Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

DOI Heft:
20.Heft
DOI Artikel:
Rundschau - Sammlungen
DOI Artikel:
Ausstellungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0753

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
SAMMLUNGEN ° AUSSTELLUNGEN

ging kürzlich in knapper Faffung durdh die Pa-
rifer Preffe. Keine Zeitung hieit es für nötig,
die Bedeutung diefes Inftituts für die Wiffen-
fchaft einzufchäßen, Doucets Stiftung in ihrem
Werte zu prüfen, gefdiweige denn rühmend den
hochherzigen Geber zu würdigen. Es ift fchön,
daß Doucet felbft keine Huldigungen verlangt
oder auch nur erwartet; aber es ift nicht fchön,
daß die Franzofen fie ihm nicht freiwillig in
reichftem Maße darbringen; denn, was Doucet
für den Ruhm der franzöfifchen Kunft und für
das wiffenfchaftlicheRnfehen feines Landes ge-
tan hat, ift mehr wert, als was irgendein Mi-
nifter der dritten Republik für die Kunft zu leiften
vermochte. Wäre die Regierung Frankreichs
weitfichtig und großzügig, fo würde fie diefem
Manne eines der hohen Ämter der Kunftver-
waltung anvertrauen. Einer, der feine Kräfte,
Zeit, Sorgfalt, Vermögen mit folcher Intenfität
in den Dienft idealer Zwecke freiwillig ftellte,
würde derGeeignetfte fein, um den Louvre, die
Bibliotheque nationale, ja felbft das Unterftaats-
fekretariat der Schönen Künfte den Zeitforde-
rungen entfprechend zu reorganifieren. Freilich
hat er perfönlich es angenehmer in feiner eigenen
Bibliothek fchalten zu können, wie es ihm gut
dünkt. Die beften Gedanken find hier aufs vor-
züglichfte verwirklicht worden. Von der Biblio-
thek, die immer im gleichen Maße weiter wächft
ift hier fchön häufig gefprochen. Es fei heute
nur darauf hingewiefen, daß im vergangenen
Jahre vornehmlich zwei Sparten des Inftituts er-
weitert worden find: Einmal die Abteilung pe-
riodifcher Erfcheinungen, in der jeßt gegen 500
Revuen aufliegen; darunter über 50 deutfche.
Es fehlen noch einige Periodika kleiner deutfcher
Provinzialvereine. Dafür findet man die Kunft-
zeitfchriften Spaniens, Portugals, der Balkan-
ftaaten und überfeeifcher Länder in feltener Voll-
ständigkeit. Zweitens ift die Photographien-
fammlung beträchtlich vermehrt worden. Auf
diefem Gebiet find Doucets Verdienfte befonders
wertvoll. Während man bisher in keinem öffent-
lichen Inftitut eine methodifch angelegte Photo-
graphienfammlung fand, hat Doucet fchön jeßt
eine vorzüglicheKollektion, vor allem von franzö-
fifcher Kunft, die dem ernften Studium fehr dien-
lich ift, zufammengebracht. Von der Kathedrale
in Reims befißt er zum Beifpiel gegen 1500 Auf-
nahmen, von der Kathedrale in Chartres gegen
1200 Großfolioblätter; daneben viele Photo-
graphien von Gemälden und Zeichnungen aus
franzöfifchen Provinzialmufeen. Soweit die Kli-
fchees ihm gehören, ftellt er gern wiffenfchaft-
lichen Arbeitern Abzüge zur Verfügung. Seine
Architekturaufnahmen find heute fchön ebenfo
umfaffend wie die berühmte Privatfammlung

von Martin Sabon. Geht diefes Inftitut nunmehr
in ftaatüchen Befiß über, fo ift zu wünfchen, daß
es im Doucetfchen Geifte weitergeführt wird.
Vorläufig hat Doucet fich noch die Hausherrn-
rechte gewahrt und folange er lebt wird man
feinen Geift im Haufe fpüren. Daß dem jugend-
frifchen Sechziger noch ein Menfchenalter feiner
phiiantropifchen Wirkfamkeit vergönnt fei, hoffen
alle, die jemals den Fuß in fein Haus feßten.
O. G.
AUSSTELLUNGEN
DIE INTERNATIONALE KUNST-
GEWERBE-AUSSTELLUNG PARIS
1916 ift offiziell immer noch nicht befchloffen,
wird aber von einzelnen offiziellen Perfönlich-
keiten als gefiebert hingeftellt und von allen
Künftlern mit Eifer vorbereitet. Wieder einmal
verfagt die Regierung und wagt keine fchnelle,
klare, unzweideutige Entfcheidung zu treffen,
weil fie nicht die Energie hat, zwifchen einer
der beiden maßgebenden Parteien zu wählen.
Es foll zugegeben werden, daß tatfächlich Cha-
rakter und ftarke Überzeugungen nötig find, um
fich auf die Seite von einem der beiden Gegner
zu fchlagen. Aber nur dadurch läßt fich etwas
Wertvolles erreichen. Es handelt fich darum,
ob dieAusftellung einen rein künftlerifchen oder
einen gemifchtkünftlerifch-induftriellen Charakter
tragen foll, ob nur moderne Arbeiten oder auch
Stilimitationen zugeiaffen werden foilen. Die
Entfcheidung in diefer Prinzipienfrage wird von
großer Bedeutung werden, da die Künftler der
Not gehorchend fich wohl organifiert haben, aber
kapitalfchwach find, während die Induftriellen
feit Jahrzehnten eine glänzende Organifation
bewiefen haben und fehr kapitalkräftig find. Die
Künftler haben einige der beften Deputierten
für fich: Boncour, Harriot, Roblin; die Indu-
ftrielien zahlreiche Deputierte, viele Großkapita-
lien, und fie rechnen auf den Handelsminifter.
Entfcheidet fich die Regierung für die Induftriellen,
fo drohen die Künftler mit gänzlichem Boykott
der Ausftellung und planen der Regierungsaus-
ftellung eine inoffizielle Manifeftation gegen-
überzuftellen. Es wird fich alfo ein Kampf bis
aufs äußerfte zwifchen Kunft und Induftrie ent-
wickeln, wenn nicht die Regierung einen Kom-
promiß findet, der beide Teile befriedigt. Frei-
lich — nach dem heutigen Stand der Dinge ift
kaum anzunehmen, daß die Künftler auf einen
Kompromiß eingehen; denn fie find felbftbewußt
geworden, und nicht ganz mit Unrecht ftolz auf
ihre leßten Erfolge. Nach der Wandlung im
franzöfifchen Kunftgewerbe feit 1910 ift es ficher,

721
 
Annotationen