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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

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No. 281 - No. 290 (28. November - 8. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44142#0575

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Auszügen,
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Dezember
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n B'umentbal.

Nummer 29V.

Netter-

Freitag, 8. Dezember 1893.

eneral

für Heidelberg und Umgegend

KLpsdition: K«rrpLstrcrße Wv. 23.

belesenstes Vlatt in Stadt u. Anrt Heidelberg und ttingegend. GvLsZLev Lvfrlg snv Inser ate

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bolung entsprechender Rabatt-

Ab»«neme«tSpreis r
Mit Zseitigem illustrirtem SouutagSblatt: monatlich
3K Pfennig frei in'ö Haus, durch die Post bezogen
viertellährlich 00 Pfennig ohne Bestellgeld.
Krpeditiorr ^«uptklrcitze Wr. 26.





Telephon-Anschlutz Nr. 102. "HW

FsvtrrȊhreird
Werden von allen Postanstalten, Landbriefträgem,
Unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
enigegengenommen.

Borsicht!
Es sind nunmehr vier Jahre, da kam vom
Dsten Europa's ein unheimlicher Gast zu uus auf
Besuch — die Influenza. Im Anfänge kümmerte
Wan sich nicht viel um sie, man machte sogar
üoch schlechte Witze über sie. Die Geschichte sab
aus wie ein gewöhnlicher Katarrh und einen solchen
hatte wohl schon jeder gehabt, ohne daß es gleich
das Leben gekostet Hütte.
Allmählich aber wurde die Sache doch un-
heimlich ; für einen Scherz, den sich die Schöpfung
Wachen wollte, wie man zuerst glaubte, dauerte
eZ zu lange und als dann noch Hunderte von
Menschen von der Krankheit dahingerafft wurden
dekam man doch allmählich Respekt vor ihr. Nun,
die Epidemie verging nach Ablauf des Winters,
kehrte aber in den nächsten Jahren immer wieder
Zurück. Und Heuer scheint sie wieder in stärkerem
Maße auftreten zu wollen. Nicht nur in Deutsch-
land, sondern auch Auswärts grassirt die Krank-
heit in geradezu unheimlicher Weise. „Die Leute
werden von ihr niedergeworfcn wie die Kegel!"
Mit diesen Worten eines englischen Arztes ist das
Austreten der Epidemie sehr gut charakterisirt.
Gibt es kein Mittel, ihr zu entgehen? Wir
wüßten keines; die Krankheit liegt anscheinend in
der Luft, überfällt den Menschen meuchlings,
?hne daß er sich dagegen wehren kann. Aber
Uumerhin kann man Vorsichtsmaßregeln treffen.
hat sich nämlich herausgestellt, daß die Jn-
llüenza Leuten mit gesunder Konstitution wenig
schadet, Leuten, deren Lunge oder Herz nicht
stanz kräftig ist, bringt sie sehr oft große Ge-
fahr, manchmal den Tod. Also den Körper so
stffund wie möglich halten! muß die Losung fein.
Nies geschieht aber durch eine gemäßigte, geord-
nete Lebensweise, kräftige Nahrung bei Vermei-
dung jeden Uebermaßes in Speise und Trank,
dstl Bewegung in frischer Luft, Abhärtung und
Anregung der Blutzirkulation durch kalte Wa-
schungen u. s. w. Eigentlich sind das ja lauter
selbstverständliche Dinge, aber gerade das Selbst-
verständliche wird meistens so selten gewürdigt-
Und gerade in unserem nervösen, arbeitsreichen,
vergnügungssüchtigen Zeitalter verlernt man im-
dwr mehr, vernünftig und einigermaßen natur-
stdwäß zu leben. Man kümmert sich um Alles

