Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

DOI Heft:
2. Heft
DOI Artikel:
Feigel, August: Neuerwerbungen der Plastik-Sammlung des Landesmuseums zu Darmstadt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0073

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
NEUERWERBUNGEN DER PLAST1RSAMMLUNG DES DARMSTADTER MUSEUMS


men, jede Mafche des Ei[en-
hemdes wiedergegeben i[t,
zeugt von einem genauen
Studium einer Rüftung. Den
Mauritius wiii der Künftler ais
Mohren darftellen; aber in Er-
mangelung eines Modeiies be-
müht er [ich ihn abweichend
von dem ihm geiäufigen Men-
fchentgpus möglidift häßlich
zu [chiidern. So gibt er iinn
[ehr große, biöde dreinbiik-
kende Augen, eine biöde
Stirn, eine ganz kurze Stulp-
na[e und ein [tark verbrin-
gendes Kinn. Aber wie er
hier im Ge[idrt die Formen
behandeit, wie er ganz groß-
zügig und kühn Fiächo neben
Fläche [e^t, und dodi den
Eindruck eines lebenden Men-
[chcn erzieit, das bewei[t [ein
[icheres Formengefühl. Einen
we[entlich anderen Charakter
trägt die [chöne Bü[te eines
Heiiigen (Abb. 14) von einer
wundervoll ruhigen und ge-
[ammelten Stimmung. Ver-
ein[achung in der Form und
tie[e [eeli[che Verinnerlichung
gehen hier zu[ammen. Merk-
würdig wie [ich die[e Büfte mit dem oben abgebildeten Stefanus berührt und wie die
Stammesver[chiedenheitcn bei aller Ähnlichkeit des Ausdrucks doch zu einer ganz anderen
Lö[ung führten: bei dem Franken eine gewi[[e Aktivität im Ausdruck und ein großes
Maß von Monumentalität, beim Schwaben eine [eeli[che Gela[[enheit, ja Müdigkeit.
Der Ulmer Schule wird wohl die kniende, modi[ch gekleidete Frauenfigur (Abb. 15)
angehören. Die vollen fleifchigen Formen des Geflehtes, die Mefferführung, die weni-
ger auf die Einzelheiten eingeht und große Flächen bevorzugt, die Zurückhaltung im
Ausdruck, alle diefe Momente fprechen dafür, an die Werkftatt der Syrlin und zwar
an die des Alteren zu denken. Die Figur wirkt vor allem durch ihre Ruhe und die
Vornehmheit der Haltung. Wie die Hände [ich ganz leicht vor der Bruft zufammen-
falten und der Kopf [ich ganz frei und ungezwungen nur etwas nach oben hebt,
das verleiht diefem Werk einen eigenen delikaten Reiz. Es [teilt wohl die Königs-
tochter dar, die durch den hl. Georg vom Drachen befreit wird.
Niederrheinifch-vlämifchen Charakter trägt die in Abb. 16 wiedergegebene Madonna.
Sehr elegant abgeklärt in der Gewandung, jedoch auch von einer gewiffen Kühle. Der
feelifche Ausdruck ift ebenfalls [ehr zurückgehalten, aber von großer Schönheit i[t es, wie

< s


Abb. 14. Büfte eines Heiligen. Sdrwäbifdi

51
 
Annotationen