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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

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No. 241 - No. 250 (12. Oktober - 23. Oktober)
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Freitag, 2V. Oktober 1893.

Nummer 248.


Gene
Abonnementspreis r
Ait 8scitigem iüugrirtem Sonutagsblatt: monatlich 1
"5 Pfennig frei in'S Haus, durch die Post bezogen I
vierteljährlich SO Pfennig ohne Bestellgeld.

Expedition: Kcruptktrcrtze Wr. 25.


für Heidelberg nnd Umgegend
(Mürger-Ieitung).

--— >— . »
Jnsertionöpreiör
die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum 8 Pfg.,
für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt.
*————-—————'»
Erpedition: Kauptstrcrße Wr. 25.

belesenstes Blntt in Stadt n. Aint Heidelberg nnd Ltnrgegeird.

Telephon-Anschluß Nr. 102. -WU


Gvösztei? Lrsslg snrr Insevnte.

werden von allen Postanstalten, Landbriesträgern,
^scren 'Agenten und Trägerinnen Abonnements
entgegengenommen.

Hur Nachahmung dringend empfohlen!
Unsere Verkehrscinrichtungen kranken bekannt-
bch an einem großen Nachtheil, nämlich dem, daß
sie zu theuer sind, wodurch ihre Wohlthaten nur
Uniner einem beschränkten Kreise, dem der Besitzen-
de, zu Gute kommen. Daß die Personen-
tarife auf unseren Eisenbahnen viel zu hoch sind,
darüber ist sich das Publikum längst klar geworden.
Das Kapitel vom „Zonentarif" ist in den letzten
Jahren so oft und so eingehend behandelt worden,
daß wir es wohl nicht wieder aufzurollen brauchen.
Dagegen möchten wir die Aufmerksamkeit unserer
Aerkehrsbehörden auf eine geradezu epochemachende
Tarif-Reform lenken, die eben in Belgien ein-
Zefübrt worden ist.
Seit Io. Juni werden nämlich dort Abonne-
^entsbillets für das gesammte Staatsbahnnctz aus-
Legeben. Das wäre nun nichts besonderes. Das
Hervorragende an der Sache ist der Umstand, daß
diese Abonnementsbillets zu einem äußerst billigen
Preiße zu haben sind.
Da sind zuerst die halbmonatlichen Dauer-
karten. Der Inhaber einer solchen kann 15 Tage
hindurch, so lange und so oft er will, das ganze
k-'and nach allen Himmlsrichtungen durchfahren.
Der Preis dieser Abonnementsbillets für 15 Tage
beträgt: Für die 3. Klasse: 20 Mk., für die 2.
blasse: 30.40 Mk. für 1. Klasse: 40 Mk.
Man kann in Belgien aber nicht blos für fünf-
zehn Tage, sondern auch für längere Zeit Abonne-
fAntsbillets für das ganze Staatsbahnnetz erhalten.
Hei diesen tritt eine noch weitergehende Ermäßigung
als bei den 15-tägigen Billets. Ein Jahres-
dillet 3. Klasse würde unter Zugrundlegung des
Preises der letzteren 480 Mk. kosten müssen, stellt
sich in Wirklichkeit aber nur auf 320 Mk. Somit
kann man in Belgien also mit der 15-tägigen
Dauerkarte für durchschnittlich 1.33 Mk. pro Tag
^Nd mit der Jahreskarte für 87 Pfg. pro Tagaus
dem ganzen Staatsbahnnetz reisen, so weit man
bull, u.id seien es auch 1000 Kilometer täglich,
lür 87 Pfennige! Da fehlt in der That nicht
Aehr so viel — und der fromme Wunsch der So-
zialisten nach völlig freier Eisenbahnfahrt für Jeder-
mann wäre verwirklicht!

