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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Juli bis Dezember)

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No. 191 - No. 200 (15. August - 25. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44142#0165

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holung entsprechender Rabatt.
--------—. --K
Expedition: Kerrrptstrntze Mr. 33.



182.

Verantwortlicher Redakteur:
Herrn. Streich.

Mittwoch, den 16. August

Druck und Verlag:
Heckmann, Dörr L sv u r m.

1893.

" Zum Sozialisten-Kongreß.
Wer den Züricher internationalen Sozialisten-
Eengrcß lediglich nach den theilweise tumultuarischen
Verhandlungen, die mit der Ausschließung eines
Nutzend Anarchisten endeten, beurtheilen wollte,
lt'ürde dieser Versammlung entschieden Unrecht thun.
Stürmische, manchmal sogar in Thätlichkeiten aus-
urtende Verhandlungen sind in unserer Zeit der
scharfen Gegenstätze sogar in den regelmäßigen Par-
amenten der alten und der neuen Welt gar nichts
Seltes mehr. Wir erinnern nur an die jüngsten auf-
geregten Szenen inderfranzLsischenDeputirtenkammer,
'M die förmliche Raufereien im englischen Unterhause.
Wissen sich die aus dem Votum der Nation her-
dorgegangenen Palamentarier nicht besser zu be-
geistern, mit welchem Rechte will man etwas Bes-
seres erwarten von einem vielsprachigen, aus mehr
oder weniger zufälliger Abordnung hervorgegangenen
Arbcitcrkongresse, dessen Mitglieder sich theilweise
?uni erstenmal seben und durch keine feste Ge-
schäftsordnung, kein Herkommen, keine Schranken ge-
funden sind? Wer gerecht und unbefangen ist,
wird sogar zugeben müssen, daß die Verhandlungen,
Nach her Ausschließung der Anarchisten und „Un-
abhängigen", in verhältnißmäßig guten parlamen-
tarischen Formen und in großer Ordnung sich ab-
wickelten. Und diese Abrechnung mit den, ohne
klares Programm agitircnden, lediglich in der Ab-
sicht der Zerstörung alles Bestehenden einigen, sonst
wieder unter sich in zahllose Gruppen gespaltenen
Anarchisten mußte auf dem Züricher Kongresse
ebensowohl erfolgen, wie er auf dem Hallenser Partei-
tage der deutschen Sozialdemokraten erfolgt ist.
Ohne die Ausschließung dieser Sektirer war eine
geordnete Berathung unmöglich. Diese Ausschließung
'st daher nicht etwa, wie einzelne deutsche Blätter
Meinen, ein Symptom der Zersetzung innerhalb der
Sozialdemokratie. Sie war vielmehr die natur-
gemäße Voraussetzung jeder Sammlung, jeder plan-
mäßigen Thätigkeit.
Was nun die übrigen Verhandlungen und Be-
schlüsse des Kongresses betrifft, so wird man ein-
räumen müssen, daß sie sich im Ganzen in maß-
vollen Grenzen hielten, daß sie vielfach nicht ein-
mal über das hinauSgingen, was auch von demo-
kratischen Parteien der betheiligten Länder gefordert
wird. Besonders die Beschlüsse über die Frauen-
arbeit entsprechen im Wesentlichen den Forderungen
anderer sozialpolitischer Programme. Ueber dir
landwirtbschaftliche Frage kam es zu keiner Ver-
handlung. Dieselbe wurde auf den nächsten Kon-
greß, der 1896 in London stattfinden soll, vertagt.
DieKriegs- und Generalstreik-Fragehatam meisten
Staub ausgewirbelt. Man ist aber in diesem Punkte
nicht über einige platonische Erklärungen hinaus-
gekommen, und hat die mehr lächerlichen als re-
volutionären Anträge der Holländer mit großer
Mehrheit abgelehnt. Interessanter als die Beschlüsse
war hier die Verhandlung, welche zu scharfen Aus-
einandersetzungen besonders zwischen den Russen
und Franzosen führte. Den Letzteren wurde mit
Fug und Recht das „auf dem Bauche kriechen" der

