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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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23. Heft
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Stoehr, August: Noch einmal Hanauer und Frankfurter Fayencen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0860

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NOCH EINMAL HANAUER UND FRANK-
FURTER FAYENCEN Von AUGUST STOEHR-Würzburg
TTllerorten ift man gegenwärtig in Deutfchland mit beftem Erfolge damit befchäftigt,
ildas Dunkel zu lichten, das über fo vielen deutfehen Fayencefabriken liegt. Zahl-
reiche größere und kleinere Auffä^e wurden, meift an diefer Stelle, veröffentlicht, aber
noch nirgends ift bisher eine fo umfangreiche und fo prächtig und reich mit An-
fchauungsmaterial ausgeftattete Arbeit über eine einzige Fabrik erfchienen, wie wir
fie feit kurzem über die ältefte füddeutfehe Fayencefabrik zu Hanau in dem von
Dr. Ernft Zeh verfaßten und in N. G. Eiwerts Verlagsbuchhandlung zu Marburg i. H.
erfchienenen Werke: „Hanauer Fayence. Ein Beitrag zur Gefchichte der deutfehen Kera-
mik" befi^en.
Gerade die Gefchichte und die Erzeugniffe der Hanauer Fabrik waren fchon mehr-
mals zum Gegenftand von Unterfuchungen gemacht worden. Aber noch klafften man-
cherlei Lücken, namentlich was die Frühzeit der Fabrikerzeugniffe anlangt, und die
Frage der Trennung der Hanauer Fayencen von denen der nahegelegenen Frankfurter
Fabrik war erft angefchnitten. Man durfte mit Recht darauf gefpannt fein, welche
neuen Entdeckungen Zeh, der feit einigen Jahren die Mufeen und zahlreiche Privat-
fammlungen mit größtem Fleiß durchforfcht und ein überaus reiches Anfchauungsmaterial
zufammengetragen hatte, zur Klärung diefer für die Tätigkeit der beiden Fabriken
überaus wichtigen Fragen bringen würde.
Zeh hat bei feinen Unterfuchungen die Bemalung und deren ftiliftifche Entwick-
lung in den Vordergrund geftellt und zur Grundlage feiner Zuteilungen gemacht; er ift
dabei zu hypothetifchen Beftimmungen der Frühfayencen gekommen, die er durch
ftiliftifche Angliederung an die für Hanau geficherten Fayencen der Folgezeit geftüt$t
wiffen will. Die Abfonderung von der holländifchen Fayence erfolgte auf Grund glafur-
technifcher und malerifcher Verfchiedenheiten. Wer fich aber eingehend mit der Be-
ftimmung der füddeutfehen Fayencen abgegeben hat, wird mir zuftimmen müffen, daß
die malerifche Behandlung ebenfowenig wie die Farbtöne allein genügen, um unan-
fechtbare Zuteilungen für eine Fabrik zu machen, denn wir haben es ja nicht mit der
malerifchen Arbeit eines Malers, fondern mit der einer Vielheit von Malern zu tun.
Das perfönliche Können des einzelnen und die verfchiedenartige Auffaffung des Vor-
bildes fpielen eine nicht zu unterfchät$ende Rolle. Dazu kommt die technifche Schwierig-
keit der Malerei, bei der es fich darum handelt, auf einer die Farbe rafch auffaugen-
den Unterlage mit flottem ficheren Pinfel ohne Möglichkeit einer korrigierenden Ver-
befferung eine gegebene Vorlage zu kopieren. Man mache nur einmal den Verfuch,
und ftelle eine Anzahl von talentierten Kunftfchülern vor die Aufgabe, eine dekorative
Vorlage, wie wir fie auf den Krügen verwendet finden, mit einem ihnen geläufigen
Material prima vista ohne Verbefferungen hinzufe^en; man wird zu der überrafchenden
Entdeckung kommen, daß ganz verfchiedene Leitungen entftehen. Der eine wird mit
flottem Pinfel dem Wefen nach Gleichwertiges fchaffen, ohne aber das Vorbild zu kopieren,
ein anderer wird verfuchen, fklavifch zu kopieren, und zwifchen diefen Extremen
werden wir eine Reihe von Übergängen finden.
Solche Ergebniffe werden wir auch bei den Fayencemalern nicht außer acht laffen
dürfen. Bei räumlich fo naheliegenden Fabriken wie Hanau und Frankfurt kommt
noch das ftete Hinundherwandern der Maler in Betracht und die Gleichheit der Vor-
bilder, Momente, auf die Zeh ja felbft hingewiefen hat. Die Zuteilungen Zehs werden
daher, foweit fie nicht durch technifche Merkmale geftüt$t werden, nicht reftlofer Zu-

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