Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0261
DOI Heft:
7. Heft
DOI Artikel:Sauerlandt, Max: Erfurter Fayencen
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ERFURTER FAYENCEN
Einführung nutzbarer Fabriquen,
wodurch das Geld von auswär-
tigen Provinzien und Landen in
hiefigen Etat gezogen, hinwie-
derumb aufgeholffen und zum
Beften derer hiefigen Stadt- und
Landes-Unterthanen in hiebevori-
gen florifanten Stand gebracht
werden mögen" — willigt die
Erfurter Regierung in die Aus-
heilung des nachgefuchten Pri-
vilegs.
Die Konzeffion wird (1) zu-
nächft auf 20 Jahre erteilt, nach
deren Ablauf (2) um Erneuerung
des Privilegs ausdrücklich einzu-
kommen ift. Der Fabrikant foll
(3) Freiheit haben, gegen eine
angemeffene Entfchädigung, in
Streitfällen nach Entfcheidung der
Regierung, „den zu Ausarbeit-
und Verfertigung derer Porcel-
lain-Waaren benöthigten Thon,
Erd und Sand in dem Erffurtifchen Territorio allenthalben auf fchoßbaren Gründen
und Länderegen graben und abführen zu dörffen" und (4) die zur Fabrikation
erforderlichen Rohmaterialien accifefrei einzuführen. Die nächften Punkte (5 u. 6)
verfichern ihn und feine Arbeiter der üblichen Perfonal- und Bierbraufreiheiten „zu
feinem Tifch Trunk". Endlich foll (7) „mehrgemeldeter Fabricant Krafft diefes auch aus-
drücklich fichergeftellet fegn, daß weder Einheimifche Kauffleuthen noch Bürgern und
Unterthanen erlaubet und verftattet werden folle, dergleichen oder auch Schlechteres
Porcellain, wie allhier von ihm Fabricanten zubereitet und verfertiget wird, in hiefige
Stadt und zubehörige Lande zum Verkauffen einzufahren, fondern es wird fothaner
Verkauff und Vertrieb dergleichen Porcellain-Waaren allen einheimifchen beg Straff
der würklichen Confiscation gänzlich unterfaget und verbothen, jedoch folle fich diefe
inhibition auf die in denen Chur Magn^ifchen Erffurthifchen Landen gewöhnlichen Jahr
Märkte, zu welcher Zeit einem Jeden aller Handel und Wandel Offen und Freg
bleibet, fowenig als auf das feine Oftindifche, Dreßdenerifche, und andere feine und
rare Porcellain-Waaren, dergleichen dahier nicht fabriciret werden kann, fich keines
Weges erftrecken und diefem Verboth unter worffen fegn".
Soweit das Privileg vom 16. Julg 1734. Es erhebt fich nunmehr die Frage, wie
lange das Unternehmen in Gang geblieben ift. Auszüge aus den Familienakten, die
ich gleichfalls Herrn Gewerberat Kuchenbuch in Stendal verdanke, geben die Antwort.
Das Todesdatum des Fabrikbegründers Joh. Paul Stieglitz, der bereits im Jahre 1714
als „Bürger und Zinngießer" genannt wird, ift unbekannt. Sein Siegel, ein rechts
fchreitender Vogel mit Blume im linken Fuß, darüber 1. P. S., mag Anlaß zu den
Erfurter Tellern mit ähnlichem Spiegelmotiv — ein Beifpiel im Mufeum für Kunft und
Kunftgewerbe in Halle a. S. — gegeben haben. Sein Sohn Joh. Chriftoph Stieglitz
Abb. 5. Sammlung Gg. Willi. Schulz, Leipzig
Durchmeffer 30 cm
235
Einführung nutzbarer Fabriquen,
wodurch das Geld von auswär-
tigen Provinzien und Landen in
hiefigen Etat gezogen, hinwie-
derumb aufgeholffen und zum
Beften derer hiefigen Stadt- und
Landes-Unterthanen in hiebevori-
gen florifanten Stand gebracht
werden mögen" — willigt die
Erfurter Regierung in die Aus-
heilung des nachgefuchten Pri-
vilegs.
Die Konzeffion wird (1) zu-
nächft auf 20 Jahre erteilt, nach
deren Ablauf (2) um Erneuerung
des Privilegs ausdrücklich einzu-
kommen ift. Der Fabrikant foll
(3) Freiheit haben, gegen eine
angemeffene Entfchädigung, in
Streitfällen nach Entfcheidung der
Regierung, „den zu Ausarbeit-
und Verfertigung derer Porcel-
lain-Waaren benöthigten Thon,
Erd und Sand in dem Erffurtifchen Territorio allenthalben auf fchoßbaren Gründen
und Länderegen graben und abführen zu dörffen" und (4) die zur Fabrikation
erforderlichen Rohmaterialien accifefrei einzuführen. Die nächften Punkte (5 u. 6)
verfichern ihn und feine Arbeiter der üblichen Perfonal- und Bierbraufreiheiten „zu
feinem Tifch Trunk". Endlich foll (7) „mehrgemeldeter Fabricant Krafft diefes auch aus-
drücklich fichergeftellet fegn, daß weder Einheimifche Kauffleuthen noch Bürgern und
Unterthanen erlaubet und verftattet werden folle, dergleichen oder auch Schlechteres
Porcellain, wie allhier von ihm Fabricanten zubereitet und verfertiget wird, in hiefige
Stadt und zubehörige Lande zum Verkauffen einzufahren, fondern es wird fothaner
Verkauff und Vertrieb dergleichen Porcellain-Waaren allen einheimifchen beg Straff
der würklichen Confiscation gänzlich unterfaget und verbothen, jedoch folle fich diefe
inhibition auf die in denen Chur Magn^ifchen Erffurthifchen Landen gewöhnlichen Jahr
Märkte, zu welcher Zeit einem Jeden aller Handel und Wandel Offen und Freg
bleibet, fowenig als auf das feine Oftindifche, Dreßdenerifche, und andere feine und
rare Porcellain-Waaren, dergleichen dahier nicht fabriciret werden kann, fich keines
Weges erftrecken und diefem Verboth unter worffen fegn".
Soweit das Privileg vom 16. Julg 1734. Es erhebt fich nunmehr die Frage, wie
lange das Unternehmen in Gang geblieben ift. Auszüge aus den Familienakten, die
ich gleichfalls Herrn Gewerberat Kuchenbuch in Stendal verdanke, geben die Antwort.
Das Todesdatum des Fabrikbegründers Joh. Paul Stieglitz, der bereits im Jahre 1714
als „Bürger und Zinngießer" genannt wird, ift unbekannt. Sein Siegel, ein rechts
fchreitender Vogel mit Blume im linken Fuß, darüber 1. P. S., mag Anlaß zu den
Erfurter Tellern mit ähnlichem Spiegelmotiv — ein Beifpiel im Mufeum für Kunft und
Kunftgewerbe in Halle a. S. — gegeben haben. Sein Sohn Joh. Chriftoph Stieglitz
Abb. 5. Sammlung Gg. Willi. Schulz, Leipzig
Durchmeffer 30 cm
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