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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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15. Heft
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Leisching, Julius: Das Altwiener Porzellanzimmer aus dem Palais Dubsky in Brünn
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0585

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DAS ALTWIENER PORZELLANZIMMER
AUS DEM PALAIS DUBSKY IN BRÜNN
Mit 4 Abbildungen Von JULIUS LEISCHING-Brünn
I^Tach mehrjährigen Verhandlungen, die das Brünner Erzherzog Rainer-Mufeum mit
dem Befißer eingeieitet hatte, um das Altwiener Porzellanzimmer des Gräflich
Dubskyfchen Haufes in Brünn für Ofterreich zu fichern, ift diefe umfaffendfte und
eigenartigfte Leiftung der Wiener Manufaktur im Herbft 1912 vom K. K. Ofterreichifchen
Mufeum für Kunft und Induftrie in Wien erworben worden, da der geforderte Kauf-
fchilling von mehr als einer Vierlelmillion Kronen die Mittel des Brünner Mufeums
überfchritt.
Im Jahre 1902 zum erften Male veröffentlicht^, hat die Gefchichte diefes bis dahin
ganz unbeachteten Raumes bis zum heutigen Tage noch nicht alle ihre Rätfel enthüllt.
Doch bot die Abnahme der gefchnißten Wandverzierungen anläßlich des Verkaufes
Gelegenheit einmal feftzuftellen, daß die Nachricht von Chambrez (geboren 1752), der-
zufolge das Porzellanzimmer einft in Czoborfchem Befiße war, tatfächlich auf Wahr-
heit beruht; zugleich aber auch, daß die ganze reiche Ausftattung urfprünglich nicht
für diefen, fondern für einen größeren Raum an anderer Stelle beftimmt gewefen
fein muß.
Im Gegenfaße zu den Porzellanzimmern oder „indianifchen" Kabinetten des 18. Jahr-
hunderts, die fich andernorts befanden und ja nur zum kleinften Teile erhalten
geblieben find, ift das Brünner Zimmer mit zahllofen kleinen Porzellanplatten ge-
fchmückt, die in die Lambris, Türen, Fenfterrahmen und Fenfterfpaletten, in alle Möbel
und Bilderrahmen eingelaffen find. Diefer an Dofendeckel erinnernde Piattenbelag,
neben dem die Vafen und Schalen nur eine untergeordnete Rolle fpielen, verleihen
dem Raume feinen befonderen Reiz. Trägt doch jede der zwei Türen allein 103, der
Rahmen mit dem Biidniffe Kaifer Jofefs 11. 105, jedes der beiden Fenfter nicht weniger
als 173 folcher Porzellanplättchen.
Sie find fo wie die Vafen und Becher mit Blütenzweigen und Vögeln in Eifenrot,
Grün, Violett und Gelb nach Art des japanifchen Imari-Porzellans bemalt. Das Unter-
glafurblau fehlt noch. Schon daraus läßt fich erkennen, daß wir es mit der erften
Frühzeit der 1719 begründeten Wiener Fabrik, mit der erften Hälfte der zwanziger
Jahre, zu tun haben. Auch die Formen der Flafchen, Trichter- und Deckelvafen, fo-
wie des prächtigen Kamins ftimmen zu diefer Annahme.
Nur die gefchnißten Eckkonfolen, Wandfriefe und Rahmen in ausgefprochenem
Rokokoftil überrafchen, denn fie find offenbar jüngeren Datums als die Porzellane und
können erft 20—30 Jahre fpäter eigens für fie angefertigt worden fein. Ja, die hübfche
Wanduhr, auf der fich Sebaftian Kurz in Brünn als Uhrmacher nennt, ift im Louis XVI-
Stil gehalten. Und da auch fie fich noch ausgiebig jener vielgestaltigen Porzellan-
plättchen bedient, fo muß ein im Lauf der Zeiten zu Grunde gegangenes älteres Möbel-
ftück oder ein Lager diefes Plattenbelages das nötige Material hierzu geliefert haben.
Veränderungen hat die ganze Ausftattung zweifellos durchgemacht. An Türen und
Eckkonfolen wie an den Wandfriefen ift in den Schnißereien allerlei verkürzt, zu-
gefchnitten und teilweife willkürlich zufammengeftellt worden. Außer den zwölf ein-
armigen, mit je einer Chinefenfigur plaftifch verzierten Wandleuchtern, gab es einft
vier ebenfo ausgeftattete mehrarmige Deckenleuchter, von denen aber nur noch drei

i Julius Leifching, Das Porzellanzimmer im Graf Guido Dubskyfchen Palafte zu Brünn. 1902.
DerCicerone, V. Jahrg., 15. Heft. 42 553
 
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