von Wich-
tigkeit."
„Nun, was ist's, Lion?" fragte die Baronin,

Donnerstag, IS. Oktober 1883.

Nummer 247.

Anzeiger

General

für Heidelberg und Umgegend

Expedition: Kauptstrnße Wr. 2S.

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Deutsches Reich.
Berlin, 18. Oktober.
— Nachdem der Reichskanzler nunmehr eben-
falls vom Urlaub zurückgekehrt ist und alle lei-
tenden Persönlichkeiten wieder hier anwesend sind,
ist der endgiltige Beschluß über den Tag der Ein-
berufung des Reichstages binnen Kurzem zu
erwarten. Es steht bereits fest, daß der Kaiser
die neue, schon wegen der geplanten Neichsfinanz-
reform bedeutungsvolle Tagung persönlich eröffnen

Ausland.
Paris, 18. Okt. Die Blätter widmen Mac
Mahon Nachrufe: die öffentliche Meinung be-
wahrte ihm ihre Hochachtung bis zum letzten Augen-
blicke, sie ehrte in Mac Mahon stets den ritter-
lichen Soldaten und maß ihm weder Schuld an
den Niederlagen von 1870 noch an der , Politik
bei, der er später präsidirte. Sein Tod 'bedeute
eine herbe Trübung der Festtage.
Paris, 18. Okt. Alle russischen Offiziere
wurden zu Rittern der Ehrenlegion ernannt,

Wirkung einer erhöhten Steuer in gänzlich ver-
änderter Form nicht sorgfältig genug geprüft
werden können.
— Die erste Lesung des Zolltarifs
zwischen Deutschland und Rußland ist
durch die Unterhändler jetzt beendet. Es liegt kein
Definitivum vor, sondern es sind nur die gegenseitigen
vorläufigen Forderungen und Anerbietungen for-
muliert worden. Die zweite entscheidende Lesung
beginnt in den letzten Tagen.
— In einer Versammlung von über 2000
Personen sprach gestern Abend der bekannte Theo-
logie-Kandidat Theodor von Wächter über Christen-
thum und Sozialdemokratie. Das Bureau
war aus Sozialdemokraten gebildet; viele Mit-
glieder des evangelisch-sozialen Kongresses, wie Göhre,
die Pastoren Schall und Naumann-Frankfurt und
Christlich-Soziale waren anwesend. Wächter ver-
trat seinen bekannten Standpunkt, wonach er als
Sozialdemokrat in her Partei für das Christcn-
thuin wirken zu können glaubt. Er erntete
stürmischen Beifall. Egydi erkannte die Hochherzig-
keit der Gesinnung des Redners an, bezeichnete ihn
aber als othodorett Fanatiker, der auch die Sozial-
demokratie als ein orthodoxes Dogma auffasse.
Eine dann folgende Kritik der Sozialdemokratie,
die Egydi mit seinem Bekenntniß zur Monarchie
schloß, entfesselte starken Widerspruch und Beifall.
Pfarrer Naumann, von seinen Freunden mit
stürmischem Beifall begrüßt, vertheidigte die soziale
Mission der evangelischen Kirche gegen die Sozial-
demokratie; diesen Rednern trat der sozialdemokra-
tische Abgeordnete Voigtherr entgegen. In später
Nachtstunde wurde die Versammlung vertagt, weil
noch 18 Redner angemeldet waren. Schließlich ent-
stand noch großer Lärm, weil man sich über die
Verwendung der Tellersammlimg nicht einigen
konnte.
Kiel, 18. Okt. In der Spionageaffaire gegen
die beiden hier verhafteten Franzosen ist nach
neuerer Meldung die Voruntersuchung soweit abge-
schlossen, daß die Untersuchungsakten schon in den
nächsten Tagen der Oberreichsanwaltschaft zur
weiteren Veranlassung werden zugestellt werden
können. Die Erbebung der Anklage sei un-
zweifelhaft.

