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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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Ausstellungen
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Entdeckungen. Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0091

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AUSSTELLUNGEN ° ENTDECKUNGEN UND FUNDE

Schon die Rückficht auf Umfang und Zweck
diefer Berichte verbietet es, die geringen Niveau-
Schwankungen der überwiegenden Mehrzahl der
Genoffenfchaftsmitglieder, die bei dem einmal
Erreichten beharren, im einzelnen fcftzuftellen.
Sie müffen es [ich daher gefallen laffen, wenn auch
der Berichterftatter ihren Grundfa^ des „quieta
non movere" [ich zu eigen macht. Namentlich auf
dem Gebiete des Porträts herrfcht nach wie vor
faft unbeftritten jenes Virtuofentum, deffen tech-
nifches Können die innere Leere nur um fo ftärker
hervortreten läßt. Neben den allzu vielen, die
„nie mehr wollen als fie können", ift das höher
gerichtete Streben eines Künftlers wie Wind-
hager auch dort noch fympathifch zu begrüßen,
wo es fein Ziel gänzlich verfehlt. Zudem wur-
den Künftler undBefchauer für das völlige Miß-
lingen zweier Arbeiten Windhagers durch fein
tiefempfundenes, anfcheinend von Daumier be-
einflußtes Samariterbild reich entfchädigt.
* *
*
Die GALERIE MIETHKE veranftaltete eine Ge-
dächtnisausfteliung der Werke des tfchechifchen
Alalers Hans Schwaiger, der im Juni 1912
geftorben ift. Diefe durchaus würdige Aushei-
lung, die einen bedeutenden Teil feines Lebens-
werkes zufammengebracht hat, rechtfertigt aufs
neue den wohlverdienten Ehrennamen des
„tfchechifchen Schwind", den dem Künftler in
erfter Linie feine zahllofenMärcheniliuftrationen
in der Art kolorierter altdeutfcher Holzfchnitte
eingetragen haben. Ihnen fichert die fprudelnde
Laune Schwaigers, feine bewegliche, an origi-
nellen Einfällen überreiche Phantafie dauernden
Reiz. Nicht minder deutlich läßt die Ausftellung
aber auch die Grenzen feiner zeichnerifchen Be-
gabung erkennen,die in dem berühmtenHiftorien-
bild „Die Wiedertäufer" klar zutage treten. Er-
weckte das unüberfehbare Figurengewimmel des
Aquarells bei deffen erftem Auftauchen durch fein
bizarres Gehaben ftarkes Befremden, find es heute
gerade die vielen originellen Einzelzüge der Be-
obachtung, die unfer Intereffe rege erhalten, wäh-
rend die rein additionelie Kompofition, die jeder
Dominante entbehrt, aus inneren Gründen nicht
zu befriedigen vermag.
* *
*
Das Wiener VOLKSHEIM, ein feit feinem Be-
gehen im Sinne wahrer Volksbildung wirkendes
Inftitut, veranftaltete eine nur durch ganz kurze
Zeit geöffnete Porträtausftellung, um deren
gefchickte Zufammenftellung fich Dr. Max Glaß
verdient gemacht hat. Sie erlangte fchon da-
durch einiges kunftgefchichtliches Intereffe, daß
hier zahlreiche Werke aus dem Wiener Privat-
befi^, deffen Opferwilligkeit das Zuftandekom-

men der Ausftelluug ermöglicht hat, zum erften
Male öffentlich gezeigt wurden. So lag der
Schwerpunkt naturgemäß in den zahlreichen
Porträts der beliebten Altwiener Meifter. Mit zehn
Werken fehr ungleicher Qualität ftand hier Wald -
mtiller an der Spitze; gut gewählte Beifpiele
der Porträtkunft Eybls, Fendis, Kupel-
wiefers u.a. fchloffen fich an. Von denKünft-
lern der folgenden Generation waren Am erling,
Canon, Makart (Frau Prof. Fournier, für die
Vorzüge und Schwächen desMeifters gleich be-
zeichnend) und Romako (mit drei Bildern, be-
fonders intereffant das zarte Interieur mit der
Familie des Künftlers) vertreten, von lebenden
Öfterreichern Angeli (mit einem ganz vorzüg-
lichen Bilde aus den fiebziger Jahren), Bacher,
Defregger, Klimt, Kokofchka, K. Mofer
u. v. a. Unter den deutfchen Künftlern durfte
natürlich vor allem der populäre Lenbach (Frau
v. Wertheimftein, Th. Gomperz, Th. Mommfen,
A. Böcklin) nicht fehlen. Die europäifche Por-
trätkunft der Gegenwart und jüngften Ver-
gangenheit charakterifierten Arbeiten von Amiet,
Carriere, Corinth (Selbftporträt 1912), van
Gogh (Die Mutter des Künftlers) und Hans
von Marees. Aus den etwa 20 Werken älterer
Perioden der Kunftgefchichte feien ein guter
Romney (im Befit^e St. v. AufpiU) und einige
Franzofen (z. B. Nattier) hervorgehoben. Neben
einer Anzahl von Aquarellen und Zeichnungen
Altwiener Meifter diente eine kleine „lokal-
hiftorifche Abteilung" der volkstümlichen Ab-
rundung der in ihrer Anfpruchslofigkeit fympa-
thifch wirkenden Kunftfchau, deren Reichhaltig-
keit diefe im Telegrammftil gehaltene Aufzählung
beweifen mag. * * K. R.
*
Der „AkademifcheVerband fürLiteratur
und Mufik" brachte zum erftenmal die be-
kannte Gruppe der „Futuriften" nach Wien;
da ihre Bilder, von Paris ausgehend, bereits in
Berlin und in anderen deutfchen Städten ge-
zeigt wurden, genügt an diefer Stelle die Ver-
zeichnung der Tatfache.
ENTDECKUNGEN + FUNDE
NEUSTADT a. d. Hardt In der hiefigen
Marienkirche wurden an der Oftwand zwei alte
Fresken entdeckt, die aus dem Ende desl4.Jahr-
hunderts ftammen und die Verkündigung dar-
ftellen. Der Schöpfer der Bilder dürfte in Straß-
burg oder Mainz zu fuchen fein.
OSTIA Der Leiter der Ausgrabungen hat
kürzlich einen fehr fchönen Ephebenkopf ge-

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