Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0357
DOI Heft:
9. Heft
DOI Artikel:Lilienfeld, Karl: Die Sammlung Steengracht: zu ihrer bevorstehenden Auflösung
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I) IE SH MM LU NG STEE NG RH C H T
ZU IHRER BEVORSTEHENDEN AUFLÖSUNG
Mit 5 Abbildungen Von KHRL LILIENFELD
l"' hiljt nicht viel, die Aujlöjung diejer weitberühmten Sammlung zu bedauern. Es
-L^ijt eine nationalökonomijche Notwendigkeit: Injolge der enormen Hochbewertung
alter Kunjt in den lebten Jahren, bildet eine erjtklajjige Gemäidekohektion im Nachlaß
JelbJt eines begüterten Mannes einen Jo wichtigen Pojten, daß [ich die Erben nur durch
den VerkauJ der Kunjtwerke auseinanderjeßen können. Dieje Tatjache ijt nur eine
Erklärung, leider aber kein Trojt Jür die Freunde Hollands und Jpeziell des Haag, denen
das Haus des Baron Steengracht am Vijverberg — jener Stelle, deren eigenartige Schön-
heit Jehon die alten Meijter, wie z. B. Ruisdael und Berckheyde erkannten — zu einem
der wichtigjten Bejtandteile der Rejidenz wurde. Es Jteht nunmehr JeJt, daß die ganze
Kollektion am 9. Juni in Paris bei G. Petit verjteigert wird. Die Amjterdamer Firma
Fred. Müller & Co. arbeitet als Expert mit geradezu wijjenjchajtlichem Ernjt an dem
Katalog, der ein wichtiges Dokument bilden wird, da bisher injolge ungünjtiger AuJ-
hängung ein gründliches Studium vieler Stücke kaum möglich war.
An dem Gejchmack, der Jich in der Zujammenjtellung der Werke ausjpricht, kann
man erkennen, zu welcher Zeit Jie gejammelt wurden: Wir Jinden keine Primitiven,
keine Meijter des 16. Jahrhunderts, nur weniges aus dem Jrühen 17. Jahrhundert, der
Zeit des Übergangs; JaJt alle Stücke Jtammen aus der reijen und überreijen Zeit der
Entwicklung, etwa aus den Jahren 1640 —1700. Dies alles entjpricht dem Gejchmack
der Zeit von 1830 —1850. Um 1840 brachte Jhr. Steengracht van Ootskapelle, der
Sammlung Steengrachf, Haag
Abb. 1. REMBRANDT, Bathjeba
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ZU IHRER BEVORSTEHENDEN AUFLÖSUNG
Mit 5 Abbildungen Von KHRL LILIENFELD
l"' hiljt nicht viel, die Aujlöjung diejer weitberühmten Sammlung zu bedauern. Es
-L^ijt eine nationalökonomijche Notwendigkeit: Injolge der enormen Hochbewertung
alter Kunjt in den lebten Jahren, bildet eine erjtklajjige Gemäidekohektion im Nachlaß
JelbJt eines begüterten Mannes einen Jo wichtigen Pojten, daß [ich die Erben nur durch
den VerkauJ der Kunjtwerke auseinanderjeßen können. Dieje Tatjache ijt nur eine
Erklärung, leider aber kein Trojt Jür die Freunde Hollands und Jpeziell des Haag, denen
das Haus des Baron Steengracht am Vijverberg — jener Stelle, deren eigenartige Schön-
heit Jehon die alten Meijter, wie z. B. Ruisdael und Berckheyde erkannten — zu einem
der wichtigjten Bejtandteile der Rejidenz wurde. Es Jteht nunmehr JeJt, daß die ganze
Kollektion am 9. Juni in Paris bei G. Petit verjteigert wird. Die Amjterdamer Firma
Fred. Müller & Co. arbeitet als Expert mit geradezu wijjenjchajtlichem Ernjt an dem
Katalog, der ein wichtiges Dokument bilden wird, da bisher injolge ungünjtiger AuJ-
hängung ein gründliches Studium vieler Stücke kaum möglich war.
An dem Gejchmack, der Jich in der Zujammenjtellung der Werke ausjpricht, kann
man erkennen, zu welcher Zeit Jie gejammelt wurden: Wir Jinden keine Primitiven,
keine Meijter des 16. Jahrhunderts, nur weniges aus dem Jrühen 17. Jahrhundert, der
Zeit des Übergangs; JaJt alle Stücke Jtammen aus der reijen und überreijen Zeit der
Entwicklung, etwa aus den Jahren 1640 —1700. Dies alles entjpricht dem Gejchmack
der Zeit von 1830 —1850. Um 1840 brachte Jhr. Steengracht van Ootskapelle, der
Sammlung Steengrachf, Haag
Abb. 1. REMBRANDT, Bathjeba
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