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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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16. Heft
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VERMISCHTES ° LITERATUR

NEW^-YORK Dr. W. Valentiner, Kurator
am Metropolitan Mufeum, kaufte im vergange-
nen März in der Auktion der Sammlung des
Mr. George G. Benjamin ein „Advokat" von
Karel Fabritius bezeichnetes Bild, das Mr.
Benjamin in 1904 um ^ 160 erftanden hatte, um
^ 510. Dr. P. Merfch-Paris unternahm die Rei-
nigung des Bildes, und bald [teilte [ich heraus,
daß unter der Oberfläche ein vorzüglich erhal-
tenes Porträt von Titus, dem Sohne Rem-
brandts [ich befand, das offenkundig von Rem-
brandts eigener Hand ftammte. Valentiner find
bereits von einem Kunfthändler ^ 120000 für
den glücklichen Fund geboten worden. F.

LITERATUR
DIE AMERIKANISCHE GEFAHR AUF DEM
INTERNATIONALEN KUNSTMARKT. Unter
diefem Titel hat Emil Waldmann kürzlich in der
„Frankfurter Zeitung" Nr. 217 und 219 zwei Feuil-
letons veröffentlicht, die einen nachdrücklichen
Hinweis auch an diefer Stelle verdienen. Nicht nur
weil diesmal ein wirklicher Sachkenner, der [ich
in Amerika ungemein gründlich umgefehen hat,
auf Grund feiner abfolut modernen Anfchauung
und eines unbeftreitbarenTatfachenmaterials das
fo beliebte Thema einmal tatfächlich objektiv
behandelt (anders und beffer als es vor Jahren
einmal von anderer Seite an diefer Stelle ge-
fchah), fondern weil diefe Auflage in den Ein-
zelheiten eine [ehr trefffichere Beobachtungsgabe
für die mufealen Probleme der Gegenwart und
die derzeitige Konftellation auf dem internatio-
nalen Markt verraten. Es mag hier aus den
vielen klugen Bemerkungen des Verfaffcrs ein
Paffus befonders zitiert werden, der eine in den
lebten Jahren viel diskutierte aktuelle Frage,
nämlich das Thema Greco und die Mufeen an-
fchneidet. Waldmann fchreibt über diefes Thema
wörtlich:
„Es gibt eigentlich keinen .Markt' für alte
Meifter mehr, was man fo Markt nennt, wenig-
ftens keinen für Bilder erften Ranges. Mit
Raffael und Tizian und Tintoretto wirklich han-
deln tut ja niemand, weils keine gibt. Die alten
Meifter find in Mufeen oder in Privatgalerien.
Nur einen einzigen großen Meifter konnte man
vor ein paar Jahren noch kaufen: Greco. Der
war durch irgendeinen Zufall von der Kunft-
gefchichte vergeffen worden, vielleicht weil er
nirgendswo fo recht hineinpaßte (wegen inner-
lich zu großen Formates), oder weil die da-
maligen Spezialiften ihn nicht mochten, oder wie
man fonft einmal etwas vergißt — er war eben
vergeffen. Als den dann die Parifer Maler in

den fechziger und fiebziger Jahren entdeckten,
hätte man ihn kaufen können. Jahrelang, jahr-
zehntelang ,ging' er nicht, denn die Maler
felber hatten kein Geld, bis es in den neunziger
Jahren dann endlich kam. Damals aber waren
es nicht die Mufeen, die ihn kauften, fondern —
die Amerikaner. Anfangs billig — dann teuer —
fchiießlich fehr teuer. Mr. Widener hat für feine
allerdings fehr großartigen beiden Gemälde aus
der Capilla San Ifidoro (den heiligen Martin und
die Himmelfahrt mit Katharina und Barbara),
die Goupil lange hatte, zufammen eine Million
Franken bezahlt. Aber anfangs, wie gefagt,
waren fie billiger; auch der berühmte Kardinal-
großinquifitor Guevera in Rot in der Sammlung
Havemeyer erzielte nur einen für ein Hauptbild
eines großen Meifters durchaus normalen Preis,
nicht mehr. Die eben in der Auktion Nemes
verkaufte Studie dazu koftete faft genau fo viel
wie das große Bild. Wenn aber europäifchen
Mufeen Grecos angeboten werden zu einer Zeit,
wo fie noch relativ billig find, und wenn gerade
von den Stellen, welche die amerikanifche Ge-
fahr befonders laut verwünfcht haben, die Ant-
wort kommt: ,Diefe Mode machen wir nicht mit',
fo liegt natürlich die Gefahr nicht bei den Ameri-
kanern, die erft nachher mehr dafür bezahlen.
Mit der Konkurrenz auf diefem Gebiete ift ein
Europäer, der Mut hatte, Herr von Nemes, gut
fertig geworden, der in wenigen Jahren 12 Grecos
kaufte."
Diefes Beifpiel für die ungeheuren Verfehen,
die heute fo oft im mufealen Leben gemacht
werden, ift übrigens nicht einzig. Auch was
ähnlich der Verfaffer über die Stellung des
Amerikaners zur modernen Kunft zu fagen hat,
verdient weitgehendfte Beachtung.
DIE STUTTGARTER KUNST DER GEGEN-
WART. ln diefem Prachtwerk, das kürzlich zur
Eröffnung des Kgl. Kunftgebäudes in Stuttgart
bei der Deutfchen Verlagsanftalt erfchienen
ift, begrüßen wir mit Recht eine buchtechnifche
Meifterfchöpfung, die dank der Freigiebigkeit
zahlreicher Stifter und dank der aufreibenden
Tätigkeit von JuliusBaum in folcherForm an
die Öffentlichkeit treten konnte. Gelehrte wie
Guftav Keyßner, Eugen Gradmann, Max Diez,
Pazaurek und Weizfäcker haben [ich mit dem
fchon genannten, um die Kunftgefchichte Schwa-
bens hochverdienten Bearbeiter zufammgefunden,
um das ganze Gebiet des modernen Kunft-
fchaffens in der württembergifchen Hauptftadt
und alle damit zufammenhängenden Kapitel
öffentlicher Kunftpflege dokumentarifch zu be-
leuchten. Gliedert [ich der Inhalt im Großen
auch in die Hauptkapitel, die von jeher die Ge-

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