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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 144-157 (Dezember 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0618

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Beiträge zur inneren Kenntniß von Amerika.

(Fortſetzun g.)
). Der Staat Miſſouri.

Das Bodenland an den Ufern der Ströme, welches jaͤhrlich
uberſchwemmt wird, iſt ſehr reich, allein man kann dar-
auf nicht wohnen ohne Gaͤllenfiebern, Ruhren, kalten und
andern Fiebern und Krankheiten den größten Theil des
Jahres hindurch unterworfen zu ſeyn. Ein anderer Theil
des Landes iſt uberflüſſig mit Blei und Eiſen verſehen, iſt
aber zum Getreidebau untaͤuglich. Die wilden Wieſen, die
keinen geringen Theil ausmachen, ſind mehrentheils mit
Grundeichen bewachſen, welche 5 Sp. Th. den Morgen
auszureuten koſten. Es giebt einige Flecken Grund, die
vortrefflich ſind, allein bei weitem der groͤßte Theil,
von dem was man gutes Land nennt, gehört blos zur
zweiten und dritten Sorte; es hat gewoͤhnlich nur eine
dünne Flaͤche guten Grund, die ſelten über einen Fuß tief
iſt. Der einzige wirkliche und weſentliche Werth dieſes
Staates ſind die Bleigruben. Das Land vom Staate Illi-
nois, iſt weit beſſer. Die wilden Wieſen in dieſem Staate
koͤnnen uberall mit dem Pfluge aufgebrochen und bearbeitet
werden, und die Dammerde iſt ſelten weniger als 8 Fuß
tief.
St. Louis oder Pancore iſt die Hauptſtadt des Staats
Miſſouri; ſie liegt auf dem rechten Ufer des Miſſiſippifluſſes in
einer unfruchtbaren Gegend,‚, 20 A. M. von deſſen Vereinigung
mit dem Miſſouri, und auf dem Poſtwege 1000 A. Meil.
(130) von der Bundesſtadt Waſhington. Das Anſehen der
Stadt, von der Seite des Miſſiſippi und dem entgegen-
geſetzten Ufer am Illinois iſt wegen ſeiner abhaͤngigen
Lage ziemlich angenehm. Die alten Gebaͤude ſind von Blo-
cken und Stein ſo häßlich, unbequem und rauh als möglich,
nach alt⸗franzoͤſiſcher Art gebaut, mit den dazu gehoͤrigen
Pläͤtzen fuͤr Gaͤrten, und zwar groͤßtentheils auf der erſten Bank
des Stromufers, welches aus Kalkſtein beſteht. Die Straßen
ſind enge und ſchmutzig. Die Hauptſtraße, die einzige von
Bedeutung, läuft in gleicher Richtung mit dem Miſſiſippi,
und iſt ohngefaͤhr 1½ A. M. lang. Die zweite Bank faͤngt
ſich ohngefaͤhr Thaulaͤnge vom Strome an und erhebt ſich
30 Fuß, auf dieſer ſind verſchiedene weitere Straßen an-
gelegt, die einige neue von Backſteinen erbaute Haͤuſer
enthalten, nebſt dem Gefaͤngniſſe, jedoch alle ohne einen
Anſtrich von Kunſt, Geſchmack und Geſchicklichkeit. — Drei
Thaulaͤngen von dem Strome iſt der Boden uneben, und
hier befindet ſich ein Teich mit ſtehendem Waſſer der zwei
Meilen lang, und 1½ breit iſt und im Nachſommer einen
unangenehmen faulichten Geruch verbreitet, und Myriaden
von Schnacken und anderm plagenden Ungeziefer erzeugt.
Hinter der Stadt iſt eine wilde Wieſe, die 10 A. M. lang
iſt und gar nichts hervorbringt, und ſomit einen traurigen
Anblick gewaͤhrt. Der Markt wird von Illinois verſehen.
Obgleich die Stadt St. Louis ſchon 1764 angebaut wurde,
ſo hat ſie doch nur 4000 E., die jetzt immer weniger wer-
den. Der Farbe nach ſind ſie von ſehr verſchiedener

