Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913
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7. Heft
DOI Artikel:Ausstellungen
DOI Artikel:Denkmalpflege
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AUSSTELLUNGEN ° DENKMALPFLEGE
frühere bekannteMitglied derMünchner „Sdiolle",
je^t als Nachfolger Schmid-Reuttes an der Karls-
ruher Kunftakademie tätig, führt uns einige
weiche, tonige und feingeftimmte weibliche Por-
träts und eine große Wandkompofition, den
„Hexenzug aus Fauft" für Auerbachs Keller in
Leipzig beftimmt, vor, der in feiner lebens- und
wirkungsvollen Durchführung und feinem feinge-
ftimmten Kolorit als eine bedeutende Leiftung
des recht vieifeitigen und fchaffensfreudigen
Meifters bezeichnet werden darf. — Zwei her-
vorradende, geiftig nahe miteinander verwandte
Landfehafter find der Ferd. Kelierfchüler H.
Göhler und der SchönleberfchülerJ. Hellwag,
der erftere bevorzugt die feine künftlerifch ftim-
mungsvolle Darftellung von Parkanlagen und
Schlöffern aus der Rokokozeit, während der
letztere in mehr flächenhafter, breiter und flotter
Behandlungsweife uns die intimen Reize der
Londoner modernen Parks meifterlich zu fchil-
dern verfteht. Den Befchluß der jetzigen, fehr
intereffanten Ausftellung macht eine gediegene
Schwarz-Weiß-Ausftellung des ftrebfamen und
gewiffenhaften Hs. Thomasfchülers Auguft Geb-
hard und die Vorführung trefflicher Porträt-
plaftiken von Prof. Schreyögg, dem begabten
Sdhüler Adolf Hildebrands-München. K.
LONDON Bei GUTEKUNST, Grafton Street,
fteilt Frank Short, der größte Techniker unter
den heutigen Radierern Englands, 50 Blätter,
teils Radierungen, teils Aqua- undMezzotintoes
aus. Leßtere als Ausdrucksmittel für Original-
werke hat er ja als erfter wieder zum Leben
gebracht. Die Freude am vollendet Technifchen
diefer Blätter, ihrer Reinheit und Echtheit der
Mittel läßt einen nicht vergeffen, daß hier ein
offenes Auge und ein frifcher Sinn fich vor der
Natur an Schönem vollgefaugt und es dann in
feine geliebte Kunft übertragen hat. F.
MÜNCHEN Am 13. März wurde die Früh-
jahrsausftellung der Sezeffion in Anwefenheit
des Prinzregenten und anderer Mitgiieder des
Kgl. Haufes feierlich eröffnet. Wir werden auf
diefe Veranftaltung, die die gemäßigten Ele-
mente der Münchner jungen Künftler vornehm-
lich zu Worte kommen läßt, noch ausführlich
zu fprechen kommen.
PARIS In der lebten Zeit fahen wir bei DRUET
auf einer Gefamtausftellung Charles Guerins
— neben einigen feiner am 18. Jahrhundert
impirierten Dekorationen: Blau, Karmin, grün-
gelbe Lichter — gute weibliche Porträte und
Halbfiguren, von gefälliger, etwas trocken rea-
liftifcher Malerei; bei BERNHEIM Werke des
verftorbenen Charles-Henry Croß, vor denen
man oft geftehen hört, daß das und Signac ein
und dasfelbe fei. Solches Urteil könnte darch
den Hinweis auf Verwandtfchaft Croß' mit Renoir
widerlegt werden: (im gleichen Sinn gibt es
hier auch Berührungspunkte mit Van Gogh) die
ornamentale Geftaltung der Fläche. Was das
eigentlich Malerifche, fowie die Feinheit des
Gefichtsfinnes betrifft, fo möchten wir Signac
den Vorzug geben. Neben Gemälden — von
denen ein paar der beften der hier vorhandenen
dem Folkwang-Mufeum gehören — zeigen un-
mittelbare Naturftudien — diefe oft Aquarell —
daß die Übertragung nicht immer vorteilhaft ift.
