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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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21. Heft
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Friedeberger, Hans: Plastiken und neue Zeichnungen von Max Pechstein bei Gurlitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0792

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PLASTIKEN UND NEUE ZEICHNUNGEN VON
MAX PECHSTEIN BEI GURLITT
mit 6 Abbildungen Von HANS FRIEDEBERGER

*y\ie neuen Zeichnungen, die Pechftein in der
! v Gurlittfchen Oktoberausftellung zeigt, ent-
ftammen einer Reife nach Itaiien. Es find Land-
fchaften, in ailen Techniken einer reinen Schwarz-
weißkunft, aber auch farbige, und gerade hier
fpürt man, wie fehr Italien der Art des Künftlers
entgegen kam, wie die befondere itaiienifche
Farbigkeit die feine beruhigt und aufgeheiit hat.
Die reinen Federzeichnungen haben gleichfahs
von der heben, und zu klarfterAnfchauung un-
barmherzig zwingenden Sonne Italiens profitiert.
Pechfteins Neigung zu Zufammenfaffungen, zu
der Betonung namentlich vertikaler Gliederungen
hat hier eine Betätigung gefunden, die ihn zu
immer ftärkerer Reduktion des Details, zu immer
größerer Sparfamkeit der Linie veranlaßt. In-
deffen entartet bei allem die Linie nie zum Orna-
ment. Diefer leßteReft, den das vereinfachende
Auge von derErfcheinung nicht mehr weglaffen
kann, ift fo durchaus gefühlt, fo erfüllt von der


Abb. 1. MAX PECHSTEIN, Rudernde am
Mittelmecr


Abb. 2. MAX PECHSTEIN, Itaiienifche Land[chaft

Vehemenz einer leidenfchaftlich erlebenden An-
fchauung, daß die kühle Abftraktion, die geo-
metrifche Neutralität des Ornaments diefen Ge-
bilden ferne bleibt. So find denn diefe Zeich-
nungen nichts abfolut Neues im Werke des
Künftlers, auch bedeuten fie keinen übergroßen
Schritt in der Entwicklung feiner Art; vielmehr
fchließen fich Dinge wie das Boot mit den Ru-
dernden (Abb. 1) oder dieFlußlandfchaft (Abb. 2)
unmittelbar an früher Gefehenes an.
Daneben fteht eine zweite Zeichnungsgruppe,
„Köpfe zu heiligen Gefchichten", wie fie der
Künftler genannt hat. Auch diefe Tufchzeich-
nungen (Abb. 3 und 4) knüpfen an Vorhanden-
gewefenes an, und find eng verwandt mit dem
großen Kopf, den ich früher einmal hier ab-
gebildet habe. Sie zeigen aber zugleich — was
fich übrigens von vornherein vermuten ließ —,
daß es in der italienifchen Kunft die Mofaiken
und die Glasmalereien der Frühzeit gewefen
find, die den Künftler am ftärkften gefeffelt haben.
Als im vorigen Jahre für die Gefamtausftel-
lung der „Brücke" bei Gurlitt Plaftiken von Pech-
ftein angekündigt wurden, war man eigentlich
nicht befonders verwundert, weil man fich fchon
früher hatte fagen können, daß ein Tempera-
ment, das die Form mit diefer Intenfität erlebe,
fich früher oder fpäter notwendig zur Plaftik
geführt fehen müffe. Schon damals lagen die
erften bildnerifchen Verfuche Pechfteins lange
Zeit zurück, und troßdem konnte fich der Künftler
noch nicht entfchließen, die angekündigten Stücke
auch wirklich zu zeigen. Auch jeßt find bei
den gezeigten acht Stücken noch einige Löfungen
nicht völlig geglückt. In der Akrobatengruppe
ftößt man fich an der formal wie Iogifch gleich

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