in der Welt, selbst um die tollsten Dinge, nur
nicht — um sich selbst, um seinen eigenen Körper.
Ein durch geordnete Lebensweise gestählter Or-
ganismus bildet aber gerade den sichersten Schutz-
wall gegen alle Erkältungen und Influenza-Anfälle.
Ein anderer Fehler, der so Manchen schon
frühzeitig ins Grab gebracht hat, ist die Leicht-
fertigkeit, mit der man gerade der Influenza oft
gegenüber tritt. Anstatt sofort ärztliche Hilfe in
Anspruch zu nehmen, sobald man sich etwas un-
päßlich fühlt, wartet man erst müßig zu. „Ein
leichter Kartarrh! Wird schon wieder vergehen!"
Er vergeht aber nicht, sondern die Krankheit
nimmt zu. Nun wird selbst kurirt, manchmal
mit den unmöglichsten Mitteln. Erst wenn dann
glücklich eine Lungenentzündung oder sonst etwas
Angenehmes da ist, holt man den Arzt, der nun
natürlich von Glück sagen darf, wenn er das Un-
heil wieder gut machen kann. Hätte man ihn
gleich gerufen, wäre die Krankheit vielleicht in
ein paar Tagen fort gewesen.
Deßhalb rufen wir unseren Lesern die drin-
gende Mahnung zu: Hütet Euch vor Erklä-
rungen, vermeidet jede unregelmäßige Lebensweise,
härtet Euren Körper ab und nehmt im ge-
gebenen Falle die Sache ernst! Dann werdet
ihr im Kampfe gegen die tückische Krankheit fast
immer Sieger bleiben.
Deutsches Neich.
Berlin, 7. Dezember.
— Ueber die nächst enSitzungend es
Reichstags ist vorläufig wie folgt disponirt
worden. Am Sonnqbend und Montag gelangen,
wenn überhaupt Sitzung stattfindet, kleine Sachen
zur Verhandlung. Am Dienstag beginnt die zweite
Lesung der Handelsverträge und wird am Mitt-
woch fortgesetzt. Am Freitag künftiger Woche
findet die dritte Lesung der Handelsverträge statt,
und beginnen an diesem Tage die Weihnachts-
ferien. Nach vorstehendem Plan würde also die
erste Berathung des Tabaksteuergesetzes und des
Weinsteuergesetzes erst nach Neujahr stattfinden.
— Ueber die Vorgänge bei der Ausarbeitung
des Weinsteuergesetzentwurfs wurde be-
reits gemeldet, daß im Bundesrath Ba den, Hessen,
Württemberg, Hamburg und Reuß ä. L. mit ins-
gesammt 12 Stimmen dagegen stimmten. Nun-
mehr erfäkrt die „Voss. Ztg." noch folgendes:
„Sowohl in Frankfurt bei den ersten Besprechungen
der Finanzminister, als auch bei den verschiedenen
Konferenzen in Berlin hatte Württemberg die
Führerschaft gegen das Weinsteuergesetz über-
nommen. Die württembergischen Einwendungen
sollen sich darauf gestützt haben, daß schon seit
Eintritt Württembergs in den deutschen Bund von
dieser Seite Bedenken gegen die Besteuerung des

