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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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22. Heft
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Denkmalpflege
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Personalien
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DENKMALPFLEGE ° PERSONALIEN ° VERMISCHTES

DENKMALPFLEGE
LONDON Der Palaft des Königs, der
Buckingham Palace, hat eine neue, klaffi-
ziftifche Faffade erhalten, da die frühere nur
in Stucco aufgeführt war und durch den Ruß
der nebligen Stadt ftark gelitten hatte. Die
neue Faffade ift „ftattlich", entbehrt aber jedes
eigenen Lebens. F.
PERSONALIEN
HAAG An Stelle von H. Buisman, der zum
Direktor der Teylerftiftung in Haarlem ernannt
wurde, ift W. E. Roelofs jr. zum Vorfreuden
der Vereinigung „HaagfcheKunftkring", Abteilung
Bilder und Skulpturen, erwählt worden.
WIEN K. k. Akademie der bildenden
Künfte. Seit längerer Zeit hatte die andauernde
Nichtbefeßung der Lehrkanzel für Architektur,
die feit dem Rücktritte des Hofrates Otto Wag-
ner verwaift war, allgemeine Unzufriedenheit
hervorgerufen. Das Profefforenkollegium der
Akademie hatte feinerzeit zweimal primo et unico
loco den Prager Profeffor fofef Plecnik, einen
Schüler und künftlerifchen Gefinnungsgenoffen
Wagners, als deffen Nachfolger vorgefchlagen. Da
das Unterrichtsminifterium diefen Vorfchlag zu-
rückwies, wurde nunmehr vom Profefforenkolle-
gium der Architekt Leopold Bauer mit Stimmen-
mehrheit secundo loco vorgefchlagen und vor
kurzem auch von der Unterrichtsverwaitung be-
tätigt. Profeffor Bauer, der urfprünglich eben-
falls Wagner-Schüler war, hatte fich im Jahre
1910 bei feinem demonftrativen Austritt aus der
„Gefellfchaft öfterreichifcher Architekten" in einem
offenen Brief an deren Präfidenten Hofrat Wag-
ner zu diefem in einen fchroffen perfönlichen,
fpäter auch in einen künftlerifchen Gegenfaß ge-
teilt. Aus diefem Grunde beantworteten fämt-
liche Hörer der Wiener Kunftakademie die Er-
nennung Bauers zum Nachfolger Wagners, in
der fie nach deren ganzer Vorgefchichte überdies
eine Verlegung der Autonomie der Hochfchule
erblicken, mit einem Generalftreik, der gegen-
wärtig noch andauert.
VERMISCHTES
OLDENBURG i. Gr. Das Großherzog-
liche Schloß hat durch einen Brand, der im
Dachgefchoß eines Seitenflügels ausbrach, er-
heblichen Schaden gelitten. Der Schaden ift
um fo größer, als auch Kunftfchäße zugrunde
gegangen oder befchädigt worden find. Andrer-
seits kann man von Glück fagen, daß der wert-

vollfte Kunftbefiß des Großherzoglichen Haufes
gerettet werden konnte. Gerade in dem ge-
fährdeten Schloßflüge!, dem fogen.Küchentügel,
befanden fich nämlich die bedeutenden Münz-
fammlungen, die Großherzogliche Silberkammer,
die fehr wertvolle, wiffenfehaftlich noch kaum
gefichtete Kupferftichfammlung mit der Dubletten-
abteilung und eine etwa 40000 Bände umfaffende
Privatbibliothek. Leider find aus diefer
Bücherei, die auf dem Gebiete der Kunft und
Kunftgefchichte recht umfangreich ift und deren
Vervollftändigung vor allem dem Großherzog
Peter am Flcrzen lag, gerade fehr wertvolle,
teilweife nur einmal vorkommende Werke durch
Feuer oder durch das löfchende Waffer ver-
nichtet worden. Wie viel verloren gegangen
ift, läßt fich zurzeit nicht fagen; die geretteten
Bücher werden augenblicklich unter Leitung des
Oberkammerherrn Frh. v. Bothmer-Bennemühien,
dem der Großherzogliche Kunftbefiß unterfteht,
einigermaßen geordnet, damit man den Brand-
fchaden feftftellen kann.
Das Feuer war nicht fofort entdeckt worden.
So ift es nur dem Nachlaffen des Sturms und
einer wirkfamen Beteiligung von Oldenburger
Bürgern am Rettungswerk zu danken, daß nicht
Koftbareres zugrunde ging. Die Silberfachen
wurden, nachdem die Kammer gewaltfam ge-
öffnet worden war, ebenfo wie die übrigen
Kunftfachen in einen nicht gefährdeten Schloß-
flügel gebracht. Auch der koftbarfte Schaß der
Privatbibliothek, die illuftrierte Handfchrift
des „Sachfenfpiegels", wurde überführt, ob-
wohl fie in feuersicherem Geldfchrank aufbewahrt
lag. Diefe Bilderhandfchrift wurde 1336 auf
Veranlagung des Grafen Johann von Oldenburg
durch den Rafteder Mönch Hinrich Glogeften,
einen Ammerländer, verfertigt; ihre llluftrationen
(teilweife abgebildet in „Old. Bau- u. Kunftdenk-
mäler", Band IV) find für die Kulturgefchichte
und Gefchichte des Kunftgewerbes von Bedeu-
tung. Diefe Bilderhandfchrift ift bisher in der
Fachliteratur nicht genügend gewürdigt und von
Amira, dem Herausgeber der Dresdener Bilder-
handfchrift, in ihrer Eigenart nicht verbanden.—
Es mag bei diefer Gelegenheit erwähnt werden,
daß die Oldenburger Handfchrift fchon inter-
effante Schickfale hinter fich hat. Sie kam nach
der Reformation in Befiß der Oldenburger Grafen
und vererbte fich nach Erlöfchen der Linie an
die Grafen von Oldenburg. Als ein Brand im
Jahre 1751 die Schloßbibliothek in Varel (Old.) mit
ihrem wertvollen Handfchriftenbefiß vollftändig
vernichtete, war der Sachfenfpiegel zufällig nach
Hannover ausgeiiehen worden und blieb auf
diefe Weife erhalten. Er ift jeßt wiederum einer
ähnlichen Gefahr glücklich entgangen. Raspe.

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