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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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AUSSTELLUNGEN

daß heute auch fie Kapital finden werden. Die
modernen Begebungen im Kunftgewerbe haben
Refonanz im Publikum gefunden und ftehen
in einem ähnlichen Anfehen wie bei uns im
Jahre 1903. Die Münchner Ausfteiiung im Pa-
riferHerbftfalonl910 hat eine ungeheuere Nach-
wirkung gehabt. Seit diefer Zeit ift der halbe
Herbftfalon kunftgewerblichen Verfuchen einge-
räumt. Es werden wie in Deutfchland vollftän-
dige innenräume gezeigt und an manchen Möbeln
diefer Zimmer erkennt man, daß den Franzofen
die Münchner Arbeiten nicht fchlecht gefallen
haben müffen. Auch das Publikum intereffiert
fich für den modernen Stil und unterftü^t die
Künftler durch Aufträge. Schon die Beftellungen
vor ein bis anderthalb Jahren haben viele
Künftler zu organifatorifchen Unternehmungen
ermutigt. Seit dem lebten Jahre häufen fich die
Gründungen von Ateliers nach dem Mufter der
Münchner und Dresdner Werkftätten: Dufrene,
Groult, Mare, Jourdain, Baigneres, Poiret haben
derartigeAteliers insLeben gerufen,undalle fchon
im erften Jahre einen beträchtlichen Gewinn erzielt.
Demnächft foll auch eineVermittlungsftelle zwi-
fchen Kunft und Induftrie in der Art, wie fie feit
Jahren in München befteht, gefchaffen werden.
Auf diefe Erfolge geftü^t, betreiben die Parifer
Künftler die Ausftellungsidee aufs eifrigfte, ftellen
fie durch die Parteinahme der drei Deputierten
und durch das Wohlwollen von Herrn Berard
als gefiebert hin und fragen fchon begierig, ob
und wie Deutfchland fich beteiligen wird, ob-
wohl die offiziellen Einladungen noch gar nicht
einmal präpariert find. Einige ältere Franzofen
raten von der Ausfteiiung ab. Doch ich glaube,
dem frifchen Geift der Kunftgewerbler ift zu
trauen; fie können den Wettkampf aufnehmen.
Was hier in drei Jahren geleiftet worden ift,
verdient Achtung; ficher wird die Bewegung in
den nächften zwei Jahren noch weiter an Um-
fang und Tiefe gewinnen. Und Frankreich wird
auf diefer Ausfteiiung mit den andern Nationen
um den amerikanifchen Markt kämpfen können.
0. G.
BERLIN Im Salon SCHULTE hat man die
Gedächtnisausftellung für Karl Haider aus Mün-
chen übernommen, und es ift fehr fchön, daß
man einen Überblick über die Perfönlichkeit
und die Wandlungen des Malers bekommt.
Die feine Gegenftändüchkeit der fechziger Jahre
mit der weichen flockigen Malerei hat die Ein-
wirkung Leibis zur Vorausfe^ung, der Haider,
wie jeden, der mit ihm in Berührung kam, weit
über irgendwelche perfönlichen Verwandtfchaften
hinaus beeinflußte. Freilich zeigt das Bild „Der
neue Stufen" auch zugleich, daß diefe Beein-

fluffung fich doch nur auf die Mittel erftreckte,
und daß weder die Art noch die Stärke der
Perfönlichkeit dem Freunde ebenbürtig war. So
erklärt es fich, daß je länger je mehr der andere
der Freunde Einfluß gewann, daß das prächtige
Bildnis der erften Frau dem frühen, die Land-
fchaft „Frühling" dem fpäteren Thoma fehr nahe-
ftehen. Den eigentlichen Haider gibt wohl am
beften und wertvollften die wundervoll beruhigte
und vornehme Landfchaft wieder, die den Titel
führt: „Über allen Wipfeln ift Ruh", und dann
die lebten Porträts in ihrer zugleich farbigen und
ftark vereinfachten, aber auch asketifchen Mal-
weife.— Außer Haider fieht man in diefer Aus-
heilung noch einige Moderne. Philipp Franck
hat fich unter dem Einfluß eines Italienaufent-
haltes fehr gewandelt. Seine Art ift breiter ge-
worden, größer im Format und fehr farbig, aber
es fehlt diefen Bildern doch noch die eigentlich
monumentale Wirkung ebenfo wie die intime.
Die Struktur hat freilich nicht unter der Wand-
lung gelitten, und fowohl die badenden Jungen
wie vor allem die wunderfchöne Campagna-
landfchaft bedeuten einen tüchtigen Fortfehritt
gegen Früheres. Leonhard Sandrock zeigt eine
Sammlung von Motiven aus der Welt der In-
duftrie und der Arbeit, fehr gefchmackvolle und
gut gemalte Bilder. Aber die Kraft und die
Größe der Funktion bleiben diefe Bilder fchuldig;
es find höchftens Stiileben der Arbeit. Die Bil-
der von Max Clarenbach find heller geworden,
auch farbiger, nicht zu ihrem Nachteil. Es ift
ein gefchmackvoller und doch nicht flauer Im-
preffionismus darin, der fich befonders gut der
Darftellungenglifcher Parks anpaßt. Erich Buch-
waid-Zinnwald gibt feinen Landfchaften noch
ein wenig viel Derbheit und zu fummarifche Hal-
tung. Nur einiges, wie „Klarer Tag" und „ Abend-
fonne in Zinnwald" wirkt rein.
* *
. *
Auch bei CASSIRER herrfcht eine Gedächtnis-
ausftellung. Den unteren Saal füllt eine anfehn-
liche Kollektion von Werken Steffecks. Sie
ift fehr intereffant, weil fie zeigt, daß es bei
Steffeck durchaus nicht etwa mit dem Intereffe
am technifchen, am Malen felbft getan war. Es
mußte ein Reiz dazukommen, der außerhalb des
Vorgangs der künftlerifchen Formung lag, ent-
weder ein rein menfehiiehes Intereffe am Objekt
— weshalb befonders die Porträts der eigenen
Kinder und das für das Entftehungsjahr 1839
erftaunliche Selbftporträt mit dem Bruder die
beften find —oder eine Stimmung, ein Bedürfnis
der au]5eroptifchen Phantafie. Dann entftanden
die Landfchaften mit hiftorifcher oder anderer
Staffage, die in vielem an die Schöpfungen der

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