Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

DOI Heft:
9. Heft
DOI Artikel:
Biermann, Georg: Die Kunst auf dem internationalen Markt, 1, Gemälde aus dem Besitz der modernen Galerie Thannhauser, München
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0355

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
GEMÄLDE DER MODERNEN GALERIE THANNHAUSER IN MÜNCHEN


Abb. 21. CLAUDE MONET, Dorfftraße in der Normandie
20. Edouard Manet. Knabenbildnis aus den fechziger Jahren. Dies Werk zeigt
den Künftler noch ganz im Banne der JpaniJchen Eindrücke, Jpezieh unter dem Einfluß
des Velasguez; aber man erkennt deutlich wie es dem Maler bei diefem Bilde, das eine
feltfame Mifchung kindlicher Frühreife und knabenhafter Großfpurigkeit vereint, darauf
ankam, die Form ausfchließlich aus den Tönen herauszuentwickeln. Wenn man daran
denkt, wie etwa Velasguez den Don Carlos, van Dyck feine königlichen Prinzen
gemalt hat, empfindet man gerade hier trot$ der rein äußerlichen kunftgefchichtlichen
Zufammenhänge das echt Pariferifche und ftärker noch die prachtvolle Modernität
folcher Schöpfung.
21. Claude Monet. Dorfftraße in der Normandie. Um 1865 gemalt. Das Bild
exiftiert in mehreren Faffungen (fo in größerem Format in der Mannheimer Kunfthalle)
und ift für den Werdegang des franzöfifchen Impreffionismus nicht weniger auffchluß-
reich wie für die erfte Epoche der Monetfchen Malerei. Man könnte ohne Übertreibung
fagen, daß diefes Werk Vermeerfche Stimmung hefige; denn wie auf der berühmten
Anficht von Delft ift auch auf diefem Bilde das Problem des von Wolken abgedrängten
Sonnenlichtes meifterlich geftaltet. Die Intimität der Darftellung bezaubert in gleicher
Weife wie die durch das Licht herausgebrachte plaftifche Wirkung; in das feine Spiel
der Sonnenfäden find die Schatten und leuchtenden Reflexe wundervoll eingebettet
und das Ganze atmet jene ftarke Dofis echter Poefie, die aus der Natur felbft, weniger
aus der Seele des Bildners fchöpft.

Der Cicerone, V. Jahrg., 9. Heft

26

325
 
Annotationen