Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913
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16. Heft
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AUSSTELLUNGEN ° PERSONALIEN
Oeuvre begeht daher weniger in großen, kom-
plizierten Werken als in Hunderten von Studien,
Skizzen, Entwürfen undZeichnungen, die [ich zum
großenTeil im Befifz feiner Nachkommen befinden.
In diefen Ölbildern kleinen Formats, Aquarellen,
Bleiftift-und Sepiazeichnungen —Porträts, verein-
zelte hiftorifche Kompofitionen, worunter mehrere
Napoleonsdarftellungen, meiftens aber Pferde-
und Reiterftudien, Militärtypen, fchwerfällige,
von mächtigen Percherons gezogene Laftwagen,
elegante Viererzüge, auch Genrefzenen ufw. —
offenbart fich ein fo bedeutendes Zeichentalent
von faft unfehlbarer Sicherheit, ein fo feiner
Gefchmack in der Behandlung der Linie und
eine fo rein künftlerifche Auffaffung jeden Mo-
tivs, daß Michalowski in Polen unter feinen
Zeitgenoffen und auch viel fpäter kaum feines
gleichen hat. Neben diefer Meifterfchaft frap-
piert bei ihm noch befonders eine ganz neu-
zeitliche Beobachtungsgabe im Erfaffen der Be-
wegungsmotive des Pferdes, ein frifcher modern-
impreffioniftifcher Zug, wie fie in der erften
Hälfte des 19. Jahrhunderts nur bei einem Künftler
möglich waren, der abfeits von profeffionell-
akademifchen Kreifen fich ein eigenes Verhältnis
zur Natur zu fchaffen wußte. — Der Krakauer
„Gefellfchaft der Kunftfreunde" gebührt im be-
fonderen für diefe reichhaltige Michalowski-
Abtcilung auf ihrer Ausftellung Dank. Über den
Inhalt der letzteren orientiert ein gut ausge-
ftatteter, illuftrierter Katalog. P. E.
WARSCHAU Die rührige Gefellfchaft
zum Schule der Denkmäler der Ver-
gangenheit, welche in den vorigen Jahren
mit fo viel Erfolg die Ausheilungen „Das alte
Warfchau" fowie „Die polnifche Bildnisminiatur"
arrangiert hatte, widmet ihre heurige Schau einem
der noch fehr wenig erforfchten Zweige polni-
fchenKunftgewerbes — der Keramik, zu der fich
auch eine reichhaltige Sammlung fchöner, ge-
fchliffenerGläfer, zum großenTeil mit gravierten
polnifchen Wappen und Infchriften, fowie eine
kleine Kollektion älterer Aleffing- und Bronze-
arbeiten gefeiten.
Die erften polnifchen Fayence- und Porzellan-
fabriken entftanden in jener Epoche, welche
überhaupt den Ausgangspunkt für die neuere
polnifche Kunft bildet, d. h. während der Re-
gierungszeit des kunftliebenden, lebten polnifchen
Königs Stanislaw Auguft. Diefer hatte unweit
Warfchau, neben dem Schlößchen Belvedere,
eine Fayencefabrik gegründet, welche diefen
Namen trug und prächtige Vafen nach chinefi-
fchen, japanifchen oder auch Delfter Mufter ver-
fertigte. Ganz ähnliche Fabrikate ftammen auch
aus einer zweiten gleichzeitigen Warfchauer
Fabrik, die einem gewiffen Wolff gehörte und fo-
gar länger als dieKöniglicheManufaktur exiftierte.
Ebenfalls in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahr-
hunderts wurden zahlreiche Fayence- und Por-
zellanfabriken von verfchiedenen polnifchen
Magnaten in ihren Gütern gegründet, fo die
Radziwills (Biala), J. Jezierski (Grenbenice),
Oginski (Telechany), Czartoryski (Korzec),
Lubomirski (Horodnica) u. a. Am bedeutend-
en war die 1784 vom Fürften Jozef Czartoryski
in Korzec (Wolhynien) gegründete Fabrik,
welche von Franzofen, den Brüdern Franz und
Michael Mezer, geleitet wurde und in ihrer
Blütezeit um 1793 ca. 20000 Stück monatlich
produziert haben foll. Auch zeichneten fich die
Korzecer Fabrikate künftlerifch durch fchöne
Formen, zarte Glafur und feine Bemalung aus.
