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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 105-117 (September 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0461

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Die an dem Strome lagen
Und Mann und Roß gehegt,
Lupin, der Herzog, ſprach:
Nun hielt ich Gaſtfreundſchaft,
An nichts es euch gebrach
Fuͤr eure muͤde Kraft.

Nun aber ſollt ihr wiſſen,
Wer Speiſe, Bett und Trank
Von heut' an nicht will miſſen,
Und muͤde iſt und krank,
Den will ich gern aufnehmen,
Heraus ſchick' ich nichts mehr,
Auch muß er ſich bequemen
Und meiden Waff' und Wehr.

Des thaͤten ſich entruͤſten
Die ſtolzen Bruͤder zwei,
Man ſah ſie da ſich bruͤſten,
Zu ſtuͤrmen das Gebaͤu,
Sie fuͤhrten zu dem Schloße
Wohl ihre kleine Schaar,
Das Hungern bald verdroße
Wer da bei ihnen war.

Was ſoll uns Hunger plagen,
Gar bald ein jeder ſprach,
Karol wird uns erjagen,
Dies Schloß trotzt Jahr und Tag;
Da zogen ihrer Straßen
Die Maͤnner ungeſaͤumt,
Rappott und Wermann ſaßen
Als haͤtten ſie getraͤumt.

Und giebts nichts mehr zu wagen?
Sprach Wermann, ſah ſich um,
Du willſt doch nicht verzagen,
Rappott! was biſt du ſtumm?
Rappott drauf ſprach: ich ſinne,
Wer beſſer von uns zwei'n
Den Herzog uns gewinne;
Denn unſer muß er ſeyn!

Hier gilts ein Ueberreden;
Mit ſeiner Nachbarſchaft
Muß er den Karl befehden,
Leicht ſchoͤpft der Waldbach Kraft
Von andern fremden Quellen,
Er werb' im Heidenland
Aus Feinden ſich Geſellen,
So halten wir noch Stand!

(Fortſetzung folgt.)

Das eheſtiften de Bad.

(Forrſetzun g.)
Endlich kam der Tag, den die Mutter erſehnte, und der
Sohn befuͤrchtete, wo die ganze Familie die hohen ſchattenrei-
chen Lindengaͤnge des Bades begruͤßte. Der junge Mann fing
ſich an, etwas mit ſeiner Baronie auszuſoͤhnen; einmal, weil
er hoffte, die Graͤfin wuͤrde denken wie er, und keinen Ba-
ron heirathen; zweitens weil er ſeiner freiherrlichen Erzieh-
ung die koſtbaren Tugenden der großen Welt verdankte, z. B. gra-
cieuſe Gewandtheit des Koͤrpers und Geiſtes, edle Liſt, weiſe
Verſtellung und richtige effecktvolle Anwendung ſeiner Kraͤfte!
Die Baronin war im Bade die erſte; der Graͤfin alſo
zuvorgekommen wollte ſie ſelbige bei ihrer Ankunft feſtlich
uͤberraſchen; die Sitte des Ortes bot dazu guͤnſtige Gelegen-
heit dar.
Beide Geſchlechter badeten in der Regel gemeinſchaftlich.
Eine große runde Halle in welche das Licht durch die Decke
fiel, umgab das tiefe durch ein Glashaus hermetiſch geſchloſ-
ſene Baſſin. Die Badenden traten aus dem ringsumgebenden
Zimmern durch abgeſonderte Gaͤnge herein; und weil ſich hier
der Geneſungs-Zweck ſd leicht mit der Eitelkeit verbinden
ließ, erſchienen die Frauen jederzeit ungemein zierlich geklei-
det, oft mit Perlen und Spitzen angethan, weil man ſagte,
das Waſſer ſey beiden vortheilhaft. Dieſes gab denn genuͤ—
genden Reitz, daß ſich in den obern Gallerien, welche den
Glaskaſten umgaben, Zuſchauer zahlreich einfanden. In der
That ging es in demſelben auch recht lebhaft, anmuthig und
geſ llig zu; um dieſe Freude zu erhoͤhen, fanden zuweilen
Fruͤhſtuͤcks-Feſte ſtatt; welche Ankoͤmmlinge im Bade oder Ab-
gehende der ganzen Geſellſchaft gaben, oder von diſen jenen
gegeben wurden.
Zu einem ſolchen wurde die Graͤfin am Abende ihrer
ſpaͤten Ankunft von der Baronin zum andern Morgen gela-
den. Die Bade⸗Stunde begruͤßte beide Familien im lauen
Wellenſpiel, die Baronin mit ihrem Sohne eroͤffnete heute die
Reihen. (Fortſetzung kolgt.)

Unterhaltungs-Literatur.

1) Bunte Bilder. Erzaͤhlungen und Skizzen von einigen theils
melancholiſchen, theils luſtigen Freunden. Herausgegeben
durch Guſtav Joͤrdens. Zweites Baͤndchen. Leipzig, bei
Chriſtian Ernſt Kollmann, 1824. 274 S. 8.
2) Die Huſſiten vor Zittau, Erzaͤhlung aus der Mitte des
funfzehnten Jahrhunderts von Ewald. Zwei Thl. ebendaſ-
1824. Erſter Thl. 242 S. Zweiter Thl. 268 S. 8.
3) Meines Oheims Flausrock. Eine Sammlung Erzaͤhlungen
von M. Tenelli. Ebendaſ. 1824. 199 S. 8.
Die Kritik kann von ſolchen literariſchen Erſcheinungen
eigentlich nichts weiter ſagen, als was ſie vorausſezt, naͤmlich:
daß ſie exiſtiren. Das Behagen oder Misbehagen der Leſewelt,
 
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