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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
No. 271 - No. 280 (16. November - 27. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44142#0513

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Nummer 277.

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Donnerstag, 23. November 1LS3.


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Eröffnung des badischen Landtags.
* Karlsruhe, 22. November.
Heute Vormittag IN/e Uhr ist der Landtag
eröffnet worden. Die Feierlichkeit fand dem aus-
gebenen Programm gemäß im Sitzungssaals der
Zweiten Kammer statt. Nachdem deren Mitglieder
ihre Plätze eingenommen hatten und sodann die
Mitglieder der Ersten Kammer, darauf die Mit-
glieder des Großherzoglichen Staatsministeriums
eingetreten waren, hielt der Präsident des Staats-
ministeriums, Staatsministcr Dr. Nokk, folgende
Ansprache:
Durchlauchtigste, Hochgeehrteste Herren!
Seine Königliche Hoheit der Großherzog
haben mich gnädigst zu beauflagen geruht, den
Landtag in seinem Namen zu eröffnen. Die
Allerhöchste Entschließung lautet:
Friedrich, von Gottes Gnaden Groß-
herzog von Baden, Herzog von Zäh-
ringen.
Wir beauftragen hiermit Unseren Präsidenten
des Staatsministeriums, Staatsminister Dr.
Nokk, die auf den 22. dieses Monats ein-
berufene Ständeversammlung in Unserem Namen
zu eröffnen.
Gegeben zu Schloß Baden, den 1. Ncv. 1893.
(gez.) Friedrich.
(gez.) Nokk. Auf Seiner Königlichen Hoheit
höchsten Befehl:
(gez.) Dr. Seyb.

Seinje Königliche Hoheit senden Ihnen,
Durchlauchtigste, Hochgeehrteste Herren, seinen
freundlichen Gruß und lassen gerne der Hoffnung
Ausdruck geben, daß dieser Landtag bei allseitiger
treuer Mitarbeit seine wichtige Aufgabe zum
Wohle unserer geliebten Heimath erfüllen werde.
Der Voranschlag für den Staatshaushalt der
Budgetperiode 1894/95 ist fertiggestellt und wird
Ihnen, nebst dm Nachweisen über die finanziellen
Ergebnisse der letzten Jahre, in den nächsten Tagen
vorgelegt werden. Wenn es auch gelungen ist,
den Fehlbetrag, den das Budget für 1892/93
aufwies, um etwa die Hälfte herabzumindern,
wobei überdies die als nothwendig betrachteten er-
höhten Bedürfnisse in fast sämmtlichen Zweigen
der Staatsverwaltung Berücksichtigung gefunden
haben, so stellt sich die Lage des Staatshaushalts,
da immer noch ein erheblicher Fehlbetrag geblieben
ist und die Überschüsse der Vorjahre sehr zu-
sammengeschmolzen sind, doch wesentlich ungünstiger
dar als in einer Anzahl vorausgegangener Bud-
getperioden.
Die finanzielle Lage würde sich schwieriger ge-
stalten, falls die geplante Finanzreform im Reiche
nicht zu Stande kommen und der seit vorigem
Jahre eingetretene nothwendige Mehraufwand im
Reiche auch nur vorübergehend den Einzelstaaten
zur Last bleiben würde.
Entsprechend den auf dem letzten Landtage er-
theilten Zusagen wird Ihnen die Großherzogliche
Regierung demnächst eine Vorlage zugehen lassen,
die eine umfassende Revision des Gehaltstarifs,
und zwar vorwiegend zum Zweck der Erhöhung
des Einkommens der Beamten der unteren und
mittleren Gehaltsabtheilungen zum Gegenstände
hat und die weiterhin einen angemessenen Ueber-
gang aus dem seitherigen in den neuen Zustand
anstrebt. Die Großherzogliche Regierung hat ge-
glaubt, mit dieser Vorlage, unerachtet der augen-
blicklich schwierigen Lage des Staatshaushalts aus
Rücksicht für die in Rede stehenden Angehörigen
des Beamtenstandes und im Hinblick auf die in
der Volksvertretung selbst laut gewordenen Wünsche,
nicht zuwarten zu sollen; sie erachtet aber, ange-
sichts des sehr beträchtlichen Mehraufwands in
Folge dieser allgemeinen Ausbesserung in den
unteren und mittleren Abteilungen des Gehalts-
tarifs, in Betracht des dermaligen Zustandes
unserer Finanzen, eine Erhöhung der Einkommen-
steuer, unter Schonung der unteren Einkommens-
steuergruppen, für geboten. Es wird deshalb
gleichzeitig mit der Gehaltstarifvorlage auch ein
die Erhöhung der genannten Steuer in Aussicht
nehmender Gesetzentwurf eingcbracht werden.
Den schweren Mißständen, die in Folge der
andauernden Dürre des Sommers der Landwirth-
schaft drohten, suchte die Regierung durch ein-