Welche ungeheuere Bedeutung die neuen Abonne-
ments-Billets in Belgien haben werden, das können
wir uns an einem einfachen Beispiele klar machen.
Nehmen wir einen Reisenden, der in Geschäften
etwa 20 belgische Städte an den verschiedensten
Enden des Landes besuchen will. Die Entfer-
nungen, welche er dabei zurückzulegcn hat, betragen
im Ganzen etwa 2000 Kilometer. Um diese Strecke
in 15 Tagen abzusahren, braucht man blos Morgens
und Abends 67 Kilometer zu machen, was ja in
aller Bequemlichkeit geschehen kann. Und wollte
Jemand zwei Mal am Tage je 150 Kilometer
fahren, was doch wahrhaftig auch keine besondere
Anstrengung und für einen Reisenden nichts Un-
geheuerliches wäre, so würde er in 15 Tagen schon
4500 Kilometer zurücklegen. Indessen, bleiben wir
bei 2000 Kilometer! Während der Reisende sich
früher mit vieler Mühe ein wenig vortheilhaftes
Rundreisebillet zusammenstellte oder mit gewöhn-
lichen Fahrkarten fuhr, weil es nicht auf allen
Strecken Schnellzüge gibt, so löst er sich jetzt, an
keine bestimmte Route lästig gebunden, ein 15-
tägiges Abonnementsbillet für das ganze Staats-
bahnnetz welches ihm sowohl 2000 wie 4500 Kilo-
meter zu fahren gestattet, ja, wenn er wollte, auch
10 000! Dieses kostet ihn 3. Klasse nur 20 Mk.!
Ein Rundreisebillet dagegen käme ihm für 2000
Kilometer auf 60 Mk, für 4500 Kilometer auf
135 Mk. und für 10 000 Kilometer auf 300
Mark zu stehen!
Das ist eine kühne Erneuerung, die tatsächlich
ein europäisches Ereigniß im Tarifwesen vorstellt.
Freilich, der Satz: „Gute Beispiele verderben
schlechte Sitten" wird sich auch hier nur allmählig
bewähren. Jedoch viele Tropfen höhlen den Stein
und der fortwährende Ansturm der öffentlichen
Meinung wird auch uns dereinst Eisenbahntarife
bringen, welche unsere Bahnen zu dem machen,
was sie sein sollen und müssen — ein Verkehrs-
mittel für das Volk.

Deutsches Reich.
Berlin, 19. Oktober.
— Zu den Berathungen, die in diesen Tagen
im Reichsschatzamt über die sog. Börsen st euer
stattgefunden haben, waren, wie die „Nordd. Allg.
Ztg." jetzt berichtigt, Sachverständige der Börse
nicht zugezogen.
— Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung"
wendet sich nochmals gegen den bevorstehenden
Rückgang des Tabakverbrauchs und hebt hervor,
die allerdings unbestreitbare Belastung des Tabaks
durch die Tabakfabrikatsteuer könne nicht als un-
gerechter Eingriff in das Erwerbsleben bezeichnet
werden, solange die Gegenstände des nothwendigen
Lebensbedarfs verhältnißmäßig stärker belastet
seien als der Tabak. Das Blatt weist ferner