Fr. Mezer leitete fpäter die Porzellanfabrik der
Grafen Zamoyski in Tomaszow, während M.
Mezer auf eigene Hand die Fabrik in Bara-
nowka anlegte, deren Erzeugniffe fich großer
Beliebtheit erfreuten. Einige diefer Fabriken
exiftierten bis gegen Ende der erften Hälfte des
19. Jahrhunderts, verloren jedoch allmählich ihr
künftlerifches Cadhet.
Vorderhand ift es noch gar nicht möglich, ein
einigermaßen erfchöpfendes Bild der Entwick-
lung des polnifchen Porzellans zu geben, da
die diesbezügliche Literatur noch äußerft arm
und die Gefchichte der einzelnen Fabriken,
ihrer Stileigenheiten, Meifter und Marken nur
zum geringften Teil erforfcht ift. Dies verleiht
der Warfchauer Ausftellung befondere Bedeu-
tung, da hier zum erftenmal in gegebener Rich-
tung ein umfangreiches Material (über 1500
Nummern) zufammengebracht ift, in welchem
[ämtliche keramifdhe Fabriken Polens bis zur Jetzt-
zeit vielfeitig vertreten find. Es bleibt zu hoffen,
daß die Ausftellung nicht refultatlos vorüber-
gehen und zu irgendwelchen monographifchen
Unterfuchungen über polnifche Keramik Anlaß
geben wird. Der ausführliche Katalog ift durch
die beigegebenen Markentafeln von bleibendem
Wert; dagegen ift der Mangel einer, wenn auch
kurzgefaßten, orientierenden Einleitung fowie
jedweder hiftorifcher Daten bei den einzelnen
Fabriken fehr fühlbar. P. E.
PERSONALIEN
GENT In der keramifchen Abteilung derG enter
Weltausftellung haben auch einige deutfche
Künftler Preife erhalten und zwar Prof. Bern-
hard Hoetger in Darmftadt und Ern ft Bar-
lach in Berlin, denen die Goldene Medaille
zufiel.
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Oeuvre begeht daher weniger in großen, kom-
plizierten Werken als in Hunderten von Studien,
Skizzen, Entwürfen undZeichnungen, die [ich zum
großenTeil im Befifz feiner Nachkommen befinden.
In diefen Ölbildern kleinen Formats, Aquarellen,
Bleiftift-und Sepiazeichnungen —Porträts, verein-
zelte hiftorifche Kompofitionen, worunter mehrere
Napoleonsdarftellungen, meiftens aber Pferde-
und Reiterftudien, Militärtypen, fchwerfällige,
von mächtigen Percherons gezogene Laftwagen,
elegante Viererzüge, auch Genrefzenen ufw. —
offenbart fich ein fo bedeutendes Zeichentalent
von faft unfehlbarer Sicherheit, ein fo feiner
Gefchmack in der Behandlung der Linie und
eine fo rein künftlerifche Auffaffung jeden Mo-
tivs, daß Michalowski in Polen unter feinen
Zeitgenoffen und auch viel fpäter kaum feines
gleichen hat. Neben diefer Meifterfchaft frap-
piert bei ihm noch befonders eine ganz neu-
zeitliche Beobachtungsgabe im Erfaffen der Be-
wegungsmotive des Pferdes, ein frifcher modern-
impreffioniftifcher Zug, wie fie in der erften
Hälfte des 19. Jahrhunderts nur bei einem Künftler
möglich waren, der abfeits von profeffionell-
akademifchen Kreifen fich ein eigenes Verhältnis
zur Natur zu fchaffen wußte. — Der Krakauer
„Gefellfchaft der Kunftfreunde" gebührt im be-
fonderen für diefe reichhaltige Michalowski-
Abtcilung auf ihrer Ausftellung Dank. Über den
Inhalt der letzteren orientiert ein gut ausge-
ftatteter, illuftrierter Katalog. P. E.
