Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913
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1. Heft
DOI article:Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN
Sodann haben im CERCLE ART1ST1QUE aus-
gefteüt Omer Coppens eine größere Anzahl
von Stadtbildern und Landfchaften, teils vom
Lago maggiore, teils von Brügge, der male-
rifchen Fundgrube der Künftler, teils von
Brüffel, von deffen „Grande Place" Coppens
eine leuchtende Gouache gibt. Neben ihm
bringt ein jüngerer begabter Künftler, Charles
Michel, Bildniffe größerer und kleinerer Di-
menfion, in letzterer befonders gut abfchnei-
dend, fowie Studien von Pflanzen, Mäufen,
Käfern auf Blüten und Stilleben, die alle mit
fcharfem Auge beobachtet und wiedergegeben
find, ln ganz entgegengefe^tem Sinne arbeitet
der Parifer Maler Th. A. Steinlen, der eine
große Zahl von Gemälden, Gouachen, Paftellen,
Zeichnungen, Radierungen, Lithographien und
Bildchen in Leder geriffen ausftellt. Er befi^t
eine fich aus diefem Enfemble ergebende Viel-
feitigkeit, ebenfo wie eine bedeutend koloriftifche
Begabung. Am beften gelingen ihm kleinere
Darftellungen populärer Art, junge Arbeiterinnen,
Verkäuferinnen von Blumen, Zeitungen und
Trotteufen in vernachläffigter Kleidung und Hal-
tung. Sehr charakteriftifch find feine Illuftra-
tionen; die Lederarbeiten gaben meift weibliche
Figuren wieder und fanden viel Anklang beim
hiefigen Publikum. F. M.
KÖNIGSBERG i. Pr. Die beiden Kunft-
falons BERNH. TE1CHERT und RIESEMANN
& LINTALER bringen vor Weihnachten Aus-
heilungen Königsberger Künftler. Vorhergehend
find die Arbeiten der Lehrer der Akademie.
L. Dettmann hat zwei Werke ausgeftellt, deren
Entftehung fchon etwas weiter zurückliegt. „Die
Raft" betitelt er ein religiöfes, an Marias Flucht
nach Ägypten anklingendes Figurenbild, zu dem
ihm holiändifche Interieurftudien die Anregung
gegeben haben. Die „Lindenallee" mit hufchen-
den Sonnenflecken und weißgekleideten Figuren
zeigt aber doch, daß die Landfchaft, von der
er urfprünglich ausgegangen, fein eigentliches
Gebiet ift. Otto Heichert zeigt Studien zu
feinem Wandgemälde für das Gymnafium in
Gumbinnen; wie immer find auch diefe Arbeiten
fehr gewiffenhaft vom Künftler durchgebildet,
doch ift ein eigentlich monumentaler Zug darin
nicht zu finden. O.Jernberg hat frifche Land-
fchaften und K. Albrecht gute Stilleben ge-
malt. Karl Storch hat farbig fehr gewonnen,
fein Vortrag ift lockerer geworden und dieAuf-
faffung großzügiger. Von den jüngeren Malern
ift befonders F. Domfcheit bemerkenswert, der
nach eigenem malerifchen Ausdruck fucht und
deffen Arbeiten großzügige Auffaffung zeigen.
Heefche, Boche und Froft findjernbergfehüler,
die Anfchluß an die Berliner Sezeffion haben;
in ihren Werken ift Frifche und gute Natur-
beobachtung enthalten. Erfreulich ift der Ein-
druck, den die Graphik macht. Heinrich Wolff
hat zwei fehr fchön gezeichnete weibliche Akte
und einige Algraphien gefchaffen, von feinen
Schülern find befonders Fried Traulfen,
Kaumann und von den Damen H. Neumann,
A. Michelau und G. Eichhorn zu nennen. Wie
auf allen Ausheilungen, fo ift auch hier die
Landfchaft am meiften vertreten, erfreulicher-
weife bevorzugen die Königsberger in ihren
Motiven die Heimat am meiften. Rehahn,
Eifenblätter, Grau, Gräfe, Wedel und
Seeck wählen ihre Alotive vom Oftfeeftrand,
von der Kurifchen Nehrung, von Litauen und
nicht zuletzt aus dem malerifchen Stadtbilde mit
feinem regen Hafenverkehr. Ift die Zahl der
Künftler in Königsberg auch nur gering, fo
zeichnet fie doch eine große Frifche aus, die fich
auch auf großen Ausheilungen angenehm be-
merkbar gemacht hat. Daß man hier auch be-
müht ift, zur Förderung der Kunft Opfer zu
bringen, zeigt die Errichtung einer eigenen
Kunfthalle, die vom Kunftverein gefchaffen
wird. Der Bau ift nach Plänen des Prof. Lahrs
errichtet und wird am 5. Februar in Gegenwart
des Kaifers durch die Erinnerungsausftel-
lung zur Jahrhundertfeier der Erhebung
Preußens eröffnet werden. Anfchließend an
diefe Veranftaltung foll am 6. April die 47. Kunft-
ausfteliung eröffnet werden. —n.