ganzen Nation vor dem Zaren vorgebalten. Es
zeigte sich dabei, daß auch die französischen So-
zialisten durchaus nicht frei von Chauvinismus sind.
Bekanntlich ist das Gegentheil davon oft genug in
deutschen sozialistischen Blättern behauptet worden.
Im Ganzen hat die Sozialdemokratie alle Ursache,
mit der siebentägigen Züricher Herrschau zufrieden
zu sein. Es ist fleißig und tüchtig gearbeitet
worden. Und wenn die Ergebnisse der langen
Arbeit nicht allen Erwartungen entsprechen, so darf
man nicht übersehen, daß das sozialistische Pro-
gramm eben doch zu viel Unerreichbares und Un-
klares enthülst_
Deutsches Reich.
Berlin, 15. August.
— In Bezug auf den neuen Reichsschatz-
sekretär Grafen v. Posadowsky versichert die
„K. Z.", daß sich derselbe wegen seiner umfassen-
den Kenntnisse, seines Verwaltungstalentes, seiner
strengen Sachlichkeit und seiner liebenswürdigen
Umgangsformen in der ganzen Provinz Posen eines
ausgezeichneten Rufes erfreue, und fügt dann hin-
zu: „Und schon, als in den Tagen der jüngsten
Reichstagssitzungen der bisherige Reichsschatzsekretär
Freiherr von Maltzahn-Gültz sein Abschiedsgesuch
eingereicht hatte, wurde von mehreren Seiten die
Aufmerksamkeit auf ihn als die zur Nachfolge ge-
eignete Persönlichkeit gelenkt. Der Entschluß, aus
dem liebgewonnenen, selbständigen Provinzialdienst
zu scheiden und in den Reichsdienst überzutreten,
ist ihm nicht leicht geworden. Wenn er schließlich
dem an ihn ergangenen Rufe gefolgt ist, so bat er-
barmt sicherlich ein großes Opfer gebrachst Er hat
es erst gethan, uachdem er sich, als er vor einigen
Wochen in Berlin war, über die Steuerreformpläne
Miquels gründlich unterrichtet und sich mit ihnen
einverstanden erklärt hatte. Die Vertretung dieser
Pläne, die inzwischen auf der in großer Einigkeit
abgeschlossenen Ministerkonferenz in Frankfurt festere
Gestalt gewonnen haben, wird bekanntlich im Reichs-
tag auf Wunsch des Reichskanzlers Grafen Caprivi
Finanzminister Miquel übernehmen. So gewinnt
Graf Posadowsky Zeit, sich in die inneren Ge-
schäfte des Reichsschatzamts einzuarbeiten und sich
vor allem rechtzeitigt für die Vertretung des Reichs-
haushalts ini Reichstage vorzubereiten."
— Der „Voss. Ztg." zufolge wird als Nach-
folger des zum Schatzsekretär des Reichsschatzamtes
ernannten Landeshauptmanns der Provinz Posen,
Graf von Posadowski-Wchner, in erster Linie der
Posener Polizei-Präsident von Natusius ge-
nannt.
— Laut den Berliner „Pol. Nachr." schweben
unter den betheiligten preußischen Ressorts kom-
missarische Verhandlungen über angeblich wichtige
Fragen des Agrarrechtes.
— Die drei Steucrgattungen, hinsichtlich deren
man in Frankfurt zu positiven Ergebnissen gekommen
ist, sind: die Tabakfabrikatsteuer, die
Reichs stempelsteuer und die Weinsteuer.
Was die Tabakfabrikatsteuer betrifft, so ging die
Erörterung dahin, daß die Stempelung, die ein-

