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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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3. Heft
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Uhde-Bernays, Hermann: Ein vergessener Freund Leibls: Theodor Alt
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0105

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EIN VERGESSENER FREUND LEIBLS:
THEODOR R LT Von HERMANN UHDE-BERNAYS
Mit 14 Abbildungen

T*^er Bitternis, durch verftändnislofc Kritik an der Erreichung des Sieges verhindert
E7 zu werden, ift das Gefühl des Erdrücktfeins durch den größeren Freund verwandt,
wenn das künftlerifche Schaffen die nämlichen Ziele verfolgt, Gleiches zu leiften glaubt
und ftrebt. Je leuchtender die Aureole des Ruhmes über dem Genius ftrahlt, um fo
dichter der Schatten, der feine Genoffen deckt. Auf alle Zeiten verloren deren Selb-
ftändigkeit. Es ift von je eine freundliche Aufgabe der Gefchichte gewefen, die Härte
eines folchen Gefchickes zu mildern, indem fie fpäter gerecht und gütig zugleich Ver-
kannte hervorhebt, oftmals gar allzuhoch bewertet, weil fie der Tragik diefes Menfchen-
tums gegenüber nicht objektiv genug zu bleiben vermag. In dem Bedürfnis, zu wägen
und zu vergleichen, vergißt ja der flüchtige Sinn der Gegenwart faft immer die Ver-
pflichtung, die künftlerifche Leiftung aus fich felbft zu erklären. Und es entfcheidet
niemals die relative Höhe, fo anfehnlich diefe auch fein mag, wenn das Höchftmaß,
das dem Genius zu erreichen gelang, daneben gehalten wird. Nur eine fubjektive
Forfchung wird fich indes begnügen, die Verwirklichung einer kulturellen Aufgabe
oder die Entwicklung einer künftlerifchen Richtung in den führenden Perfönlichkeiten
allein zu fchildern, fo verlockend dies auch fein mag. Wenn wir daher als Beobachter
großer Ereigniffe über den Gang von Nebenepifoden uns zu orientieren bemühen, vom
Schickfal eines Wallenftein ausgehend auch das Wirken feiner Generale kennen zu
lernen wünfchen, das wir gewiß beffer zu ergründen vermögen als die nächfte Gene-
ration, tun wir gute Vorarbeit für eine zufammenfaffende künftige Darftellung. Wir
dürfen nun behaupten, daß der Ruhm Wilhelm Leibis die Höhe bedeutet, zu welcher
das allgemeine künftlerifche Verftändnis in Deutfchland im erften Jahrzehnt diefes Jahr-
hunderts gelangt ift. Genugfam gekannt und gepriefen find Leibis Werke, deren
größerer Teil der Nation durch unfere Mufeen gefichert ift. ln dem Augenblick der
Abfpannung nach der Begeiferung ein folcher fcheint eben eintreten zu wollen
fuchen wir neben dem Meifter, den wir kennen, auch die Bekanntfchaft feiner Freunde,
verlangen über ihr Können Auskunft. Als ein Ebenbürtiger ift Karl Schuch zu Leibi
getreten, noch harrt Louis Eyfen des Aufrufs, und faft völlig vergeffen fteht ein Dritter,
ein Lebender, neben diefen beiden, der vor dem getreuen Sperl ein Weggenoffe der
Leibifchen Jugendzeit gewefen ift. Durch die deutfche Jahrhundert-Ausftellung ift
Theodor Alt für eine kurze Spanne Zeit aus dem Dunkel hervorgerufen worden.
Damals hat kein Geringerer als Hugo von Tfchudi die Vorzüglichkeit feiner Malerei
gerühmt und ein Hauptwerk des Künftlers für die Berliner Nationalgalerie angekauft.
Drei Jahre vorher (1903) war auch in München eine kleine Ausftellung von Bildern
Theodor Alts im Glaspalaft zu fehen gewefen, ohne eines fonderlichen Erfolges fich
rühmen zu können. Dafür erwähnte Meier-Gräfe Alts Namen mit größter Anerkennung
in feiner Entwicklungsgefchichte der modernen Kunft. In jüngfter Zeit haben die
Mufeen in Erfurt und Hannover fich ein Verdienft erworben durch die Ehrung der
Altfchen Bedeutung. In das Keftnermufeum zu Hannover und in die Privatfammlung
des Stadtdirektors Tramm find nicht weniger als vier ausgezeichnete Werke des Künftlers
gelangt, die die Vielfeitigkeit feiner Begabung gut veranfchaulichen. So wirken die An-
regungen der Jahrhundert-Ausftellung auch heute noch erfreulich nach.
Schon damals hätte man angefichts von fünf Arbeiten, unter welchen allerdings
mehrfigurige Bilder und Landfchaften nicht vertreten waren, verfuchen können, zu

Der Cicerone, V. Jahrg., 3. Heft.

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