WIEN Die „Vereinigung bildender Künft-
lerinnen Öfterreichs" konnte ihre HL Aus-
heilung bereits im eigenen Heim veranftalten,
nachdem fie für ihre beiden erften Ausheilungen
(vgl. Cicerone 1911, Heft 1, S. 29 und Heft 19,
S. 748/49) noch die Gaftfreundfchaft der Sezeffion
und des Hagenbundes hatte in Anfpruch nehmen
müffen. Man darf die rührige Vereinigung zu
diefem äußeren Fortfchritt um fo freudiger be-
glückwünfchen, als fich ihm auch der künft-
lerifche Erfolg gefeilt. Er wird hoffentlich mit
dazu beitragen, daß die aus folchem Anlaß ftets
fich wiederholende leidige Frage nach der künft-
lerifchen Gleichberechtigung der Frau, deren
prinzipielle Beantwortung feuilletoniftifcher Aus-
wertung überlaffen bleiben mag, als ebenfo un-
fruchtbar wie überflüffig erkannt und feltener
aufgeworfen werden wird. In dem fpeziellen
Fall verlangt die Gerechtigkeit die Feftftellung,
daß diefe in befcheidenem Rahmen fich ge-
fällig darbietende Kunftfchau nirgends unter
das Durchfchnittsniveau der von männlichen
Kunftgenoffen veranftalteten Ausheilungen her-
abfteigt. In Olga Wifinger-Florian befit$t
21
Sodann haben im CERCLE ART1ST1QUE aus-
gefteüt Omer Coppens eine größere Anzahl
von Stadtbildern und Landfchaften, teils vom
Lago maggiore, teils von Brügge, der male-
rifchen Fundgrube der Künftler, teils von
Brüffel, von deffen „Grande Place" Coppens
eine leuchtende Gouache gibt. Neben ihm
bringt ein jüngerer begabter Künftler, Charles
Michel, Bildniffe größerer und kleinerer Di-
menfion, in letzterer befonders gut abfchnei-
dend, fowie Studien von Pflanzen, Mäufen,
Käfern auf Blüten und Stilleben, die alle mit
fcharfem Auge beobachtet und wiedergegeben
find, ln ganz entgegengefe^tem Sinne arbeitet
der Parifer Maler Th. A. Steinlen, der eine
große Zahl von Gemälden, Gouachen, Paftellen,
Zeichnungen, Radierungen, Lithographien und
Bildchen in Leder geriffen ausftellt. Er befi^t
eine fich aus diefem Enfemble ergebende Viel-
feitigkeit, ebenfo wie eine bedeutend koloriftifche
Begabung. Am beften gelingen ihm kleinere
Darftellungen populärer Art, junge Arbeiterinnen,
Verkäuferinnen von Blumen, Zeitungen und
Trotteufen in vernachläffigter Kleidung und Hal-
tung. Sehr charakteriftifch find feine Illuftra-
tionen; die Lederarbeiten gaben meift weibliche
Figuren wieder und fanden viel Anklang beim
hiefigen Publikum. F. M.
KÖNIGSBERG i. Pr. Die beiden Kunft-
falons BERNH. TE1CHERT und RIESEMANN
& LINTALER bringen vor Weihnachten Aus-
heilungen Königsberger Künftler. Vorhergehend
find die Arbeiten der Lehrer der Akademie.