geführt werden soll, an der Verpackung vorgenommen
werven wird. Die verpackte und mit dem Stempel
versehene Waare wird von dem Händler ohne jede
Beschränkung oder Kontrollierung dem Klcinverkauf
ausgesetzt; es ist also Niemand gezwungen, bestimmte
Quantitäten einzukaufen, sondern der Detailhandel
vollzieht sich völlig in der bisherigen Weise. Der
geplante Zuschlag zur Neichsstempelsteuer wird einer-
seits in der Einführung der Ouittungssteuer be-
stehen, die Abstempelung der Quittungen dürfte,
uni die Belästigung des Verkehrs möglichst ein-
zuschränken, einfach durch Aufkleben von Stempel-
marken auf die Quittungen durch das Volk selbst
erfolgen. Die Weinsteuer soll eine Lurussteuer sein
und weder die Einnahmen der Einzelstaaten aus
den bisherigen Weinsteuern schmälern, noch den
Konsum billiger Weine verteuern. Sie soll ledig-
lich die Oualitätsweine in Betracht ziehen, unter
denen auch die Schaumweine inbegriffen sind. Vom
Schaumwein, aus dem man einer früheren Schätzung
zufolge 3 Millionen Mark herausschlagen wollte,
hofft man einen bedeutend höheren Ertrag zu er-
zielen. Die Konferenzen sollen in künftigen Be-
darfsfällen wiederholt werden. Die den Berathungen
zu Grunde gelegte Denkschrift soll in ihrer jetzigen
Form nicht veröffentlicht werden, vielmehr wird dem
Reichstage eine neue Denkschrift vorgelegt werden,
da durch die Berathungen eine Reihe der zu er-
örternden Fragen ein ganz anderes Gesicht ge-
nommen haben. — Die „Post" theilt mit, in amt-
lichen Kreisen sei man mit den Ergebnissen der
Frankfurter Konferenz außerordentlich zufrieden.
— Bezüglich der Tabakfabrikat-
stcuer gehen dem Vernehmen nach die Ansichten
über die zweckmäßigste und für den Verkehr am
wenigsten lästige Form der Aufsicht über die Steuer-
leistung noch auseinander. Während vielfach die
Besteuerung nach den vom Fabrikanten auszustellenden
Rechnungen als die einfachste Gestaltung befür-
wortet wurde, ist anderseits betont worden, daß
eine derartige Aufsicht der Steuerbehörden erfahrungs-
gemäß stets als überaus lästig empfunden wird.
Von diesen Seiten wurde vielmehr das in den
Vereinigten Staaten eingeführte und dort als be-
währt anerkannte Verfahren empfohlen, nämlich das
Umbinden der Verpackung mit Stempelstreifen
(Banderolles). Die Entscheidung wurde in dieser
Beziehung noch offen gehalten' und wird vielleicht
erst dem Bundesrath anheimgestellt werden.
— Polnische Blätter fordern die Nückberufung
der Landwehrmänner und Reservisten aus den von
der Cholera bedrohten Bezirken. Es verlautet,
die dortigen Herbstmanöver sollen abgesagt werden,
um einer Ausbreitung der Seuche vorzubeugen.
Aus Vaden, 15. Aug. Zu den Beschlüssen
der Frankfurter Finanzminister-Kon-
ferenz bemerkt die „Bad. Korr.": Da bei den
anfangs September in Berlin stattfindenden kom-
missarischen Berathungen die badische Negierung
durch Regicrungskommissare vertreten sein wird, so
wird sie auch in der Lage sein, die Interessen des
inländischen Tabakbaues und Handels und der

Fabrikation nachdrücklich zur Geltung zur bringen,
wobei insbesondere durch möglichste Schonung die
gedeihliche Forteristenz der kleinen Fabrikationsbe-
triebe gesichert werden soll. Auch über die Aus-
dehnung des Besteuerungsrechts des Reiches aus
den Wein werden im Hinblick auf die möglichen
finanziellen Benachtheiligungen, die den Staaten
mit bereits bestehender Jnlands-Weinbesteuerung
durch eine Reichsweinsteuer erwachsen könnten, Ver-
handlungen in Berlin stattfinden, bei welchen dje
großherzogliche Regierung durch zwei Kommissare
vertreten sein wird.
Ausland.
Wien, 15. Aug. Die hiesigen unabhängigen
Sozialisten hielten eine Versammlung, in der
das Vorgehen der Führer der deutschen Sozialdemo-
kratie gegen die Unabhängigen scharf kritisirt und
gesagt wurde, Singers Kompromisse zeigten das
Bestreben, den alten sozialistischen Prinzipien einen
Wasserzusatz beizumengen; deßhalb werde Kamps
sein, bis die eine oder die andere Fraktion unter-
gehe. Im weiteren Verlaufe nahm die Versamm-
lung einen derartig tumultuarischen Charakter an,
daß ihre Auflösung erfolgte, was neuerlichen Lärm
verursachte. Die Polizei stellte die Ordnung wie-
der ber.
Nom, 15. Aug. Der König und der Ma-
rineminister empfangen Mittwoch Abend/ den
Prinzen Heinrich und begeben sich aij Bord
der „Savoya" zur Theilnahme an den Flotten-
manövern.
Belgrad, 15. Aug. Anläßlich des Geburts-
tags des Königs brachte der französische Ge-
sandte als Doyen des diplomatischen Korps die
Glückwünsche dar. Die Diplomaten nahmen sodann
am Hofdiner Theil. Zahlreiche Beförderungen und
Auszeichnungen, darunter eine solche von Sava
Gruic, fanden statt. Eine Amnestie und Straf-
nachlaß für zahlreiche Vergehen und Verbrechen sind
ergangen.
London, 15. Aug. Aus Bombay wird ge-
meldet: Der Aufruhr dehnt sich in den Vor-
städten immer weiter aus. Bis jetzt sind 1200
Verhaftungen vorgenommen worden; 50 Personen
wurden getödtet. Es ist schwer, den wirklichen Ver-
lust anzugeben. Die Straßen und Spitäler sind
voll von Verwundeten. Selbst Leichenzüge wurden
von den Muselmanen wüthend angegriffen und
müssen von Truppenabtheilungen geleitet werden.
Weitere Verstärkungen von Infanterie und Kavallerie
sind aus Poonach herbeigezogen worden. Die Trup-
pen biwakieren in den Straßen. Der Gouverneur
wird morgen erwartet.
Bombay, 15. Aug. Die zuversichtliche
Stimmung beginnt in der Stadt, wiederzukehren,
die Läden werden wieder geöffnet. Man hofft, daß
der normale Zustand bald wieder hergcstellt sein wird.
Ans WcrH unö Jern.
* Karlsruhe, 15. Aug. Heute früh 42/4
Uhr hat das Leibgrenadier-Regiment mit klingendem
Spiele unsere Stadt verlassen,, um zunächst Regi-