inländischen Weins erhoben wären, denen damals
volle Anerkennung zu Theil geworden wäre. Ab-
gesehen davon, hätten jetzt, in erneuter Bestätigung
der früheren berechtigten Einwände, dringende
Rücksichten aus die Lage des Weinbaues und
sonstige steuertechnische Erwägungen dahin geführt,
dem Weinsteuergesetze von württembergischer Seite
entgegenzutreten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß
die Äntheilnahme des württembergischen Minister
Präsidenten v. Mittnacht an den Verhandlungen
des Bundesraths über die Weinsteuer der Ver-
tretung dieser Ansichten, die bei den vorherigen
Verhandlungen geltend gemacht wurden, ge-
golten bat."
— Die Meldung, daß sich der Herzog von
Ko bürg entschlossen habe, auf die fernere Mit-
gliedschaft zum englischen Geheimen Rath zu ver-
zichten, ist in Reichstagskreisen mit ganz besonderer
Befriedigung ausgenommen worden. Wird doch
dadurch die Anfrage erledigt, welche die National-
liberalen wegen der Zugehörigkeit eines deutschen
Bundesfürsten zu einer ausländischen politischen
Körperschaft an die verbündeten Negierungen zu
richten sich genöthigt gesehen hätten. Weder die
Begründung noch die Beantwortung dieser heikeln
Anfrage wären für die damit Betrauten besonders
angenehme Aufgaben gewesen. Man begreift daher
die Genugthuung darüber, daß der Herzog durch
seinen freiwilligen Schritt, mag ihm derselbe auch
von Berlin aus nahegelegt worden sein, allen Ver-
legenheiten und Unannehmlichkeiten ein Ende be-
reitet hat.
— Dem Reichstage werden in nächster Zeit
noch Weißbücher über die deutsch-afrikani-
schen Kolonien in Form von Denkschriften
zugehen; daß dieselben zu Erörterungen im Reichs-
tage führen werde, ist eine naheliegende Annahme.
Der Reichstag geht am 16. d. M. in die Weih-
nachts-Ferien, welche bis zum 9. Januar dauern
sollen. Bis dahin wird man die zweite und dritte
Lesung der Handelsverträge und wenn irgend thun
sich, auch die ersten Lesungen der Steuervorlagen
erledigen. Der Schwerpunkt der Neichstagsar-
beiten nach Neujahr wird zumeist in den Kommis-
sionen zu suchen sein. Neben dem Reichshaushalt
und den Steuergesetzen sieht man sehr umfang-
reichen Erörterungen bezüglich der Vorlagen ent-
gegen, welche jetzt im Reichsjustizamt vorbereitet
werden, sich aber keineswegs ausschließlich auf die
Wiedereinführung der Berufungs-Instanz im
Strafprozeß beziehen.
Karlsruhe, 7. Dez. Viele und heftige Reden
sind gestern in der badischen Zwecken Kammer über
die Reichssteuervorlagen gehalten worden, und es
ließ sich unschwer erkennen, wie grade die Haupt-
steuerpläne auf den deutschen Süden un-
günstig wirken. Bei der Weinsteuer gab es

gar keine Gegenrede; die Regierung selbst stand
auf Seiten der Kammer. Bei der Tabakfabrikat-
steuer machte sich immerhin das verschiedenartige
Interesse des Pflanzers und der Industriellen
geltend, aber auch hier schoben sich die Parteien zu
gemeinsamer Abneigung gegen die Steuer in
einander. Die Einwirkung solcher Verhandlungen
ganzer Volksvertretungen wird auch wohl im Reichs-
tag und bei den Bundesregierungen nicht unter-
schätzt werden.
Ausland.
Paris, 7. Dez. Die äußerste Linke be-
schloß in einer gestern abgehaltenen Versammlung,
in der Kammer eine Reihe von Reformanträgen
zu stellen, darunter solche auf Durchsicht der Ver-
fassung, Einführung einer Einkommensteuer, Ab-
änderung des Gesetzes über die Grubenverwal-
tungen, Errichtung ständiger parlamentarischer
Kommissionen zur Prüfung der Eisenbahn-Tarif-
fragen. Was die Trennung der Kirche
vom Staate betrifft, so beschloß die Ver-
sammlung, diesen Antrag erst bei der Berathung
des Gesetzentwurfs über das Vereinswesen einzu-
bringen. Ferner sprach sich die Versammlung
gegen jede Interpellation über die allgemeine
Politik aus.
Rom, 7. Dez. In parlamentarischen Kreisen
behauptet man, Zanardelli werde den Auf-
trag, ein Ministerium zu bilden, zurück-
geben. Dem „Popolo Romano" zufolge äußerte
der König, die von Zanardelli vorgeschlagene
Mi nisterliste entspreche nicht dem Ernst der Lage
Rom, 7. Dez. Die überwiegend aus Sena-
toren und Deputirten bestehende "Gesellschaft von
Weinbauern beschloß soeben, den Minister des
Aeußern zu bitten, der deutschen Reichsregierung
vorzustellen, daß die beabsichtigte Weinsteuer
den Geist des bestehenden Handelsvertrags ver-
letzen würde. ._
Badischer Landtag.
* Karlsruhe, 7. Dezember.
Zehnte öffentliche Sitzung der Zweiten
Kammer unter dem Vorsitz des Präsidenten
Gönner.
Am Ministertisch: Präsident des Staatsmi-
nisteriums, Geh. Rath Dr. Nokk, Minister des
Großh. Hauses und der auswärtigen Angelegen-
heiten, v- Brauer, Präsident des Ministeriums
des Innern, Geh. Rath Eisenlohr, und der
Präsident des Finanzministeriums, Dr. Buchen-
berger.
Nach Bekanntgabe der Einläuse wird in der
gestern abgebrochenen Debatte über die Anträge
aus dem Hause fortgefahren. An der Debatte
betheiligen sich die Abgg. Wacker, Müller,
Heim bürg er, Kiefer, Schüler, Str übe,