Schließlich war ebenda eine Ausftellung Re-
noirs zu fehen mit Bildern aus allen Zeiten, die
das Intereffe der Kunftfreunde etwas vom fo-
eben eröffneten „Salon des Independants" ab-
und recht lebhaft auf ein ziemlich gefchloffenes
Bild vom Schaffen diefes heute faft unvergleich-
lichen Meifters und Unabhängigen lenkte. Nur
wenige neuefte diefer Bilder find käuflich; die
meiften gehören bereits Privatfammlungen an.
Darunter überrafchend die in manchem von
Courbet abhängige „Diane Chasseresse" (Samm-
lung Viau) aus der Zeit der „Life".
DENKMALPFLEGE
MAILAND Bramantes Meifterwerk, die Ba-
silica di S. Maria presso S. Satiro, bedarf
dringend einer radikalen Reftaurierung. Die
Bauhütte und die Sopraintendenza per i Monu-
menti haben vom Staat, von der Stadtverwal-
tung und von der Kirche felbft beträchtliche Zu-
fchüffe gefordert und auch erhalten, aber die
Mittel, die alle diefe Körperfchaften aufgebracht
haben, genügen noch nicht zu einer tiefgreifen-
den Wiederherftellung, wie fie der baufällige
Zuftand namentlich der Dächer, als notwendig
erfcheinen läßt. Deshalb hat eine Kommiffion,
der der Abgeordnete Cefare Nava als Präfident
und die Kunftfreunde Baron G. Bagatti-Valfecchi,
Don Guido Cagnola, Luigi Cavenaghi, Ludovico
Pogliaghi, Ettore Modigliani, Guido Carotti und
Ettore Verga angehören, die Aufbringung wei-
terer Mittel und die Ausarbeitung eines ratio-
nellen Arbeitsplanes übernommen.
Man hat damit begonnen, die urfprüngliche,
1483 von Antonio Raimondi ausgeführte Deko-
ration der Kuppel freizulegen, die durch Pizzo-
gallis färb- und charakterlofe Empiremalereien
von 1834 verdeckt werden, und man hofft, an
den feitlichen Gewölben und an den Seiten-
fchiffen wenigftens Refte der bramantesken De-
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frühere bekannteMitglied derMünchner „Sdiolle",
je^t als Nachfolger Schmid-Reuttes an der Karls-
ruher Kunftakademie tätig, führt uns einige
weiche, tonige und feingeftimmte weibliche Por-
träts und eine große Wandkompofition, den
„Hexenzug aus Fauft" für Auerbachs Keller in
Leipzig beftimmt, vor, der in feiner lebens- und
wirkungsvollen Durchführung und feinem feinge-
ftimmten Kolorit als eine bedeutende Leiftung
des recht vieifeitigen und fchaffensfreudigen
Meifters bezeichnet werden darf. — Zwei her-
vorradende, geiftig nahe miteinander verwandte
Landfehafter find der Ferd. Kelierfchüler H.
Göhler und der SchönleberfchülerJ. Hellwag,
der erftere bevorzugt die feine künftlerifch ftim-
mungsvolle Darftellung von Parkanlagen und
Schlöffern aus der Rokokozeit, während der
letztere in mehr flächenhafter, breiter und flotter
Behandlungsweife uns die intimen Reize der
Londoner modernen Parks meifterlich zu fchil-
dern verfteht. Den Befchluß der jetzigen, fehr
intereffanten Ausftellung macht eine gediegene
Schwarz-Weiß-Ausftellung des ftrebfamen und
gewiffenhaften Hs. Thomasfchülers Auguft Geb-
hard und die Vorführung trefflicher Porträt-
plaftiken von Prof. Schreyögg, dem begabten
Sdhüler Adolf Hildebrands-München. K.
LONDON Bei GUTEKUNST, Grafton Street,
fteilt Frank Short, der größte Techniker unter
den heutigen Radierern Englands, 50 Blätter,
teils Radierungen, teils Aqua- undMezzotintoes
aus. Leßtere als Ausdrucksmittel für Original-
werke hat er ja als erfter wieder zum Leben
gebracht. Die Freude am vollendet Technifchen
diefer Blätter, ihrer Reinheit und Echtheit der
Mittel läßt einen nicht vergeffen, daß hier ein
offenes Auge und ein frifcher Sinn fich vor der
Natur an Schönem vollgefaugt und es dann in
feine geliebte Kunft übertragen hat. F.
