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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 144-157 (Dezember 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0614

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Vom Trinityſtrome bis zum Rio del Norte gibt es ſehr
viele wilde Wieſen (Prairie) die nur da von Gehoͤlzen und
Forſten durchſchnitten ſind, wo Baͤche oder Fluͤſſe laufen
auf deren beiden Ufern ſie angeflogen ſind. Die Stroͤme
dieſes Landes laufen mit einander meiſt in paralleler Rich-
tung von Norden nach Süden, einige naͤhern ſich den
Bergen, die gegen 500 A. Meilen von der See entfernt
ſeyn moͤgen. Einige von den Stroͤmen gewaͤhren betraͤcht-
liche Schiffahrt, alle wenigſtens eine gewiſſe Strecke. Der
Braſos iſt von dem Trinityſtrome ohngefaͤhr 70 A. Meilen
entfernt und ohngefaͤhr 300 A. Meilen ſchiffbar. Von dort
bis zum Colorado der gegen 2 bis 300 A. Meilen ſchiffbar
iſt, und ein ſehr ſchoͤnes helles Waſſer hat, ſind ohngefaͤhr
90 A. M. Außer dieſen ſind noch andere ſchoͤne Flüſſe vor-
handen. Der, an dem die Hauptſtadt liegt, heißt St. An-
tonio und iſt nur eine kurze Strecke ſchiffbar; er faͤllt in
die Bay von Matagorda ohngefaͤhr 120 A. M. von der
Stadt, die 5000 Einwohner zaͤhlt. Labihia liegt ebenfalls
an jenem Strome, ohngefaͤhr 80 A. M. unterhalb der
Hauptſtadt, mit 2000 Einwohnern, und mag fuͤglich als
der Garten dieſer Provinz betrachtet werden. Die Bayen
von St. Bernhard und Matagorda und die Mündung des
Rio del Norte bilden gute Haͤfen. Das Bauholz von Te-
xas unterſcheidet ſich wenig von dem, der andern ſudli-
chen Provinzen der Union, die Eichenarten ausgenom-
men, die laͤngs der Kuͤſte und den Flußufern eine große
Vollkommenheit erreichen. Farbeſtoffe, die mir zu Geſicht
kamen, waren Indigo und Cochenille, erſterer könnte bis
zu großer Ausdehnung angebaut werden, letztere gedeiht
ohne Mühe und Aufmerkſamkeit. Am Colorado und Tri-
nity gehen betraͤchtliche Steinkohlenlager zu Tage aus und,
der Beurtheilung der Eigenſchaft der hoͤhern Gebirge nach,
wird ſich auch Gold, Silber, Kupfer und Blei finden.

laſſen.
(Fortſetzung folgt.)

222— — —2424 — — —— — — — — ——

Ueber die neueſte Literatur.

An einen jungen Dichter. (S. Blätter für Kunſt Nr. 17.)

II.
Ueber die Eurianthe als literariſches Produkt.
(Sch lu 6.

Warum mußte die Leidenſchaft Lyſiarts ſchon fertig ſeyn,
warum nicht erſt entſtehen und eben darin ſeine Strafe
liegen? Geſetzt er denkt im Beginn der Handlung an
nichts, als an die Wette, ein Zeichen der Gunſt von Eu-
ryanthe zu erhalten. Die Leichtigkeit, mit der er das ge-
wagte Spiel unternimmt, wuͤrde in einem ergoͤtzlichen
Kontraſte mit dem Verluſt ſeiner Ruhe ſtehen,
den er in der Verfolgung ſeines Planes und in
der⸗Näͤhe Euryanthe's erleidet. Die Verfaſſerin konnte
hier ein ſkizzirtes Seelengemaͤlde liefern, ohne die Forde-
rungen der Tonkunſt zu umgehen, ja ſie konnte ſie durch
die Erfüllung überbieten, denn ſie gab der Begleiterin Ge-