A l' e X cr
oder

8)

A4tf dunklen Wegen.
Roman von Dr. Ed. Wagner.
(Fortsetzung.)
Etwas später kam die Haushälterin mit dem
Abendessen und einer Vase voll ausgewählter
^vsen. Sie stellte beides auf den Tisch neben
dein Bett und wollte sich entfernen.
. „Warten Sie!" sagte der Graf hastig, und
'ein Gesicht wurde glühcud roth, als er die Blumen
und begierig ihren köstlichen Dust ein-
?^Metc. „Wie schön sind die Rosen! Sie sind
ishr ausmerksam, meine gute Frau. Die Rosen
""b mir lieber als das Essen."
Die Haushälterin lächelte, sagte aber nicht,
er erwartet hatte, daß die Rosen ihm von
öderer Hand geschickt worden waren.
. „Sagen Sie mir," sprach der junge Graf
Affler, „wie ist der Name in ei kies freundlichen
-^Mhes?
, „Er heißt Messer Stasso," lautete die kurze,
^stimmte Antwort.
„Ist er ein Grieche?"
„Nein, Mylord; er kam aus einem fremden
s-Unde, — weit von hier, — aber aus welchem,
^>ß ich nicht."
- Der junge Graf hätte gern noch einige Fragen
Betreff des jungen Mädchens, welches ihn aus
cf" Händen der Räuber befreit hatte, au die
^»shslterin gerichtet, aber sein Zartgefühl hielt
y" davon zurück. Stunde», laug grübelte er

darüber nach, wer dieses Mädchen sein mochte,
und als er schlief, träumte er von ihr.
Am anderen Abend hatte er das Vergnügen,
sie wiederzusehcn, und mit dem Abendessen kam
ein zweiter Rosenstrauß. Er glaubte, daß die
junge Dame ihm die Blumen geschickt hatte, ob-
wohl die Haushälterin sich den Anschein gab, die
Gabe komme von ihr, und als Briggs sich zum
Abendessen in die Küche begeben hatte und der
Graf sich allein befand, führte er die Rosen in
seltsamer Zärtlichkeit und Ehrerbietung an seine
Lippen.
Kaum hatte er deu Strauß wieder in die
Vase gesteckt, als er auf der Veranda in geringer
Entfernung Tritte hörte, und eine zarte, liebliche
Stimme rief:
„Vater! Lieber Vater! Komm' heraus in die
milde Lust! Der Mond erhebt sich über den Golf!
Die Nacht ist wunderbar. Du bist seit gestern
Morgen in Deinem Zimmer eingeschlossen gewesen.
Deine Krankheit ängstigt mich. Wenn Du nicht
auf die Veranda herauskommen kannst, muß ich
annehmen, daß Du ernstlicher krank bist, als Du
mich es glauben machen willst!"
Des jungen Grafen Herz bebte hoffnungs-
voll. Das Mädchen war also „Messer Stasso's
Tochter". Ihre Stimme durchbebte ihn wie ihr
Anblick es gethan, als er sie in der Höhle der
Banditen g-sehen hatte.
Dann vernahm er den Klang e-nes schweren,
gemessenen Schrittes. Mr. Strange, unfähig, den
Bitten seiner Tochter zu widerstehen, verließ sein
Zimmer und warf sich schwer auf einen Sessel auf
der Veranda. In der Stille des Abends, und