wird. Wie man weiter erfährt, sind die Steuer-
vorlagen bereits so weit gefördert, daß deren Ein-
bringung in den Bundesrath noch im Laufe dieses
Monats gewiß ist. Die Finanzminister dw deut-
deutschen Bundesstaaten dürften sich vollzählig zu
den Beratungen des Bundesraths über die Steuer-
vorlagen einfinden, sie werden auch bei der ersten
Lesung derselben im Reichstage und bei den späteren
Verhandlungen dieser Körperschaft anwesend sein.
Die Vertretung derselben vor dem Reichstage
werden zwar in erster Linie der Reichsschatzsekretär
und der preußische Finanzminister übernehmen.
Doch erwartet man, daß die Finanzminister der
größeren Bundesstaaten sich an den Erörterungen
in ähnlicher Weise betheiligen werden, wie dies
seitens der Kriegsminister Bayerns, Sachsens und
Württembergs bei den Bcrathungen über dieMili-
täroorlage geschehen ist. Es läßt sich bereits jetzt
voraussehen, daß sich der Hauptkampf um die
Tabakfabrikatsteuer drehen wird, Heren große sozial-
politische Bedeutung gerade dieser Vorlage eine
ganz besondere Tragweite verleiht.
— Das Reichsschatzamt läßt in der „Köln.
Ztg." offiziös versichern, der jetzt abgeschlossene
Entwurf des N e i ch s m ar i n e e ta ts für das
nächste Jahr überschreite keineswegs die Höhe des
für das laufende Jahr bewilligten Marineetats,
bleibe im Gegentheil nicht unerheblich gegen diese
Sätze zurück. Ueberhaupt trete das Reichsschatzamt
mit außerordentlicher Strenge allen Mehrforderungen
der einzelnen Rcichsämter entgegen und streiche die-
selben unerbittlich in dem neuen Etatsentwurf, der
in sehr weitgehender Weise der jetzigen schlechten
Finanzlage des Reiches Rechnung trage.
— Von offiziöser Seite ist bisher der größte
Nachdruck auf den Umstand gelegt worden, daß
die deutsche Tabaksteuer bisher gegen diejenige in
andern großen Ländern erheblich zurückgeblieben
sei. Dem gegenüber ist von anderen Seiten immer
nur im Allgemeinen betont worden, daß auch in
Deutschland weit mehr Arbeiter als irgend sonst-
wo in Europa von der Tabakfabrikation leben.
Es ist aber von Werth, in dieser Hinsicht be-
stimmte Zahlen beizubriugen. Nach der letzten,
von den bekannten Nationalökonomen Professor
Cicalek und Karl von Scherzer aufgestellten Fabrik-
und Arbeiterstatistik gibt es gegenwärtig in
Spanien 8 Tabakfabriken mit rund 8000 Ar-
beitern, in Frankreich 19 Fabriken mit 18 000
Arbeitern, in England 430 Fabriken mit 13 000
in Oesterreich-Ungarn 38 Fabriken mit 56 700
Arbeitern, im Deutschen Reiche dagegen 15 000
Fabriken, die 136 000 Arbeiter beschäftigen. Es
handelt sich also für uns um eine so blühende
Industrie, wie sie kein anderer europäischer Kultur-
staat auf demselben Gebiete gegenwärtig besitzt.
Da wird denn allerdings die voraussichtliche

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holung entsprechender Rabatt-

Oktober 1813 - Oktober 1883.
„Gegen 1 Uhr am 18. Okt. hielten die Mo-
narchen von Preußen und Rußland ihren Einzug
'N Leipzig unter dem begeisterten Jubel der Be-
elterung." 80 Jahre sind seit diesem Moment
^flössen — es war der Schluß jenes furchtbaren
Kampfes, in dem die verbündeten Herrscher von
Preußen, Oesterreich und Rußland die sieg-
gewohnten Schaaren des korsischen Erorberers zu
^aden warfen — der „Völkerschlacht bei Leip-
^g." Fern im Norden starrten die brandge-
lchwärzten Ruinen des „goldkuppeligen Moskau",
dessen Flammenmeer das Fanal für die Befreiung
Europas von der übermüthigen Gewaltherrschaft der
»ranzosen gewesen war, in die Lüfte, und in treuer
Waffenbrüderschaft vollendeten die „Alliirte.i" bei
Leipzig das Werk, das Rußland in heroischer Selbst-
aufopferung durch die Zerstörung seiner altgeheilig-
kn Hauptstadt begonnen. Am 18. Oktober 1813
donnerten die Kanonen unablässig und in heißem
Ningen maßen die Russen an der Seite ihrer Ver-
bündeten ihre Kräfte mit den tapferen Soldaten
Napoleons.
Auch am 18. Okt. dieses Jahres erschütterte das
Krachen der Geschütze die Luft. Aber nicht im feind-
Uchen Ringen der Völker, nicht im männermorden-
dan Kampfe blitzen die Schüsse auf — sie geben
niedliche Kunde von Freudenfesten und Verbrüde-
vungslaumel. Wieder stehen Franzosen und Russen
einander gegenüber, aber nicht als Gegner, sondern
uls „weue Freunde", die sich zusammengefunden
haben gegen die Verbündeten Rußlands von Leipzig
her. Das „goldkuppelige Moskau" ist längst wieder
aus der Asche erstanden, es ist wieder das „Herz
Nußlands", das nach dem Zeugniß russischer Blätter
"beständig für die Einigung Rußlands und Frank-
reichs betet."
Achtzig Jahre sind eine" lange Zeit — nur wenig
bevorzugten Menschen ist es gegönnt, es auf eine
solche Höhe des Lebens zu bringen, und auch im
Leben der Völker bilden 80 Jahre eine lange Zeit.
Dafür Liefert der 18. Oktober dieses Jahres beredtes
Zeuzniß. Was hat sich nicht geändert seit dem
18. Oktober des Jahres 1813 im Europa, in der
^Lelt! Wie grundverschieden zeigt sich der 80. Jahres-

