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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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23. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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Ausstellungen
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SAMMLUNGEN ° AUSSTELLUNGEN

in Mitteiägypten unternommen hat. Die Aus-
heilung Funde aus Gräbern vom Jahre 2000 vor
Chriftus: Bronzefpiegel, Vafen, Infchriften. o. G.
ROTTERDAM MUSEUM BOYMANS. Seit
kurzer Zeit ijt das Mujeum, in dem [ich von
Rembrandt nur die Aiiegorie: ^Eintracht des
Landes" bejindet, um ein Biid diefes Meifters
reicher: es ift der bekannte kieine Chrijtus im
Befi^e von Dr. A. Bredius, den diefer während der
Dauer [eines Aufenthaltes in Amerika der Galerie
als Leihgabe überladen hat. — In dem merk-
würdigen Jahre 1648 in Rembrandts Leben ent-
banden die beiden Darjtellungen des Chrijtus
m Emmaus, eine nun in Kopenhagen, die zweite
im Louvre. Für den Chrijtus Jind heute noch
drei Vorjtudien vorhanden, alle drei fajt in dem-
Jelben kleinen Format; der größte Kopf be-
findet [ich in der Sammlung Johnfon-Philadelphia,
der kleinfte auf Schloß Pawlowsk bei Peters-
burg, der dritte ift nun im Boymans ausgeftellt.
Während [ich das rujfifche Bild [ehr an das Ge-
mälde im Louvre anlehnt, erinnern die beiden
anderen an die Kopenhagener Darftellung. Außer
dem Format und der ganzen Haltung der Figur
— die Hand ift auf allen drei Bildern vom Rah-
men halb verdeckt — ift ihnen die gleiche weiche
Auffaffung gemein. Darin unterfcheiden fie [ich
von der kräftigeren Auffaffung, wie Jie Rem-
brandt zehn Jahre Jpäter anwandte und wonach
man die Studien in Philadelphia und Pawlowsk
offenbar verkehrt datierte. Von den dreien ift
das Bild von Bredius ohne Zweifel das voll-
cndetfte und tief empfundenfte. R. B.
AUSSTELLUNGEN
DER PARISER HERBSTSALON zeigt
in diefem Jahre einen [ehr veränderten Charakter,
der dank der energifchen Anftrengungen der
Kunftgewerbler entfchiedener als je durch die an-
gewandte Kunft beftimmt wird. Gegen vierzig
vollftändig eingerichtete Innenräume und mehrere
Säle, in denen Keramik, Bucheinbände, bedruckte
Leinwand, Tapeten und Maketten des „Theatre
des Arts" ausgeftellt Jind, legen Zeugnis von
dem emfigen Eifer ab, mit dem die jungen
Künftler Frankreichs die Erneuerung der Innen-
architektur betreiben. Nach drei Jahren läßt [ich
von einer Jo jugendlichen Bewegung noch
keine endgültige Stilbildung erwarten. Es darf
nicht Kopffchütteln erregen, daß einige der An-
fänger ihre neuen Verfuche noch zuweilen mit
Erinnerungen an die Stile des Louis XVI., Empire
und Louis Philippe mengen. Audi in der Re-
naiffance fehen wir Nachwirkungen der Gotik.
Nicht diefe geringen Diffonanzen find für die

neuen Verfuche bedenklich. Eine wirkliche Gefahr
bedeutet vielmehr der improvifierte Charakter
der ganzen Ausftellung und der Mangel eines
feften, handwerklichen Fundamentes. Führte das
haftige Arbeiten für den Ausftellungstermin zu
verzeihlichen Flüchtigkeiten und Unausgeglichen-
heiten, ließen fich manche verleiten, zu viel auf
Koften der Harmonie der Zimmer zu zeigen, fo
gibt die Arbeit mancher Möbel und Stoffe allein
eine ernfte Angriffsfläche. Die Künftler leiden
im doppelten Sinne unter fchlechtem Material.
Einmal Jind die älteren Kunfthandwerker in-
folge ihrer aitmodifchen Ausbildung für ihre
Verfuche nicht vorbereitet und die gewöhnlichen
Handwerker ganz unfähig für die neuen Tech-
niken, die die Künftler anwenden oder Wieder-
aufleben laffen wollen; zweitens fehlen denKünft-
lern die fachmännifchen Kenntniffe zur Auswahl
und Beurteilung der Stoffe. Sehen wir von
diefen Kinderkrankheiten der kunftgewerblichen
Bewegung, die auch wir durchmachen mußten,
ab, fo können wir andrerfeits die Refultate, die
in Jo kurzer Zeit erreicht wurden, nicht laut
genug rühmen. Die Kunftgewerbler fcheiden
[ich diefes Jahr deutlicher als früher in zwei
Gruppen, von denen die eine, vertreten durch
Majorelle, Dufrene, Follot, Bigaux, den
alten Linienfchwung desjugendftils fortfe^t und
in der Art der erften Verfuche von Nancy ge-
quälte, unruhige Linien, bunte oder kalte Farben-
zufammenftellungen [chaffen, die für dauernden
Aufenthalt wenig geeignet Jind. Während die
Arbeiten diefer Künftler mager, dürftig oder
überladen wirken, erfreut die Schar derer, die in
einem anderen Parterreflügel des Grand Palais
[ich zufammengefunden hat, durch Temperament
in der Farbenwahl, durch Natürlichkeit und Ein-
fachheit in der Linienführung und durchWärme,
Heiterkeit und Anmut in der Gefamtftimmung
der Räume. Andre Helle, Paul Huillard,
Drefa, Jean-Louis Gampert, Andre Mare,
Andre Groult, Louis Sue, Ruhlmann, Jacques
Stevens, Paul Vallois und Paul Vera er-
weifen fich als außerordentlich erfindungsreich;
fie fprudeln von Einfällen über, [chwelgen in den
köftlichften Farben. Irren fie einmal, fo gefchieht
es, indem ihnen ihr Temperament ein Schnipp-
chen fchlägt. Sie arbeiten in gefunden Bahnen,
indem fie aus dem Material heraus ihre Möbel
entwickeln, Vorhänge, Teppiche und Kiffen unter
Berückfichtigung des Materials aus den Bedürf-
niffen des täglichen Lebens heraus erfinden.
Betont das deutfcheKunftgewerbe das konftruk-
tive Element besonders ftark, fo fchmücken die
Franzofen mehr und [treuen Anmut, Grazie und
Heiterkeit durch die Räume. Dadurch unter-
fcheiden [ich die beiden Nationen in ihrem Stre-


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