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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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4. Heft
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Der Kunstmarkt - Von den Auktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0176

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DER KUNSTMARKT — VON DEN AUKTIONEN

NOCHMALS DIE REMBRANDT-
SCHE „EHEBRECHERIN" Abraham
Bredius hat auf den an diefer Stelle charak-
terifierten ausführlichen offenen Brief des Herrn
Ch. Sedelmeger mit einer fehr kurzen Ab-
handlung geantwortet, durch die er weniger die
Beweisführung des Angreifers fachlich entkräftet
als vielmehr allgemein die Berechtigung feines
Urteils zu ftüßen verfucht. Und das ohne eigent-
lich neue oder gar zwingende Gründe dafür ins
Feld zu führen. Überrafchen könnte höchftens
der im Original abgedruckte Bode-Brief von
1898, aus dem hervorgeht, daß auch diefer
Kenner [ich wenigftens eine Zeitlang mit der
Brediusfchen Anfchauung eins wußte. Ob es
heute noch der Fall ift, darf immerhin bezweifelt
werden. Aber fchiießüch ift auch das gleich-
gültig; denn der Kernpunkt diefer ganzen Kon-
troverfe wurzelt ja für uns gar nicht in der
Frage, ob die „Ehebrecherin" von Rembrandt
echt oder falfch ift, fondern vielmehr darin, ob
Herr Bredius ein fo völlig ficherer und einwand-
freier Kenner feines Gebietes ift, daß er durch
apodiktifche Urteile einfach Werte, für die ein
anderer außer feiner Überzeugung ein Vermögen
eingefeßt hat, entwerten darf, zumal wenn diefe
Urteile von anderen Kennern keineswegs ge-
teilt werden und die Tatfache feftfteht, daß diefer
auf feine Autorität bedachte Gelehrte fich Irr-
tümer in ähnlichen Fällen hat zufchulden kommen
laffen. Diefe Frage aber mag jeder Lefer für
fich beantworten. B.

Bevorstehende Auktionen
DIE REMBRANDTSCHEN HAND
ZEICHNUNGEN DER SAMMLUNG
HESELTINE-LONDON Es konnte vor
einiger Zeit an diefer Stelle mitgeteilt werden,
daß aus der Sammlung Hefeltine-London das
Haus Colnaghi und Obach eine Anzahl Blätter
erworben hatte. Jeßt kommt aus Amfterdam
die Nachricht, daß im Frühjahr 1913 bei Frederik
Müller eine weitere Folge Hefeltinefcher Be-
fißtümer zur Verweigerung gelangen wird. Von
befonderem Wert ift dabei der Schaß der Rem -
brandtzeichnungen,ungefähr30 der fchönften,
die diefer feiten glückliche Sammler befaß. Es
befinden fich darunter Stücke allererften Ranges,
das Selbftbildnis im Malkittel, die Ruine des
abgebrannten Amfterdamer Stadthaufes, das
große Bildnis der Frau an der offenen Tür, der
„Witwer", prachtvolle Aktftudien, und eine An-
zahl Landfchaftszeichnungen aus der Umgebung

von Amfterdam, darunter die fchönfte Land-
fchaftszeichnung desMeifters. An die Rembrandt-
ferie fchließen fich hervorragende holländifche
Zeichnungen der Hefeltinefchen und anderer
Sammlungen, die aber auch mit den Colnaghi-
fchen Erwerbungen nicht das mindefte zu tun
haben. Die Blätter Rembrandts find eine Folge,
wie fie in den leßten 30 Jahren nicht mehr auf
den Markt gekommen ift, und fie haben noch
den befonderen Reiz, daß fie noch nie zum An-
gebot gelangten.
BERLIN Die Verfteigerung der Sammlung
Dafch-Tepliß, die vom 4. bis 6. März bei
Rudolph Lepke ftatlfinden wird, dürfte fich zu
einer Überrafchung geftalten, da diefe verhältnis-
mäßig wenig bekannte Kollektion, feit fie vor
etwa 3^2 Jahrzehnten begonnen wurde, bei Ver-
meidung des Zwifchenhandels, aber durch ein
konfequentes Ausfchöpfen der lokalen Quellen
im nördlichen und nordweftlichen Böhmen im
Range auch folchen ebenbürtig geworden ift,
die auf breiterer Grundlage aufgebaut wurden.
Die reichfte und wichtigfte Abteilung bilden die
Porzellane, von denen der Befißer nicht ein
einziges Stück hat reftaurieren laffen. Und hier,
wo jede moderne Zutat ausgefchloffen blieb,
fällt bei dem numerifch überwiegenden Meißner
Porzellan die große Zahl weißer Gruppen und
Figuren auf, ein Beweis dafür, daß, wie Carl
Hans Krüger in feiner lehrreichen Vorrede (die
auch in einem holiändifch-indifchen Reifewerk
von S. deVries vom Jahre 1682 eine anfcheinend
bisher unbekannte Anregungsguelle, namentlich
der Höroldfchen Porzellanmalerei, nachweift)
betont, durchaus nicht nur die fehlerhaften Stücke
undekoriert in den Handel gebracht wurden, und
daß viel mehr weißes Porzellan in die Welt
ging als wir heute kennen. Den Schwerpunkt
der Sammlung bilden die Meißner und Wiener
Plaftiken, deren Hauptmeifter fich in einer größeren
Reihe von Figuren nachweifen laffen. Auf
Händler z. B. gehen zurück der große weiße
Kandelaber aus dem Sulkowski-Service, die
prachtvoll dekorierte Handkußgruppe, die Frucht-
fchale aus dem Vißthum-Service, die große
weiße Figur des Franciscus Xaverius, für Schloß
Rofenburg eigens modelliert, u. a. Auch für
El. Meyer kann eine Anzahl Figuren in Anfpruch
genommen werden und die Figuren der vier
Jahreszeiten gelten als fichere Eberleinfche Ar-
beiten. Wien ift numerifch geringer, aber un-
gewöhnlich gut vertreten durch den Modelleur
der Kanapeegruppen, durch Graffis reizende Ge-
fellfchaftsfiguren. Befonders fchön ift eine ent-
zückende Figur einer Kammerzofe mit Schoko-

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