greifende Maßregeln, insbesondere durch Gewährung-
sehr namhafter Zuschüsse, zu begegnen z sie hofft,
daß ihre Bemühungen von Erfolg waren und die
Billigung der Stände finden werden.
Unsere Staatsbahn wird in der kommenden
Budgetperiode durch Vollendung der im Bau be-
griffenen Linien Graben—Röschwoog und Stah-
ringen—Ueberlingen eine erhebliche Erweiterung er-
fahren. Für Untersuchung von weiteren Linien,
die zur Vervollständigung des Staatsbahnnetzes
dienen sollen, sind Mittel vorgesehen.
Die Regierung beabsichtigt auch ferner der
Ausführung von Nebenbahnunternehmungen durch
Gewährung ausreichender staatlicher Unterstützung,
wo dies vom Gesichtspunkt der örtlichen und allge-
meinen Interessen gerechtfertigt erscheint, eine wirk-
same Förderung zu Theil werden zu lassen. Mehrere
Gesetzentwürfe über Herstellung solcher Bahnen
werden Ihnen zur verfassungsmäßigen Prüfung und
Entschließung vorgelegt werden.
Außerdem wird Ihnen die Regierung einige
Gesetzentwürfe unterbreiten, welche auf verschiedenen
Gebieten der Staatsverwaltung Verbesserungen an-
streben.
Hierauf wurden die anwesenden neu einge-
tretenen Mitglieder beider Kammern zur verfassungs-
mäßigen Eidesleistung aufgerufen, und erklärte so-
dann der Präsident des Staatsministeriums im
Namen Sr. Kgl. Hoh. des Großhcrzogs den
Landtag für eröffnet.
Mit einem dreimaligen Hoch der Versammlung
auf das Wohl Sr. Kgl. Hoh. des Groß Her-
zogs faüd die Feierlichkeit ihren Abschluß.

Tagesordnung der 1. öffentlichen Sitzung
der Ersten Kammer auf Donnerstag, den 23. No-
vember, Vormittags 10 Uhr: 1. Mittheilungen
der Großh. Regierung. 2. Anzeige von Eingaben.
3. Wahlprüfungen. 4. Wahl der Sekretäre. 5.
Wahl der Kommissionen.
Tagesordnung der 1. öffentlichen Sitzung
der Zweiten KamtEr auf Donnerstag, den 23. No-
vember, Vormittags 9 Uhr: 1. Anzeige neuer Ein-
gaben. 2. Bildung der provisorischen Abteilungen.
3. Wahlprüfungen und Berichterstattung darüber.
Deutsches Reich.
Berlin, 22. November.
— Die Vertagung des Reichstags bis
zum Donnerstag ist den verbündeten Regierungen
durchaus nicht unangenehm. Der Bundesrath
gewinnt damit die vollkommene Muße, die hin-
sichtlich der Weinsteuervorlage noch immer be-
stehenden starken Meinungsverschiedenheiten zu
überwinden. Der namentlich von der württem-
bergischen Regierung ausgehende Widerstand gegen
eine zu niedrig bemessene Werthgrenze ist aller-