tag jenes bedeutsamen 18. Okt. dem Auge des Be-
obachters ! Und sollte man nicht datnit zufrieden sein,
daß statt des Donnerns der Kanonen in heißer,
blutiger Feldschlacht heute nur Fceudenschüsse auf-
blitzen — Schüsse, die Niemand verwunden und
kein Leid über trostlose Eltern, weinende Wittwen
und Waisen bringen? Gewiß wenn es nur so
wäre! Aber die Freudenschüsse, die heute ganz
Frankreich durchtönen, sie sind mit nichten höhere
Boten des Friedens — sie sind da.s Wetterleuchten
zukünftiger Schlachten-Gewitter, welche verheerender
als alle früheren die Fluren Europas überbrauscn
sollen. So ist wenigstens die Absicht derer, welche
mit jubelnder Begeisterung und trunkenem Freuden-
taumel sich an dem russisch-französischen Verbrüde-
rungsfeste berauschen. Ob diese Absicht zur Wahr-
heit werden wird? Fest und sicher gerüstet, Gewehr
bei Fuß, schauen die deutschen „Alliirten" von da-
mals, schauen die Völker, denen gleich Deutschland
und Oesterreich die Völkerschlacht bei Leipzig Be-
freiung von den eisernen Ketten der Fremdherr-
schaft gebracht, kühl beobachtend dem Jubel von
Toulon und Paris zu — starke, wohlbewehrte Hüter
des Friedens, den sie mit eherner Schutzwehr um-
geben. Wer wird es in frevlem Uebermuth wagen,
diese Wehr zu durchbrechen?
Aber noch eine andere Erwägung drängt sich
uns am heutigen Tage auf. Vor 80 Iahten wurde
Frankreich besiegt und niedergeworfen nach tapferem,
zähem Widerstande, nach einem Kampfe, in dem
wohl die Uebermacht und der Uebermuth der Be-
siegten dahinschwand, aus dem aber die kriegerische
und nationale Ehre Frankreichs ohne Makel cheroor-
gi^g» Und heute? Um wie viel glänzender stellt
sich das Bild dar, das Frankreich heute bietet —
aber es ist nur äußerlich — nur Scheinglanz!
Frankreich wurde am 18. Oktober 1813 von seinen
Feinden gebeugt und gedemüthigt — heute beugt
und demütbigt cs sich selbst vor seinen Freunden!
Wohl mag bei dem Gedanken des 18. Oktobers
das heiße Blut französischer Patrioten aufwallen
in Erbitterung und Rachegefühl — aber die Röthe,
die ihnen die Wangen färbt — ist sie nicht die
Röche der Scham ob der Erniedrigung, mit der die
„große Nation" in ihrem unwürdigen Russenkultus
heute freiwillig sich selbst die Ehre befleckt?

FsttrVtihieend
werden von allen Postanstalten, Landbriefträgern,
""seren Agenten und Trägerinnen Abonnements
entgegengenommen.

rcr für
-t. Kost
! möbl.
öbl. Z.
2-Stck.
immer,
öbl. Z.
>l., sof.
t möbl-
m. Z.
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st, sucht
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Logis

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