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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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7. Heft
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Der Kunstmarkt - Von den Auktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0290

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DER KUNSTMRRKT
Bevorstehende Auktionen
DIE VERSTEIGERUNG DER SAMM-
LUNG MARZELL VON NEMES Am
20. Juni wird in der Galerie Manzi in Paris die
berühmte Kollektion des ungarifchen Sammlers
unter den Hammer kommen, die durch ihre Qua-
lität und ihr Prinzip in den lebten Jahren Jo ojt
das IntereJJe der ÖJJentiichkeit wachgerufen hat.
Bis Ende März war die Sammlung bekanntlich
in der Städtijchen Kunjthalie in DüJJeldorJ aus-
gejtellt, und man weiß, daß von Jeiten der dor-
tigen JtädtiJchen Behörde vergeblich derVerJuch
gemacht worden ijt, Jie als Ganzes zu über-
nehmen. Wenn ihr Befiß jeßt durch öffent-
lichen Verkauf in alle Winde zerftreut wird, fo
mag man das einer ebenfo eigenartigen wie
künftlerifch bedeutfamen Schöpfung gegenüber
bedauern, ganz besonders vielleicht im Hinblick
auf die großartige Kollektion von Bildern Grecos,
die Herr v. Nemes mit feinem ungewöhnlichen
Blick für künftlerifche Qualität als Unikum unter
allen Sammlungen der Welt zufammengebracht
hatte. Indes darf man ebenfo hoffen, daß es
bei der in den Kreifen der Kenner immer kräf-
tiger erwachenden Erkenntnis der überragenden
Größe diefes fpanifchen Meifters auch in Deutfch-
land genug Intelligenzen geben wird, die viel-
leicht eine Anzahl diefer Schäße unferem Vater-
lande zu erhalten wiffen, weil fich gerade
Deutfchland um die kunftgefchichtlicheErforfdiung
Grecos befondere Verdienfte erworben hat.
Gleiches möchten wir für die übrigen Werke
erhoffen.
Auf die Sammlung felbft und ihre kunftge-
fchichtliche Bedeutung wird an diefer Stelle
in anderem Zufammenhange nochmals aus-
führlich hingewiefen werden, fo daß vorerft
diefe kurzen Notizen genügen müffen. Wer die
Tendenzen des modernen Kunftmarktes beob-
achtet hat, darf der Verweigerung jedenfalls
einen fenfationelien Erfolg vorausfagen. — Als
Experten werden bei der Vente die Herren
Kleinberger, Feral, Durand-Ruel und Bernheim
jeune fungieren. Kommiffär-Priefeurs find die
Herren Lair-Dubreuil und Beaudouin. Ein mo-
numentaler Katalog ift in Vorbereitung.
DER KATALOG DER SAMMLUNG
Dr. OERTEL Wie fchon kurz an diefer
Stelle gemeldet, gelangt am 6. und 7. Mai die
hervorragende Sammlung vorwiegend deutfcher
Holzfkulpturen aus dem Befiß von Dr. R.
Oertel-München bei Rudolph Lepke in
Berlin zur Verfteigerung. Diefe Auktion dürfte

— VON DEN AUKTIONEN
fchon um der Tatfache willen ein befonderes
Ereignis auf dem heurigen Kunftmarkt fein,
weil noch nie eine Spezialfammlung diefer
Art von ähnlicher Gefchloffenheit [und Qualität
unter den Hammer kam und das in einer
Zeit, wo der in der Vente Oertel vertretene
Kunftzweig immer nachhaltiger in das Be-
wußtfein unferer Gegenwart eingeht und längft
zu dem begehrteften Sammelobjekt auf dem
internationalen Markt zählt. Was die Samm-
lung des Münchner Kunfthiftorikers, der jahre-
lang an dem Aufbau feines Schaßes gearbeitet,
umfchließt, ift mit das edelfte Stück künftlerifchen
Erbes aus der deutfchen Vergangenheit und
darum wird es Pflicht aller deutfchen Mufeen
fein, nach Kräften aus diefem Kunftbefiß zu-
fammenzuhalten, was irgend vor der gewiß
nicht geringen Konkurrenz des Auslandes zu
erwerben fein wird. Ganz befonders möchten
wir wünfchen, daß ein großer Teil diefer Skulp-
turen dem nach Bodes Intentionen in Berlin zu
errichtenden deutfchen Mufeum einverleibt wird,
aber wir hoffen nicht minder auch, daß der
deutfche Privatfammler die Gelegenheit benußt,
Bildwerke edelfter Provenienz für fich zu er-
werben.
Vor kurzem erfchien in Geftalt eines ftatt-
lichen Quartbandes, verfehen mit 122 Licht-
drucktafeln, der muftergültige Katalog diefer
Sammlung (Preis 20 M.j, deffen wiffenfchaftliche
Bearbeitung dem Affiftenten am Kaifer Fried-
rich-Mufeum zu Berlin, Herrn Dr. Demmler,
gedankt wird, der auch das Vorwort verfaßte,
das auf die Bedeutung der Kollektion im Gro-
ßen und auf intereffante Details hinweift und
nicht minder auch der verdienftvollen Tätigkeit
des Herrn Dr. Oertel als Sammler gerecht wird.
Diefer Katalog verdient die befondere Anerken-
nung der Gelehrten, weil er einem im einzelnen
oft noch problematifchen Material gegenüber
den Maßftab ftreng wiffenfchaftlicher Kritik
wahrt und mit jener Sachlichkeit gearbeitet ift,
die die Auktionskataloge des Haufes Lepke
längft muftergültig gemacht hat. Die ausge-
zeichneten Reproduktionen, die etwa die Hälfte
der Werke in Lichtdruck wiedergeben, erhöhen
ihrerfeits nicht weniger den Wert der Arbeit.
Eine Sammlung aber wie die des Herrn Dr.
Oertel verdient vor allem als Ganzes gewertet
zu werden. Sie ift für den kritifchen Geift
unferer Zeit fymptomatifch, fie hat der Kunft-
wiffenfchaft bedeutend vorangeholfen, indem
die Initiative eines Privatmannes Schäße feft-
hielt, die zum großen Teil vielleicht längft ins
Ausland gewandert wären. Sie ermöglichte in
vielen Punkten grundlegende Erkenntniffe für

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