DOI Heft:
2. Heft
DOI Artikel:Gebhardt, Carl: Monticelli
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0084
MONTICELLI
Höhe [einer Meifterfchaft erreicht in jenen koftbaren Frühbildern, die man die „fchot-
ti[chen" nennt, weil [ie durch irgendwelche Ge[chmacksverwandt[cha[t in Schottland
(und jeßt in England und Amerika) ihren Markt gefunden haben. Es [ind wunder-
volle Dinge, die Malmaterie noch dünner als in der Folgezeit, Raum und Gewalten
von unbegreiflicher Einheit, fchillernde Märchen, deren Sinn eine von der Frau be-
herrfchte Gefellfchaft ift. Monticelli ift in Paris — man fagt, er fei in die höchfte Frau
verliebt gewefen. Er hat Eugenies Kind gemalt (das Bild ift in der Ausftellung), fo
wie er es von der Ferne fah, und etwas von der Zärtlichkeit des Liebenden fcheint
in dem Bilde. Er hat die Fefte von St. Cloud gemalt, die nächtlichen Fefte in jenem
alten Park, und in all feinen fchimmernden orientalifchen Verkleidungen fcheint doch
immer dasfelbe wiederzukehren, der Hof Eugenies. Mit der Zeit wird er paftofer, das
Meffer erfeßt den Pinfel. Ein ganz einziges Kunftgewerbe find diefe Bilder in ihrem
Farbemail, in dem Juwelenprunk ihrer Farbflecken. Erft ein Stück Kosmos (man [ehe
nur den herrlichen Don Quijote) werden die Bilder nun ein Stück Gefchmeide.
Der Krieg macht allem ein Ende. Der Maler des second empire wandert in
feine provenpalifche Heimat zurück, arm, zerlumpt, mit Bildern feine Zehrung be-
zahlend. Nun flüchtet er feine Phantafie in den Orient, Grün und Weiß kommt zu
dem Akkord von Rot und Gold. Aber die Farbenfügungen find härter, nicht von
dem einftigen Wohlklang. Nach dem Jahre 1880 löfen fie [ich ganz in ein Gewirre
auf, das keine innere Harmonie mehr eint. 1886 ift Monticelli zugrunde gegangen in
Abfinth und Wahnfinn. Das second empire ift tot.
Wenige Jahre darauf kam ein anderer in Monticellis Heimat, dem die Impreffioniften
in Paris nicht genug getan, van Gogh. Er hat Monticelli gefehen. Wenn feine Briefe
nicht davon fprächen, feine Bilder allein bewiefen es mit urkundlicher Sicherheit. Jene
Blumenftilleben, die fo farbverwandt find den Stilleben Monticellis, Landfchaften dann,
wie etwa die Bauernhütte des Städel, die ihr Gegenftück findet in der Bauernhütte
der Ausftellung. Van Gogh hat die Flamme feiner Farbe entzündet an dem Feuer des
Malers des zweiten Kaiferreichs.
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Höhe [einer Meifterfchaft erreicht in jenen koftbaren Frühbildern, die man die „fchot-
ti[chen" nennt, weil [ie durch irgendwelche Ge[chmacksverwandt[cha[t in Schottland
(und jeßt in England und Amerika) ihren Markt gefunden haben. Es [ind wunder-
volle Dinge, die Malmaterie noch dünner als in der Folgezeit, Raum und Gewalten
von unbegreiflicher Einheit, fchillernde Märchen, deren Sinn eine von der Frau be-
herrfchte Gefellfchaft ift. Monticelli ift in Paris — man fagt, er fei in die höchfte Frau
verliebt gewefen. Er hat Eugenies Kind gemalt (das Bild ift in der Ausftellung), fo
wie er es von der Ferne fah, und etwas von der Zärtlichkeit des Liebenden fcheint
in dem Bilde. Er hat die Fefte von St. Cloud gemalt, die nächtlichen Fefte in jenem
alten Park, und in all feinen fchimmernden orientalifchen Verkleidungen fcheint doch
immer dasfelbe wiederzukehren, der Hof Eugenies. Mit der Zeit wird er paftofer, das
Meffer erfeßt den Pinfel. Ein ganz einziges Kunftgewerbe find diefe Bilder in ihrem
Farbemail, in dem Juwelenprunk ihrer Farbflecken. Erft ein Stück Kosmos (man [ehe
nur den herrlichen Don Quijote) werden die Bilder nun ein Stück Gefchmeide.
Der Krieg macht allem ein Ende. Der Maler des second empire wandert in
feine provenpalifche Heimat zurück, arm, zerlumpt, mit Bildern feine Zehrung be-
zahlend. Nun flüchtet er feine Phantafie in den Orient, Grün und Weiß kommt zu
dem Akkord von Rot und Gold. Aber die Farbenfügungen find härter, nicht von
dem einftigen Wohlklang. Nach dem Jahre 1880 löfen fie [ich ganz in ein Gewirre
auf, das keine innere Harmonie mehr eint. 1886 ift Monticelli zugrunde gegangen in
Abfinth und Wahnfinn. Das second empire ift tot.
Wenige Jahre darauf kam ein anderer in Monticellis Heimat, dem die Impreffioniften
in Paris nicht genug getan, van Gogh. Er hat Monticelli gefehen. Wenn feine Briefe
nicht davon fprächen, feine Bilder allein bewiefen es mit urkundlicher Sicherheit. Jene
Blumenftilleben, die fo farbverwandt find den Stilleben Monticellis, Landfchaften dann,
wie etwa die Bauernhütte des Städel, die ihr Gegenftück findet in der Bauernhütte
der Ausftellung. Van Gogh hat die Flamme feiner Farbe entzündet an dem Feuer des
Malers des zweiten Kaiferreichs.
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