Miſchung, die Schattirungen gehen vom Roth der India-
ner durch Weiß bis zum Schwarzen der Neger. Die ur-

ſpruͤnglichen Anbauer und Einwohner ſind Franzoſen aus
Canada. Die uͤbrigen ſind Tenneſſier, Kentukier, Virgi-
nier, Penſilvanier und Haͤnkies; mit dieſem letzten Namen,
werden alle diejenigen belegt, welche aus den atlantiſchen
Staaten, oͤſtlich von den Gebirgen kommen, und
von denen die weſtlichen Bewohner ſonderbare Begriffe ha-
ben. Der groͤßte Theil jedoch beſteht aus Irlaͤndern, die
ſich der Katholiſchen Kirche und des Biſchofs wegen hier
zuſammen ziehen. Im Allgemeinen halten ſich die Leute
aus jenen Staaten zuſammen.
Bilder und Sprüche
von Fritz Max Heßemer.

(Slch (eu ß.)
28. Der Tod.
Flieht, flieht! ihr Menſchen, der Tod iſt losgelaſſen und
wüthet durch eure Saaten, flieht, flieht und rettet euch,
ſonſt ſeyd ihr alle verloren! — So rief ein böſer Geiſt,
der durch ſeinen falſchen Rath den Menſchen Verderben zu
bringen trachtete; ſie aber oͤffneten Thüren und Fenſter
und ſprachen: Er komme, er iſt unſer Feind nicht, wie
ſollten wir ihn fuͤrchten!
29. Die Thräͤnen des Sterbenden.
Ein Jüngling lag im Sterben und in die gebrochenen Au-
gen traten zwei ſchwere Thraͤnen, die über die todten
Wangen herunter rannen. Da ſagte einer ſeiner Freunde:
„O ſeht, auch Er weint, es wird ihm ſchwer, von dem blü-
henden Leben und von uns zu ſcheiden!“ — Da ſagte ein
Anderer: Wohl weint er, doch darum nur, weil wir nicht
alle gleich mitgehen zum Vater!“ —
30. Der Wegweiſer.
Auf dem Platze, wo ſich mehrere Straßen kreuzten, ſtand
ein Wegweiſer, an welchem die Zeit die Schrift verloͤſcht
und einen Arm herabgebrochen hatte. Die Menge ging
vorbei, verhoͤhnte ihn und half der Zeit ihn ganz zu zerſtören.
O Menſchen! die ihr euch Verdienſte um die Menge er-
worben habt, welch ein trauriger Dank erwartet euch im Alter!

An alotlg ie.
In einer der neueſten Nummern des Merkurs ſtellt ein
Kritiker den mißlichen Verſuch des phyſikotheologiſchen Bewei-
ſes von dem Daſeyn Gottes, d. h. des Beweiſes, der von dem
Daſeyn einer Welt auf das eines Gottes ſchließt, ſehr treffend
mit den Worten dar: „Wenn der Verſuch nicht gelang, ſo liegt
es weniger an dem Experimente, als an der Wahl deſſelben,
es iſt gut, wenn man von ihm nichts weiter fordert, als was es
beweiſen kannz ein Geſetz der phyſiſchen oder ſittlichen Welt
will man entdecken, aber man findet nicht den Geiſt, der es ge-
geben.“ Daſſelbe koͤnnte man von dem neuern Rationalismus
in der Theologie ſagen: man ſteigt auf der Leiter derVernunft-
ſchluͤſee hinauf uͤber die Wolken bis zum verborgenen Stuhl
Gottes, aber es pflegt eine Strickleiter zu ſeyn, welche wankt
und nicht ſelten zerreißt, wenn der Steiger die letzte Sproſſe
betreten will. — n —
 
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