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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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20.Heft
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Fischer, Adolf: Zur Eröffnung des Museums für ostasiatische Kunst der Stadt Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0735

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ZUR ERÖFFNUNG DES MUSEUMS FÜR
<3STASIATISCHE KUNST DER STADT
KÖLN Mit 14 Abbildungen /Von ADOLF FISCHER
TTm 25. Oktober übergibt die Stadt Köln, die an Kunftfchät$en reiche Metropole am
Rhein, der Öffentlichkeit ein Werk, das das Refultat meiner jahrelangen Erwägung
und zielbewußten Arbeit in Oftafien ift, das Mufeum für oftafiatifche Kunft. Diefes
Inftitut ift das erfte in Europa, das in gefchloffener Form in einem eigens dafür ge-
fchaffenen Rahmen die große Kunft Oftafiens, fowohl die religiöfe, wie auch die pro-
fane, um ihrer felbft willen vorführt.
Mit der Kunft außereuropäifcher Völker, wie der Ägypter, Affyrer, Babylonier ufw.
hat man fich eingehendft befchäftigt, während man den großen Kulturnationen Oftafiens,
die heute im Rate der Völker mitfprechen, mitten im Weltgetriebe ftehen, und deren
Macht und Bedeutung für die Wcltgefchichte in ftetem Wachfen ift, nicht gerecht wurde-
Die längfte Zeit fanden oftafiatifche Kulturblüten eine Heimftätte nur in ethnographi-
fchen Mufeen, wo fie faft ausfchließlich vom ikonographifchen Standpunkt oder als
Kuriofitäten ferner Länder betrachtet wurden. Erft fpäter haben Männer wie Brinck-
mann in Hamburg und andere das Kunftgewerbe, fpeziell das Japans, in Kunftgewerbe-
mufeen aufgenommen, zeitlich und nach feiner Provenienz geordnet. Nirgends aber
kam bisher auch die große Kunft Oftafiens, Malerei und Plaftik, die das Fundament
der ganzen oftafiatifchen Kunft bildet, als Kunft zu ihrem Recht.
Die reinliche Scheidung zwifchen künftlerifch und ethnographifch Wertvollem, die
in der europäifchen Kunft als felbftverftändlich gilt, ift auch auf dem Gebiet Oftafien
unvermeidlich. Aber auch damit ift nicht genug getan; wir müffen einen bedeutfamen
Schritt weiter gehen, wenn wir die eigenartige Kunft diefer fernen Länder verftehen
wollen, indem wir fie in ihrer Entwicklung darftellen, die Wege und Phafen durch-
gemacht hat wie die abendländifche und uns das Werden und Vergehen von Stilformen,
den Wechfel der jeweiligen Kunftanfchauungen und -gefeße vergegenwärtigt.
Selbft in Japan war es vor mehr als zwanzig Jahren, als ich zuerft Oftafien betrat —
von dem damals total unwirtlichen China und Korea gar nicht zu reden - eine Un-
möglichkeit, einen Überblick über die Kunft und den Wandel ihrer Formenfprache zu
gewinnen. Damals tappte man noch im Dunkeln, hatte keinerlei Behelfe, keine illu-
ftrierten kunftgefchichtlichen Werke, keine geordneten Mufeen das fo unendlich be-
deutfame kaiferliche Schatzhaus (Shofoin) in Nara war unzugänglich —, die einem als
Anhalts- oder Stützpunkte dienten, an deren Hand man die Entwicklung hätte ftudieren
können. Mühfam und mit unendlichen Schwierigkeiten war das Suchen nach Erkenntnis
verknüpft. Seit diefer Zeit hat fich vieles zum Befferen geändert, die Wege zur Er-
forfchung der oftafiatifchen Kunft find geebnet. Zur Erkenntnis der großen Bedeutung
der oftafiatifchen Kunft und ihres Entwicklungsganges konnte man aber erft kommen,
indem man fich eingehendft mit ihr im Lande ihres Urfprungs befchäftigte und von
den einheimifchen Autoritäten und Künftlern lernte, denn nur vereinzelt hatten fich
Werke der großen Kunft von Bedeutung nach Europa verirrt.
Im Frühjahr 1909 trat ich meine fyftematifch aufgebauten Sammlungen oftafiatifcher
Kunftwerke an die Stadt Köln ab unter der Bedingung, daß ein Mufeum für die-
felben errichtet würde, dem meine jahrelangen Erfahrungen und Studien zugrunde
lägen. In der Stadtverordnetenverfammlung unter der Ägide des Herrn Oberbürger-
meifter Wallraf wurde den 24. Juni 1909 einftimmig der Befchluß gefaßt, auf meine
Bedingungen einzugehen, zu denen auch gehörte, daß das Inftitut bis zu meinem
Der Cicerone, V. Jahrg., 20. Heft. 5g

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