L. Dettmann hat zwei Werke ausgeftellt, deren
Entftehung fchon etwas weiter zurückliegt. „Die
Raft" betitelt er ein religiöfes, an Marias Flucht
nach Ägypten anklingendes Figurenbild, zu dem
ihm holiändifche Interieurftudien die Anregung
gegeben haben. Die „Lindenallee" mit hufchen-
den Sonnenflecken und weißgekleideten Figuren
zeigt aber doch, daß die Landfchaft, von der
er urfprünglich ausgegangen, fein eigentliches
Gebiet ift. Otto Heichert zeigt Studien zu
feinem Wandgemälde für das Gymnafium in
Gumbinnen; wie immer find auch diefe Arbeiten
fehr gewiffenhaft vom Künftler durchgebildet,
doch ift ein eigentlich monumentaler Zug darin
nicht zu finden. O.Jernberg hat frifche Land-
fchaften und K. Albrecht gute Stilleben ge-
malt. Karl Storch hat farbig fehr gewonnen,
fein Vortrag ift lockerer geworden und dieAuf-
faffung großzügiger. Von den jüngeren Malern
ift befonders F. Domfcheit bemerkenswert, der
nach eigenem malerifchen Ausdruck fucht und
deffen Arbeiten großzügige Auffaffung zeigen.
Heefche, Boche und Froft findjernbergfehüler,
die Anfchluß an die Berliner Sezeffion haben;
in ihren Werken ift Frifche und gute Natur-
beobachtung enthalten. Erfreulich ift der Ein-
druck, den die Graphik macht. Heinrich Wolff
hat zwei fehr fchön gezeichnete weibliche Akte
und einige Algraphien gefchaffen, von feinen
Schülern find befonders Fried Traulfen,
Kaumann und von den Damen H. Neumann,
A. Michelau und G. Eichhorn zu nennen. Wie
auf allen Ausheilungen, fo ift auch hier die
Landfchaft am meiften vertreten, erfreulicher-
weife bevorzugen die Königsberger in ihren
Motiven die Heimat am meiften. Rehahn,
Eifenblätter, Grau, Gräfe, Wedel und
Seeck wählen ihre Alotive vom Oftfeeftrand,
von der Kurifchen Nehrung, von Litauen und
nicht zuletzt aus dem malerifchen Stadtbilde mit
feinem regen Hafenverkehr. Ift die Zahl der
Künftler in Königsberg auch nur gering, fo
zeichnet fie doch eine große Frifche aus, die fich
auch auf großen Ausheilungen angenehm be-
merkbar gemacht hat. Daß man hier auch be-
müht ift, zur Förderung der Kunft Opfer zu
bringen, zeigt die Errichtung einer eigenen
Kunfthalle, die vom Kunftverein gefchaffen
wird. Der Bau ift nach Plänen des Prof. Lahrs
errichtet und wird am 5. Februar in Gegenwart
des Kaifers durch die Erinnerungsausftel-
lung zur Jahrhundertfeier der Erhebung
Preußens eröffnet werden. Anfchließend an
diefe Veranftaltung foll am 6. April die 47. Kunft-
ausfteliung eröffnet werden. —n.
WIEN Die „Vereinigung bildender Künft-
lerinnen Öfterreichs" konnte ihre HL Aus-
heilung bereits im eigenen Heim veranftalten,
nachdem fie für ihre beiden erften Ausheilungen
(vgl. Cicerone 1911, Heft 1, S. 29 und Heft 19,
S. 748/49) noch die Gaftfreundfchaft der Sezeffion
und des Hagenbundes hatte in Anfpruch nehmen
müffen. Man darf die rührige Vereinigung zu
diefem äußeren Fortfchritt um fo freudiger be-
glückwünfchen, als fich ihm auch der künft-
lerifche Erfolg gefeilt. Er wird hoffentlich mit
dazu beitragen, daß die aus folchem Anlaß ftets
fich wiederholende leidige Frage nach der künft-
lerifchen Gleichberechtigung der Frau, deren
prinzipielle Beantwortung feuilletoniftifcher Aus-
wertung überlaffen bleiben mag, als ebenfo un-
fruchtbar wie überflüffig erkannt und feltener
aufgeworfen werden wird. In dem fpeziellen
Fall verlangt die Gerechtigkeit die Feftftellung,
daß diefe in befcheidenem Rahmen fich ge-
fällig darbietende Kunftfchau nirgends unter
das Durchfchnittsniveau der von männlichen
Kunftgenoffen veranftalteten Ausheilungen her-
abfteigt. In Olga Wifinger-Florian befit$t
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