DOI Heft:
2. Heft
DOI Artikel:Feigel, August: Neuerwerbungen der Plastik-Sammlung des Landesmuseums zu Darmstadt
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0071
NEUERWERBUNGEN DER PLASTIKSAMMLUNG DES DARMSTADTER MUSEUMS
gegenüber den [tark [chattenden Gewandteilen behaup-
ten. Auch durch die Faktur der gehäuften Faltenma[[en,
die jeden [charfen Bruch und jede tiefe Unterhöhiung
vermeiden, wird die Strenge des Ganzen [ehr gemildert
und [o eine glückliche Verbindung von monumentaler
Feierlichkeit mit großer Lieblichkeit erreicht. Eine ganz
ähnliche Madonna befi^t das bagri[cheNationalmu[eum
in München, [ie i[t eine weicher ge[timmte, zartere
Schwerer der unfrigenA
Aus der[elben Gegend [tammen die beiden Figuren
Maria und Johannes (Abb. 8), die Re[te einer Kreuzi-
gungsgruppe. Neben ihrer hohen kün[tleri[chen Be-
deutung [ind [ie für unfere Sammlung von großer
Wichtigkeit, da [ie die [tili[ti[che Forlfe^ung der Ma-
donna von Hallein darj'tellen, und [o klar zeigen, nach
welchen Richtungen hin die Kün[tler die[er Übergangs-
zeit Entwicklungsmöglichkeiten [uchten. Die Effekte,
die durch das unnatürliche Häufen der äußeren Zutaten
erzielt wurden, werden je^t vermieden, man fucht mehr
von innen heraus zu wir-
ken. Die thronende Maria
zeigt noch eine Lieblichkeit
und Schönheit, die [ich auf
das Ebenmaß der Formen
und die zierliche Haltung,
befonders der Hände, grün-
det. Die beiden jüngeren
Figuren verzichten auf das;
[ie [ind charakteri[ti[cher,
ja häßlicher geworden, [ie
[ind uns men[chlich näher
gerückt. Das warme Le-
bensblut, das [ie durch-
[trömt, bringt ihnen auch
men[chliches Fühlen und [eeii[che Belebung. Aber nicht nur
das Geficht drückt [tarke innere Empfindungen aus, auch die
Hände werden Träger des Ausdruckes. Wie Maria ihre Hände
vor der Bru[t kreuzt, fchmerzvoll und doch ergeben, das ift
von [tarker Wirkung und großer Schönheit. Wie die Hände
[ich ganz leicht übereinander legen und die Finger differen-
ziert [ind, das zeugt von eingehender Naturbeobachtung und
[tark p!a[ti[chem Gefühl. Auch die Gewandung ift einfacher
und natürlicher geworden und zeigt fchon Neigung zu [charf-
-
Abb. 1t. RIEMENSCHNEIDER,
Auferftehender Chriftus
Abb.12. RIEMENSCHNEIDER,
Johannes der Täufer
' Da von anderer Seite eine Sonderpubiikation in Ausficht ge-
[teiit ift, kann ich mich auf diefe kurzen Bemerkungen befchränken.
NB. Ift inzwifchen erfchienen. Siehe Erich Griii in Monatshefte für
Kunftwiffenfchaft, Heft 11, 1912.
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gegenüber den [tark [chattenden Gewandteilen behaup-
ten. Auch durch die Faktur der gehäuften Faltenma[[en,
die jeden [charfen Bruch und jede tiefe Unterhöhiung
vermeiden, wird die Strenge des Ganzen [ehr gemildert
und [o eine glückliche Verbindung von monumentaler
Feierlichkeit mit großer Lieblichkeit erreicht. Eine ganz
ähnliche Madonna befi^t das bagri[cheNationalmu[eum
in München, [ie i[t eine weicher ge[timmte, zartere
Schwerer der unfrigenA
Aus der[elben Gegend [tammen die beiden Figuren
Maria und Johannes (Abb. 8), die Re[te einer Kreuzi-
gungsgruppe. Neben ihrer hohen kün[tleri[chen Be-
deutung [ind [ie für unfere Sammlung von großer
Wichtigkeit, da [ie die [tili[ti[che Forlfe^ung der Ma-
donna von Hallein darj'tellen, und [o klar zeigen, nach
welchen Richtungen hin die Kün[tler die[er Übergangs-
zeit Entwicklungsmöglichkeiten [uchten. Die Effekte,
die durch das unnatürliche Häufen der äußeren Zutaten
erzielt wurden, werden je^t vermieden, man fucht mehr
von innen heraus zu wir-
ken. Die thronende Maria
zeigt noch eine Lieblichkeit
und Schönheit, die [ich auf
das Ebenmaß der Formen
und die zierliche Haltung,
befonders der Hände, grün-
det. Die beiden jüngeren
Figuren verzichten auf das;
[ie [ind charakteri[ti[cher,
ja häßlicher geworden, [ie
[ind uns men[chlich näher
gerückt. Das warme Le-
bensblut, das [ie durch-
[trömt, bringt ihnen auch
men[chliches Fühlen und [eeii[che Belebung. Aber nicht nur
das Geficht drückt [tarke innere Empfindungen aus, auch die
Hände werden Träger des Ausdruckes. Wie Maria ihre Hände
vor der Bru[t kreuzt, fchmerzvoll und doch ergeben, das ift
von [tarker Wirkung und großer Schönheit. Wie die Hände
[ich ganz leicht übereinander legen und die Finger differen-
ziert [ind, das zeugt von eingehender Naturbeobachtung und
[tark p!a[ti[chem Gefühl. Auch die Gewandung ift einfacher
und natürlicher geworden und zeigt fchon Neigung zu [charf-
-
Abb. 1t. RIEMENSCHNEIDER,
Auferftehender Chriftus
Abb.12. RIEMENSCHNEIDER,
Johannes der Täufer
' Da von anderer Seite eine Sonderpubiikation in Ausficht ge-
[teiit ift, kann ich mich auf diefe kurzen Bemerkungen befchränken.
NB. Ift inzwifchen erfchienen. Siehe Erich Griii in Monatshefte für
Kunftwiffenfchaft, Heft 11, 1912.
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