da ein Flügel der Glasthür von Lord Kingscourt's
Zimmer halb offen stand, konnte dieser jeden Ton
der sanften, lieblichen Stimme hören.
„Wie angegriffen Du aussiehst," sagte das
Mädchen in englischer Sprache. „Ich sah die
Veränderung an Dir nicht in Deinem Zimmer;
es war dort so finster. Du solltest nach einem
Arzt schicken."
„Wer kann eine kranke Seele kuriren?" fragte
Mr. Strange bitter. „Ich bedarf keines Arztes,
keiner anderen Medizin, als Deine Liebe. Aber
um Deinetwegen wünsche ich, ich wäre vor vielen
Jahren gestorben; Deinetwegen wünsche ich, ich
wäre jetzt todt-"
„Ich verstehe Dich nicht. Wie sonderbar bist
Tu," sagte das Mädchen bekümmert. „Hast Du
Kummer?"
„Keinen neuen, mein Kind. Wie sorgenvoll
Du aussiehst! Du mußt meine Last nicht auf
Deine Schultern zeihen, mußt Dir meinen Kummer
nicht so zu Herzen nehmen, Alexa. Morgen werde
ich wieder der Alte sein. Es ist nur, daß dieser
junge Mann, unser Gast, mich mit einem eigen-
thümlichen Heimweh erfüllt hat, — einer Sehn-
sucht nach meinem Vaterlande, wie ich sie nie
wieder zu bekommen geglaubt hätte. Wir wollen
nicht weiter davon sprechen, meine Tochter. Man
sollte froh sein, in diesem schönen Griechenland
leben und sterben zu können!" und doch seufzte
er schwer.
Er konnte seiner Tochter nicht sagen, welche
Stunden der Angst, der Furcht und Sehnsucht er
verlebt hatte seit der Anwesenheit Lord Kings-
court's in seinem Hause. Er konnte seiner Tochter

nichts sagen von der durchwachten Nacht und seinem
Zimmer während der Nacht; von den qualvollen
Erinnerungen, welche ihn in den letzten vierund-
zwanzig Stunden seine jahrelangen Leiden noch
einmal durchkosten ließen. Es war sein Wunsch
gewesen, ihr junges Leben sorgenfrei zu halten,
und sein Leben mußte ganz getrennt von dem
ihrigen bleiben; seine Vergangenheit mußte ihr
ein wenig versiegeltes Buch sein. Darum zwang
er sich, gesund zu erscheinen, und lächelte in ihre
sorgenvollen Augen und lenkte das Gespräch ge-
schickt auf einen anderen Gegenstand.
„Ich bin nicht im Stande gewesen, unseren
Gast heute zu besuchen, Alexa," sagte er. „Hast
Du von ihm gehört?"
„Die Haushälterin sagt, daß er sehr krank
ist und vor einem Monat nicht transportirt werden
kann," erwiderte Alexa. „Aber sie glaubt sicher,
ihn vollständig herzustellen."
„Heftiger Rheumatismus ist eine schreckliche
Krankheit," sagte Mr. Stange; „aber Aminka
ist eine gute Pflegerin, und sie wird mehr aus-
richten, als der Arzt aus Athen, den er mit
seinem Freunde morgen erwartet, Laß' uns
hinab nach dem Golf gehen, Alexa. Die Luft
thut mir gut."
Der Graf hörte ihre Schritte sich entfernen,
und wieder streckte sich unwillkürlich seine Hand
nach den Rosen aus, die er nochmals an seine
Lippen führte.
Es war eine solche Gluth auf seinen
Wangen, ein so eigenthümlicher Glanz in seinen
Augen, daß Briggs, als er wieder zu ihm kam,
 
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