dings erheblich gewachsen infolge der Wahrneh-
mung, daß die Reichsweinsteuer bis tief in die
Reihen der Nationalliberalen hinein entschiedene
Gegner findet. Dort ist man entschlossen, diese
neue Steuer nicht nur aus wirthschaftlichen,
sondern vorzugsweise auch aus nationalen Gründen
zu bekämpfen. Man befürchtet davon eine we-
sentliche Verschärfung des noch immer nicht ganz
überwundenen Gegensatzes zwischen dem Süden
und dem Norden des Reiches. Die der national-
liberalen und der konservativen Partei angehören-
den Mitglieder aus Elsaß-Lothringen versichern
überdies, daß keine Maßregel so sehr geeignet
wäre, der Germanisirung des Reichslandes eut-
gegenzuwirken, wie die Einführung einer Rcichs-
weinsteuer. Davon würden gerade die Theile
des Elsaßes schwer getroffen werden, in denen die
Aussöhnung mit den durch den Frankfurter-
Frieden geschaffenen Zuständen die weitesten Fort-
schritte gemacht habe. Dauert diese gegenwärtig
vorherrschende Stimmung an, dann läßt sich nicht
absehen, wie es gelingen könnte, für diese Vor-
lage, die in nahezu allen Parteien zahlreiche und
entschiedene Gegner hat, und keineswegs nur süd-
deutsche, eine Mehrheit zusammenzubringen. Ent-
schließt sich der Bundesrath zu einer Heraufsetzung
der Werthgrenze aus etwa 60 Mark, dann würde
die Weinsteuer ungefähr nur 12 Millionen Mk.
bringen. Hierfür glaubt man aber leicht einen
Ersatz durch die Luxussteuern ermitteln zu können,
wie sie in England, Holland und anderen Staaten
längst bestehen und reiche Erträge liefern.
— Die Frakti ons liste des Reichs-
tags ist ausgegeben worden. Danach zählt die
deutschkonservative Fraktion 67, die Reichspartei,
28, die antisemitische deutsche Reformpartei 13,
das Zentrum 100, die Polenfraktion 19, die na-
tionalliberale Fraktion 52, die Freisinnige Ver-
einigung 13, die deutsche freisinnige Vokspartei
23, die Süddeutsche Volkspartei 11, die Sozial-
demokratie 44 Mitglieder. Außerhalb des Frak-
tionsverbandes stehen 27 Abgeordnete, unter ihnen
8 Elsaß-Lothringer, ferner Ahlwardt, Graf Herbert
Bismarck, Prinz zu Schönaich-Carolath, Fürst zu
Fürstenberg, Leuß, v. Levetzow, Liebermann von
Sonnenberg, Pachnicke, Rösicke, Sigl. Die Cen-
trums-Fraktion hat zu ihrem Vorsitzenden Abg.
Grafen Hompesch, zum Stellvertreter des Vor-
sitzenden den bayerischen Abgeordneten Reindl ge-
wählt. — Als Vorsitzende der sieben Abhei-
lungen des Reichstages, die sich nun ebenfalls
konstituirt haben, fungiren: Auer, bezw. von
Czarlinski, Dr. Langerhans, bezw. Dr. v. Mar-
quardsen, Freiherr v. Unruhe-Bomst, bezw. Günt-
her-Montabaur bezw. Träger, Graf Kanitz-Po-
dangen, bezw. Dr. Rintelen, Graf Hompech, bezw.
Graf Holstein, Dr. v. Bennigsen, bezw. Singer.

Die Jagd nach einer Erbin.
Roman von Hermine Frankenstein.
^1) (Fortsetzung.)
Die Betrügerin sagte nichts. Ihr Gesicht
b>ar noch immer ruhig und theilnahmslos; ihre
Lider senkten sich über die harten, schwarzen
Augen; aber mit diesen Worten Herrn Lambtons
lenkte sich eine dunkle Wolke auf ihre schuldbe-
ladene Seele — eine Wolke, welche wie die
Schatten eines kommenden Unheils war.
„Sein Name ist Hyslop," erwiderte Lamb-
M. „Ich habe ihn gesehen und mit ihm ge-
sprochen.
Er erklärte mir, daß Voe der Sohn eines
Gentlemanns ist. Er suchte Jemand in dieser
Gegend.
„Der Sohn eines Gentlemann," wieder-
holte Lady Folliot. Er muß sehr tief ge-
sunken sein.
„So war es auch. Hyslop erzählte mir die
Tanze Geschichte. . Dieser Hyslop ist offenbar
sjn lockerer Vogel. Aber aus guter Familie,
^in Vater war ein ziemlich bekannter Bezirks-
urzt und seine Mutter besitzt ein kleines Gut in
Lancashire. Hyslop kam mit seinem Cousin zu-
lammen aus Indien zurück — er machte die
Jeise im Zwischendeck, Voe arbeitete auf dem
Schiffe, da er seine Uebersuhr nicht bezahlen
konnte.
Hyslop verrieth ungemein viel Empfindung,
?ls er von Voe sprach. Es stellte sich heraus,
Voe der Sohn eines mit vielen Kindern