legenheit den Uebergang von Gleichguültigkeit in Leiden-
ſchaft zu malen, und dadurch einige Seelenzuſtaͤnde zu
durchlaufen, die eben ſo intereſſant waren, als verſchieden.
Kurz, mein Freund, ich bin ſelbſt auf die Gefahr eines
Zweikampfes der Meinung, Frau von Chezy war einer
ſolcher Arbeit nicht gewachſen und der weit geringere Er-
folg, den das Stuck gegen den Freiſchütz gehabt hat, iſt
ohne Zweifel mehr auf ihre Rechnung zu ſchreiben, als auf die
Maria's von Weber. Ich will nicht behaupten, daß das
einzige Geiſtige der Geiſt ſey, denn es giebt ſinnreiche
Gedanken und Momente in dem Stücke, aber ſelbſt die
Einführung deſſelben iſt ſo wenig nothwendig, — doch was
fragen wir in einer Oper nach dem Nothwendigen, wenn
man nur den Sinnen etwas bietet, wenn man nur die Neu-
gier ſpannt, ohne zu unterſuchen, ob ſie wahres Intereſſe
ſey? In der Abendzeitung 1224, Wegweiſer Nr. 45, S.
179. hat bie Verfaſſerin erklaͤrt: Die Geiſterwelt ſollte
mit in die Elemente der Kompoſition eingewebt werden,
ich wünſchte das urſprünglich, weil ſie Weber auf dem
Meere der Töne gleichſam die Montgolfiere darbot, zum
kühnſten und zarteſten Aufſchwung, und ich hatte Recht.“
Nun, dieſe feſte Ueberzeugung wollen wir in ihr nicht er-
ſchüttern, aber meine Leſer werden mit dem erſten prüͤ—
fenden Blick in die Grundſtoffe eingeſtehen muſſen, daß ſie
Unrecht hatte, ſobald ſie die Haüptidee verfolgte, die ich
eben anzugeben verſuchte. Maria von Weber hat Beden-
ken dagegen getragen, und ich weiß nicht, ob es mehr der
Komponiſt oder der Dramaturg geweſen iſt. Denn ſobald
die Geſchichte Emma's, und dieſe wird doch wohl unter
der Geiſterwelt verſtanden, mehr Feld gewann, als ſie jetzt
beſitzt, ſpaltete ſich die Handlung, es entſtanden zwei In-
tereſſen und eins hob das andere auf. Haͤtt' ich die Er—⸗
zaͤhlung, „Euryanthe von Savoyen,“ (aus dem Manuſcript
der Königl. Bibliothek zu Paris: Eistoire de Gerard de
Nevers et de la belle et vertueuse Euryant de Savoye, sa
mie. Von Helmine von Chezy. Berlin, Vereinsbuch-
handlung 1823.) oder die „Sammlung romantiſcher
Dichtungen des Mittelalters,“ (aus gedruckten und
handſchriftlichen Quellen. Herausgegeben von Friedrich
Schlegel. Leipzig, Junius 1804.) wo jene Geſchichte ge-
ſtanden, zur Hand, ſo wurde ich mir erlauben, eine Pa-
rallele zu ziehen, aber bei dem Mangel derſelben, iſt es
Zeit abzubrechen und mit den Worten der Frau von Chezy
in der genannten Nummer der Abendzeitung zu ſchließen:
„Ueberhaupt ſey es mir zum Schluß vergönnt, einem lei-
ſen Zweifel in die Theorie aller Referenten, welche uber

meine Arbeit abgeurtheilt haben und aburtheilen werden,

hier Luft zu machen, und ihn zu hegen, bis einer dieſer
Herrn ſelbſt einem großen Meiſter eine zum durchkomponi-
ren gearbeitete Dichtung geliefert, die ich in allen ihren
Beſtandtheilen, zu welchen ich die Schwachheit habe,
Sprache und Versbau mitzurechnen, uͤter meine Arbeit
ſetzen muß.“ Nun, ich habe nichts gegen die Herausfor-
derung, wenn ſie an mich geſchehen ſollte, ich ziehe meinen

Handſchuh aus, hier liegt er! *
— e.
 
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