WARSCHAU Die rührige Gefellfchaft
zum Schule der Denkmäler der Ver-
gangenheit, welche in den vorigen Jahren
mit fo viel Erfolg die Ausheilungen „Das alte
Warfchau" fowie „Die polnifche Bildnisminiatur"
arrangiert hatte, widmet ihre heurige Schau einem
der noch fehr wenig erforfchten Zweige polni-
fchenKunftgewerbes — der Keramik, zu der fich
auch eine reichhaltige Sammlung fchöner, ge-
fchliffenerGläfer, zum großenTeil mit gravierten
polnifchen Wappen und Infchriften, fowie eine
kleine Kollektion älterer Aleffing- und Bronze-
arbeiten gefeiten.
Die erften polnifchen Fayence- und Porzellan-
fabriken entftanden in jener Epoche, welche
überhaupt den Ausgangspunkt für die neuere
polnifche Kunft bildet, d. h. während der Re-
gierungszeit des kunftliebenden, lebten polnifchen
Königs Stanislaw Auguft. Diefer hatte unweit
Warfchau, neben dem Schlößchen Belvedere,
eine Fayencefabrik gegründet, welche diefen
Namen trug und prächtige Vafen nach chinefi-
fchen, japanifchen oder auch Delfter Mufter ver-
fertigte. Ganz ähnliche Fabrikate ftammen auch
aus einer zweiten gleichzeitigen Warfchauer
Fabrik, die einem gewiffen Wolff gehörte und fo-
gar länger als dieKöniglicheManufaktur exiftierte.
Ebenfalls in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahr-
hunderts wurden zahlreiche Fayence- und Por-
zellanfabriken von verfchiedenen polnifchen
Magnaten in ihren Gütern gegründet, fo die
Radziwills (Biala), J. Jezierski (Grenbenice),
Oginski (Telechany), Czartoryski (Korzec),
Lubomirski (Horodnica) u. a. Am bedeutend-
en war die 1784 vom Fürften Jozef Czartoryski
in Korzec (Wolhynien) gegründete Fabrik,
welche von Franzofen, den Brüdern Franz und
Michael Mezer, geleitet wurde und in ihrer
Blütezeit um 1793 ca. 20000 Stück monatlich
produziert haben foll. Auch zeichneten fich die
Korzecer Fabrikate künftlerifch durch fchöne
Formen, zarte Glafur und feine Bemalung aus.
Fr. Mezer leitete fpäter die Porzellanfabrik der
Grafen Zamoyski in Tomaszow, während M.
Mezer auf eigene Hand die Fabrik in Bara-
nowka anlegte, deren Erzeugniffe fich großer
Beliebtheit erfreuten. Einige diefer Fabriken
exiftierten bis gegen Ende der erften Hälfte des
19. Jahrhunderts, verloren jedoch allmählich ihr
künftlerifches Cadhet.
Vorderhand ift es noch gar nicht möglich, ein
einigermaßen erfchöpfendes Bild der Entwick-
lung des polnifchen Porzellans zu geben, da
die diesbezügliche Literatur noch äußerft arm
und die Gefchichte der einzelnen Fabriken,
ihrer Stileigenheiten, Meifter und Marken nur
zum geringften Teil erforfcht ift. Dies verleiht
der Warfchauer Ausftellung befondere Bedeu-
tung, da hier zum erftenmal in gegebener Rich-
tung ein umfangreiches Material (über 1500
Nummern) zufammengebracht ift, in welchem
[ämtliche keramifdhe Fabriken Polens bis zur Jetzt-
zeit vielfeitig vertreten find. Es bleibt zu hoffen,
daß die Ausftellung nicht refultatlos vorüber-
gehen und zu irgendwelchen monographifchen
Unterfuchungen über polnifche Keramik Anlaß
geben wird. Der ausführliche Katalog ift durch
die beigegebenen Markentafeln von bleibendem
Wert; dagegen ift der Mangel einer, wenn auch
kurzgefaßten, orientierenden Einleitung fowie
jedweder hiftorifcher Daten bei den einzelnen
Fabriken fehr fühlbar. P. E.
PERSONALIEN
GENT In der keramifchen Abteilung derG enter
Weltausftellung haben auch einige deutfche
Künftler Preife erhalten und zwar Prof. Bern-
hard Hoetger in Darmftadt und Ern ft Bar-
lach in Berlin, denen die Goldene Medaille
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