MÜNCHEN Am 13. März wurde die Früh-
jahrsausftellung der Sezeffion in Anwefenheit
des Prinzregenten und anderer Mitgiieder des
Kgl. Haufes feierlich eröffnet. Wir werden auf
diefe Veranftaltung, die die gemäßigten Ele-
mente der Münchner jungen Künftler vornehm-
lich zu Worte kommen läßt, noch ausführlich
zu fprechen kommen.
PARIS In der lebten Zeit fahen wir bei DRUET
auf einer Gefamtausftellung Charles Guerins
— neben einigen feiner am 18. Jahrhundert
impirierten Dekorationen: Blau, Karmin, grün-
gelbe Lichter — gute weibliche Porträte und
Halbfiguren, von gefälliger, etwas trocken rea-
liftifcher Malerei; bei BERNHEIM Werke des
verftorbenen Charles-Henry Croß, vor denen
man oft geftehen hört, daß das und Signac ein
und dasfelbe fei. Solches Urteil könnte darch
den Hinweis auf Verwandtfchaft Croß' mit Renoir
widerlegt werden: (im gleichen Sinn gibt es
hier auch Berührungspunkte mit Van Gogh) die
ornamentale Geftaltung der Fläche. Was das
eigentlich Malerifche, fowie die Feinheit des
Gefichtsfinnes betrifft, fo möchten wir Signac
den Vorzug geben. Neben Gemälden — von
denen ein paar der beften der hier vorhandenen
dem Folkwang-Mufeum gehören — zeigen un-
mittelbare Naturftudien — diefe oft Aquarell —
daß die Übertragung nicht immer vorteilhaft ift.
Schließlich war ebenda eine Ausftellung Re-
noirs zu fehen mit Bildern aus allen Zeiten, die
das Intereffe der Kunftfreunde etwas vom fo-
eben eröffneten „Salon des Independants" ab-
und recht lebhaft auf ein ziemlich gefchloffenes
Bild vom Schaffen diefes heute faft unvergleich-
lichen Meifters und Unabhängigen lenkte. Nur
wenige neuefte diefer Bilder find käuflich; die
meiften gehören bereits Privatfammlungen an.
Darunter überrafchend die in manchem von
Courbet abhängige „Diane Chasseresse" (Samm-
lung Viau) aus der Zeit der „Life".
DENKMALPFLEGE
MAILAND Bramantes Meifterwerk, die Ba-
silica di S. Maria presso S. Satiro, bedarf
dringend einer radikalen Reftaurierung. Die
Bauhütte und die Sopraintendenza per i Monu-
menti haben vom Staat, von der Stadtverwal-
tung und von der Kirche felbft beträchtliche Zu-
fchüffe gefordert und auch erhalten, aber die
Mittel, die alle diefe Körperfchaften aufgebracht
haben, genügen noch nicht zu einer tiefgreifen-
den Wiederherftellung, wie fie der baufällige
Zuftand namentlich der Dächer, als notwendig
erfcheinen läßt. Deshalb hat eine Kommiffion,
der der Abgeordnete Cefare Nava als Präfident
und die Kunftfreunde Baron G. Bagatti-Valfecchi,
Don Guido Cagnola, Luigi Cavenaghi, Ludovico
Pogliaghi, Ettore Modigliani, Guido Carotti und
Ettore Verga angehören, die Aufbringung wei-
terer Mittel und die Ausarbeitung eines ratio-
nellen Arbeitsplanes übernommen.
Man hat damit begonnen, die urfprüngliche,
1483 von Antonio Raimondi ausgeführte Deko-
ration der Kuppel freizulegen, die durch Pizzo-
gallis färb- und charakterlofe Empiremalereien
von 1834 verdeckt werden, und man hofft, an
den feitlichen Gewölben und an den Seiten-
fchiffen wenigftens Refte der bramantesken De-
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