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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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16. Heft
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Schmidt, Paul Ferdinand: Die Neuordnung des Frankfurter Kunstgewerbe-Museums
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0609

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DIE NEUORDNUNG DES FRANKFURTER
KUNSTGEWERBE-MUSEUMS
Mit 6 Abbildungen Von PAUL F. SCHMIDT
*^Y71r Jtehen mitten in einem Umbitdungsprozeß, der die Einrichung der Mujeen
W zum Gegenftand hat. Konnte noch vor 15 Jahren das Bayerijche National-
mufeum ais Mujterbild des „materijchen" Typus mit kojtümierter Architektur und Atelier-
aujmachung gebaut und eingerichtet werden (gewiß, mit Münchnerijcher Künjtieranmut,
aber mit der Gejte verjchwenderijcher Unjachiichkeit), Jo gibt es heute wohl keinen
Fachmann mehr, welcher Jolch ein Prinzip vertritt. Man neigt eher zum Gegenteil und
ändert allenthalben, Jo viel es geht, die Mujeen um; neue werden nach Jachlichen Ge-
Jichtspunkten gebaut, wo Mujeumsleiter Jelber dreinzureden haben (aber man irrt
leider, wenn man diejen NormalJall auch als den JaktiJch normalen anjieht). Am
JchwerJten haben es natürlich die Kunjtgewerbe-Mujeen mit ihren MaJJen kleiner und
kleinteiliger Stücke. Um Jo anerkennenswerter ijt es, wenn gerade eine Jolche Samm-
lung es ijt, die den Zukunjtslyp des Mujeums in ganz ausgejprochener Weije darjtellt,
nachdem einUmbau ihrLuJt gejchajjen hat: das Kunjtgewerbe-Mujeumin Frankjurt a. M.
Schon in der Jrüheren, räumlich etwas beengten Gejtalt mußte diejes von Direktor
v. Trenkwald liebevoll geleitete Mujeum dem Bejucher angenehm aujjallen. v. Trenk-
wald verjtand es, den Bejucher darin Jich heimijch Jühlen zu lajjen, indem er ihm
angenehm gejtimmte, aber nicht hijtorijierende Räume zeigte, und in ihnen ein vor-
nehmes Maß von wenigen aber guten Sammlungsjtücken, die Jich nicht gegenjeitig
beengten, Jondern in ihrer Wirkung Jteigerten. Vollends nach Hinzunahme eines
ganzen Jrei gewordenen Flügels (bis dahin von der Kunjtgewerbejchule bejejst), der
die Zahl der Ausjtellungsjäle auj 18 hob, ijt das Mujeum in einen Zujtand verjekß,
der es zu einem Mujterbeijpiel klarer und anziehender Ordnung macht.
Mit dem Prinzip der kulturhijtorijchen AnpaJJung an die Sammlungsjtücke ijt voll-
kommen gebrochen und dajür die Zweiteilung durchgejührt: in technijche Abteilungen,
bei denen die Herjtellungsart gemeinjam ijt und innerhalb der gejchlojjenen Samm-
lung nach Zeit und Herkunjt gegliedert wird; und im übrigen eine JtilgeJchichtliche
AuJJtellung, die alle Gebrauchsgeräte und Möbel einer Epoche und eines Volkes bei-
Jammen läßt, Jie aber in dem gleichen Geijte behandelt wie die technologiJeher Räume:
Jachlich-muJeal.
Das Leitmotiv v. Trenkwalds ijt, daß der Bejucher niemals das Bewußtjein ver-
lieren Joll, in einem Mujeum zu wandeln; und daß ihm dajür die Kunjtwerke durch
eine ihm unbewußte Anordnung ihrer Umgebung Jelber nahe gebracht und bejreundet
werden. Daß mit anderen Worten die altertümelnde lllujion behaglicher Wohnräume
durch eine wahrhajt künjtlerijche Durchbildung von Schauräumen erjet^t werde, die
jedem ausgejtellten Objekt Jeine Gerechtigkeit widerJahren lajjen, Jich Jelber aber mi-
au JJällig zurückhalten. Wie man Jieht, Jind hier die Erjolge unjerer bejten Aus-
Jtellungen auj das Jtabilere Gebiet des Sammlungswejens übertragen worden; und mit
gleicher Jchöner Wirkung.
Die Einteilung des ausjchließlich über ein Gejchoß verteilten Mujeums ijt nun die,
daß im Mittelbau, den man zuerjt betritt und der Jich an der Neuen Mainzer Straße
entlang zieht, das moderne Kunjtgewerbe in einigen Räumen aujgejtellt ijt, und daß Jich
daran zur Rechten der technologiJche, zur Linken der JtilgeJchichtliche Flügel anjchließt.
Schwieriger und in der Wirkung deshalb noch reizvoller gejtaltete Jich die AuJ-
Jtellung nach Epochen. Es gibt in der ganz zurückhaltenden Architektur gar keinen

DerCicerone, V.Jahrg., 16.neft. 44

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