Kne önnkle Thal.
Roman von P. E. von Areg.

26) (Fortsetzung.)
Dies Wort ist ungesprochen geblieben, Wil-
helm, und wenn Du mir vorwirst, daß das eine
lieblose Schlechtigkeit von meiner Seite war, die
in ihrer Häßlichkeit durch meine sehr nahen ver-
wandschastlichen Beziehungen noch verstärkt wird,
so muß ich diesen Vorwurf als gerechtfertigt still-
schweigend hinnchmen.
Um aber den Verdacht zu wehren, als habe
ich danials nur geschwiegen, um den Bösen zu
schützen, so will ich Dir wenigstens noch die
Gründe erklären, welche die Veranlassung zu
meinem Schweigen waren.
Die Rücksicht auf mein eigenes Selbst zunächst
war es, die mich dazu bewog. Ich war völlig
in den Händen Grünows; wenn ich ihn zum
Falle brachte, war mir der eigene Untergang
gewiß. Aber auch die Scham hielt mich davon
ab. Ich schämte mich, es eiugestehen zu müssen,
daß ich mich nicht gescheut hatte, einem solchen
Schufte so offene Andeutungen über vertrauliche
Familienverhältnisse gemacht zu haben. Und
dann gab es noch ein Drittes und das war die
Hauptsache, und um ihretwillen rechne ich noch
jetzt auf Deine Verzeihung. Ich liebte Leonore,
sobald sie erwachsen war, und doch war ich dazu
verdammt, es mit ansehen zu müssen, wie Deine
ganze Neigung ihr gehörte und wie wiederum
ihr Herz dem'Deinen entgcgcnschlug. Es ist das

erste Wort, daß ich übep diese meine Lieb? ver-
liere, Leonore hat niemals etwas davon erfahren
und ich bitte Dich, verschone sie mit meinem Ge-
stündniß. Sobald ich Euch durch jenes Gerücht
auseinander gerissen sah, triumphirte ich. Mir
schien die Möglichkeit zu winken, daß sie doch
noch einmal mein werden könne und so that ich
ein Unrecht um meiner Liebe willen.
Das sind meine ganzen Geständnisse, benutze
sie und erinnere Dich dabei daran, daß es am
28. September 1877 war, als Herr Grünow
angeblich von Berlin nach Stavenhagen zurück-
kehrte. Haus v. Flottwell.
„Am 26. September 1877", sagte der
Assessor, indem er den Brief niederlegte, „und
jene Aufschrift auf dem ominösen Pallete in
Wienbrands Geldschranke trägt das Datum des
vorhergehenden Tages. Das ist kein sonderbarer
Zufall, sondern ein deutlicher weiterer Finger-
zeig auf den Mann, den ich seit vier Jahren
suche."
-i«
Am Morgen des anderen Tages empfing das
Landgericht in der Hafenstadt ein Schreiben von
der Hand desselben Absenders; es lautete:
Ich stehe im Begriff den Dampfer zu be-
steigen, der mich nach Amerika bringen soll,
allein bevor ich abreise, fühle ich das dringende
Bedürfnis;, eine Unrichtigkeit wieder auszuglcichen,
die ich mir bei meinem Verhöre vor dem Audi-
toriat in Stavenhagen bezüglich der Wienbrand-
schen Mordaffaire habe zu Schulden kommen
lassen. Ich habe damals angegeben, daß ich
persönlich zu Wienbrand gegangen, ihm das Geld

