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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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Der Kunstmarkt - Von den Auktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0050

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DER KUNSTMARKT — VON DEN AUKTIONEN
REMBRRNTDS „EHEBRECHERIN VOR CHRISTUS"

7t/T an könnte vielleicht tretender über diefen
^iLiLAbfchnitt die Überfchrift feßen: Charles
Sedelmeyer contra Abraham Bredius.
Denn es handelt [ich um jene vor kurzem aus
begründeter Notwehr heraus veröffentlichte
Bro[chüre des Ne[tors unter den internationalen
Kun[thändlern von Rang, in der er in einem
offenen Briefe mit der von uns bereits an die[er
Stelle (Heft 23 des lebten Jahrganges) konfta-
tierten höchft unerfreulichen Art, wie Bredius in
leßter Zeit kraft feiner Autorität gegen gewich-
tige Rembrandtwerke aufgetreten ift, öffentlich
Abrechnung hält.
Ift es Herrn Sedelmeyer in der Hauptfache
auch darum zu tun, mit zwingender Logik und
an Hand eines klug gewählten bildlichen Ver-
gleichsmateriales die Echtheit jener „Ehebrecherin
vor Chriftus" aus der Sammlung Weber zu be-
weifen, wobei er fich durchaus mit dem Urteil
einiger der bewährteren Kenner wie Bode, Va-
lentiner und Hofftede de Groot begegnet, fo
läßt doch gerade die Einleitung feines offenen
Briefes keinen Zweifel darüber, daß Bredius
fich nicht nur mehr als einmal wirklich geirrt,
fondern fich in feinem ausgefprochenen Autori-
tätsgefühl des öfteren auch Widerfprüche und
Ungerechtigkeiten hat zu Schulden kommen
laffen, die feiner Reputation als Kenner erheb-
lich fchaden müffen. Sedelmeyer fchreibt aus-
gehend von der Anficht Bredius', daß die Frau
Bas im Rijksmufeum nicht von Rembrandt, fon-
dern von Ferdinand Bol fei, wörtlich: „Sie
legen, geehrter Herr Doktor, großen Mut an den
Tag, indem Sie, oft allein gegen die anderen
Rembrandt-Autoritäten, Ihre Anficht verteidigen,
auch wenn Sie keine gewichtigen Argumente
dafür geltend machen können. Sie halten felfen-
feft an Ihrer Meinung, obfchon Sie wiffen, daß
Sie nicht unfehlbar find, fondern fich bei fo man-
chen Gelegenheiten geirrt, zuweilen Fälfchungen
für echt gehalten und ganz unzweifelhafte Rem-
brandts für unecht erklärt haben — — —"
Daß Sedelmeyer diefe Behauptung durch Tat-
fachen belegt, ift felbftverftändlich und nicht zu-
letzt muß die von Herrn Dr. Bredius kürzlich
verlorene Wette, die den Knabenkopf der
Sammlung Weber betraf, auch feine beften
Freunde gegenüber feiner Autorität als Kenner
bedenklich ftimmen. Indes würde auch ein
folcher einzelner Fall an fich vielleicht wenig
befagen, wäre nicht die ganze Art zu miß-
billigen, in der der holländifche Gelehrte in
leßter Zeit gegen beftimmte Rembrandtwerke
vorgegangen ift. Sedelmeyer befchränkt fich

auf folgende Beifpiele, indem er wörtlich weiter
fchreibt:
„Wenige Tage vor der Auktion Weber er-
klärten Sie in der „Kunftchronik" zwei in diefer
Sammlung befindliche und im Katalog als echt
bezeichneteRembrandt-Bilder feien Fälfchungen.
Daraufhin fteigerten weder Amateure noch Händler
auf diefe Werke, fo daß durch diefe Enthaltung
der Familie Weber ein Verluft von einigen
Hunderttaufend Mark erwachfen fein dürfte.
Ein Parifer Händler kaufte im vergangenen
Frühjahr auf einer Parifer Verweigerung einen
Rembrandt für eine halbe Million Franken. Am
nächften Tag fchrieben Sie in einer Zeitfchrift,
das Bild fei nicht echt, und Monate hindurch
wiederholten Sie Ihre Konteftierung im „Bur-
lington Magazine", obwohl alle Ihre Kollegen
Ihnen Unrecht gaben und Sie nicht imftande
find, den Schatten eines Beweifes für Ihre Be-
hauptung zu erbringen. (Nebenbei bemerkt,
hat Bode feinerzeit diefe von Herrn Kleinberger
erworbene „Frau mit dem Hahn" eingehend im
„Cicerone" publiziert. Die Red.)
Dem betreffenden Händler, der wahrfcheinlich
durch denVerkauf des nach der Reinigung noch
wertvoller gewordenen Gemäldes einen be-
deutenden Nußen erzielt hätte, haben Sie nun
den Wiederverkauf fehr erfchwert, wenn nicht
unmöglich gemacht. Denn der Sammler fagtfich:
„Das Bild mag ja ganz echt fein, jedoch, da es
von einer Autorität beftritten wird, will ich es
lieber nicht kaufen." Vom Rechtsftandpunkt be-
trachtet, fcheint mir, daß der Eigentümer von
Ihnen eine Entfchädigung zu fordern berechtigt
wäre."—
Diefe Zitate find notwendig, um zu verftchen,
warum Sedelmeyer fchließlich notgedrungener-
weife den Weg in die Öffentlichkeit fuchte, denn
die Tatfache, daß durch apodiktifche Urteile, wie
fie Bredius gefällt, nicht nur das Anfehen des
einzelnen, in öffentlichen wie privaten Samm-
lungen befindlichen Werkes gefchädigt wird,
gibt zu denken, fondern foiche auf Autorität
fußenden Urteile können in einzelnen Fällen
auch dem Eigentümer unerfeßlichen Verluft er-
bringen.
Gewiß berühren die hier angeführten Mo-
mente einen der wundeften Punkte der neueren
Kunftwiffenfchaft und wir wiffen andrerfeits auch
viel zu gut, daß Bredius in jedem Falle nur
auf Grund feiner perfönlichen Überzeugung feine
Urteile präzifiert hat. Aber er hat fich doch nach-
gewiefenermaßen mehr als einmal geirrt und
die Tatfache follte ihn mit Recht für die Folge

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