an der Hand statistischer Daten wiederholt nach,
daß durch eine weit stärkere Belastung in anderen
Ländern keineswegs der vorausgesagte Rückgang
des Verbrauchs eingetreten sei. Daher seien auch
die bevorstehenden Arbeiterentlassungen übertrieben.
Je mehr man von allen Seiten auf Uebertreibungen
verzichte, um so leichter werde sich ein Weg finden
lassen, um die Belastung der Fabrikation und
Konsumenten auf ein möglichst geringes Maß
zurückzuführen.
— Der Ausschuß des Bundes der Land-
wirthe in Berlin hat unter Berufnug auf die Noth
der um ihre Existenz kämpfenden Landwirthschaft
eine Resolution angenommen, in der er die ver-
bündeten Regierungen auffordert, unter keinen Um-
ständen den Kornzoll gegen Rußland auf weniger
als 5 Mk. herabzusetzen, denselben aber noch zu
erhöhen, wenn eine Verschlechterung der russischen
Valuta eintreten sollte.
— In einer großen freisinnigen Wahlversamm-
lung des ersten Wahlkreises sprachen Träger,
Parisius, Hermes und Eugen Richter
über die Wahlen. Letzterer sehr versöhnlich und
die „Freisinnige Vereinigung" zum Verzicht auf
ihre Sonderbestrebungen in Berlin ermahnend.
— Die „Voss. Ztg." schreibt: Bezüglich des
Prozesses gegen den Lieutenant Hoffmeister
sei es noch nicht festgestellt, ob Hoffmeister nun-
mehr völlig freigesprochen sei. Die Heimlichkeit
der Verhandlungen lasse nur Vermuthungen zu.
Ausland.
Budapest, 19. Okt. Hier fand unter den
Studirenden der Universität ein rumänisch-slova-
kisches Verbrüderungsfest statt. Es wurden
Telegramme an die nationalistischen Märtyrer ge-
sandt. Anwesend waren zwar nur 80 Studirende,
doch wird dem Vorgänge eine symptomatische Be-
deutung beigelegt.
Paris, 19. Okt. Gestern Abend war Diner
und Ball im Marineministerium; es wurden nur
die konventionellen Toaste ausgebracht. Tausende
von Menschen füllten die Uno Rosals und den
Konkordien-Platz und acclamirten den Russen. Mäh-
end des Diners sang die Menge nach der aus der
Zeit des Boulangismus bekannten Melodie „O'ost
l'aäiniral gn'il norm kaut", bis Avellan auf dem
Balkon erschien und „Vivo la Uranos" rief.
Toulon, 19. Okt. Die russische Flotte segelt
von hier ins Adriatische Meer und wird in Häfen
von Montenegro und Griechenland vor Anker
gehen. Einen österreichischen Hafen besucht die
russische Flotte nicht.
Rom, 19. Okt. Ministerpräsident Giolitti
hielt gestern die bereits angekündigte Programm-
rede. Er erklärte: Die Ausgaben und Einnahmen
im Budget gleichzustellen, sei unerläßliche Pflicht
der Regierung. Er kündigte eine Erbschaftssteuer

und eine Einkommensteuer im Gesammtertrage
von 40 Millionen Lire an.
London, 19. Okt. Es verlautet, in der
nächsten Parlamentsfession werde die Homerule-
bill wieder zur Vorlegung kommen.
Belgrad, 10. Okt. Nach fünfmonatlicher
Abwesenheit ist der frühere Regent Ristic gestern
in Belgrad zu bleibendem Aufenthalte eingetroffen.
In einer heute mit ihm gehabten Unterredung er-
klärte er, er wolle sich vorläufig von der Politik
gänzlich fernhalten: doch halte er die Zeit nicht
mehr fern, wo der König zu der Einsicht gelangen
müsse, daß mit dem Programme und den Männern
des ersten April auf die Dauer Serbien nicht zu
regieren sei.

Aus WaH und Jern.
' Karlsruhe, 19. Okt. 'In der letzten Zeit
wurden mehrere falsche Fünfzigpfennigstücke mit dem
Münzzeichen und der Jahreszahl 1875 aus-
gegeben, die durch Guß aus Messing und Prägung
mit nachgemachten Stempeln hergestellt und durch
Amalgamirung mit Quecksilber weiß, gefärbt sind.
Die Falschstücke haben ein stumpfes, undeutliches
Gepräge, ungleiche Randgebunng und erheblich
leichteres Gewicht als die ächten Stücke; an der
Zahl 50 steht die Ziffer 5 nicht gerade, sondern
etwas schief. Der Großh. 1. Staatsanwalt Gruber
ersucht um Fahndung auf die Ausgeber falscher
Stücke.
* Bruchsal, 18. Okt. Eine unerfreuliche
Szene hat sich letzten Sonntag auf öffentlicher
Landstraße Ober-Rheinhausen abgespielt- In letzterem
Orte existirt eine durch Krankheit schwachsinnig ge-
wordene Frauensperson. Diese kam von der dor-
tigen Kapelle etwa 4 Uhr Nachmittags und wurde
am Ortseingang Rheinhausen von der männlichen
Dorfjugend aufgehalten, querfeldein gejagt und unter
Toben und Schimpfen verfolgt. Äeltere Personen,
welche die Bengel zur Unterlassung ibres Treibens
aufforderten, wurden geradezu verhöhnt. Da von
der Ortsbehörde Niemand sichtbar war, dauerte der
Skandal in ärgernißerregender Weise noch lange
fort.
* Ellmendingen (A. Pforzheim), 19. Okt.
Seit Juli herrscht hier der Typhus, an dem
wohl 80—90 Personen erkrankt waren nnd theil-
weise noch sind. Zwei Karlsruher Diakonissinnen
sind in der Pflege unermüdlich thätig, jedoch ein
Aufhören der Krankheit ist bis jetzt noch nicht
zu bemerken. Glücklicherweise sind bis jetzt erst
vier Personen dieser heimtückischen Krankheit er-
legen.
* Liebenzell, 19. Okt. Die Voruntersuchung
gegen die Ehefrau des Löwenwirths Karl Faas
wird in den nächsten Tagen geschlossen werden.
Die dringend Verdächtigte leugnet noch immer,

