DOI Heft:
3. Heft
DOI Artikel:Uhde-Bernays, Hermann: Ein vergessener Freund Leibls: Theodor Alt
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0111
EIN VERGESSENER FREUND LEIBLS: THEODOR ALT
Rbb. 6. THEODOR HLT, Die Kegelbahn In Berit5 der Modernen Galerie, München
Die Landfchaften [tehen, foweit [ich das feftftellen läßt, in der Reihe der vorhandenen
Bilder zeitlich an letzter, der Gegenwart nächfter Stehe.
Es ift ein feltfamer Zufall, daß eben in dem Jahre 1870, in welchem der „Befuch im
Atelier" entftand, auch Eduard Kurzbauer in München [eine durch Jahrzehnte wohlbekannten
„ereilten Flüchtlinge" malte. Wenn wir die beiden, in der Hauptgruppe äußerlich nicht
unähnlichen beiden Bilder heute vergleichen, ergibt [ich aus dem Unter[chied in über-
ragender Wei[e der Vorrang Alts, und be[onders die treffliche Qualität feiner Malerei.
Beide find freilich Genrebilder, aber das Bild von Alt ift Genre mit dem auszeich-
nenden Nebenbegriff, daß die Malerei an und für [ich trotz der Erzählung zu beftehen
vermag wie auf dem Chopinbilde Kellers in der neuen Pinakothek oder dem Selbft-
bildnis Fritz von Uhdes mit feiner Frau im Atelier. Bei allem Arrangement gefeilt fich
hier ein koloriftifcher Wohlklang in grau, braun und gelb [ehr fein zu dem tiefen
Rot des Stoffes über dem Bilde und zu der malerifchen Empfindung tritt der ficher
gefehene Atelierausfchnitt als überzeugender Verteidiger gegen etwaige Einwendungen
kompofitioneller Art. Das im nächften Jahre (1871) gemalte „fchlafende Kind" [teigert
die Lebhaftigkeit des farbigen Temperaments in die Nähe der Ausgeglichenheit, wie
[ie unter den jüngeren Münchenern Püttner zu verwenden liebt, helles und dunkles
Rot im karierten Rock treten den blau-grauweißen Würfeln der Decke gegenüber,
während die Schürze mit dunklerem Blau, die Puppe mit hellerem Rot gegeben wurde.
Diefe Frifche befit$en auch die Stilleben des Künftlers, die mit der grellen Intenfität der
Farbenkontrafte in einer plötzlichen Anwandlung von malerifcher Freude prima herunter-
gemalt find. Ein Meifterftück fanfterer Art ift der Krug neben dem Tuch auf dem
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Rbb. 6. THEODOR HLT, Die Kegelbahn In Berit5 der Modernen Galerie, München
Die Landfchaften [tehen, foweit [ich das feftftellen läßt, in der Reihe der vorhandenen
Bilder zeitlich an letzter, der Gegenwart nächfter Stehe.
Es ift ein feltfamer Zufall, daß eben in dem Jahre 1870, in welchem der „Befuch im
Atelier" entftand, auch Eduard Kurzbauer in München [eine durch Jahrzehnte wohlbekannten
„ereilten Flüchtlinge" malte. Wenn wir die beiden, in der Hauptgruppe äußerlich nicht
unähnlichen beiden Bilder heute vergleichen, ergibt [ich aus dem Unter[chied in über-
ragender Wei[e der Vorrang Alts, und be[onders die treffliche Qualität feiner Malerei.
Beide find freilich Genrebilder, aber das Bild von Alt ift Genre mit dem auszeich-
nenden Nebenbegriff, daß die Malerei an und für [ich trotz der Erzählung zu beftehen
vermag wie auf dem Chopinbilde Kellers in der neuen Pinakothek oder dem Selbft-
bildnis Fritz von Uhdes mit feiner Frau im Atelier. Bei allem Arrangement gefeilt fich
hier ein koloriftifcher Wohlklang in grau, braun und gelb [ehr fein zu dem tiefen
Rot des Stoffes über dem Bilde und zu der malerifchen Empfindung tritt der ficher
gefehene Atelierausfchnitt als überzeugender Verteidiger gegen etwaige Einwendungen
kompofitioneller Art. Das im nächften Jahre (1871) gemalte „fchlafende Kind" [teigert
die Lebhaftigkeit des farbigen Temperaments in die Nähe der Ausgeglichenheit, wie
[ie unter den jüngeren Münchenern Püttner zu verwenden liebt, helles und dunkles
Rot im karierten Rock treten den blau-grauweißen Würfeln der Decke gegenüber,
während die Schürze mit dunklerem Blau, die Puppe mit hellerem Rot gegeben wurde.
Diefe Frifche befit$en auch die Stilleben des Künftlers, die mit der grellen Intenfität der
Farbenkontrafte in einer plötzlichen Anwandlung von malerifcher Freude prima herunter-
gemalt find. Ein Meifterftück fanfterer Art ift der Krug neben dem Tuch auf dem
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