gezahlt nnd dafür von ihm die betreffenden
Wechsel zurückempfangen habe. Das war eine
Unwahrheit. Ich befand mich vielmehr aus dem
Wege zu Wienbraud, als mir auf der Straße
ein Mensch Namens August Klotze begegnete, den
ich ganz genau kannte, weil er nicht allein in
Wienbrands Namen wiederholt bei mir gewesen,
sondern für mich persönlich mancherlei andere
Geschäfte, deren Auszählung nicht hierher gehört,
besorgt hatte. Ich nahm den Mann mit mir in
ein nahe gelegenes Restaurant und übergab ihm
dort das Geld, das ich bei mir trug, mit dem
Auftrage, dasselbe Wienbrand auszuzahlcn nnd
mir dafür die Wechsel zu bringen. Allein Klotze
ließ sich an diesem Tage nicht wieder vor mir
sehen, sondern überbrachte mir die Papiere erst
drei Tage später in meinem Garnisonorte und
zwar am späten Nachmittage desselben Tages,
an dessen Morgen Wienbrand ermordet wurde.
Hans v. Flottwell.
Der Untersuchungsrichter erließ sofort Steck-
briefe und sandte sofort die ganze Gendarmerie-
Brigade des Landgerichts aus die Suche nach
August Klotze aus, genau ebenso, wie er eine Woche
früher nach dem Manne mit den stark vortre-
tenden Backenkochcn hatte suchen lassen; cs war
jedoch keiner von allen diesen Polizeioffizianten
so glücklich, eines oder das andere der beiden
sie blieben beide ver-
tue Erde eingeschluckt
-t-
saß verschiedene Tage
etwa zur selben Stunde

in der er zum ersten Male Herrn von Grünow
empfangen hatte, in dem Schreibzimmer Wien-
brands. Die Lampe beleuchtete mit ihrem sanften
Schein das einfache Zimmer, das seiner Einrich-
tung nach kaum darauf schließen ließ, daß ein
so wohlhabender Mann wie Wienbrand eS nach
des Doktors eigenen Erfahrungen gewesen war,
sich mit 'hr habe genügen lassen. Draußen segte
der Herbststurm durch die Straßen, während
hier innen der Ofen eine behagliche Wärme ver-
breitete. Es muß aber sehr dahingestellt bleiben,
ob der Doktor von dieser angenehmen Erwär-
mung der Zimmcrluft gerade besonders viel
spürte, denn das lebhafte Leuchten seiner Augen
und die wiederholt aus seiner Stirn aufsteigende
leise Röthe verdankten jedenfalls ihr Entstehen
lediglich der Person, die neben ihm saß.
Klara war es.
Sie hatte es nicht über sich gewinnen können,
den Doktor hier unten allein sitzen und auf Herrn
v. Grünow warten zu lassen, auf dessen Rück-
kunft er mit aller Bestimmtheit rechnete und
dessen Ankommen er unter keinerlei Umstünden,
eingedenk seiner Verabredungen mit dem Freunde,
verabsänmen wollte. Nachdem aber Herr von
Grünow sich nach Ablauf von acht Tagen noch
nicht wieder hatte sehen lassen, so hätte der
Doktor höchst wahrscheinlich jene tägliche Warte-
stunde längst aufgegeben, wenn er sich nicht von
Tag zu Tag mit der frohen Hoffnung dazu
wieder entschlossen Hütte, daß die Gegenwart
von Wienlwands Töchterchen ihm dabei nicht
fehlen werde.

Individuen zu erwischeu;
schwunden, als ob sie
Hütte.
*
-k-
Doktor Schwanenseld
später am frühen Abend,
 
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