Die Jagd nach einer Erbin.
Roman von Hermine Frankenstein.
^1 (Fortsetzung.)
„Noch ein Wort, Lion," sagte die Baronin.
'«.Du kennst meine Hoffnungen, welche ich bezüg-
Kch Deiner und Nereas Zukunft hege. Meine
chichte ist Deiner Liebe wohl Werth. Sie besitzt
sjü bedeutendes Vermögen und ist vorbereitet,
Gefallen au Dir zu finden. Wenn Du sie hei-
*äthest, sollst Du alles erben, was ich besitze. Du
^eißt, daß es mein liebster Wunsch ist, aus Dir
*wd Nerea ein Paar zu machen."
Der junge Baronet wollte etwas erwidern,
Aer Lady Folliot läutete und befahl, daß man
wimmer für ihre Gäste herrichte. Dann ging
R in die Halle hinaus. Er folgte ihr, und sie
niegeu in den Salon hinab.
Bei ihrem Eintritt erhob sich Beatrix und
^ir Lionel stellte sie der Baronin vor.
., Lady Folliot war überrascht von der Lieblich-
flit und Anmuth des Mädchens, von der Feinheit
jhrer Manieren und der Sanftmuth und dem
leiste, der aus ihrem ganzen Wesen sprach.
Sie mußte sich es wohl gestehen, daß die
Mich- nnd Blutschönheit ihrer Nichte sich zu
7sr edlen, griechischen Schönheit dieses Mädchens,
^ie der Schein einer Wachskerze zum Sternen-
Panz verhielt. Das kindlich gemalte Gesicht des
^lschen Fräulein Bermyngham konnte nirgends
Aehr einen zweiten Blick erzielen, wo Beatrix
°nohan in der Nähe war.
Die gesenkten, schwarzen Augen der Betrügerin,

halb verborgen von den schweren Lidern, würden
verschleiert und blau erscheinen, vor dem klaren,
Hellen, offenen Blicke dieser grauen Augen, welche
jetzt so ernst und bittend auf Lady Folliot haften
blieben.
Die Baronin konnte diesem Blicke nicht wider-
stehen, Sie war warmherzig, und ungestüm,
rasch in der Liebe und rasch im Hasse, und ob-
gleich sie beabsichtigt hatte, sehr kalt und förm-
lich gegen die junge Fremde zu sein, neigte sie
sich zu ihr herab, küßte sie und hieß sie in
der herzlichsten, freundlichsten Weise ein will-
kommener Gast.
Thränen traten in die Augen des jungen
Mädchens.
„Sir Lionel hat mir Alles von ihnen gesagt,
Fräulein Rohan," sagte Lady Folliot. „Sie
werden hier ganz sicher sein, meine Liebe.
Wir wollen Ihre Geschichte später mit Muße
besprechen; aber in jedem Falle, ob wir Sie ge-
setzlich von der Vormundschaft ihrer unwürdigen
Verwandten befreien können oder nicht, verspreche
ich Ihnen meinen Schutz. Sie sollen nicht in
die Obhut der Brands zurückgeschickt werden."
„Ich fühle es, als ob ich hier von aller Ver-
folgung sicher wäre, Madame," sagte Beatrix,
und ihre leise weiche Stimme bebte. „Sie sind
sehr gütig gegen mich, ich bin sehr dankbar.
Wahrlich, die Vorsehung selbst hat Sir Lionel
Charlton zu meiner Befreiung in jener Nacht
nach Oxfortstreet geschickt."
Lady Folliot neigte sich wieder zu Beatrix
herab und küßte sie, um ihre plötzliche Bewegung
zu verbergen.

