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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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8. Heft
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Braun, Edmund Wilhelm: Die beiden Höchster Fayencemaler Friedrich Hess und Ignatz Hess
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0312

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DIE BEIDEN HÖCHSTER FAYENCEMALER
FRIEDRICH HESS UND IGNATZ HESS
Mit 2 Abbildungen und 2 Marken Von E. W. BRAUN-Troppau
C^o verdienftvoll und wichtig die Monographie von Ernft Zais über die Höchster
Fayencen- und Porzellanfabrik auch ift, fo lückenhaft ift teilweife die hiftorifche
Darftellung. Befonders in der Frühzeit, die für die weitere Entwicklung der Manu-
faktur von großer Bedeutung ift, laffen uns die Ausführungen von Zais öfters im
Stich. Allerdings find gerade die archivalifchen Nachrichten aus diefer erften Periode
nur fragmentartig erhalten, aber die Liften der Maler und Boffierer hätten doch aus
den Akten der Höchfter und anderer Fabriken etwas vollftändiger gegeben werden
können. Denn diefe Liften find fehr wichtig für die Beftimmung der frühen Höchfter
Fayencen und Porzellane, welche neben dem Rad, der Fabrikmarke, das übrigens
manchmal fehlt, in den meiften Fällen mit den Anfangsbuchftaben der Künftler figniert
find. Manche der Marken find mit einem bekannten Namen zu identifizieren. J Z be-
deutet Johann Zefchinger, der übrigens auch einige Male mit dem vollen Namen zeichnete,
F. H. ift Friedrich Heß, AL ift Adam Löwenfink, unter der Signatur B haben wir wohl
den Buntmaler Bechel zu fuchen, aber für die Marken HP (monogrammiert), D. B., G. S.,
M. S., LR, A M B, ift vorläufig noch keine fichere Deutung möglich.
Die Mehrzahl der erhaltenen Höchfter Fayencen find nicht mit den für die populäre
Gebrauchsfayence typifchen Scharffeuerfarben bemalt, fondern in forgfältiger Muffel-
farbenmalerei ausgeführt, was ja leicht verftändlich ift, da die meiften der Maler in
der Frühzeit entweder direkt aus Porzellanfabriken kamen oder aus Fayencefabriken,
wo man neben Scharffeuermalerei auch den Muffeldekor kannte und ausübte. Dann-
höfer war früher in Wien und Bayreuth, Bediel und Heß kamen aus Fulda. Übrigens
dekorierten diefe Maler nebeneinander zur gleichen Zeit Fayencen und Porzellane.*
Zu diefem feinen Muffeldekor kommen noch reichere kompliziertere Formen der
Gefäße, fo daß die Fayencen der Höchfter Fabrik zu den beften Deutfdilands zu zählen
find. Eine Erwerbung, die das Troppauer Mufeum kürzlich gemacht hat und die hier
abgebildet ift (Abb. 1), macht uns mit einem neuen Höchfter Maler bekannt und geftattet
außerdem, einige nur mit den Anfangsbuchftaben feines Namens bezeichnete Fayencen
als feine Werke zu beftimmen. Es ift eine 29 cm hohe, bauchige Deckelvafe. Der
hellrötliche leicht ri^bare Ton ift mit einer bläulidi-weißen glänzenden Zinnglafur
überzogen. Den Körper des Gefäßes und den Deckel bedecken zahlreiche forgfältig
gemalte, in der Muffel eingebrannte bunte Streublumen, etwa in der Art der „deutfchen
Blumen" auf den Wiener Porzellanen der Dupaguierperiode, zwanglos auf die Fläche
geftreut. Eine reiche Palette fteht dem Maler zur Verfügung, die Farben find emaiiartig
glänzend und faftig frifdi. Dargeftellt find, entweder direkt nach der Natur oder nach
Naturftudien, die liebvertrauten Blumen des alten deutfchen Hausgartens, die große
purpurfarbene Rofe, die gelbe Narziffe und gelbe Nelke, die Glockenblume, der Märzen-
becher und die Küchenfchelle. Sehr dekorativ find zwei frifche Nuancen von Grün,
ein türkisfarbenes und ein hellgrünes. Die Schattierungen der Blumen, die Zeichnung
des Details find jeweils in den betreffenden dunkleren Lokaltönen ausgeführt. Der
Rand des Deckels ift braun gemalt, eine Gewohnheit, die man aus der Meißner
Manufaktur übernahm, wo man fie oftafiatifchen Vorbildern nachgeahmt hat.

* Vgl. meinen Auffat$: Die Frühzeit der figuralen Plaftik in der Höchfter Porzellanfabrik. Kunft
und Kunfthandwerk XI. 1908. S. 538 ff.
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