gesegneten Mannes aus Lancashire war, der
einflußreiche Freunde hat, welche ihm halfen seine
Kinder zu erziehen, und ihnen Anstellungen ver-
schaffte. Dieser Sohn Kaspar Voe, wurde als
Sekretär eines reichen Kaufherrn nach Indien
geschickt. Er war sehr brav, bis er sich in ein
schönes, aber schlechtes Frauenzimmer verliebte,
das er zu seiner Frau machte.
Lady Folliot warf einen Blick auf ihre ver-
meintliche Nichte.
„Nein, es ist nichts an der Geschichte, was
Fräulein Bermyngham nicht hören könnte," sagte
der Verwalter. „Seine Heirath hat ihn um seine
Stelle gebracht. Er wurde Buchhalter in einem
Südfrüchtegeschäste. Seine Frau erwies sich als
leichtsinnig, treulos und durchaus schlecht. Sie
machte ihn eifersüchtig und neckte und marterte
ihn so lange, bis er arbeitsscheu und trunksüchtig
wurde- Dennoch liebte er sie noch immer. Ein
Kind wurde geboren; aber das machte die Sache
nur ärger, anstattbesser. Sie vernachlässigte das
Kind und eS kam endlich zu einer Krisis. Na-
türlich hat Voe auch seine Fehler. Er war kein
fester, ehrenhafter Mensch, sonst hätte er gearbeitet
und wäre als Herr in seinem Hause aufgetreten
und hätte sich nicht dem Trünke ergeben. Es
ging rasch abwärts mit ihm. Es kam endlich zu
einem heftigen Streit zwischen dem Paar, als er
sich einmal von ihrer bodenlosen Schlechtigkeit
ganz und gar überzeugte, und als er vom Trinken
betäubt war, versuchte sie es, ihn zu ermorden.
Sie stach mit einem Messer auf ihn los und ent-
stellte ihn auf greuliche Art. Dann ermordete
sie ihr Kind. Die Mörderin entfloh, ließ ihn

für todt zurück und um sie zu verfolgen, kam er
nach England."
„Ei, das muß derselbe Fall sein, von dem
wir vor längerer Zeit in der indischen Zeitung
gelesen haben, Nerea," rief Lady Folliot. „Du
erinnerst Dich, wie wir uns alle dafür inte-
ressierten— die Schauspielerin und das Alles?
Sie war so jung. Du erinnerst Dich gewiß?"
Das falsche Fräulein Bermyngham nickte
bejahend. Sie wagte es nicht, zu sprechen.
„Wie sonderbar, daß der Fall, der mich in
der Zeitung so interessierte, auf meinem eigenen
Grund und Boden wieder auftaucht," sagte die
Baronin. „Ist das schlechte Geschöpf — die
Frau — nach England gekommen, Lambton?"
„Man glaubt es, meine Lady. Voe und
sein Cousin glaubten, daß sie sich verkleidet und
einen anderen Namen angenommen habe und
als Kammermädchen nachgekommen sei. Er
glaubte, daß sie den Namen Agathe Walden an-
genommen habe und daß sie im Dienste Fräulein
Bermyngham's nach England gekommen sei."
Die Betrügerin heuchelte ein heftiges Er-
schrecken. Lady Folliot drückte ihr Erstaunen aus.
„Ich kann es nicht glauben," sagte die Be-
trügerin. „Agathe Walden war ein bleiches,
ruhiges Mädchen, das keiner Fliege etwas zu Leide
thun würde! Sie Schauspielerin! Sie ein Zank-
apfel zwischen Liebenden! Sie eine Mörderin?
Unmöglich!"
„Sie ist sehr plötzlich gestorben Nerea, nicht
wahr?"
„Ja, Tante Folliot, sehr plötzlich. Sie
brachte mir sehr gute Zeugnisse, welche mich in

Bezug auf ihren Charakter vollständig beruhigten-
obwohl ich keine Zeit hatte, mich genauer nach
ihr zu erkundigen.
„Ob sie die Frau dieses Voe war oder nicht,
kann man nie erfahren. Sie ist todt und be-
graben. Ihre Geschichte ist mir ihr gestorben."
„Ich will Hyslop sagen, daß sie todt ist und
wie sie starb," sagte Lambton. „Er bildet es
sich fest ein, daß sie lebt und hier in Folliot
Court ist und daß es ihre Hand war, welche Voe
den Dolch in die Brust stieß."
„Aber hat ihm Niemand gesagt, daß Agathe
Walden todt ist?" fragte das falsche Fräulein
Bermyngham scharf.
„Er sprach nur mit den Wirthe und mir.
Ich sagte ihm, daß Finette, das Kammermädchen,
Voe selbst den Tod der angebliche Walden mit-
getheilt habe, worauf er seine Absicht dahin aus-
sprach, daß Finette selbst Lilias Voe in anderer
Verkleidung sei."
„Glaubte er, daß ich eine solche Verkleidung
Agathe Waldens in ein französisches Kammer-
mädchen billigen würde?" fragte die Betrügerin
hochmüthig. „Seine Antwort enthält den Ver-
dacht eines Verrathes, an welchem ich Theil hätte,
denn Finette könnte nicht meine vorige Dienerin
sein, ohne daß ich es wüßte. Uebrigens habe ich
nicht gesagt, daß Agathe Walden todt ist? Ich
sah sie sterben."
„Ich bitte um Verzeihung, Fräulein Ber-
myngham," sagte der Verwalter demüthig. „Ich
wiederholte nur seine Annahme. Er weiß nicht,
auf welche Art er diesen geheimnißvollen Mord
erklären soll und er dachte —"
 
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