„Ich werde Sie jetzt auf Ihr Zimmer führen,
Fräulein Rohan," sagte sie. „Wir haben kaum
mehr Zeit, uns zum Diner vorzubereiteu. Wir
speisen um 7 Uhr."
„Ich habe nur die Kleider, welche ich trage,
Madame," sagte Beatrix errötheud.
„Diesem Mangel wollen wir Morgen ab-
helfen," sagte Lady Folliot lächelnd. „Heutzutage
kann man sich eine Garderobe schnell verschaffen."
„Ich habe Dir noch etwas zu sagen, Tante
Folliot," sagte Sir Lionel. „Fräulein Rohan
wünscht hier nicht bei ihrem eigenen Namen ge-
nannt zu werden. Sie weiß, daß Oberst Brand
keinen Stein unberührt lassen wird, um sie zu
suchen. Von ihrer Hauswirthin in Wellesley
Terrace hat er ohne Zweifel bereits erfahren,
daß ich Fräulein Rohan besucht habe und daß
sie mit mir bereits abgereist sei. Er wird mich
dort wahrscheinlich in Herefordshire und auch hier
suchen, um Erkundigungen bezüglich ihrer einzu-
ziehen. Wenn er dann erfahren würde, daß eine
Fräulein Rohan in Folliot Court ist —"
„Ich sehe, Lionel," unterbrach ihn die Ba-
ronin, „Fräulein Rohan muß ihre eigene Jndentität
umgehen und als Fräulein Clare, meine junge
Verwandte, bekannt sein. Niemand im Schlosse
soll ihren wahren Namen und ihre Geschichte er-
fahren, als Nerea — Fräulein Bermyngham,
meine Nichte. Nun, das ist also abgemacht,
Fräulein Clare, erlauben Sie jetzt, daß ich Sie
auf Ihre Zimmer führe. L'onel, Dein Zimmer
ist in Bereitschaft — ein Diener wird Dich da-
hin führen."
Aber Sir Lionel lehnte den angebotenen

Führer ab und begab sich allein in das Zimmer,
das er auf Folliot Court immer bewohnte. Lady
Folliot führte Beatrix langsam über die breite
Treppe hinauf in den ersten Stock zu einer
Reihe von Gemächern, welche ganz nahe bei den
ihren waren.
„Ich werde Ihnen gleich meine Kammerfrau
schicken, meine Liebe," sagte Lady Folliot, „und
zum Speisen werde ich Sie selbst abholen."
Sie küßte Beatrix und entfernte sich.
„Ein außerordentlich schönes Mädchen," dachte
die Baronin, als sie auf ihre Gemächer ging,
„und ebenso liebenswürdig als schön. Lion hat
Recht. Sie ist rein, gut und edel. Dennoch
möchte ich wünschen, daß Lion sie nicht gesehen
hätte. Wie hübsch Nerea auch ist, diese Beatrix
wird sie weit überstrahlen. Das ist sehr un-
glücklich gekommen. Aber vielleicht bin ich im
Stande, die Angelegenheit in die rechte Richtung
zu lenken. Ich kann vielleicht diese Heirath doch
zu Stande bringen, die ich mir in den Kopf
gesetzt habe! Ich weiß daß es mir gelingen
wird —" fügte sie mit entschlossener Miene hin-
zu. „Mir mißlingt nie etwas, was ich unter-
nehme — es wird mir auch das nicht miß-
lingen."
20. Kapitel.
Eine neue Feindin.
Beatrix blieb in ihrem Boudoir, bis Lady
Folliot mit vor Güte und Gastfreundschaftlichkeit
strahlendem Gesichte erschien.
Die junge Dame warf unwillkürlich einen
Blick auf ihre sehr bescheidene Toilette.
 
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